Gerechtigkeit muß man sich leisten können

mz​.de (20.9.24)

»Göttingen – Nach der ille­ga­len Abriegelung eines Göttinger Wohnblocks wäh­rend der Corona-Pandemie wird es kei­nen Prozess über Schmerzensgeldforderungen geben. Die mög­li­chen Kläger hät­ten sich zurück­ge­zo­gen, teil­te das Landgericht Göttingen mit. Zuvor hat­te der Rechtsanwalt Sven Adam mit­ge­teilt, dass das finan­zi­el­le Risiko für die Gerichtsprozesse zu groß sei, nach­dem Anträge auf Prozesskostenhilfe abge­lehnt wurden.

Hintergrund ist die Abriegelung eines Wohnblocks in der Nähe des Bahnhofs Göttingen vom 18. bis 22. Juni 2020, nach­dem mehr als 100 Bewohner posi­tiv auf das Coronavirus gete­stet wur­den. Ende 2023 hat­te das Göttinger Verwaltungsgericht die Abriegelung des Wohnblocks durch Bauzäune und Polizeiüberwachung als rechts­wid­rig beurteilt.

45 Klagen gegen Stadt Göttingen
Daraufhin plan­ten Bewohner des Wohnblocks 45 Klagen auf Schmerzensgeld. Sie for­der­ten von der Stadtverwaltung cir­ca 1.000 Euro pro Tag, an dem sie ein­ge­sperrt waren, wie das Landgericht damals mit­teil­te. In 44 Fällen woll­ten Bewohnerinnen und Bewohner des Wohnblocks kla­gen, in einem wei­te­ren Fall Rechtsanwalt Adam stell­ver­tre­tend für meh­re­re wei­te­re Bewohner.

Bereits Anfang des Jahres hat­te das Landgericht 40 Anträge zur Prozesskostenhilfe abge­lehnt. Später ent­schied auch das Oberverwaltungsgericht in Braunschweig so, sodass es in die­sen Fällen gar nicht erst zu einer Klage kam, wie das Landgericht mit­teil­te. Über die Prozesskostenhilfe hät­ten die Kläger Geld bekom­men kön­nen, um sich das Gerichtsverfahren zu lei­sten. Die zustän­di­ge Kammer in Göttingen lehn­te die Anträge ab, da die Aussichten auf Erfolg in den Schmerzensgeldklagen nicht gut genug sei­en. In den übri­gen fünf Fällen wur­den die Klagen nun zurückgenommen.

Anwalt wäre ger­ne noch vor BGH gezogen
„Ein rechts­wid­ri­ges Verwaltungshandeln hat nicht auto­ma­tisch die Entstehung von zivil­recht­li­chen Schmerzensgeldansprüchen zur Folge“, hieß es damals aus Göttingen. Die Kläger hät­ten auch ohne die Abriegelung des Wohnblocks ihre Wohnungen nicht ver­las­sen dür­fen, denn die Quarantäne-Anordnung sei rech­tens gewesen.

Anwalt Adam sag­te, er wäre ger­ne noch vor den Bundesgerichtshof (BGH) gezo­gen. Es kön­ne nicht sein, dass es nach dem ille­ga­len Vorgehen der Verwaltung kei­ner­lei Anspruch auf eine Kompensation geben sol­le. „Aber das Kostenrisiko ist zu groß für eine Fortsetzung der Verfahren“, sag­te der Anwalt.«

Über das dama­li­ge Geschehen war am 16.7.20 auf coro­dok zu lesen:

Wie war das noch… mit dem "Ausbruchsgeschehen" in Göttingen?

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