RKI-Protokolle, After-Leak (33): "Sondersitzung zur Abstimmung von Aufträgen des BMG/​Verfassungsgerichts"

Kommen wir zum vor­letz­ten Tag der offi­zi­ell frei­ge­ge­be­nen Protokolle. Auch am 28.4.21 will man nicht wahr­ha­ben, was selbst die eige­nen Auswertung zeigen.

Das wird for­mu­liert nach Betrachtung der Folie (im Leak "Lage-National_2021-04–28.pptx"):

Das teil­ent­schwärz­te Dokument gibt es hier, das gele­ak­te Dokument hier. Gelbe Hervorhebungen stam­men von mir. Rot Gerahmtes war geschwärzt, blau wer­den Ergänzungen aus dem Leak gekennzeichnet. 

Ein ähn­li­cher Selbstbetrug liegt vor, wenn "Hospitalisierte COVID-19-Fälle nach AG" betrach­tet wer­den, wobei man ein "Plateau auf einem nied­ri­ge­ren Niveau als in der 2. Welle" erken­nen will und merk­wür­di­ger­wei­se dafür Daten vom 21.4.21 her­an­zieht anstatt die­se aktuellen:

Die Diskussion dazu hebt ab auf: "AG 90+ zeigt zuneh­men­de Inzidenz" (!?) und bei:

???

Man rät­selt:

Sollten die "Maßnahmen" womög­lich kei­nen Sinn erge­ben? Bei der "Anzahl COVID-19-Todesfälle nach Sterbewoche" wird fest­ge­hal­ten: "Tendenz im Vergleich zur Vorwoche eher stei­gend". Dabei wur­de die­se Grafik gezeigt:

"Derzeit 5.045 COVID-19-Patienten auf Intensivstationen der ca. 1.300 Akutkrankenhäuser behandelt"

Bei durch­schnitt­lich weni­ger als 4 "COVID-19-Patienten" pro berich­ten­dem Krankenhaus kann schwer­lich von einer Überlastung der Kliniken die Rede sein. In den Folien wird ein Diagramm gezeigt, von dem nach mei­nem Kenntnisstand die Öffentlichkeit nie etwas erfah­ren hat (2021–04-28_Intensivregister_SPoCK.pptx):

Daß es bis Anfang März weni­ger Zu- als Abgänge auf den Intensivstationen durch "Covid-Fälle" gab, hät­te sicher für Fragen gesorgt,

Zutreffend wird beobachtet:

"ARE-Rate derzeit auf dem Niveau des Vorjahres – dennoch seit 36. KW so niedrig wie noch nie in diesem Zeitraum"

Wie immer sind die Nachrichten aus der rea­len Welt ent­spannt. Unter "Syndromische Surveillance" heißt es in TOP 1 wie eh und je:

"Bestätigungstests für positive AG-Tests": 62 % positiv

Fast jeder zwei­te posi­ti­ve Antigentests, wie er in Krankenhäusern, Kitas etc. angeb­lich von Fachpersonal durch­ge­führt wird, stellt sich als falsch posi­tiv her­aus. Das ergab eine Sonderabfrage bei Laboren. Die Berichte aus den Einrichtungen selbst erge­ben noch gerin­ge­re Anteile:

Exakt die glei­chen Zahlen waren bereits vor einer Woche berich­tet worden…

Gehen doch Antigen-Getestete als "Fälle" in die Statistik ein?

In TOP 11 "Maßnahmen zum Infektionsschutz" betrach­tet man die fol­gen­de Grafik und kommt ernst­haft zur Idee von erfolg­rei­chen "Impfungen" (Folie "ZIG 2_​Vaccination Rollout_Krisenstab_20210428_final.pptx" im Leak). Bei die­sem Salat aus Äpfeln, Birnen, Kraut und Rüben gebe ich auf:


Das letz­te vom RKI offi­zi­ell zur Verfügung gestell­te Protokoll ist das vom 30.4.21. Es ist zugleich das merk­wür­dig­ste. Nahezu all Tagesordnungspunkte wer­den nicht behan­delt, dafür wird ein neu­es aktu­el­les Thema eingeführt:

In TOP 8 "Dokumente" geht es um die in weni­gen Tagen vom Parlament gebil­lig­te Ermächtigung zu einer "COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung" (mehr hier). Zu der Rohfassung eines Referentenentwurfs ist im Leak (SchAusnahmV_Rohentwurf_aktuell_BMG-RKI.docx) eine gan­ze Reihe von Änderungen aus dem Hause BMG (André Sangs) und dem RKI (Ute Rexroth) dokumentiert.

Die ursprüng­li­che Formulierung, wonach das Übertragungsrisiko durch "Gempfte" "gerin­ger sei als bei Vorliegen eines nega­ti­ven Antigen-Schnelltests bei sym­ptom­lo­sen infi­zier­ten Personen" – was an sich höchst frag­wür­dig war – wur­de gelöscht. Es heißt nun, eben­so wenig belegt:

»Laut Robert Koch-Institut ist nach gegen­wär­ti­gem Kenntnisstand das Risiko einer Übertragung des Coronavirus SARS-CoV‑2 durch Personen, die voll­stän­dig geimpft wur­den, spä­te­stens zum Zeitpunkt ab dem 15. Tag nach Gabe der zwei­ten Impfdosis deut­lich verringert.«

Das Justizministerium bezieht sich auf eine selbst­herr­li­che Stellungnahme der RKI-Führung vom 31.3.21 (s. hier). Selbst dar­in war aber der gestri­che­ne Vergleich vor­han­den. Die Begründung von Frau Rexroth ist interessant:

Diese Einschränkungen sind der Öffentlichkeit ver­schwie­gen wor­den. Aufschlußreich ist auch die Ersetzung der Formulierung, daß Erleichterung Personen gewährt wer­den sol­len, "bei denen von einer Immunisierung gegen das Coronavirus SARS-CoV‑2 aus­zu­ge­hen ist" durch: "bei denen von einer ver­min­der­ten Ansteckungsfähigkeit in Bezug auf das Coronavirus SARS-CoV‑2 aus­zu­ge­hen ist". Wenn es um mög­li­cher­wei­se ein­klag­ba­re juri­sti­sche Aussagen geht, ist man deut­lich vor­sich­ti­ger als in der poli­ti­schen und media­len Debatte.

Der gan­ze Wahnwitz wird sicht­bar an die­sem Ausschnitt des Dokuments, wobei die ver­schie­de­nen Farben auf Änderungen und Löschungen von Sangs und Rexroth verweisen:

Zu Punkt 3 kom­men­tiert Rexroth nicht ohne Humor:

Es han­delt sich um die Diskussion eines Entwurfs, nicht das end­gül­ti­ge Papier. Sie zeigt, daß das oft gepfleg­te Bild der "Guten" im RKI, die sich gegen die "Bösen" im Ministerium nicht aus­rei­chend durch­set­zen konn­ten, sehr unscharf ist. Die Führung des RKI hat mit­un­ter auf­kom­men­de vor­sich­ti­ge­re Stimmen im Krisenstab igno­riert und sich, nicht nur mit dem zitier­ten Brief, frei­wil­lig und bewußt in den Dienst der poli­ti­schen Agenda gestellt. Dazu gehört auch Ute Rexroth, die im Zuge der Fälschungsvorwürfe an das RKI zu einer Kronzeugin der Kritik ver­klärt wur­de (s. hier).

Ebenfalls in TOP 8 heißt es zum kurz­fri­stig benann­ten Tagesordnungspunkt geheimnisvoll:

Aus dem gele­ak­ten Protokoll vom 3.5.21 geht her­vor, wor­um es geht:

Vermutlich han­delt es sich um die Vorbereitung des Beschlusses der BVerfG vom 19.11.21, mit dem eine Verfassungsbeschwerde "gegen das Vierte Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epi­de­mi­schen Lage von natio­na­ler Tragweite vom 22. April 2021" abge­wie­sen wur­de. Darin wird ausgeführt:

»… Zu den Aufgaben des Robert Koch-Instituts gehört es, die Erkenntnisse zu sol­chen Krankheiten durch Auswertung und Veröffentlichung der Daten zum Infektionsgeschehen in Deutschland und durch die Auswertung ver­füg­ba­rer Studien aus aller Welt fort­lau­fend zu aktua­li­sie­ren und für die Bundesregierung und die Öffentlichkeit auf­zu­be­rei­ten. Auf die­ser Grundlage schätz­te das Robert Koch-Institut zum Zeitpunkt der Verabschiedung des Vierten Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epi­de­mi­schen Lage von natio­na­ler Tragweite aus­weis­lich sei­nes Lageberichts vom 22. April 2021 (abruf­bar unter https://​www​.rki​.de) die Gefährdung für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland auf­grund der anhal­tend hohen Fallzahlen ins­ge­samt als sehr hoch ein…

Das Robert Koch-Institut hob in sei­ner Stellungnahme her­vor, dass bei einem anstei­gen­den Infektionsgeschehen ein Indikator benö­tigt wer­de, der nicht ledig­lich eine schon ein­ge­tre­te­ne Überlastung medi­zi­ni­scher Ressourcen anzeigt, son­dern früh­zei­tig auf eine kom­men­de Belastung des Gesundheitsversorgungssystems hin­weist, um recht­zei­tig ent­spre­chen­de Maßnahmen ergrei­fen zu kön­nen. Inzidenzwerte kön­nen als frü­her Indikator genutzt wer­den, weil sie den ande­ren Indikatoren wie der Zahl der Hospitalisierungen, ein­schließ­lich inten­siv­me­di­zi­nisch behan­del­ter Fälle, oder einer stei­gen­den Zahl von Todesfällen zeit­lich – cir­ca sie­ben bis zehn Tage – vorausgingen…

Nach inso­weit über­ein­stim­men­der Einschätzung der sach­kun­di­gen Dritten, unter ande­rem der Bundesärztekammer, dem Bundesverband der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes, des Robert Koch-Instituts sowie des MODUS-COVID-Teams, konn­te bei dem vor­han­de­nen expo­nen­ti­el­len Anstieg der Infektionen eine aus­rei­chend rasche Erhöhung der Impfquote nicht erwar­tet wer­den. Allein Kontaktbeschränkungen waren sicher wirk­sam, um die Übertragung des Virus zu ver­hin­dern bezie­hungs­wei­se die Anzahl der Infektionen zu ver­rin­gern…«
bun​des​ver​fas​sungs​ge​richt​.de

Das RKI hat damit den Auftrag des BMG mit Bravour erle­digt, sämt­li­che grund­rechts­ver­let­zen­de "Maßnahmen" für das Verfassungsgericht plau­si­bel erschei­nen zu lassen.

2 Antworten auf „RKI-Protokolle, After-Leak (33): "Sondersitzung zur Abstimmung von Aufträgen des BMG/​Verfassungsgerichts"“

  1. Die Aufgaben des RKI bestehen dar­in, im Zusammenwirken mit allen ande­ren Organen des Staates, also auch mit dem Verfassungsschutz und den bewaff­ne­ten Organen sowie den Ämtern und der Justiz die Wirksamkeit sämt­li­cher Corona-Maßnahmen als Maßnahmen zur Unterdrückung des Volkes anzu­wen­den und deren Wirksamkeit sicherzustellen.

  2. In juri­sti­schen Fragen galt er lan­ge als klu­ger Kopf und juri­sti­scher Querdenker. Dann wur­de er SPIEGEL-Kolumnist.

    In Sachen "Corona-Aufarbeitung" kann er wohl als einer gel­ten, der bis heu­te die eige­ne (Fehl-)Positionierung nicht erken­nen kann.

    Beispiele für erschrecken­de Informationslücken:
    – "Bergamo": (ein Einzelfall aus­ge­löst durch diver­se nicht-krank­heits­be­ding­te Faktoren)
    – Das all­seits über­la­ste­te Intensivpflegepersonal (auf ITS weni­ge, aber sehr lukra­ti­ve Patienten, vom BMG bestä­tig­te feh­len­de Überlastung /​Überbelegung der Kliniken, diver­se über­flüs­si­ge, neue Hygiene- und Arbeitsregelungen und durch sym­tom­freie "Corona-Positivität" beding­te Personalausfälle) kom­men in sei­nem Artikel lei­der nicht vor.
    "100.000" Corona-Tote – wie­vie­le davon star­ben durch ver­früh­te Fehlintubationen- und Falschmedikationen /​Impfstoffnebenwirkungen?

    Fazit:
    Die unkri­tisch agie­ren­den SPIEGEL-Redakteure und er unter­schei­den sich in ihrer Corona-Betrachtungen nicht erkenn­bar von einander.
    Ein über­flüs­si­ges Trauerspiel.

    https://​archi​ve​.is/​D​K​btl

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