Frau Barley macht es wie die AfD

Die Spitzenkandidatin der SPD für die Europawahl hat das Prinzip nur zur Hälfte ver­stan­den. Die AfD prescht pro­vo­ka­tiv vor, es gibt (gespiel­te) Empörung bei den "demo­kra­ti­schen Parteien", bis sie, manch­mal abge­mil­dert, deren Positionen oft­mals über­neh­men. Die AfD kann damit WählerInnen gewin­nen. Frau Barley ver­sucht es auch, das Spielchen ent­wickelt sich ähn­lich – mit dem Unterschied, daß die SPD an Zustimmung ver­liert. Das Klientel der AfD ist größ­ten­teils aus­län­der­feind­lich, das der SPD aber nicht kriegsgeil.

tages​spie​gel​.de (13.2.24, Bezahlschranke)

Je nied­ri­ger Umfrage- und Wahlergebnisse der SPD aus­fal­len, um so begei­ster­ter lobt die Partei sich; das war bei jeder ver­lo­re­nen Wahl so. "Mit Olaf Scholz haben wir einen Regierungschef mit Führungsrolle in der EU, mit Nicolas Schmit einen Arbeits- und Sozialexperten und mit mir die star­ke Stimme im Parlament." Da nie­mand sonst in die­se Verklärung ein­stimmt, wie­deholt sie den Satz spä­ter noch einmal.

Ich muß­te recher­chie­ren, weil mir Nicolas Schmit nicht bekannt war. Der 70-jäh­ri­ge Luxemburger ist Mitglied der EU-Kommission, dort ver­ant­wort­lich für Arbeit und Gedöns (um an Gerhard Schröder anzu­küp­fen) sowie sozi­al­de­mo­kra­ti­scher Spitzenkandidat auf EU-Ebene.

Parlamentsvorbehalt abschaffen. Das muss man diskutieren.

Wann soll die "Vision einer euro­päi­schen Armee" aus dem SPD-Wahlprogramm Wirklichkeit wer­den, wird Barley gefragt. "So schnell wie mög­lich", ant­wor­tet sie schnör­kel­los. Und wie will die Partei mit der Herausforderung von Mehrheitsentscheidungen in der EU umge­hen? Sie sieht drei Möglichkeiten:

»Die ande­ren pas­sen sich an, Deutschland bekommt eine Sonderrolle oder es ändert das Grundgesetz, schafft also den Parlamentsvorbehalt ab. Das muss man dis­ku­tie­ren.«

Das paßt so vor­züg­lich zu den Massendemonstrationen für "unse­re Demokratie" ("Die Menschen demon­strie­ren für Themen, für die ich seit Jahren bren­ne") wie der Wunsch, der­art am Parlament vor­bei Zugriff auf Atomwaffen zu bekommen:

»Derzeit liegt die nuklea­re Abschreckung für Europa bei der Nato. Wie Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg rich­tig bemerk­te, liegt es wei­ter im Interesse der Amerikaner, die­se maß­geb­lich bereit­zu­stel­len. Angesichts der jüng­sten Äußerungen von Donald Trump ist dar­auf kein Verlass mehr. Auf dem Weg zu einer euro­päi­schen Armee kann also auch das ein Thema wer­den.«


Die Reaktionen sind wie geplant. "Braucht die EU eige­ne Atombomben?", fragt tages​schau​.de am 13.2.24. Etwas zurück­hal­ten­der infor­miert faz​.net: "AUCH AUS EIGENEN REIHEN. Barley ern­tet Kritik für Vorschlag zu EU-Atombomben". Der als lin­ker Flügelmann posie­ren­de Ralf Stegner ist empört. Linken-Chef Martin Schirdewan wird so zitiert: "Statt über mehr Atombomben nach­zu­den­ken, for­der­te er die SPD-geführ­te Bundesregierung auf, end­lich den Atomwaffenverbotsvertrag zu unter­zeich­nen". Unionsfraktionsvize Johann Wadephul gibt sich irri­tiert: "Der Kanzler müs­se für Klarheit sor­gen, sag­te er dem 'Tagesspiegel': 'Ist das die Position der Bundesregierung und sei­ner Partei?'" "Offen für einen euro­päi­schen Nuklearschirm zeig­te sich hin­ge­gen der CSU-Spitzenkandidat für die Europawahl, Manfred Weber. " Und Christian Lindner schreibt in einem Gastbeitrag auf faz​.net am 13.2.24:

»… Die „Friedens­dividende“ der Vergangenheit wur­de genutzt, um ins­be­son­de­re den Wohlfahrtsstaat aus­zu­bau­en. Nunmehr ste­hen wir am Beginn der Epoche der „Freiheitsinvestition“, wes­halb ein Umsteuern nötig ist…

Soziale Taxonomie ist kontraproduktiv

Vor die­sem Hintergrund sind die Pläne der EU-Kommission für eine sozia­le Taxonomie, mit der sie die Sozialverträglichkeit von Investitionen bewer­ten und die­se ent­spre­chend len­ken möch­te, kon­tra­pro­duk­tiv. Die Finanzierung der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie darf nicht erschwert wer­den…«

Ganz wie Frau Barley schließt Lindner mit sei­ner Position zu Atomwaffen:

»Die Frage ist: Unter wel­chen poli­ti­schen und finan­zi­el­len Bedingungen wären Paris und London bereit, die eige­nen stra­te­gi­schen Befähigungen für die kol­lek­ti­ve Sicherheit vor­zu­hal­ten oder aus­zu­bau­en? Und umge­kehrt, wel­chen Beitrag sind wir bereit zu lei­sten? Wenn es um Frieden und Freiheit in Europa geht, dür­fen wir die­se schwie­ri­gen Fragen nicht scheu­en.«

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