Auch der Expertenrat der Bundesregierung war völlig unabhängig. Oder?

Zweifel dar­an kom­men auf welt​.de am 31.8.24 auf.

Die Dokumente ste­hen dort zum Download bereit. Hinter der Bezahlschranke heißt es:

»… Nachdem die Redaktion mehr­fach mit einer Untätigkeitsklage dro­hen muss­te, lie­gen rund 500 Seiten an E‑Mails und Schriftwechsel zwi­schen Kanzleramt und dem Corona-Expertenrat vor – jenem Gremium, das Kanzler Olaf Scholz (SPD) im Dezember 2021 der Bundesregierung bei­gestellt hatte…

Die neu­en Unterlagen sind eben­falls hei­kel. Sie zei­gen, dass gleich meh­re­re Minister ihren Experten emp­fah­len, wel­che Themen sie bespre­chen soll­ten, und bei den Rats-Sitzungen auch mit am Tisch saßen. Brisant auch: Die Stellungnahmen der Experten wur­den vor Veröffentlichung im Kanzleramt noch ein­mal über­ar­bei­tet – offen­sicht­lich im Hinblick auf die gewünsch­te poli­ti­sche Agenda.

Zu wenig alarmierend?

So hat­te der 19-köp­fi­ge Rat, dem auch das Virologen-Duo Christian Drosten und Hendrik Streeck ange­hör­te, am 15. Mai 2022 eine Stellungnahme zu Long Covid ver­öf­fent­licht. In der Ursprungsversion war das so for­mu­liert: „Die bis­lang ver­füg­ba­ren Daten spre­chen dafür, dass die Prävalenz von ME/​CFS (Myalgische Enzephalomyelitis, eine neu­ro­im­mu­no­lo­gi­sche Erkrankung, Anm. d. Red.), die prä­pan­de­misch bei 0,1 bis 0,8 % lag, in der Folge der Pandemie deut­lich anstei­gen wird.“ Dieser Satz aus beru­fe­nem Mund war dem Kanzleramt offen­bar nicht genehm, weil zu wenig alar­mie­rend. Es signa­li­sier­te Korrekturbedarf in einer Form, die in Rechtschreibung und Grammatik zwar hilf­los, in der Sache aber unmiss­ver­ständ­lich war: „Für die Leihen (gemeint sind Laien, d. Red.) ist eine ein pro­zen­tua­ler Anteil von 0,1 bis 0,8 % sehr gering.“ Wie gewünscht strich der Expertenrat den Satz. Die fina­le Version schob dann die abso­lu­ten Zahlen nach vorn, was deut­lich ein­drucks­vol­ler klang: „Vor der Pandemie wur­de für Deutschland mit etwa 250.000 ME/​CFS Betroffenen gerech­net, dar­un­ter etwa 40.000 Kinder und Jugendliche. Die Zahl der Betroffenen wird infol­ge der SARS-CoV2-Pandemie deut­lich anstei­gen“, heißt es in der ver­öf­fent­lich­ten Fassung.

Professor Christoph Kleinschnitz, Chef der Neurologie an der Uniklinik Essen, wun­dert sich: „Die Zahlen sind wis­sen­schaft­lich nicht belegt. Auch die Vermischung von Long Covid und ME/​CFS ist hier pro­ble­ma­tisch. ME/​CFS kann nicht nur durch Infekte her­vor­ge­ru­fen wer­den. Die Ursache ist letzt­lich unklar.“ Kleinschnitz, der zu Long Covid geforscht und Hunderte Patienten behan­delt hat, stört sich auch an den Kinder-Zahlen: „Vielen Pädiatern ist es schlei­er­haft, wie die­se Daten zustan­de kom­men.“ Kleinschnitz sieht in der Long-Covid-Politik der Bundesregierung auch eine „kla­re Taktik der Angst“…«

Weitere Beispiele möge man sel­ber fin­den. Hier wird berich­tet wer­den. Der bis­he­ri­ge Stand auf dem Blog (s. hier) wird bestimmt ergänzt wer­den können.

Anscheinend stel­len die­se Dokumente eine Teilmenge der bereits bis­her frei­ge­ge­be­nen Protokolle dar, die auch weni­ger Schwärzungen beinhal­te­ten. Vergleiche dazu den letzt­ge­nann­ten Link.

3 Antworten auf „Auch der Expertenrat der Bundesregierung war völlig unabhängig. Oder?“

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert