Aus dem Mai 2022:
Ich stehe zu meinem antiautoritären Reflex. Auch wenn mir manche ihrer Argumente einleuchten, hege ich ein Mißtrauen gegen Menschen, die ihre Kompetenz darstellen wollen, indem sie sich Weißkittel überwerfen. Seit Monaten agieren zum Teil hoch angesehene ExponentInnen der kritischen Corona-Szene unter dem anmaßenden Titel "Global Covid Summit". Eine niemals belegte Zahl von 17.000 ÄrztInnen und WissenschaftlerInnen soll Erklärungen unterzeichnet haben, die mit "Wir, die Ärzte und medizinischen Wissenschaftler der Welt" beginnen. Ein aktuelles Video der Gruppe ist hier* zu sehen.
Es geht um die Darstellung einer sehr schlichten Erklärung der Corona-Politik:
»Die Patienten werden weiterhin zwangsweise eingesperrt, was ihrer Gesundheit, ihrer beruflichen Laufbahn und der Ausbildung ihrer Kinder schadet und die für die Zivilgesellschaft wichtigen sozialen und familiären Bindungen zerstört. Dies ist kein Zufall. In dem Buch mit dem Titel "COVID-19: The Great Reset" hat die Führung dieses Bündnisses ihre Absicht klar zum Ausdruck gebracht, COVID-19 als "Chance" zu nutzen, um unsere gesamte globale Gesellschaft, Kultur, politischen Strukturen und Wirtschaft neu zu gestalten…
Die Aufgabe des Globalen COVID-Gipfels besteht darin, diese inszenierte Krise zu beenden, die der Welt unrechtmäßig aufgezwungen wurde, und offiziell zu erklären, dass die Handlungen dieser korrupten Allianz nichts Geringeres als Verbrechen gegen die Menschheit darstellen…«
Das ist in meinen Augen martialischer Populismus anstelle einer Analyse. Das in Klaus Schwab personifizierte Böse läßt den Blick auf die auch nationalen Verantwortlichen verschwimmen. Dabei wäre eine Reduktion auf wirtschaftliche Interessen an der Goldgrube und anderswo ähnlich kurzsichtig wie die Annahme einer globalistischen Verschwörung. Das komplexe Geflecht aus ökonomischen und machtpolitischen Interessen, psychologischer Kriegsführung und erwünschter bedingungsloser Kontrolle bedarf umfassenderer Analysen. Je näher wir die Handelnden in der konkreten Lebenswelt der Menschen verorten können und je weniger fern sie vermeintlich unangreifbar in den Davoser Bergen agieren, um so sichtbarer werden Widersprüche und Möglichkeiten des Widerstands.
Eine Gefahr des Populismus liegt darin, daß angeblich gute Führer herausgebildet werden. Wir haben in unserem Land mehrfach die Erfahrung machen müssen, daß die Fokussierung auf einzelne Personen der Szene zu Enttäuschungen führen kann. Das kann zu tun haben mit deren Überforderung, aber auch mit Interessen, die nicht zwingend deckungsgleich sind mit denen der Menschen, die sich Aufklärung versprechen. Auch bei den gezeigten Weißkitteln, oftmals Geschäftsleute im Gesundheitsbereich, ist danach zu fragen.
Für mich bleibt es dabei, möglichst den mühseligen Weg eigener kritischer Recherche zu verfolgen. Das wird nicht gehen ohne die Rezeption der Arbeit von Autoritäten, deren Einsatz ich nicht schmälern will. Sie sollten jedoch ähnlich befragbar bleiben wie die der "anderen Seite".
* Hier nicht mehr verfügbar. Siehe jetzt thehighwire.com
Erstveröffentlichung corodok.de, 16.5.22