Fehler-Diskussion? Krokodilstränchen

"Politiker über Corona-Versäumnisse. 'Das war einer der schlimm­sten Fehler'". So über­schreibt t‑online.de am 1.4.23 einen Artikel. Die ein­zi­ge Position, die über Selbstmitleid und klei­ne Eingeständnisse hin­aus­geht, ver­tritt ein Nicht-Politiker:

»Der Virologe Jonas Schmidt-Chanasit hat in der Corona-Pandemie die Hamburger Politik bera­ten und war ein gefrag­ter Gesprächspartner für Medien. Er stand restrik­ti­ven Maßnahmen kri­ti­scher gegen­über als man­cher Kollege und wur­de dafür von Maßnahmen-Befürwortern beschimpft. Er sagt:

"Dass ange­sichts der begin­nen­den Pandemie im Frühjahr 2020 Entscheidungen getrof­fen wur­den, die im Nachhinein nicht immer als ange­mes­sen bezeich­net wer­den kön­nen, ist ver­zeih­lich. Unverzeihlich ist aber vie­les, was nach die­sem ersten Schock unter Berufung auf die Wissenschaft poli­tisch ent­schie­den wur­de. Ich mei­ne die lan­ge Schließung von Kindergärten, Schulen und Universitäten und die wis­sen­schaft­lich nicht zu begrün­den­de 2G-Regelung, die zur Ausgrenzung der Ungeimpften geführt hat.

Besonders betrof­fen gemacht hat mich die psy­chi­sche und sozia­le Vereinsamung älte­rer Menschen in unse­rer Gesellschaft durch die Lockdown-Maßnahmen. Die media­le Begleitung, die über­wie­gend alar­mi­stisch statt sach­lich und dees­ka­lie­rend war, hat zu einer zuneh­men­den Polarisierung in der Gesellschaft bei­getra­gen. Positiv sehe ich die rasche Entwicklung und Zulassung meh­re­rer Impfstoffe, die vie­len älte­ren Menschen das Überleben gesi­chert haben."«

Man kann das alte Schwarz-Weiß-Denken anwen­den und Schmidt-Chanasit vor­wer­fen, daß er immer noch nicht ver­stan­den habe, daß eine wesent­li­ches Ziel der Corona-Politik die Etablierung wenig wirk­sa­mer, dafür aber gefähr­li­cher, mRNA-"Impfstoffe" war. Aus mei­ner Sicht wäre das ein Rückfall in das Muster, das mit der gro­ßen Bewegung gegen die "Impfpflicht" teil­wei­se über­wun­den wur­de. Zahlreiche Beiträge über den Virologen auf coro​dok​.de waren zuvor in der Protestbewegung ähn­lich igno­riert wor­den wie die Great Barrington Declaration, die gleich­falls links lie­gen gelas­sen wur­de, weil sie kei­ne Fundamentalkritik formulierte.


Die Politiker, die mit unter­schied­li­cher Verve alle Maßnahmen mit­ge­tra­gen haben, geben sich teil­wei­se zer­knirscht. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) zeigt sich "nach­denk­lich", Stephan Weil (SPD) aus Niedersachsen "betrof­fen" – und lobt die "hohen Impfquoten". "Leider" und "natur­ge­mäß" wer­de sich aber die Zahl der Todesopfer "nie­mals genau fest­stel­len las­sen". Wolfgang Kubicki (FDP) betrau­ert, daß KritikerInnen "viel­fach mit einem Unwerturteil bedacht" wur­den. Der Grüne Janosch Dahmen bleibt sei­ner Scharfmacherrolle treu und behaup­tet, "dass wir durch zu früh­zei­ti­ges Lockern… unnö­tig Menschenleben ver­lo­ren haben". Die rhein­land-pfäl­zi­sche Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) ver­folgt wie die mei­sten Befragten die Linie, die der Ethikrat her­aus­ge­ge­ben hat­te: "Mit dem Wissen von heu­te [haben wir] vor allem Kindern und Jugendlichen zu viel zuge­mu­tet". Gregor Gysi (Die Linke) erör­tert Pro und Contra einer Impfpflicht, die er für Corona abge­lehnt hat­te. Andrew Ullmann, Verfechter einer Teil-"Impfpflicht" beklagt, daß "kei­ne aus­rei­chen­den Vorbereitungen auf eine Pandemie getrof­fen wur­den". Es sei "an die­ser Stelle aber nicht ange­bracht, ein­zel­ne Maßnahmen zu bewer­ten, bevor nicht eine gründ­li­che Aufarbeitung erfolgt ist."

Gut, etwas ande­res war nicht zu erwarten.

Update: Nicht, weil es der 1. April ist, son­dern wegen mei­ner Schlampigkeit, habe ich in einer ersten Textversion Janosch Dahmen der FDP zuge­ord­net. Danke für den Hinweis!

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