"Es könnten Millionen von Impfstoffen verteilt werden, ohne dass der Nachweis erbracht ist, dass der Impfstoff Krankheiten oder Übertragungen verhindern kann."

In einem Artikel unter dem Titel "Kann man zu viel imp­fen?", wird der Professor für Pädiatrie und Impfstoffentwickler Paul Offit von der "Süddeutschen Zeitung" am 5.2.24 als Kronzeuge benannt. Die Antwort lau­tet natürlich"auf kei­nen Fall". Dazu spä­ter in einem ande­ren Beitrag. Interessant ist, was der glü­hen­de Befürworter von Impfungen im Juni 2020 zu beden­ken gab, als es gegen Donald Trump ging. In einem Kommentar für die NYT warf Offit einen gar nicht so fik­ti­ven besorg­ten Blick in die Zukunft:

»… 23. Oktober 2020, 15.00 Uhr: Auf einer eilig ein­be­ru­fe­nen Pressekonferenz gibt Präsident Trump bekannt, dass die Food and Drug Administration soeben eine Notfallzulassung für einen Impfstoff gegen das Coronavirus erteilt hat. Herr Trump erklärt den Sieg über Covid-19, for­dert die sofor­ti­ge Wiedereröffnung aller Unternehmen und sagt eine schnel­le wirt­schaft­li­che Erholung voraus.

Angesichts des Verhaltens die­ses Präsidenten ist die­ses unglaub­lich gefähr­li­che Szenario nicht weit her­ge­holt. Auf der ver­zwei­fel­ten Suche nach poli­ti­schem Auftrieb könn­te er einen Impfstoff gegen das Coronavirus frei­ge­ben, bevor die­ser gründ­lich gete­stet wur­de und sich als sicher und wirk­sam erwie­sen hat.

Es gibt 123 Covid-19-Impfstoffkandidaten in der Entwicklung, und 10 befin­den sich in der Erprobung am Menschen. Viele wur­den noch nicht ein­mal oder nur ober­fläch­lich an Tieren gete­stet. Im Juli wol­len die National Institutes of Health mit ran­do­mi­sier­ten Phase-III-Studien begin­nen, um zu prü­fen, ob eini­ge der 10 Impfstoffe eine Infektion mit dem Coronavirus ver­hin­dern…«

Wohlgemerkt: Offit befin­det sich hier nicht mehr in einer düste­ren Phantasie, son­dern in der Wirklichkeit des Frühsommers 2020.

Studien kurz und klein

Es kommt noch schlim­mer; zu den bevor­ste­hen­den Studien schreibt er:

»Pfizer plant, sei­nen Impfstoff an etwa 8.000 Patienten zu ver­ab­rei­chen. Das N.I.H. plant, 30.000 Teilnehmer zu rekru­tie­ren – 20.000, die einen Impfstoffkandidaten erhal­ten, und 10.000 Kontrollpersonen.

Zum Vergleich: An der Phase-III-Wirksamkeitsstudie für einen Rotavirus-Impfstoff, RotaTeq, zur Vorbeugung von Durchfallerkrankungen nah­men von 2001 bis 2004 etwa 70.000 Säuglinge teil, und an einer ande­ren Rotavirus-Impfstoffstudie, Rotarix, von 2003 bis 2006 63.000 Säuglinge.«

Der Autor weiß, wovon er spricht. Er war einer der Entwickler von RotaTeQ. Auch wenn die Studien schließ­lich etwas grö­ßer ange­legt wur­den, so erreich­ten sie nicht die Teilnehmerzahlen und vor allem nicht die Dauer frü­he­rer und seriö­se­rer Untersuchungen.

»Die Forscher gehen davon aus, dass es noch min­de­stens acht bis 12 Monate dau­ern wird, bis fest­steht, ob die­se Coronavirus-Impfstoffe wirk­sam sind. Die Wissenschaftler müs­sen abwar­ten, bis eine aus­rei­chen­de Zahl von Patienten dem Coronavirus aus­ge­setzt ist, um fest­zu­stel­len, ob der Impfstoff die Infektionsrate tat­säch­lich ver­rin­gert und wie vie­le Menschen unge­wöhn­li­che Nebenwirkungen entwickeln…«

Wir wir wis­sen, haben Pharma und Politik es vor­ge­zo­gen, bei­des nicht zu tun. Im Gegenteil, es wur­den selbst in den Studien die Kontrollgruppen vor­zei­tig und plan­voll auf­ge­löst. In Deutschland ver­zich­te­te das RKI bewußt dar­auf, die von vie­len WissenschaftlerInnen gefor­der­ten Kohortenstudien durch­zu­füh­ren. Erst recht wur­den nie ernst­haft Nebenwirkungen erforscht.

Trumps "Oktoberüberraschung"

»Könnte Herr Trump also wirk­lich eine "Oktoberüberraschung" mit einem Impfstoff in weni­ger als fünf Monaten schaffen?

Eine höchst unwahr­schein­li­che Möglichkeit ist, dass die Rekrutierung von Freiwilligen in einem Coronavirus-"Hot Spot" so schnell erfol­gen wür­de, dass eine ange­mes­se­ne Bewertung der Sicherheit und Wirksamkeit des Impfstoffs sehr schnell mög­lich wäre.«

Es dau­er­te dann doch noch zwei Monate län­ger, bis die "FAZ" am 14.12.20 ver­mel­den konnte:

»Erste Corona-Impfung live im amerikanischen Fernsehen übertragen

Nach einer Notfallzulassung haben am Montagmorgen (Ortszeit) in den Vereinigten Staaten die Impfungen gegen das Coronavirus begon­nen. Der Fernsehsender CNN über­trug Bilder von der Impfung einer Krankenschwester mit dem Mittel des Mainzer Pharma-Unternehmens Biontech und sei­nes ame­ri­ka­ni­schen Partners Pfizer im Osten des New Yorker Stadtteils Queens.

„Ich möch­te öffent­lich Vertrauen schaf­fen, dass die Impfung sicher ist“, sag­te Sandra Lindsey nach der Impfung. „Wir erle­ben eine Pandemie, wir müs­sen alle unse­ren Teil bei­tra­gen. Ich möch­te jeden ermu­ti­gen, sich imp­fen zu lassen.“

Wenige Minuten nach der Impfung twit­ter­te Präsident Donald Trump: „Erste Impfung ver­ab­reicht. Herzlichen Glückwunsch USA! Herzlichen Glückwunsch Welt!«
faz​.net (14.12.20)

Keine zwei Wochen spä­ter folg­te Deutschland, nach­dem die EU-Kommission den Biontech-Stoff bedingt zuge­las­sen hatte.

"Noch mehr Druck käme von den Arzneimittelherstellern"

Es war Wirklichkeit gewor­den, was Offit als üble Strategie Trumps im Juni befürch­te­te. Nur wur­de sie jetzt welt­weit gefeiert:

»Es gibt noch ein ande­res, weit­aus bedroh­li­che­res Szenario: Drei Monate nach Beginn der N.I.H.-Studien im Juli – also Mitte Oktober – zei­gen Studien, dass vie­le Patienten hohe Mengen an Antikörpern gegen das Coronavirus ent­wickeln, ohne dass es zu schwe­ren Nebenwirkungen kommt. Wie das Weiße Haus mit sei­ner unnach­gie­bi­gen Förderung von Hydroxychloroquin als Heilmittel, wür­de es die F.D.A. bedrän­gen, den Einsatz des Impfstoffs zu erlau­ben. Noch mehr Druck käme von den Arzneimittelherstellern, von denen eini­ge bis zu 1 Milliarde Dollar für die Forschung aus­ge­ben und inten­siv um Prestige und Ruhm kon­kur­rie­ren. Sie pla­nen, mit der Herstellung ihrer Impfstoffkandidaten auf Risiko zu begin­nen – das heißt, bevor die Studien abge­schlos­sen sind, die zei­gen, dass ihr Impfstoff tat­säch­lich wirk­sam ist…

Eine Notfallzulassung wür­de es Trump ermög­li­chen, sei­ne Pressekonferenz abzu­hal­ten und den Sieg zu ver­kün­den. Aber wie die Proklamation von Präsident George W. Bush "Mission erfüllt" könn­te auch sie eine Travestie sein. Millionen von Impfstoffen könn­ten ver­teilt wer­den, ohne dass der Nachweis erbracht ist, dass der Impfstoff Krankheiten oder deren Übertragung ver­hin­dern kann.

Seit den 1950er Jahren ist kein Impfstoff mehr zuge­las­sen wor­den, ohne dass gro­ße, pro­spek­ti­ve, pla­ce­bo­kon­trol­lier­te Studien zur Sicherheit und Wirksamkeit durch­ge­führt wurden…

Wenn nur 20.000 Teilnehmer den Impfstoff erhal­ten, könn­ten schwe­re, aber sel­te­ne Nebenwirkungen über­se­hen wer­den. Sollten sol­che Schäden auf­tre­ten, könn­te dies das Vertrauen in den Impfstoff wei­ter schwä­chen und die Fähigkeit gefähr­den, genü­gend Menschen zu imp­fen, um eine Herdenimmunität auf­zu­bau­en. Das wäre eine Katastrophe…«

Selbst Impfstoffentwickler, hält Offit nichts von natür­lich erwor­be­ner Herdenimmunität. So wäre für ihn eine Katastrophe, was ande­re als Segen betrach­ten. Sie sehen eher in den wis­sent­lich "über­se­he­nen" Nebenwirkungen das Desaster.

Der Autor ver­weist dar­auf, daß eine für ihn ver­gleich­ba­re Situation in den 50er Jahren mit Polio bestand. Trotz sehr vie­ler schwer durch die Krankheit geschä­dig­ter Kinder bestand man damals auf einem Verfahren, das bei Corona in den Wind geschla­gen wurde:

»Es wur­de… der Nachweis ver­langt, dass der Impfstoff die Kinderlähmung wirk­sam ver­hin­der­te. Eine ran­do­mi­sier­te, kon­trol­lier­te Studie war erfor­der­lich, bevor der Impfstoff zuge­las­sen und ver­teilt wer­den konn­te. Mehr als 400.000 Kinder erhiel­ten den Impfstoff und 200.000 ein Placebo. Erst nach Abschluss die­ser Wirksamkeitsstudie wur­de der Salk-Impfstoff zuge­las­sen und schließ­lich alle Kinder vor der gefürch­te­ten Krankheit geschützt.«

Was er abschlie­ßend über den Populismus von Donald Trump schreibt, trifft bei wei­tem nicht nur auf ihn zu:

»Wir müs­sen wach­sam sein, um zu ver­hin­dern, dass er die stren­ge Bewertung der Sicherheit und Wirksamkeit von Covid-19-Impfstoffen unter­gräbt, um mit einer Impfstoffüberraschung im Oktober die Wiederwahl zu gewin­nen.«


Im Februar 2023 äußer­te Offit schar­fe Kritik an der Booster-Politik in den USA, nicht aber gene­rell an den Corona-"Impfstoffen". Auf nejm​.org schrieb er unter der Überschrift "Bivalente Covid-19-Impfstoffe – ein alar­mie­ren­des Beispiel" (Bivalent Covid-19 Vaccines—A Cautionary Tale).

Obwohl die Studienergebnisse "ent­täu­schend" waren und die Varianten, gegen die die Stoffe zu schüt­zen vor­ga­ben, längst kei­ne Rolle mehr spiel­ten, geschah dies:

»Am 29. Juni 2022, einen Tag nach der Sitzung des Beratenden Ausschusses, stimm­te die Regierung Biden dem Kauf von 105 Millionen Dosen des biva­len­ten Impfstoffs von Pfizer-BioNTech zu, der BA.4 und BA.5 mRNA ent­hält. Einen Monat spä­ter, am 29. Juli 2022, stimm­te die Verwaltung dem Kauf von 66 Millionen Dosen des biva­len­ten Impfstoffs von Moderna zu und beab­sich­tig­te, bei­de Impfstoffe im Herbst und Winter anzu­bie­ten. Am 1. September 2022 zog die FDA ihre Notfallzulassung für mon­o­va­len­te Impfstoffauffrischungen zurück, und die CDC emp­fahl biva­len­te Impfstoffauffrischungen für alle Personen ab 12 Jahren. Am 12. Oktober 2022 erwei­ter­te die CDC die­se Empfehlung auf alle Personen ab 5 Jahren. Zu die­sem Zeitpunkt lagen kei­ne Daten vom Menschen, ein­schließ­lich Immunogenitätsdaten, vor, um die rela­ti­ven Fähigkeiten der mon­o­va­len­ten und biva­len­ten Impfstoffe zum Schutz gegen BA.4 und BA.5 zu ver­glei­chen…«

Offit bleibt "Impfstoff"-begeistert. Immerhin däm­mert ihm:

»Meiner Meinung nach soll­ten wir auf­hö­ren zu ver­su­chen, alle sym­pto­ma­ti­schen Infektionen bei gesun­den, jun­gen Menschen zu ver­hin­dern, indem wir sie mit Impfstoffen imp­fen, die mRNA von Stämmen ent­hal­ten, die ein paar Monate spä­ter wie­der ver­schwin­den könnten.«

(Hervorhebungen in blau nicht in den Originalen.)

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