Was den Unternehmen nutzt, nutzt auch den Arbeitnehmern

Dieser wirt­schaft­li­che Leitsatz fast aller deut­schen Parteien, der ger­ne mit Milliardensubventionen für die Eigner ver­knüpft wird, kann gut durch eine Auswahl von Artikeln auf han​dels​blatt​.com beglei­tet werden:

320 Millionen Euro Kaufpreis

Das Beispiel Leoni ist dies­be­züg­lich beson­ders inter­es­sant. Es ist nicht gera­de ein Mittelstandsunternehmen:

Über die Firma aus Nürnberg, bei deren Verkauf an den chi­ne­si­schen Apple-Zulieferer Luxshare 320 Millionen Euro über den Tisch gin­gen, berich­tet das "Handelsblatt":

»Nach dem geplatz­ten Verkauf der Kabel-Sparte kurz vor dem Jahresende 2022 hat­te sich die hoch ver­schul­de­te Leoni in ein vor­insol­venz­li­ches Sanierungsverfahren geflüch­tet. In dem Zug war Pierer zum allei­ni­gen Eigentümer aufgestiegen.«

Der Multifunktionär Stefan Pierer ist u.a. Präsident der Industriellenvereinigung Oberösterreich sowie Vorstandsvorsitzender der Pierer Mobility AG (vor­mals KTM). 2017 war er mit 436.563 Euro einer der Großspender der ÖVP. Die Forderung der Gewerkschaften nach Arbeitszeitverkürzung nann­te er "sinn­be­freit" und "eine Beleidigung für mei­ne tüch­ti­gen Mitarbeiter" (klei​ne​zei​tung​.at). Sein Verband hält hin­ge­gen eine 41-Stunden-Arbeitswoche für "alter­na­tiv­los", bei glei­cher Bezahlung. "Es muss auf­hö­ren, dass wir in Europa per Gesetz immer weni­ger arbei­ten, wäh­rend die gan­ze Welt immer mehr arbei­tet" (noen​.at).

Im Januar 2022, kurz bevor Pierer größ­ter Anteilseigner von Leoni wur­de (die​pres​se​.com), fan­den spek­ta­ku­lä­re Hausdurchsuchungen bei der Firma statt. "Kartellamt ermit­telt gegen Kabel-Kartell", war damals auf faz​.net zu lesen. Über den Ausgang habe ich nichts gefunden.

2020 nutz­te das Unternehmen den Lockdown, stopp­te die Produktion in meh­re­ren Werken und bean­trag­te Kurzarbeit. Der "Spiegel" schrieb:

»Leoni hat­te sich mit sei­ner Expansion ver­ho­ben und hat­te im ver­gan­ge­nen Jahr hohe Verluste gemacht. Bei einem Umsatzrückgang um sechs Prozent auf 4,8 Milliarden Euro schrieb der Konzern ope­ra­tiv 384 Millionen Euro Verlust.«
spie​gel​.de (20.4.24)

Der Artikel stand unter der Überschrift:

»Die Bundesregierung und die Länder Bayern, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen bür­gen für einen 330 Millionen Euro schwe­ren Notkredit, wie Leoni mitteilte.«

Es scheint, als sei das Geld futsch. Womöglich erfah­ren wir aber dem­nächst über­ra­schend, daß der Kredit von Pierer aus dem nahe­zu gleich hohen Verkaufserlös begli­chen wird. Vielleicht wird es dies­mal sogar aus­nahms­wei­se nicht dazu kom­men, daß die Beschäftigten über Stellenstreichungen und Lohnverzicht die Zeche zah­len müs­sen. Vermutlich müß­ten die neu­en chi­ne­si­schen Eigentümer dann den Aufsichtsrat neu beset­zen, der fest in der Hand von Pierer-Managern ist (leo​ni​.com).

Auf top​-lea​der​.at (wo auch sonst?) wur­de Pierer am 19.1.20 so porträtiert:

Schon 2015 koket­tier­te er mit dem Heuschrecken-Image:

"«Ich war eine klas­si­sche klei­ne Heuschrecke», räum­te Pierer im trend-Interview selbst­kri­tisch – und leicht amü­siert – ein."

2017 bekann­te er:

»STANDARD: Bevor Sie KTM gekauft haben, waren Sie eine "klas­si­sche klei­ne Heuschrecke", wie Sie sagen. Sie haben etwa Eternit und Köflach gekauft, her­ge­rich­tet und wei­ter­ver­kauft. Wie viel Geld haben Sie damit gemacht?

Pierer: Ungefähr das, was ich dann als Teil eines Konsortiums für KTM hin­ge­legt habe: einen zwei­stel­li­gen Schilling-Millionenbetrag. Eigentlich soll­te man das nicht tun, aber: Ich habe alles auf eine Karte gesetzt. So, wie es heu­te jun­ge Leute mit Start-ups tun.«
der​stan​dard​.at (8.10.17


Die Angaben zu Pierer stam­men aus einem Wikipedia-Artikel. Ich habe sie nur nachrecherchiert.

5 Antworten auf „Was den Unternehmen nutzt, nutzt auch den Arbeitnehmern“

  1. > Was den Unternehmen nutzt, nutzt auch den Arbeitnehmern

    Stimmt. Denn Unternehmer sind auch Arbeitnehmer weil sie sich die Arbeit derer anei­ge­nen die für sie arbeiten.

    1. nach­ge­reichtre­ten: … und im Zweifelsfalle bis zur "Freisetzung". [Was übri­gens, tat­säch­lich nur klingt wie Beisetzung – allerhöchstens]

  2. hhttps://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/corona-bussgelder-soeder-will-alle-offenen-corona-bussgeldverfahren-in-bayern-einstellen/100070643.html
    Corona-Bußgelder: Söder will alle offe­nen Corona-Bußgeldverfahren in …
    Die noch offe­nen Verfahren zu den Corona-Bußgeldern in Bayern sol­len been­det wer­den. Ministerpräsident Söder wünscht sich nun einen Schlussstrich.

    https://​www​.welt​.de/​p​o​l​i​t​i​k​/​d​e​u​t​s​c​h​l​a​n​d​/​a​r​t​i​c​l​e​2​5​3​5​6​9​0​3​2​/​S​o​e​d​e​r​-​w​i​l​l​-​a​l​l​e​-​C​o​r​o​n​a​-​B​u​s​s​g​e​l​d​v​e​r​f​a​h​r​e​n​-​i​n​-​B​a​y​e​r​n​-​e​i​n​s​t​e​l​l​e​n​.​h​tml

    https://www.t‑online.de/nachrichten/deutschland/innenpolitik/id_100492148/bayern-markus-soeder-will-alle-offenen-corona-bussgeldverfahren-einstellen.html

    u.a.m.

  3. Rüstungsindustrie soll als „nach­hal­tig“ klas­si­fi­ziert wer­den – Blutgeld bleibt trotz­dem Blutgeld
    18. September 2024 um 9:00 Ein Artikel von Marcus Klöckner

    Die Rüstungsindustrie steht kurz vor der Heiligsprechung:
    Sie soll als „nach­hal­tig“ gelten.
    Und die euro­päi­sche Wertpapieraufsicht ESMA hat längst grü­nes Licht gegeben.
    Blutgeld für die Gesellschaft?
    Abgesegnet von ganz oben?
    Mit gutem Gewissen Geld aus dem Kriegsgeschäft erhal­ten, weil:
    nachhaltig?
    Willkommen im „wer­te­ge­rech­ten“ Handel mit dem Krieg.
    Ein Kommentar von Marcus Klöckner.

    https://​www​.nach​denk​sei​ten​.de/​?​p​=​1​2​1​446

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert