So recherchiert cor​rec​tiv​.org

Wie stets unab­hän­gig und ergeb­nis­of­fen hat die Plattform, die allen­falls "zweck­ge­bun­den" "insti­tu­tio­nel­le Förderung" in Anspruch nimmt (rnd​.de), 2020 recher­chiert und herausgefunden:

cor​rec​tiv​.org (19.11.20)

Wie man zu die­ser Bewertung kam, steht am Ende des Artikels:

»Die wich­tig­sten Quellen für die­sen Artikel:

        • Stellungnahme der Goethe-Universität zum Promotionsverfahren von Christian Drosten: Link 
        • Lebenslauf von Drosten bei der Bundesärztekammer: Link«

Dieses bewähr­te Verfahren hat cor­rec­tiv auch bei der Recherche zum Potsdamer "Geheimtreffen" genutzt, an der der Drosten-Autor Till Eckert eben­falls betei­ligt war. Die Geschichte ist bekannt: cor­rec­tiv ruft an bei CDU und AfD und fragt nach. "Haben Sie teil­ge­nom­men an einem Treffen, bei dem mas­sen­haf­te Deportationen bespro­chen wur­den?". Merz und Weidel ant­wor­ten "So ein Quatsch" und cor­rec­tiv ent­larvt die Verschwörungsgeschichte.

Eben so wie 2020:

»… In meh­re­ren Blog-Artikeln wird infra­ge gestellt, ob das Promotionsverfahren von Christian Drosten, Leiter der Virologie in der Berliner Charité, ord­nungs­ge­mäß abge­lau­fen sei. Ein Aspekt steht dabei beson­ders im Mittelpunkt der Spekulationen: Die Dissertation des Virologen.«

Im Mittelpunkt der Fragen zum Promotionsverfahren steht also die Dissertation. Guck an. Von den meh­re­ren Blog-Artikeln wer­den drei benannt, die, so will es das cor­rec­tiv-Prinzip, tat­säch­lich Fragwürdiges ver­brei­ten. Nicht genannt, wenn auch mit Sicherheit dort rezi­piert, wird die aus­führ­li­che und gut beleg­te Dokumentation auf coro​dok​.de. (So wie kein ein­zi­ger der mehr als 13.000 Beiträge dort von "Faktencheckern" ange­grif­fen wur­de, weil es schlicht nichts zu wider­le­gen gab.)

Es wer­den weit­ge­hend zutref­fend die Kernpunkte der Kritik genannt, nach­dem sie unter Bezug auf die Frankfurter Uni als "geziel­te Falschbehauptungen" mar­kiert wurden:

      • »Es habe bis 2020 kein Exemplar der Dissertation gege­ben…, die Dissertation [sei] erst in die­sem Jahr in die Frankfurter Universitätsbibliothek und die Deutsche Nationalbibliothek (DNB) auf­ge­nom­men worden… 
      • Es sei­en „Teile der Arbeit bereits vor ihrer Fertigstellung in drei Fachjournals publi­ziert wor­den“… Konstruiert wird ein Widerspruch der ver­meint­lich unter­schied­li­chen Publikationsdaten; dazu kur­sie­ren mit 2001 und 2003 zwei unter­schied­li­che Daten.
      • Die Dissertation basie­re auf „drei zuvor publi­zier­ten, von meh­re­ren Co-Autoren unter­zeich­ne­ten Publikationen“ …

Wir befrag­ten die Goethe-Universität zu die­sen Behauptungen.«

Es wird zitiert aus einer Stellungnahme vom 15.10.20. Was cor­rec­tiv damals nicht wuß­te, aber auch danach nie pro­ble­ma­ti­sier­te: Diese Erklärung wur­de, von der Öffentlichkeit nahe­zu unbe­merkt, fast drei Jahre danach umfor­mu­liert (sie­he Drosten-Dissertation: Frau Ciesek »ergänzt«: Alles ord­nungs­ge­mäß).

In bei­den Versionen wider­spricht prak­tisch jeder Absatz allen ande­ren. Immerhin muß die Goethe-Universität zuge­ben, wenn auch ziem­lich verquast:

»Es stimmt laut der Goethe-Universität, dass die Dissertation erst 2020 in der Universitätsbibliothek und der DNB auf­ge­nom­men wur­den. Mit einem simp­len Grund: Es sei 2020 ver­mehrt zu Anfragen bezüg­lich Drosten und sei­ner Dissertation gekom­men. Deshalb sei­en erst dar­auf­hin zusätz­li­che Originalexemplare in den bei­den Bibliotheken zur Verfügung gestellt wor­den.«

Dabei gelingt es, einen Widerspruch in einen ein­zi­gen Absatz zu packen. Erst 2020 gab es erst­mals die "Dissertation" in der UB zu lesen, was Kühbacher und Aschmoneit auf­ge­deckt hat­ten. Es wur­den somit kei­ne zusätz­li­chen Exemplare ein­ge­stellt und schon ein­mal gar nicht Originalexemplare, wie aus ande­ren Passagen der Stellungnahme klar her­vor­geht. Es han­del­te sich um Kopien, die angeb­lich Drosten selbst zur Verfügung gestellt hat­te. Punkt eins geht voll­stän­dig an die Kritik, denn auch das Erfassen bei der Deutschen Nationalbibliothek erfolg­te ein­ge­stan­de­ner­ma­ßen erst 2020. Da hilft auch nicht der Verweis auf die Komplizen in Geist und Methode, die genau das bestätigen:

»Der Blog Volksverpetzer lieh sich nach eige­nen Angaben im August 2020 eine Kopie der Dissertation aus der Universitätsausleihe aus und doku­men­tier­te sie mit Fotos und einem Video.«

Die Ausführung der Hochschule zu ver­meint­lich unter­schied­li­chen Publikationsdaten sind so wirr wie die zur Frage, ob Drosten eine Monographie oder ein Dreierset von Zeitschriftenaufsätzen ein­ge­reicht habe. Insbesondere wird nicht erklärt, wie in eine im Februar 2002 abge­ge­be­ne Arbeit eine "Ehrenwörtliche Erklärung" Drostens gelan­gen konn­te, die auf "Hamburg [! AA], im April 2003" datiert ist (s. hier). Daß alle drei Zeitschriftenaufsätze maß­geb­lich von Drostens Doktorvater Roth mit­ver­faßt wur­den, inter­es­siert cor­rec­tiv auch nicht. Man macht sich noch nicht ein­mal die Arbeit, in die damals gül­ti­ge Promotionsordnung der Goethe-Uni zu sehen; man hät­te dabei meh­re­re Verstöße fest­stel­len müs­sen. Stattdessen zitiert man "Guidelines zur Veröffentlichung dis­ser­ta­ti­ons­be­zo­ge­ner Forschungsdaten" der Berliner Humboldtuni (!) aus dem Jahr 2018 (!).

Das Fazit lau­tet kategorisch:

»Laut der Goethe-Universität wur­de das Dissertationsverfahren ord­nungs­ge­mäß durch­ge­führt – und Drosten trägt den Doktortitel zurecht.«

Der Held der Recherchen ver­such­te wenig spä­ter, eine Falschaussage des Sprechers der Universität zu verharmlosen:

cor​rec​tiv​.org (4.12.20)

Laut Sprecher Kaltenborn habe ein zuvor von ihm behaup­te­ter Revisionsschein, mit dem die Abgabe von Pflichtexemplaren belegt wer­de, gar nicht exi­stiert. Das sei aber uner­heb­lich, weil ein sol­cher Schein nicht erfor­der­lich sei. "Daher habe die „Falschaussage“… kei­ne Auswirkungen", resü­miert Herr Eckert von correctiv.

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