Nachdem drei Tage zuvor Jens Spahn eine " Coronavirus-Impfverordnung" unterzeichnet hatte, tagte am 21.12.20 der Krisenstab. Spahn tritt mit einer falschen Behauptung an die Öffentlichkeit:
Biontech selbst hatte an diesem Tag zwar auch einen Meilenstein beschworen, aber zutreffend informiert:
»COMIRNATY® (bekannt als BNT162b2) erhält bedingte Marktzulassung von der Europäischen Kommission; dieser Meilenstein spiegelt die gemeinschaftlichen, globalen Bemühungen wider, den ersten zugelassenen mRNA-Impfstoff zu entwickeln…«
investors.biontech.de (21.12.20)
Wir wissen nichts. Aber "Appell Weihnachten zuhause zu verbringen"
Das Protokoll beginnt mit einer geschwärzten Stelle zu neuen Varianten in England und Südafrika und Spekulationen ("Modellierungen") über höhere R‑Werte. Frei lesbar war: "Noch ist nicht klar, ob die Mutation tatsächlich einen fundamentalen Unterschied macht. Die Information sollte nicht zu alarmistisch kommuniziert werden". Was sich, wiederum geschwärzt, so darstellte:
Außerdem wäre es "sinnvoll, schon jetzt eine Sprachregelung fest zu legen, falls die Variante auch in Deutschland gefunden werden sollte" [sic].
Das Dokument gibt es hier. Gelbe Hervorhebungen stammen von mir. Hier geht es nur um die bislang geschwärzten und gerade freigegebenen Stellen der Protokolle des Krisenstabs. Die Auswertungen der "1. Staffel" gibt es nachzulesen über die Kategorie _Zu den RKI-Papers (Krisenstab-Protokolle) _.
"National" bleibt es bei "4‑Tage‑R=1,05;7‑Tage‑R=0,98", aber es liegen 5.022 positiv getestete Menschen auf Intensivstationen. "In Hamburg und Hessen nimmt Datenvollständigkeit ab, sonst relativ konstant." "Im Haus wesentlich mehr Fälle als gemeldet, viele Mitarbeitenden wohnen in Brandenburg, noch kein Überblick." [sic]
Geschwärzt wurde diese Information in TOP 5 "Kommunikation":
Freie Kapazitäten auf Intensivstationen erwecken "Anschein einer falschen Sicherheit"
Frei lesbar dagegen war diese Stelle: "Fixierung auf DIVI-Zahlen kann zu falschen Schlüssen führen. Dort werden immer noch freie Kapazitäten angezeigt. Dies erweckt den Anschein einer falschen Sicherheit". Weil in den Krankenhäusern "eine Trennung in 3 Bereiche (Covid, Verdacht, kein Covid)" nötig sei.
In TOP 8 "Update Impfen" grübelt man, wie mit "Geimpften" in Bezug auf Masken und Quarantäne umgegangen werden soll. Damals gestand man sich noch ein: "Gute Daten in Bezug auf die Beeinflussung der Transmission liegen noch nicht vor, in nächsten 2–4 Monaten ist noch nichts Belastbares zu erwarten". Das Wissen ist nicht geschwärzt, bildete sich allerdings nicht in der öffentlichen Kommunikation ab.
"Rebound Effekt sollte erläutert werden"
Vermutlich, weil die vorgeschlagene Information nicht umgesetzt wurde, gab es die rot gerahmte Schwärzung in diesem TOP:
Sucht man auf dem RKI-Server nach dem Begriff "Rebound", also der erneuten Infektion im offiziellen Verständnis, wird man aus dieser Zeit nichts finden. Interessant ist die Aussage einer RKI-Untersuchung um den Modellbauer Dirk Brockmann aus dem März 2023. Sie findet sich unter dem Titel "Modeling the impact of the Omicron infection wave in Germany":
»Überraschenderweise zeigte unser Modell, dass frühe, strikte und kurze Kontaktreduzierungen trotz einer möglicherweise erfolgreichen Auffrischungskampagne zu einem starken „Rebound“-Effekt mit hohen Inzidenzen nach dem Ende der jeweiligen NPIs geführt haben könnten.«
NPI: Nichtpharmazeutische Interventionen
Das gleiche Team war in einer RKI-internen Veröffentlichung schon ein Jahr zuvor zu gleichen Ergebnissen gekommen. Sie ist deutschsprachig und bietet einen guten Überblick über die abenteuerliche Arbeitsweise der ModelliererInnen des RKI. Das Rebound-Phänomen nach Behandlung mit Paxlovid und Lagevrio wird (verharmlosend) erörtert auf bfarm.de. Betroffen davon waren u.a. Anthony Fauci, Joe Biden, Olaf Scholz und die damalige CDC-Chefin Walensky. Im August 2022 hatte Lauterbach den Pflegeheimen "Paxlovid-Beauftrage" vorgeschrieben. Zugleich erwischte es ihn selbst mit "stärkeren Symptomen als erwartet".
Auch vor diesem Hintergrund kann der folgende, frei lesbare, Text in TOP 10 "Klinisches Management/Entlassungsmanagement" interpretiert werden, der noch nicht einmal in sich schlüssig ist:
Hatten Menschen in der Pflege eine Chance, jemals den "Maßnahmen" zu entkommen?
"Offizieller Brief vom Präsidenten an Geschäftsstelle KMK"
Trotz Entschwärzung (rot gerahmt) erfahren wir nichts in TOP 12 "Surveillance" über Inhalt und Begründung eines "offiziellen Briefs vom Präsidenten" zum Thema Schulen:
Auch am 23.12.20 schwelgt man in nichtssagenden Statistiken, die an Börsenberichte erinnern: "Fünf Länder mit höchster Anzahl an Todesfällen pro 1 Mio. Einw.: Belize (75), USA (54), Panama (45), Mexiko (33), Kolumbien (27)" oder "Portugal: Zahl der (Todes)Fälle in der vergangenen Woche relativ stabil (nach drei Wochen Rückgang), Zahl der neu gemeldeten Todesfälle die höchste seit Beginn der Pandemie" oder "Region Südostasien: Rückgang neuer Fälle um 14 % bzw. Todesfälle um 10 %".
"National" wird diesmal der R‑Wert so zusammenmodelliert: "4‑Tage‑R=0,83;7‑Tage‑R=0,92", was mitnichten Anlaß zu Entwarnung wäre. Man spricht über "> 3000 Todesfälle, deutlich höher als in erster Welle" in der KW 50. Allerdings sinkt die Akzeptanz: "Compliance derzeit fraglich (siehe Beispiel der Diskussion um Stattfinden der Gottesdienste in manchen Bundesländern)". Das mag zu tun haben mit Beobachtungen, wie sie auch hier differenzierter aus Praxen und Krankenhäusern frei lesbar getroffen werden:
Und natürlich als Grundlage: "Anzahl der Testungen derzeit noch steigend". Zwar weiß man immer noch nichts Belastbares zur "südafrikanischen Virusvariante", wie auch TOP 6 zu entnehmen ist, trotzdem hat man eine Sprachregelung aufgrund eines Preprints. Geschwärzt waren hier in TOP 5 "Kommunikation" die Namen:
"Weder 'Lockdown light' noch 'echter Lockdown' scheinen einen drastischen Effekt auf die Mobilität zu haben"
In TOP 6 "RKI-Strategie Fragen" läßt man sich von nicht genannten Modellierern Neues aus der Glaskugel erzählen, ungeschwärzt und ungelogen:
"Übersterblichkeit: derzeit in Sachsen 48 %, in Bayern Bevölkerungsschrumpfung"
Derlei Humbug wird neben Maßnahmen "bei Rückkehrern aus Feldeinsatz im Aus- oder Inland" in TOP 7 "Dokumente/weitere Studien" vorgestellt:
SOP = Standard Operating Procedure (?)
Auch das war frei lesbar, anders als dieser Punkt (passend zum Weihnachtsfest? Stollen?) in TOP 9 "Labordiagnostik":
Zu dieser Schwärzung in TOP 11 "Maßnahmen zum Infektionsschutz" (alles nach der Klammer) würde man sich mehr Infos wünschen. LS = Lars Schaade:
(Hervorhebungen in blau nicht in den Originalen.)
Diese Kontakt- und Versammlungsverbote haben jedoch einen anderen Hintergrund.
Guten Tag!
Schön zu sehen dass der ehem. Leopoldina Mathematiker Prof. Stephan Luckhaus von Brockmann et al. indirekt dann doch recht bekommen hat!
Er hatte in Gastbeiträgen auf Basis des Kermac-McKendrik Modells auf ähnliche Effekte hingewiesen.
MfG, Daniel
Quelle: https://reitschuster.de/post/geringere-todesrate-durch-hoehere-immunisierung-in-schweden/
@Daniel J: Irritierend dort: "Die Wahrscheinlichkeit für einen Infizierten, in den 4 Wochen, die auf die Infektion folgen, zu sterben, ist maximal 3- bis 4‑mal höher, als die Wahrscheinlichkeit eines Nichtinfizierten, im selben Zeitraum zu sterben". Wo nimmt er das her?
Und was ist mit der "Unterrepräsentanz der asymptomatischen Infizierten"?