LeserInnen von corodok kennen diesen Beitrag von vor zwei Jahren. Da sich das Medieninteresse am 18. April anläßlich des "Zeltplatz"-Prozesses wieder auf den Virologen richten wird und weil der Vorgang nicht vergessen werden sollte, sei er hier wiederholt:
Der Mann, der der Welt den PCR-Test zu Covid-19 geschenkt hat, gilt auch als der geniale Entdecker des SARS-Erregers 2003. Die Erzählung dazu geht so: Auf dem Rückweg von der samstäglichen Verteidigung seiner Doktorarbeit in Frankfurt stecken ihm Kollegen Virenmaterial eines infizierten Menschen zu. Flugs eilt er ins Bernhard-Nocht-Institut in Hamburg, und schwupps, wird der Erreger darin identifiziert.
Seit einiger Zeit wird von Markus Kühbacher und auf diesem Blog die Frage gestellt, ob es dabei unter anderem sicherheitstechnisch mit rechten Dingen zugegangen ist. Kühbacher hat einen Podcast gefunden, in dem Drosten im April 2020 dazu plaudert.
»Ich musste sowieso nach Frankfurt, um meine Doktorarbeit zu verteidigen. (…) Und dann habe ich einfach ein Fläschchen mit Vero-Zellen mit zurückgenommen, in meinem Auto. (Lacht.) Dafür kann ich jetzt nicht mehr verhaftet werden. Es ist zu lange her. (Lacht erneut.)«
Die Aufnahme wirkt nicht wie eine Fälschung. Sie entstammt einer Podcastfolge "This Week In Virology" von Vincent Racaniello, Higgins Professor in der Abteilung für Mikrobiologie und Immunologie am College of Physicians and Surgeons der Columbia University (en.wikipedia.org). Sie kann unter dem Titel "TWiV 601: Das coronavirus with Christian Drosten" auf youtube angehört werden.
In Der gefährliche Viren-Transport des Christian Drosten ist zu lesen, daß nach einem Bericht des "Spiegel" der "Auswurf des ersten Sars-Patienten in Deutschland" derart transportiert wurde. Dem aufstrebenden Virologen wurde laut RKI "das Virusisolat" von dem 1. Koreferenten, der Drostens Dissertation zu bewerten hatte, übergeben.
Der "Spiegel" schildert das übliche Verfahren so:
»Der Schleim kommt per Bote. In speziell gesicherten Kleinbussen rollt er vormittags mitten im Hamburger Vergnügungsviertel St. Pauli an, verschachtelt wie eine Matrjoschka-Puppe: Tröpfchen in winzigen Röhrchen, umschlossen von einer Dose, die in einem Behälter steckt, den wiederum ein gepolsterter Karton umgibt. Der Verpackungsmüll ist laut Weltgesundheitsorganisation Vorschrift – UN 3373, ein weltweit gültiger Code, weist die Ladung als gefährliche Substanz aus.«
Was dann passiert, beschreibt ein Kollege Drostens aus dem Bernhard-Nocht-Institut:
»"In zwei Stunden weiß ich, ob wir auch diesmal wieder Entwarnung geben können", verkündet Panning und verschwindet mit der unheimlichen Fracht hinter der Metalltür eines Sicherheitslabors. Ein kleines Türfenster gewährt Einblick in den Vorraum, wo Panning Mundschutz, grünen Kittel, und die gelben Gummihandschuhe überstreift. Dann betritt er den Raum hinter einer zweiten Tür. Hier erst macht er das Virus unschädlich: Er mischt den Patientenschleim mit einer hoch konzentrierten Salzlösung, die das Virus, falls die Proben denn Sars-Mikroben enthalten, in winzige Teilchen zerhackt und nur das Erbgut des Erregers, die Ribonukleinsäure, unzerstört lässt.
Befreit von Kittel, Mundschutz und Handschuhen erscheint Panning eine Viertelstunde später wieder auf dem Flur. "Sollte da tatsächlich Sars dringesteckt haben, dann ist es jetzt nicht länger ansteckend", erklärt er, während er im nächsten Labor mit einer Pipette sein Präparat in winzige Kanülen träufelt. "Jetzt lässt sich in der Zentrifuge das reine Erbgut herausfiltern."«
Am 13.7. hatte Markus Kühbacher bei Drosten nachgefragt:
»1. Haben Sie persönlich den Gefahrguttransport durchgeführt oder haben Sie eine Firma mit dem Gefahrguttransport beauftragt?
2. Wurde die Probe gekühlt?
3. Um welche Gefahrgutklasse handelte es sich?«
Einen Tag später erhielt er die Antwort:
»Betreff: Antworten der Charité
Datum: 2020–07-14T15:42:43+0200
Von: […]
An: "kuehbacher@t‑online.de" <kuehbacher@t‑online.de>
Cc: "Presse" <presse@charite.de>
Sehr geehrter Herr Kühbacher,
anbei sende ich Ihnen gebündelt die Antworten der Charité:
…
4. … „Ihre Unterstellung, dass es sich um ein Gefahrgut gehandelt hätte, ist falsch. Es handelte sich um nicht infektiöse Proben, die kein Gefahrgut darstellten. Die Proben wurden mit Wassereis gekühlt und in einem für Probentransport üblichen Behältnis transportiert.
Bitte richten Sie künftig Ihre Fragen direkt an mich bzw. die Pressestelle der Charité.
Mit freundlichen Grüßen
[…]
Unternehmenssprecherin
Charité – Universitätsmedizin Berlin
Campus Charité Mitte | Charitéplatz 1 | 10117 Berlin«
Sollte es sich bei dem Podcast tatsächlich um die Stimme Christian Drostens handeln, woran kaum zu zweifeln ist, dann hat sich die Unternehmenssprecherin einer Falschaussage schuldig gemacht.
Der vorliegende Beitrag basiert auf diesem Tweet:
(Hervorhebungen nicht in den Originalen.)