Es ist gut, wenn die Weltgesundheitsversammlung den Pandemievertrag und die Neufassung der Internationalen Gesundheitsvorschriften nicht beschließen wird, wonach es zur Zeit aussieht. Einfacher als bisher könnten nationale Regierungen unter Berufung auf die WHO rabiate "Pandemiemaßnahmen" legitimieren. Das Wehklagen über den Verlust nationaler Souveränität hat in diesem Kontext ein nationalistisches Geschmäckle und übersieht vor allem eins: Nicht die WHO, sondern (zumeist, aber nicht nur) konservative Regierungen in D, F, I, GB, USA und anderswo waren für Lockdowns verantwortlich. Der Durchbruch für "Impfkampagnen" und die mRNA-Technologie wurde von den Regierungen Trump und Merkel im Interesse ihrer (nationalen) Pharmaindustrie herbeigeführt.
Schauen wir einmal darauf, wie die in der Szene bejubelte Ablehnung der Verträge oftmals begründet wird:
Bei Norbert Häring ist am 14.5.24 zu lesen:
»Nach der Mehrheit des niederländischen Unterhauses des Parlaments, allen republikanischen US-Senatoren und der britischen Regierung hat sich am 10. Mai auch die slowakische Regierung gegen den WHO-Pandemievertrag und die IHR-Reform ausgesprochen.«
Zur niederländischen Abstimmung habe ich in zahlreichen Foren, die sie erwähnen, keine Quelle gefunden und selbst recherchiert. Die Entscheidung vom 10.4.24 ist hier nachzulesen, der Text hier.
Ob das slowakische Parlament die Verträge ablehnt, bleibt abzuwarten. Daß die Regierung des Landes sie blockiert, ist eine voreilige Behauptung. Die entsprechende Position des "Bevollmächtigten der slowakischen Regierung für die COVID-19-Pandemie" (enrsi.rtvs.sk, 10.5.24) ist zumindest nicht unumstritten. Gesundheitsministerin Zuzana Dolinka steht eher nicht dahinter (domov.sme.sk, 11.5.24). "Eindeutig klargemacht", wie tkp.at kolportiert, wird da wenig.
Es ist kein Argument für oder gegen die WHO-Verträge, hilft mir aber bei der Bewertung der Beweggründe: Die republikanischen US-Senatoren, die als Freiheitsapostel angesehen werden, waren diejenigen, die geraume Zeit vor Corona die WHO zerstören wollten, weil sie sie unter chinesischem Einfluß sahen. Ihr Rückzug von der Finanzierung stärkte die Rolle der Gates-Stiftung und anderer "Philanthropen" erheblich. Es sind die Senatoren, die sich vehement für Waffenlieferungen an Israel einsetzen und solche für die Ukraine billigten, als Biden ihnen endlich beim Kampf gegen Geflüchtete noch mehr entgegenkam. Ihnen sind die Sanktionen gegen China nicht martialisch genug und ihr nationalistisches MAGA ist auch der Grund für den Kampf gegen die WHO-Verträge.
In ihrem offenen Brief an Präsident Biden vom 1.5.24 formulieren sie unmißverständlich:
»Der Vertrag [konzentriert sich] auf einen vorgeschriebenen Ressourcen- und Technologietransfer, die Zerschlagung der Rechte an geistigem Eigentum, die Verletzung der Meinungsfreiheit und die Übermacht der WHO. Ein neues Abkommen zur Pandemievorsorge und ‑bekämpfung ignoriert die Tatsache, dass wir immer noch nicht wissen, woher COVID-19 stammt, weil Peking weiterhin eine legitime unabhängige Untersuchung blockiert…«
kennedy.senate.gov
Klarer läßt sich die Verteidigung des Eigentums von Pfizer, Moderna & Co. und der Kampf gegen den Hauptgegner China kaum formulieren. Wahrgenommen wird es in der Restblase, die sich gegen die "WHO-Diktatur" wendet, nicht.
Ähnliches gilt für die Ankündigung, Großbritannien werde die Verträge ablehnen. Die Quelle dafür ist reuters.com vom 9.5.24. Dort heißt es:
»Großbritannien weigert sich, das Pandemie-Abkommen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zu unterzeichnen, weil das Land meint, es müsse ein Fünftel seiner Impfstoffe abgeben, berichtete der Telegraph am Mittwoch.
Einem Entwurf des Pandemieabkommens zufolge, das derzeit von der WHO ausgehandelt wird, sollen die reicheren Länder aufgefordert werden, ihren Beitrag zur Bewältigung von Pandemien zu leisten. Dazu gehört auch, dass die WHO 20 % der Tests, Behandlungen und Impfstoffe für die Verteilung in ärmeren Ländern in Notfällen reserviert.
"Wir werden die Verabschiedung des Abkommens nur dann unterstützen und im Namen des Vereinigten Königreichs akzeptieren, wenn es fest im nationalen Interesse des Vereinigten Königreichs liegt und die nationale Souveränität respektiert", sagte ein Sprecher des britischen Ministeriums für Gesundheit und Soziales in einer Erklärung gegenüber Reuters…«
Die britische Regierung hat die nationalen Interesse des Vereinigten Königreichs damals mit denen von AstraZeneca gleichgesetzt und verteidigt deren Werte heute mit Deportationen von Geflüchteten nach Ruanda, vom Kahlschlag des Gesundheitswesens ganz zu schweigen. Aber in Sachen WHO sehen manche aus der Blase sie auf der richtigen Seite.
Anders als die frühe "Globalisierungskritik", die in der Regel ihre politischen Gegner in den eigenen Regierungen und den durch sie vertretenen Wirtschaftsgewaltigen sahen, fokussiert sich der Kampf gegen die WHO auf fremde und oft nebulöse Kräfte ("Globalisten"). Recht ähnlich dem Corona-Mainstream wird ein Volksganzes mit nationalen Interessen imaginiert, das sich gegen den Einfluß von außen und eine Minderheit der von dort gesteuerten Agenten zur Wehr setzen muß. Aus einer solchen Sicht spielen die ganz anderen Gründe keine Rolle, aus denen ärmere Länder und die, die sich den Vorgaben des Westens und seines Großkapitals widersetzen, die Vertragswerke kritisieren.
Ähnlich ist mit diesem Blickwinkel zu erklären, warum die spätestens sei dem Jahr 2022 viel weiter reichenden Machtbefugnisse der EU-Kommission bei "Pandemien" – ganz ohne WHO – kaum eine Rolle in der Diskussion spielen. Siehe dazu:
Es lohnt, in diesem Zusammenhang bei Häring noch einmal den Beitrag "Anlauf zur WHO-Gesundheitsdiktatur durch IHR-Reform scheitert – Faktenchecker bloßgestellt" vom 12.2.23 zu lesen.
Daß in der WHO nicht die "Guten" das Sagen haben, sondern sie zunehmend von großen Konzernen nicht nur der Pharmaindustrie instrumentalisiert wird, wurde vielfach auf corodok nachgewiesen. Blickt man ein wenig hinter die Kulissen, ist es eher so, daß die westlichen Länder die Unabhängigkeit der WHO verunmöglichen, als daß sie von ihr in ihrer Souveränität bedroht sind. Eine herausragende Rolle spielt dabei der oft unterschätzte Lothar Wieler ("Tierarzt"). Darüber wird diskutiert in:
WHO verlängert "Pandemie" – auf Anraten einer Kommission unter Wielers Führung
Wie »Deutschland seine Führungsrolle im Bereich der globalen Gesundheit behaupten will«
Update: Natürlich lautet die Trump-Parole "MAGA", nicht wie hier ursprünglich stand "MEGA". Das wäre die Marx-Engels-Gesamtausgabe…
Selbstverständlich ist die WHO nur ein Mittel zum Zweck. Der Chef oder die Chefin einer WHO machen das, was die Sponsoren gerne hätten. Wer bezahlt, bestimmt die Musik. Wenn also eine pandemische Lage gebraucht wird, um ordentlich Profit zu machen, dann wäre es sehr erstaunlich, wenn ein WHO-Scherge nein sagt und auf seine Pfründe verzichtet.
Die Frage ist letztlich, über was in den internationalen Abstimmungsrunden von WEF über Bilderberger etc. schwadroniert wird.
Sehr geehrter Herr Aschmoneit,
mit Verlaub, aber es ist mir so wurscht ob die Redewendung "nationale Souveränität" ein nationalistisches Gschmäckle hat, weil das Animositäten sind. Es gibt sehr wohl einen Unterschied zwischen nationalstaatlicher Eigenständigkeit und nationalistischer Überheblichkeit. Womit ich beim eigentlichen Thema bin: es ist unerheblich ob der WHO-Pandemievertrag ratifiziert wird oder nicht, da die europäischen Regierungen bereits ähnliche "Pläne" auf EU- und nationalstaatlicher Ebene "für den Pandemiefall" in der Schublade haben.
Der oftmals von Ihnen gescholtene Blog tkp hat durchaus lesenswerte Artikel.(Auch wenn man die Spreu vom Weizen trennen muss.) Die EU-Arbeitet an einer eigenen Pandemie-Definition (1) und z.B. österreichs nationaler Pandemieplan wurde so umgearbeitet, dass sämtliche Verordnungen die zu Lockdowns, Ausgangssperren, Schulschließungen, 2G etc.pp. führten, nun in Gesetz gegossen wurden und im Fall der Fälle wieder angewandt werden. (2)
All diejenigen, bei denen die Sektkorken knallen, weil der WHO-Pandemievertrag gescheitert ist, müssen sich von mir die Frage gefallen lassen ob sie nicht gehörig verar***t worden sind, denn das war (alternativ-)mediale Spiegelfechterei.
Freundliche Grüße,
Daniel
Quellen:
(1) https://tkp.at/2023/04/21/neue-verordnung-ermoeglicht-eu-kommission-ausrufung-einer-pandemie-wegen-gesundheitlichem-notstand/
(2) via tkp -> österreichischer Pandemieplan von 2023 https://www.sozialministerium.at/dam/jcr:4e2ae8df-e938-4f31-be7a-dd5c6cbfe0bf/Pandemieplan%20f%C3%BCr%20respiratorische%20Krankheiten.pdf
@Daniel J: Wir sind uns, glaube ich, in den meisten Punkten einig (bis auf die Einschätzung von tkp). Es gibt keinerlei Grund für Sektkorken, doch der Blick auf die Maßnahmenbesessenen und Profiteure in unseren eigenen Ländern könnte schärfer werden, wenn er weniger von dem auf eine "WHO-Diktatur" getrübt wird.
Guten Abend nochmal, und ja Ihre Einschätzung ist soweit richtig. Ergänzende Klarstellungen: ->Das mit die Sektkorken betrifft weniger Sie sondern einen österreichischen Kommentator, der meinte, dass das Scheitern der WHO-Pandemievetrags ein Grund zur Freude sei und er (sinngemäß) die schlechte Laune nicht verstehe.
-> Was tkp betrifft schrieb ich von der Spreu die man vom Weizen trennen muss. Das meiste ist leider tatsächlich Nonsense. Aber man findet manchmal auch gute Artikel (die meisten guten von Dr. med. Gerd Reuther geschrieben)
-> Was das Thema "WHO-Diktatur" und heimische Profiteure betrifft: das Stichwort lautet "Kommunikationskanäle". Wir, die Durchschnittsbürger, wissen nicht Wer mit Wem Was auf Welchem Kanal verhandelt, das ist das Entscheidende; hier ein paar Ebenen: G7, G20, UN, sowie offizielle wie inoffizielle Gremien der EU. Und nicht zu unterschätzen: die ideologische Borniertheit unserer Regierenden uns Durchschnittsbürgern "etwas Gutes tun" zu wollen.
Mit diesen Impressionen wünsche ich eine gute Nacht. 😉
Freundliche Grüße,
Daniel