Luftfilter in Schulen. "Klare Empfehlung an den Rat: Verschrotten"

Am 7.8.24 berich­te­te der WDR über die Geräte "im Wert von rund 2 Mio. Euro" allei­ne in Münster:

»… Rund 1.200 Luftfilter-Anlagen sind wäh­rend der Corona-Pandemie für Münsters Schulen ange­schafft wor­den. Rund 400 mit finan­zi­el­ler Unterstützung des Landes NRW, fast 800 aus dem Haushalt der Stadt. Sie haben ihren Zweck erfüllt, sagen die Schulleitungen – aber jetzt will sie kei­ner mehr haben. Zu die­sem Ergebnis kommt auch die Stadtverwaltung. Kaufen will die Geräte nie­mand. Aber auch geschenkt ist noch zu teuer.

Kosten lau­fen immer weiter
Allein der Wechsel der Filter bela­stet die Stadtkasse jähr­lich mit 700.000 Euro. Sollte man die Geräte nicht trotz­dem auf­he­ben, falls sie noch­mal gebraucht wür­den? Auch die­se Idee hat die Stadtverwaltung ver­wor­fen. Denn bei einer Einlagerung ent­stün­den Transport- und Lagerkosten auf nicht abseh­ba­re Zeit – das will die Stadt vermeiden.

Caritativen Einrichtungen [sic] sind die Luftfilter auch schon ange­bo­ten wor­den. Sie win­ken dan­kend ab…

Verschrotten als ein­zi­ge Option
Die 400 Geräte, die mit Landesmitteln gekauft wur­den, unter­lie­gen einer soge­nann­ten Zweckbindungsfrist von 5 Jahren. Solange müs­sen sie für ihren Anschaffungszweck bereit gehal­ten wer­den. Diese Geräte sol­len in einem der­zeit unge­nutz­ten Kasernenbereich in Münster unter­ge­stellt werden.

Für die 800 mit städ­ti­schem Geld ange­schaff­ten Geräte gibt es eine ande­re, sehr kla­re Empfehlung an den Rat: Verschrotten. Der Auftrag für Abholung an den Schulen und fach­ge­rech­te Entsorgung soll aus­ge­schrie­ben wer­den. Die geschätz­ten Kosten von 35.000 Euro sind über­schau­bar. Mit den Luftfiltern lan­det dann ein Stück Corona-Geschichte auf dem Müll. Allein in Münster im Wert von rund 2 Mio. Euro...«

In den Jahren zuvor hat­ten sich Warentester und Medien über­schla­gen mit Empfehlungen von Luftfiltern, wobei stets betont wur­de, sie "höch­stens als unter­stüt­zen­de Maßnahme" (quarks​.de) zu betrach­ten. Umgekehrt sah es nur die Bundeswehr-Uni: "Gerade im Winter sieht [der Studienleiter] das regel­mä­ßi­ge Lüften nur als Ergänzung zu den Luftfiltern" (oeko​test​.de). Das RKI war besorgt, daß "bewähr­te Schutzmaßnahmen – wie das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung und die Einhaltung der Abstandsregeln –" in den Hintergrund tre­ten könn­ten (ebd.).

Wer hat etwas davon?

Einer der Profiteure der so unsin­ni­gen wie teu­ren Subventionen ist das Unternehmen "Centrotec". Über sei­nen Chef, den "viel­sei­ti­gen Unternehmer Guido Krass", ist auf lin​ke​din​.com zu lesen:

»… Der Energie- und Gebäudetechnikspezialist Centrotec mit mehr als 700 Millionen Euro Umsatz hat am 15.Jan.2021 die Börse ver­las­sen, nach 22 Jahren. Gründer Krass selbst hält 67 % an der Gesellschaft, es ist „sein Unternehmen“…

Das unter­neh­men [sic] fokus­siert auf Klimageräte, Heizung und Lüftung. Derzeit ent­lüf­ten sei­ne Geräte Klassenzimmer von Coronaviren.

Krass ist ein Unternehmerkind, das schon wäh­rend des Studiums früh Chancen erkennt und zei­tig ins Immobiliengeschäft ein­steigt, dann ins Private-Equity-Geschäft. Neben Centrotec gehört Krass die Pari Capital Gruppe mit Venture-Capital-Investments, eige­nen Start-ups und Immobilienentwicklungen, und auch ein Hersteller von 100m-Superyachten (https://​sil​ver​yachts​.com/​w​p​-​c​o​n​t​e​n​t​/​u​p​l​o​a​d​s​/​2​0​1​5​/​0​3​/​0​0​7​_​N​e​w​_​B​u​i​l​d​.​pdf). Für Superyachten hegt er eine Leidenschaft…«

Der Link ist inzwi­schen nur erreich­bar über web​.archi​ve​.org. Wer Vorurteile pfle­gen möch­te, sehe sich ein wei­te­res Mitglied des "Management Boards" der Firma an, Andreas Freiherr von Maltzan. "Tegernsee – Unter Ausschluss der Öffentlichkeit trau­ten sich die Tegernseer Schlossherrin Herzogin Anna in Bayern und Freiherr Andreas von Maltzan am Freitag in Tegernsee… Die Ehe scheint seit Längerem nicht mehr zu bestehen. Sie ging unbe­stä­tig­ten Berichten zufol­ge im ver­flix­ten sieb­ten Jahr in die Brüche" (mer​kur​.de, 18.10.15).

Einen skur­ri­len Eintrag gibt es in der Filmdatenbank imdb​.com:

Über eine Milliarde Fördergelder "beantragt oder abgerufen"

Auf deut​sches​-schul​por​tal​.de gab man sich im Juli 2021 (aktua­li­siert am 11.7.23) ernüch­tert. Was von der Politik als angeb­li­cher Beitrag zum Offenhalten der Schulen geprie­sen wur­de, erwies sich zwar als gutes Geschäft für die Hersteller, aber als Flop in den Schulen:

»Um einer wei­te­ren Ausbreitung des Coronavirus zu begeg­nen und einen siche­ren Schulbetrieb zu gewähr­lei­sten, sind Luftfilter oder Luftreinigungsgeräte aus Sicht vie­ler Expertinnen und Experten unum­gäng­lich. Andere set­zen vor allem auf eine gute Lüftungsstrategie und sehen in den mobi­len Luftfiltern nur eine Ergänzung.

Der Bund hat in der Corona-Pandemie für den Neu- und Umbau sol­cher festen Anlagen in Schulen und Kitas nach Regierungsangaben gut eine Milliarde Euro Fördergelder bereit­ge­stellt, die auch bean­tragt oder abge­ru­fen wurden.

Für die Anschaffung mobi­ler Geräte in Räumen, die sich schlecht lüf­ten las­sen, weil etwa Fenster nur ange­kippt wer­den kön­nen, wur­den zusätz­lich 200 Millionen Euro bereitgestellt.

Dabei gibt es zwi­schen den Ländern aber gro­ße Unterschiede, wie die Deutsche Presse-Agentur im Februar 2022 berich­tet: Hamburg hat nach eige­nen Angaben mehr als 21.000 mobi­le Lüfter für 92 Prozent der Klassenräume im Wert von über 21 Millionen Euro ange­schafft. In Bayern sind nach Angaben von Bildungsminister Michael Piazolo (Freie Wähler) mehr als 70 Prozent der Klassenräume mit mobi­len Luftfiltern aus­ge­stat­tet. Anderswo, wie in Mecklenburg-Vorpommern, hat man hin­ge­gen auf ent­spre­chen­de Kaufprogramme ver­zich­tet. Die Geräte sei­en zu laut, nicht nach­hal­tig und wür­den nach der Pandemie ver­mut­lich nicht mehr benutzt, hat­te es im Norden geheißen…«

Interessiert das die Rechnungshöfe? Oder wenig­stens ein mei­nungs­bil­den­des Medium? Hier ist die Rede von 1,2 Mrd. Fördergeldern, von denen offen­bar aber nur ein Bruchteil für Klassenräume genutzt wur­de. Münster hat­te übri­gens ein Schnäppchen gemacht – oder sich übers Ohr hau­en las­sen. Nach den oben genann­ten Zahlen hat die Stadt rech­ne­risch ca. 1.700 € pro Gerät aus­ge­ge­ben. Das genann­te "Deutsche Schulportal", übri­gens eine Einrichtung der Robert-Bosch-Stiftung, meint:

Update: Ein Kommentar weist auf die Wende hin:

wn​.de (9.9.24, Bezahlschranke)

Auch spie​gel​.de berich­tet am 10.9.24, eben­falls hin­ter der Bezahlschranke:

"»Rettung« kurz vor der Entscheidung
Doch nach­dem loka­le Medien über die Pläne berich­tet hat­ten, mel­de­ten sich kurz­fri­stig meh­re­re Interessenten, die die Geräte über­neh­men möch­ten. Die Verwaltung habe »vie­le Mailzuschriften Dritter erreicht, die ihr Interesse an einer Geräteübernahme in unter­schied­li­cher Größenordnung und zu unter­schied­li­chen Zwecken bekun­det haben«, heißt es dazu in einer Ergänzungsvorlage der Stadt, ein Großteil davon sei­en Privatpersonen. Allein fünf Interessenten hät­ten ange­bo­ten, alle Geräte abzunehmen."

Und das habe ich noch gefunden:

muen​ster​.de (9.9.21)

4 Antworten auf „Luftfilter in Schulen. "Klare Empfehlung an den Rat: Verschrotten"“

  1. Selbstverständlich brau­chen Schulen Luftfilter! Damit sich die Schüler schon mal an den Geruch von gesieb­ter Luft gewöh­nen können.

  2. Westfälische Nachrichten
    Montag, 09.09.2024, 17:30 Uhr

    Kehrtwende der Stadt Münster bei Luftfiltern: Verschenken statt Verschrotten

    Reaktion auf bun­des­wei­te Kritik

    Niemand will die Luftfilter haben, die aus mün­steri­schen Klassenzimmern ent­sorgt wer­den sol­len. Mit die­ser Annahme lag die Stadtverwaltung kom­plett falsch. Es gibt inzwi­schen so vie­le Anfragen, dass alle Geräte mehr­fach ver­schenkt wer­den können.

    Rest hin­ter der Bezahlschranke
    https://​www​.wn​.de/​m​u​e​n​s​t​e​r​/​l​u​f​t​f​i​l​t​e​r​-​c​o​r​o​n​a​-​s​c​h​u​l​e​n​-​v​e​r​s​c​h​r​o​t​t​e​n​-​v​e​r​s​c​h​e​n​k​e​n​-​k​r​i​t​i​k​-​3​1​3​5​1​3​9​?​p​i​d​=​t​rue

  3. Wenn man die jedes Jahr mit Schlangenöl schmiert und vor­schrifts­ge­mäß war­tet, kön­nen sie auch in den kom­men­den Pandemien für das Überleben der Schulkinder sor­gen oder in Behörden gegen infek­tiö­se Darmwinde ein­ge­setzt werden.

    Viel klü­ger wäre jedoch, die Luftreinigercluster wür­den um die Mittagszeit zum Verbrauch von über­pro­du­zier­tem Solarstrom genutzt, damit der nicht mit erheb­li­chem Negativpreis (Entsorgungskosten) in Nachbarländer gescho­ben wer­den muss.

    Und wenn man die Luftreiniger noch mit kata­ly­ti­schen Konvertern nach­rü­stet, könn­ten sie neben CoV viel­leicht auch den Feinstaub an der Leipziger Straße fil­tern und Berlin wür­de zum Luftkurort Bad Berlin ("Be Bad").

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