Frieden, Freiheit, Eierkuchen?

Fragen, mit denen sich die Corona-Kritik nicht aus­ein­an­der­set­zen woll­te und über­wie­gend immer noch nicht will, wur­den unter die­sem Titel am 19.8.20 auf coro​dok​.de gestellt:

Zur Demonstration der "Demokratiebewegung" am 29.8.

Die Menschen, die sich der von ihren Veranstaltern so genann­ten "Demokratiebewegung" anschlie­ßen, dürf­ten sehr unter­schied­li­che Motivationen haben. Wahrscheinlich ist das eini­gen­de Band das tie­fe Mißtrauen in Regierende und weit­ge­hend uni­for­me Medien, das ja nicht erst seit "Corona" berech­tigt ist. Es gibt Grund genug, auf die Straße zu gehen.

Neu ent­ste­hen­den Bewegungen ist eigen, daß sie eine gewis­se Zeit benö­ti­gen, um sich auch auf posi­ti­ve Ziele zu ver­stän­di­gen. Ist es also noch zu früh dafür? Es scheint, als kön­ne die Debatte bis­lang nicht ernst­haft geführt werden.

Kaum Kommunikation

Da wirft etwa Albrecht Müller, Mitherausgeber des kri­ti­schen und eher lin­ken Portals NachDenkSeiten unter der Überschrift »Querdenken wohin, woher? Widerstand woge­gen?« eini­ge Fragen auf. So zum Freiheits-Begriff, für den er eini­ge Beispiele der Nutzung durch Stramm-Konservative benennt. Er ver­weist auf Thorsten Schulte, einen der Hauptredner vom 1.8. und sei­ne Vergangenheit als AfD-Wahlaufrufer 2017. Seine These lautet:

»Die Menschen, die zum Beispiel am 1. August in Berlin demon­striert haben und am 29. August erneut in Berlin demon­strie­ren wer­den, und jene, die dazu ein­la­den, müss­ten erken­nen las­sen, in wel­che Richtung das Querdenken gehen soll.«

Auf den viel­leicht etwas alt­vä­ter­lich klin­gen­den Beitrag ant­wor­tet Michael Ballweg, Initiator von Querdenken 711, in einer von Rubikon ver­brei­te­ten Mail recht knapp:

»Guten Tag Herr Müller,
viel zu tun, des­halb hier ein kur­zes Statement zum Artikel
https://​www​.nach​denk​sei​ten​.de/​?​p​=​6​3​881

Wir haben uns recht deut­lich positioniert.
Einfach mal die Playlists unse­rer frü­hen Demos ansehen:

Demo in Leonberg am 07.06.2020
https://​www​.you​tube​.com/​p​l​a​y​l​i​s​t​?​l​i​s​t​=​P​L​C​n​Q​g​l​I​w​_​e​O​o​v​l​G​T​e​G​0​L​5​6​4​q​-​J​2​r​L​u​Ch9

Demo in Stuttgart am 20.06.2020
https://​www​.you​tube​.com/​p​l​a​y​l​i​s​t​?​l​i​s​t​=​P​L​C​n​Q​g​l​I​w​_​e​O​q​r​n​d​C​g​0​l​n​r​a​x​-​4​M​A​k​x​K​XIk

[Links nicht mehr vor­han­den, AA]

Auf der Demo in Berlin war ja auch Hr. Kuby, der sich für ein neu­es Geldsystem aus­spricht, Hermann Ploppa hat eben­falls auf meh­re­ren Demos gesprochen.

"Die Kraft die mich antreibt – Mein Nordstern
Ich set­ze mich ein für eine Welt, in der alle Menschen in Freiheit und in Frieden mit­ein­an­der leben. Für eine Welt in der alle Menschen ihrer Bestimmung fol­gen kön­nen. Für eine Welt, in der wir respekt­voll mit unse­rer Umwelt umge­hen und die Kraft der Natur nutzen."

Ich wäre Ihnen dank­bar, wenn Sie die­ses Statement ver­öf­fent­li­chen, da wir vie­le Nachfragen erhalten.
Herzliche Grüße
Michael Ballweg«

Ist das, was hier unter "Nordstern" (?) steht, nicht ein Allgemeinplatz, der sich in jedes belie­bi­ge Parteiprogramm inte­grie­ren lie­ße? Wie kann deut­lich wer­den, daß "Frieden & Freiheit" ande­res meint als das, was die NATO tut, wenn sie mit den glei­chen Worten noch jeden ihrer Militäreinsätze begrün­det? Würde nicht der stu­pi­de­ste Nazi unter­schrei­ben, daß wir respekt­voll mit unse­rer Umwelt umge­hen soll­ten?

Widersprüchliches…

In der Flugschrift "DEMOKRATISCHER WIDERSTAND N° 15" vom 8.8. liest man gleich­zei­tig zu "Menschen mit Reichsflaggen": "Am Ende ist‘s alles ein Stück Stoff" und:

»Wir erle­ben den Versuch einer ter­ro­ri­sti­schen Diktatur der am mei­sten reak­tio­nä­ren, chau­vi­ni­sti­schen und impe­ria­li­sti­schen Elemente des Finanzkapitals. Thomas Schäfer (CDU), Finanzminister des Landes Hessen, hat sich bereits das Leben genom­men. Viele ande­re Tragödien spie­len sich ab. «

Thomas Schäfer paßt nun wirk­lich nicht in den Kontext der "ter­ro­ri­sti­schen Diktatur". Und der erste Satz ist plum­pes Heranwanzen an links-sozia­li­sier­te Sympathisierende. Diese ken­nen ihn näm­lich als Definition der Kommunistischen Internationale für die faschi­sti­schen Terrorregime der 1930er Jahre. Mit ihr soll­te ver­wie­sen wer­den auf die Auflösung von Parteien und Gewerkschaften, auf zehn­tau­sen­de in KZs Inhaftierte und Ermordete, auf Gebietsansprüche gegen­über ande­ren Ländern und nicht zuletzt auf die Drahtzieher in gro­ßen Unternehmen, die recht früh die Hitlers, Mussolinis und Francos finanzierten.

Sollte die Redaktion von DW tat­säch­lich der Meinung sein, dies wie­der­ho­le sich gera­de, dann kann man sie nicht ernst neh­men oder muß ihr vor­wer­fen, den histo­ri­schen Faschismus zu rela­ti­vie­ren. Ist es Zufall, daß in ihrem Bericht über die Kundgebung vom 1.8. der oben genann­te Thorsten Schulte, einer der umju­bel­ten Hauptredner, nicht vorkommt?

… und Falsches

Tut Anselm Lenz der Bewegung einen Gefallen, wenn er ohne Not im glei­chen Blatt sol­che – sor­ry! – Fake News verbreitet:

»In meh­re­ren Polizeimeldungen wur­den 1,3 Millionen Menschen genannt. Teilnehmer und Journalisten schätz­ten teil­wei­se noch erheb­lich mehr…

Präsentiert wur­den häu­fig auch Fahnen der Länder Schweden und Belorussland, wo es prak­tisch kei­ne Restriktionen gegen Corona gibt, ohne dass dies nega­ti­ve Folgen hätte.«

Auf die­sem Blog wur­de auf­ge­deckt, daß es eine (!) Information der Polizei zur Zahl von 1,3 Millionen gege­ben hat. Welche Journalisten schätz­ten noch mehr?? Daß der Umgang Schwedens mit Corona in den Medien völ­lig undif­fe­ren­ziert dar­ge­stellt wird, recht­fer­tigt nicht die Ignoranz gegen­über der hohen Sterblichkeit.

Großkotzigkeit

Und was soll sei­ne voll­mun­di­ge Bemerkung "Die Polizei hät­te gegen das Volk nicht den Hauch einer Chance gehabt"? Ja, da stan­den Viele, ziem­lich sicher meh­re­re Hunderttausend, aber doch bit­te nicht "das Volk" (wen immer man dafür hal­ten will). So gar nicht pas­sen will die Chancenlosigkeit der Polizei auch zur Erzählung der Corona-Diktatur, die gera­de auf­ge­rich­tet werde.

Diese Verblendung wird auch an ande­rer Stelle deut­lich, wenn er unter dem Titel "Millionen Demokraten in Berlin erwar­tet" auf den Veranstalter Ballweg ver­weist, der für den 29.8. "nach eige­nen Angaben, Zitat: '10 Millionen Menschen'" erwar­tet. Auch die von Lenz vor­ge­nom­me­ne Ankündigung der "Gewerkschafts­neugründung Demokratische Gewerkschaft (DG)" geht in die glei­che Richtung. Auf deren Webseite heißt es nur:

»Die DGB-Gewerkschaften haben sich als Beiboot der Regierung und des glo­ba­len Großkapitals erwiesen.
Seit Jahrzehnten lie­ßen sie bereits ernst­haf­te Arbeit für uns schlei­fen, dafür aber fürst­lich von uns bezahlen.
Unter Corona stel­len sie sich offen gegen alle ArbeiterInnen, Angestellte, Freiberufler, Gewerbetreibende und Tagelöhner.«

Mehr sei spä­ter zu erfah­ren. Es lohnt, in Geschichtsbüchern nach­zu­le­sen, wo der­ar­ti­ger Jargon in der Vergangenheit benutzt wur­de. Laut DW wur­de der Verein von "62 Beschäftigten aus allen Sektoren der Wirtschaft" gegründet.

Noch ein­mal: Es gibt gute Gründe, gegen die "Corona-Maßnahmen" auf die Straße zu gehen. Da muß nicht jede Demo "histo­risch" wer­den und die "Diktatur" zurück­schla­gen. Hilfreich wäre es, über Bekenntnisse zu Frieden und Freiheit hin­aus Forderungen zu prä­zi­sie­ren, aus denen erkenn­bar wird, mit wem und gegen wen man wofür kämp­fen will.
Eine Bewegung, die nur auf Schlagworte gegen Eliten, Regimes und glo­ba­les (wie­so nicht das natio­na­le?) Kapital setzt, kann leicht in eine Richtung gera­ten, die alles ande­re als Aufklärung und Selbstbestimmung, Frieden und Freiheit ver­spricht. Deshalb wird es Zeit für eine sol­che Debatte und Selbstverständigung.

Dafür kön­nen die OrgansiatorInnen nichts


Das Letzte, was von der "DEMOKRATISCHEN GEWERKSCHAFT (DG)" zu hören war, war dies:

demo​kra​ti​sche​ge​werk​schaft​.de

Wie schon die Deutsche Arbeitsfront der Nazis ging es ihr darum:

»Wir, die DG rufen Euch alle, Betriebsangehörige, Betriebsräte und Firmenleitungen auf, gemein­sam in den Protest ein­zu­stim­men, in Einigkeit und Solidarität unse­re Rechte und unse­re Selbstbestimmung ein­zu­for­dern! Kommt zur Demokratischen Gewerkschaft oder/​und for­dert Eure Gewerkschaften und Verbände zum Handeln auf! Sechs Millionen Gewerkschafter/​innen in Einigkeit und Hand in Hand kön­nen und wer­den etwas bewegen!«
demo​kra​ti​sche​ge​werk​schaft​.de

Da sind sie wie­der, die sechs Millionen, über die schon Ballweg gestol­pert war; sie­he dazu Ballwegs Distanzierung vom "lie­ben Nikolai Nerling". Da auch hier wie­der alles mit allem zusam­men­hängt: Im Impressum der "Gewerkschaft" ist die "Kommunikationsstelle Demokratischer Widerstand" zu fin­den, die auch das Machwerk "Demokratischer Widerstand" verantwortet.

(Hervorhebungen in blau nicht in den Originalen.)

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