Manchmal frage ich mich, wer, zum Teufel, sich noch Teststäbchen in Mund und Nase einführt. Es gibt einen akademisch gebildeten Teil der Verwandschaft, eine ganze Familie, "durchgeimpft" und vor Weihnachten wieder flachgelegt. Sonst kenne ich niemanden. Aus dem "Neuen Deutschland" erfahre ich mehr.
Die Rezension des Bildbandes beginnt so:
»Heute haben wir einen Coronatest bei den Kindern gemacht, da Kind Nummer 2 etwas fieberte und sich unwohl fühlte. Gleichzeitig sieht man im Winter 2023/24 wieder Menschen mit Mundschutz in der U‑Bahn und hört von Krankenhäusern, die ihren Besuchern Maskenpflicht verordnen, um die Patienten, also die vulnerablen Gruppen, vor Ansteckung mit dem immer noch oder schon wieder umgehenden Virus zu schützen.«
Sie endet mit:
»Dank des von dem Kölner Fotografen, Galeristen und Lehrer Wolfgang Zurborn kuratierten Bandes können wir uns nun wohlig zurücklehnen und die jüngste Vergangenheit Revue passieren lassen. Vergangenheit? Der Coronatest des Jüngsten jedenfalls war positiv.«
Zuvor benennt der Autor einige Begleitumstände der "Maßnahmen", nicht ohne sie zugleich zu entschuldigen:
»Die aus Hilflosigkeit geborenen Absurditäten dieser Zeit haben sich allen Zeitgenossen eingebrannt: wochenlange Schul- und Kitaschließungen, abgesperrte Spielplätze, Alte, die wegen der Kontaktverbote einsam in den Pflegeheimen litten und starben, ohne ihre Angehörigen noch einmal sehen zu dürfen. Nicht zu vergessen eine gespaltene Gesellschaft, die in verschiedene Lager zerfiel.«
Wer war noch mal Christian Drosten? Lockdown als wertvolle Phase
Anscheinend werden die Lager gekennzeichnet durch zwei Namen:
»Wer weiß schon noch genau, wer Attila Hildmann oder Christian Drosten sind bzw. welche Rolle sie spielten?«
Der antisemitische Spinner soll für die Kritik an Lockdown und "Impf"-Pflicht stehen, der sympathische Virologe, über dessen Rolle wir offenbar nichts wissen wollen, für die Vernünftigen.
Gewiß, erzählt Herr Schirrmeister, war nicht alles schön, als der Staat die "Notbremse" ziehen mußte:
»Gerade war man noch mit der rasenden Hektik des Alltags und der Bewältigung seines Pensums beschäftigt, als die Behörden die Notbremse zogen – und von einem Moment auf den anderen waren die Menschen auf sich allein gestellt, ruhte der Betrieb, war es gar verboten, sich mit anderen als den nächsten Angehörigen zu treffen. Für viele Menschen begann eine Zeit des stillen Leids und der sozialen Isolation.«
Andererseits war es in seiner Beobachtung vielen Familien möglich, "die Phase des Stillstands als eine wertvolle zu begreifen, bot sie doch die unverhoffte Chance, sich um das heimische Lagerfeuer zu versammeln". Und schließlich: "Der Lockdown setzte ungeahnte Kreativität bei vielen Leuten frei, die sich irgendwie beschäftigen mussten, wollten sie nicht vor dem Fernseher verblöden".
Im "Neuen Deutschland" wird so etwas derartig verbrämt:
»… Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung…«
Danke für diese Einsichten in die Psyche der Schreiberlings- und Leserlings des ND (einer "linken" Zeitung).
Vermutlich nie werden sie fähig werden, ihr Tun und Lassen wirklich zu reflektieren.
Begönnen sie damit, wäre der Schmerz zu groß, der damit einher ginge, sich eingestehen zu müssen, dass man genau so tickt wie jede kleine widerliche Faschistin und jeder kleine widerliche Faschist oder auch nur deren MitläuferInnen.
(Ich begreife seit 2020 meine Großeltern, die lange tot sind, von Tag zu Tag besser. Und immer klarer wird mir [nicht nur] ihre Tragik bewusst. Nie aber werde ich ihr Tun und vor allem ihr Lassen akzeptieren.)