Der Union und der AfD ging der Zynismus nicht weit genug. Im Ziel war man sich mit der Ampel einig. Nutzlose Ausländer haben zu verschwinden. Wo das nicht so einfach gelingt, werden AsylbewerberInnen noch länger unter dem Existenzminimum gehalten.
"… Zum Kern des Gesetzentwurfes zählen unter anderem erweiterte Durchsuchungsmöglichkeiten und eine Ausdehnung des Ausreisegewahrsams. Die Fortdauer und die Anordnung von Abschiebungshaft soll künftig unabhängig von etwaigen Asylantragstellungen möglich sein, auch bei Folgeanträgen. Verstöße gegen Einreise- und Aufenthaltsverbote werden laut Vorlage als eigenständiger Haftgrund außerhalb der Fluchtgefahr im Rahmen der Sicherungshaft geregelt; zudem ist ein behördliches Beschwerderecht für den Fall der Ablehnung des Abschiebungshaftantrags vorgesehen."
Übersetzt: Die Dauer des Aufenthalts im Abschiebeknast wird von 10 auf 28 Tage verlängert. Die für StaatsbürgerInnen geltenden Kriterien für Untersuchungshaft (mit Ausnahmen wie bei Ballweg) haben für die Betroffenen keine Bedeutung. Wer die Residenzpflicht umgeht – diese Einschränkung der Freizügigkeit gibt es EU-weit nur in Deutschland, sie gilt nicht für UkrainerInnen –, erzeugt damit einen Haftgrund.
Die gar nicht geheime Staatspolizei kann ganze Unterkünfte filzen auf der Suche nach verdächtigen AsylbewerberInnen. Das geht sogar ohne Staatsanwalt oder gar Gerichte:
»Beim Ausreisegewahrsam sieht der Gesetzentwurf vor, dessen Höchstdauer von derzeit zehn auf 28 Tage zu verlängern, um effektiver als bisher ein Untertauchen des Abzuschiebenden zu verhindern. Reduziert werden sollen die Fälle, in denen Staatsanwaltschaften bei Abschiebungen aus der Haft zu beteiligen sind. Auch sollen Abschiebungen nicht mehr angekündigt werden müssen, sofern nicht Familien mit Kindern unter zwölf Jahren betroffen sind.
Die Suche nach Daten und Dokumenten zur Identitätsklärung soll erleichtert werden, ebenso das Auffinden abzuschiebender Personen. Dazu sollen die Behörden auch andere Räumlichkeiten als das Zimmer des abzuschiebenden Ausländers in einer Gemeinschaftsunterkunft betreten können. Vorgesehen ist ferner, dass Widerspruch und Klage gegen Einreise- und Aufenthaltsverbote keine aufschiebende Wirkung mehr haben…«
Auch Minderjährige können künftig abgeschoben werden:
»Mit den Stimmen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP verabschiedete der Ausschuss einen Änderungsantrag der drei Koalitionsfraktionen, wonach Minderjährige und Familien mit Minderjährigen „grundsätzlich nicht in Abschiebehaft genommen“ werden sollen. Ausnahmen soll es der Begründung zufolge etwa bei minderjährigen Gefährdern oder Jugendstraftätern geben können…
Zur Bekämpfung der Schleusungskriminalität ist eine Verschärfung der bisherigen Strafandrohungen für entsprechende Delikte vorgesehen…
Asylbewerber sollen der Vorlage zufolge künftig drei Jahre statt 18 Monate lang die niedrigeren Asylbewerberleistungen erhalten…«
Flucht, Fluchthilfe und Freikauf
Unter diesem Titel informiert die "Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur" darüber, daß kommerzielle Fluchthilfe für die Brüder und Schwestern hinter Mauer und Stacheldraht durchaus erwünscht war:
»Flüchtlinge suchten nach immer neuen Wegen und bekamen dabei Unterstützung von Fluchthelfern aus dem Westen. Auch die Fluchthilfe entwickelte sich: Waren die ersten Hilfsaktionen oft solidarische Handlungen von West-Berliner Studenten, die Familienmitgliedern und Angehörigen helfen wollten, boten später Fluchthelfergruppen Hilfe gegen Bezahlung an…
Umso riskanter die Fluchten wurden, desto höher waren auch der Aufwand und die Kosten. Neben jene Fluchthelfer, die sich aus Solidarität und auf privater Basis organisiert hatten und in der Öffentlichkeit eine moralische Zustimmung erfuhren, rückten seit 1962 neue Gruppen, die kommerziell arbeiteten. 1964/65 zahlten einige Fluchtwillige zwischen 3.000 und 7.000 DM pro Person, um 1967 stieg der Preis auf bis zu 15.000 DM an…«