Das ist keine Fotomontage. Die "Hamburger Morgenpost" bereichert so ihren "Liveticker: Hamburg steht auf!" über das "starke Zeichen gegen Rechts", das Zehntausende dort setzen wollten.
(Auch das ursprünglich an dieser Stelle veröffentliche Foto der mopo habe ich inzwischen sicherhaltshalber entfernt. "Urheberschutz"…)
Der Vorzeige-Antifaschist und Erste Bürgermeister* wurde bejubelt für solche Worte:
»Hamburg ist eine Freie Hansestadt, eine Stadt der Vielfalt und der Demokratie, eine Stadt der aufrechten Bürgerinnen und Bürger, die Rechtsradikalen und Verfassungsfeinden entschlossen entgegentreten und mit starker Stimme rufen: Nie wieder!«
Der Cum-Ex-Komplize und Nachfolger von Olaf Scholz wählt hier ganz bewußt ein "und" – und niemand merkt es. Der damalige Finanzsenator war mitverantwortlich für die Polizeigewalt beim ergebnislosen G20-Gipfel, der mindestens 130 Millionen Euro verschlungen hatte. Tschentscher war in der Corona-Zeit einer der wütendsten Hardliner. Damals hatte selbst die Linkspartei milde gegen seine Auffassung opponiert:
"Tschentscher hatte im «Bild»-Politik-Talk «Die richtigen Fragen» am Sonntagabend gesagt, es sei sinnvoll, «wenn der Bund in das Infektionsschutzgesetz ganz ausdrücklich aufnimmt, dass man auch das Versammlungsrecht hier einschränken kann so wie andere Grundrechte». Auch wenn Versammlungsfreiheit ein hohes und schützenswertes Gut sei: Mit der Auflösung von Großdemonstrationen wie in Dresden und Leipzig «überfordert man die Polizei», sagte er."
zeit.de (19.4.21)
Schwamm drüber, sagen sich die Guten in Hamburg und anderswo. Schließlich haben ja nicht sie damals demonstrieren wollen. Heute geht es doch um Antifaschismus und da müssen die Guten zusammenstehen. Man könnte diesem Ansatz etwas abgewinnen, wenn es denn um Inhalte ginge. Wenn es um die Verteidigung der Überreste des Asylrechts ginge oder gegen die sozialrassistische Aufteilung in wirtschaftlich nützliche Zuwanderer und arme Schweine, die "nur" vor der Verwüstung ihrer Heimat durch von "uns" mit finanzierte Bürgerkriege, der Zerstörung ihrer Umwelt und der Hoffnungslosigkeit fliehen, die das gnadenlose Profitsystem ihnen auferlegt. In der Frage der Migration paßt, abgesehen von der Tonlage, inhaltlich kaum ein Blatt Papier zwischen das, was die AfD fordert, und das, was die bürgerlichen Parteien europaweit bereits praktizieren.
In Fragen von Hochrüstung und Sicherung des "Wirtschaftsstandorts" ist man sich ohnehin einig, mit den Nuancen, die neoliberale Parteien immer haben. (Aus dem Programm der AfD: »Das Strafmündigkeitsalter [ist] auf zwölf Jahre zu senken«, »Die AfD widersetzt sich jeder Einschränkung von Bürgerrechten durch eine Verschärfung des Waffenrechts«, »Die Alternative für Deutschland betrachtet den bloßen Schutz der europäischen Außengrenzen als unzureichend«, »Die AfD tritt dafür ein, für alle männlichen deutschen Staatsbürger im Alter zwischen 18 und 25 Jahren den Grundwehrdienst wieder einzusetzen«, »Der Islam gehört nicht zu Deutschland«, »Wir wollen auf breiter Front deregulieren und Bürokratie abbauen«, »Landwirtschaft: Mehr Wettbewerb, weniger Subventionen«.) Den wenigsten Punkten werden Tschentscher, Scholz und Faeser widersprechen, Merz und Lindner wohl auch eher nicht.
Während das Berliner Ensemble theatralisch die correctiv-Story über den "Geheimplan gegen Deutschland" auf die Bühne bringt und das Bildungsbürgertum "Alle – zusammen – gegen den Faschismus!" skandiert, ist die Realität diesseits der halluzinierten Brandmauern längst weiter.
Auf faz.net sieht das so aus:
Der "verantwortliche Redakteur für 'Zeitgeschehen'" beschreibt das antifaschistische Engagement aus der Mitte der Gesellschaft, das in Hamburg und andernorts gefeiert wird, so:
»Es ist nicht modern, sondern unverantwortlich, in dieser Zeit die Staatsangehörigkeit zu verschleudern. Andere rücken zusammen, Deutschland macht die Tore auf.
Die Nation als Schicksalsgemeinschaft, das mag altbacken klingen, ist aber heute wieder modern. Ein Blick in die Ukraine und nach Israel zeigt die Kraft von um ihre Existenz kämpfenden Staaten. Der Staat, das sind die Bürger. Unvergessen, wie Tausende von Israelis aus aller Welt sich nach dem genozidalen terroristischen Angriff der Hamas sofort in das nächste Flugzeug setzten, um ihr Land zu verteidigen…
Bindung und Treue
Diese Bindung und Treue wünschte man sich auch hierzulande. Denn dann gäbe es überhaupt kein Problem mit einer mehrfachen Staatsangehörigkeit in Deutschland. Doch die Lage ist vollkommen anders. Der Jubel Einheimischer für die türkische Mannschaft bei einem Fußball-Länderspiel gegen Deutschland in Berlin ist nur ein Symptom…
Dass die Ampelkoalition ihr nur modern genanntes Verschleudern der deutschen Staatsangehörigkeit nun beschlossen hat, ist kein gutes Zeichen. Das jüngste Entsetzen über den hierzulande aufgeflammten Antisemitismus hat nur kurzzeitig zu neuem Nachdenken geführt. Schon ist ein neuer Grund gefunden: Die Grünen verkaufen den „Anspruch auf Teilhabe“ (die ist schon bisher niemandem verwehrt) als Antwort auf „rechtsextreme Pläne zu millionenfacher Deportation“. Und deswegen soll Deutschland seine Tore weiter öffnen und den inneren Frieden aufs Spiel setzen?…
Man darf auch auf das Wahlverhalten jener gespannt sein, die als Neu-Deutsche in autoritären Vorstellungen ihrer alten Heimat verwurzelt bleiben…
Vor allem Problemfälle
Im Übrigen ist die Frage doch: Kommt durch die Neuregelung ein IT-Spezialist mehr nach Deutschland? Kommt er überhaupt? Gibt es hier wirklich eine Regelungslücke? Oder geht es nur um eine leichtfertige Belohnung für Migranten?
Moderne Einwanderungsländer schützen ihre Grenzen, kontrollieren Migration und wählen genau aus, wen sie zum Staatsbürger machen. Die verkürzte Frist und Großzügigkeit mit mehrfacher Staatsangehörigkeit bei weiterhin großem Migrationsdruck und ungelöster Flüchtlingsfrage kommt einer Abdankung gleich.
Deutschland zieht vor allem die Problemfälle an. Und so ändert sich unser Staatsvolk…«
* Danke für den Hinweis, daß es in Hamburg keinen Regierenden Bürgermeister gibt, wie hier fälschlich stand.