SPD stellt Insolvenzantrag

Will man peni­bel sein, dann ist die­se Überschrift nicht ganz zutref­fend. Es ist das Luxuskaufhaus KaDeWe, das heu­te Insolvenz anmel­de­te. Die Häuser in Berlin, Hamburg und München lei­den unter "exor­bi­tant hohen Mieten". Das haben sie gemein mit fast 150.000 MieterInnen der lan­des­ei­ge­nen Gesellschaften in Berlin, die auch noch durch­schnitt­lich 300 Euro mehr an Nebenkosten zah­len sol­len als im Vorjahr.

Einer poli­ti­schen Insolvenz kommt der Vorschlag der Berliner SPD nahe, "Volksentscheide von oben" ein­zu­füh­ren. Man wol­le so "der Politikverdrossenheit begeg­nen", heißt es in der Begründung. De fac­to wür­de die­ser Schritt, für den die Landesverfassung wohl geän­dert wer­den müß­te, aber alles ande­re als "Vertrauen in die Politik und in die Demokratie" schaf­fen. Das hat min­de­stens zwei Gründe.

Der eine ist das Thema, mit dem die SPD den Vorstoß ver­knüpft. Es geht um die Bebauung des Tempelhofer Feldes. Durch einen Volksentscheids war 2014 beschlos­sen wor­den, die größ­te grü­ne Lunge der Stadt nicht in die Hände der gera­de in Berlin berüch­tig­ten Baumafia fal­len zu las­sen; eine Bebauung wur­de aus­ge­schlos­sen. Von Beginn an war vor allem SPD und CDU die Entscheidung mit Gesetzeskraft ein Dorn im Auge. Seit gerau­mer Zeit ver­su­chen sie, die sich ver­schär­fen­de Wohnungsnot, die sie maß­geb­lich ver­ur­sacht haben, für ein Roll-back zu nutzen.

Zweitens sol­len für die "Volksentscheide von oben" ande­re Regeln gel­ten als für die her­kömm­li­chen von unten. Es stün­de der SPD oder dem Senat frei, mit einem wei­te­ren Volksentscheid den Beschluß von 2014 zu revidieren.

»Doch genau hier beginnt das Problem. Denn das 2014 her­bei­ge­führ­te Votum wur­de von einer Bürgerinitiative initi­iert, die zunächst genü­gend Unterschriften für einen Antrag auf ein Volksbegehren sam­meln, dann genü­gend Unterschriften für das eigent­li­che Volksbegehren sichern und schließ­lich in der drit­ten Stufe für den eigent­li­chen Volksentscheid die Zustimmung von 25 Prozent der Wahlberechtigten errei­chen muss­te – damals ent­sprach dies rund 625.000 Stimmen. Die Initiative nahm auch die­se letz­te Hürde mit 740.000 Stimmen bezie­hungs­wei­se knapp 30 Prozent.

Tempelhofer Feld: Volksentscheid „von oben“ hat keine hohe Hürden

Diese hohen Hürden gäbe es bei einem „von oben“ initi­ier­ten Volksentscheid, wie die Berliner SPD-Fraktion auf ihrer Klausur in Leipzig beschlos­sen hat, dage­gen nicht. Es müss­ten kei­ne Unterschriften gesam­melt wer­den, es kommt direkt zur Abstimmung. Das klingt nicht wirk­lich nach Chancengleichheit und ruft, gera­de bei einem Instrument, das die SPD auch als Mittel gegen die Politikverdrossenheit ver­stan­den wis­sen will, genau die­se her­vor…«

So bringt es ein Kommentar in der kei­nes­wegs lin­ken "Berliner Morgenpost" am 28.1.24 auf den Punkt.

»Auch Michael Schneidewind von der Initiative 100 Prozent Tempelhofer Feld… reagier­te er dage­gen ableh­nend. „Wir kön­nen mit der Idee über­haupt nichts anfan­gen.“ Er ver­wies etwa auf die Ungleichheit der Mittel der Landesregierung gegen­über der Zivilgesellschaft. „Das Land Berlin hat ganz ande­re Möglichkeiten, Anzeigen zu schal­ten oder Plakate auf­zu­hän­gen“, sag­te er. Das sei pro­ble­ma­tisch. Zustimmung kam ledig­lich bereits am Sonnabend vom Koalitionspartner CDU. Fraktionschef Dirk Stettner hat­te sich posi­tiv geäu­ßert und gesagt, Details wer­de man nun koali­ti­ons­in­tern besprechen.«
tages​spie​gel​.de (28.1.24)

Die Verschleppung der Umsetzung der eben­falls erfolg­rei­chen Volksabstimmung für die Enteignung von Immobilienunternehmen mit mehr als 3000 Wohnungen in Berlin durch den Senat (aller­dings auch durch sei­nen Vorgänger) trägt zur Skepsis bei.


Die SPD kon­ter­ka­riert damit ein­drucks­voll ihre Sprüche auf den Demonstrationen "für unse­re Demokratie" der letz­ten Tage. Pikant ist dabei, daß sei einen Vorschlag der AfD aufgreift:

afd​-frak​ti​on​-ts​.ber​lin (31.3.23)

Daß sich hier auch eine Alternative für deut­sche Sprache aus­drückt, steht auf einem ande­ren Blatt.

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