160 Denunziationen, Bahnchaos und keine Terroristen

Fast drei­ßig Jahre nach der Auflösung der RAF lan­cier­te das LKA Niedersachsen in der berüch­tig­ten ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY … unge­löst“ einen Fahndungsaufruf. Insgesamt 150.000 Euro wur­den aus­ge­lobt für Hinweise auf drei ver­däch­ti­ge Ex-RAF-Mitglieder. Wachsame BürgerInnen konn­ten ihre Denunziationen auch anonym abge­ben. Die Untergetauchten "sol­len die Taten began­gen haben, um an Geld zu kom­men", so rp​-online​.de am 17.2.24*.

Das Angebot erfuhr eine grö­ße­re Aufmerksamkeit als die ver­gü­tungs­frei­en Portale, mit der etwa die Stadt Essen zur Meldung von Verstößen gegen Abstandsgebote oder das Verbot, mehr als einen "Hausstand" zu tref­fen, auf­ge­ru­fen hat­te (s. Stadt Essen ent­schärft Corona-"Denunziationsportal").

Laut "Rheinischer Post" waren "über 160 Hinweise zu den drei frü­he­ren Mitgliedern der Rote-Armee-Fraktion (RAF)" ein­ge­gan­gen. Einer führ­te zu einer Totalsperrung des Wuppertaler Bahnhofs. "Spezialkräfte" hat­ten den Zug umstellt, und zwei Verdächtige fest­ge­nom­men. Allerdings stell­ten sie unmit­tel­bar danach fest, daß es sich um einen fal­schen Alarm han­del­te. "Im Bahnverkehr kam es zu Verspätungen, betrof­fen war die Strecke zwi­schen Hagen und Köln bezie­hungs­wei­se Düsseldorf. Mehrere Fernzüge waren von der Störung betrof­fen, der Bahnverkehr wur­de umge­lei­tet."

Teile der Bevölkerung erwei­sen sich anschei­nend nicht nur als "kriegs­tüch­tig", son­dern seh­nen sich auch nach dem Bürgerkriegsflair aus der RAF-Zeit. Ein System, das sei­nen finan­zi­el­len, wirt­schaft­li­chen und mili­tä­ri­schen Bankrott in sei­nen Blasen leug­net oder ihn gar als Erfolg umzu­deu­ten ver­sucht, wird eine sol­che Stimmung benö­ti­gen. Sie ist belie­big mobi­li­sier­bar gegen "mili­tan­te Impfgegner", "pro-palä­sti­nen­si­sche Antisemiten", Gewerkschaften, die mit Streiks Land und Wirtschaft in "Geiselhaft" neh­men. Oder was auch immer den Kurs auf Krieg und Verarmung gefähr­den kann.

* Update: Vorgeworfen wird ihnen schwe­rer Raub und ver­such­ter Mord.  

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