RKI-Protokolle, nächste Runde (XX): Trends besser nicht formulieren, "da es sonst schwierig sein kann[,] weitere Maßnahmen zu begründen"

Am 25.3.20 wur­den aus Hubei "seit Tagen kei­ne neu­en Fälle" berich­tet, und in den schon bis­her les­ba­ren Texten war zu erfahren:

»Man sieht, dass die die Epicurve sich lang­sam abflacht, das soll­te aber in der Außenkommunikation wegen der Compliance zu den Maßnahmen noch nicht so kom­mu­ni­ziert wer­den«,

Die "Tagesschau" teil­te erfreut mit:

Das gan­ze Ausmaß der töd­li­chen Seuche wird faß­bar an einem Beispiel in TOP 1 "Aktuelle Lage", das nun ent­schwärzt wurde:

"Die Trends sollten besser erstmal nicht formuliert werden, da es sonst schwierig sein kann weitere Maßnahmen zu begründen"

Im bis­her weit­ge­hend geschwärz­ten TOP 4 "Kommunikation" ist nun zu lesen:

Das Dokument gibt es hier. Gelbe Hervorhebungen stam­men von mir. Hier geht es nur um die bis­lang geschwärz­ten und gera­de frei­ge­ge­be­nen Stellen der Protokolle des Krisenstabs. Die Auswertungen der "1. Staffel" gibt es nach­zu­le­sen über die Kategorie _​Zu den RKI-Papers (Krisenstab-Protokolle) _​.

Auch in TOP 5 "RKI-Strategie Fragen" heißt es:

Offenbar ent­wickel­te sich der R‑Wert nicht wie von der Politik erwünscht. Auf der RKI-Seite wird erklärt:

»Das Nowcasting erstellt eine Schätzung des Verlaufs der Anzahl von bereits erfolg­ten SARS-CoV-2-Erkrankungsfällen in Deutschland unter Berücksichtigung des Diagnose‑, Melde- und Übermittlungsverzugs. Aufbauend auf dem Nowcasting kann eine Schätzung der zeit­ab­hän­gi­gen Reproduktionszahl R durch­ge­führt wer­den…«
rki​.de


NAKO?? „social distancing“, Kontaktbeschränkungen und Betriebsschließungen" führen zu Depressionen

In TOP 5 "RKI-Strategie Fragen" ist am 26.3.20 über eine wei­te­re mög­li­cher­wei­se schäd­li­che Studie zu erfahren:

Es klingt wie eine gute Idee. Eine bevöl­ke­rungs­re­prä­sen­ta­ti­ve Untersuchung über die Ausbreitung und die Auswirkungen der Seuche, durch­ge­führt im Rahmen einer seit meh­re­ren Jahren von einer Forschungseinrichtung des Wissenschaftsministeriums durch­ge­führ­ten Studie.

Immerhin einen Monat spä­ter soll­te die "COVID-19-Befragung in der NAKO Gesundheitsstudie" star­ten. Dumm war nur, daß die Politik eine Pandemie beschlos­sen hat­te. Am 30.6.20 war immer­hin zu lesen:

Für die Ergebnisse inter­es­sier­te sich aller­dings nie­mand. Am 25.11.20 gab es eine Pressemitteilung unter der Überschrift "NAKO Studie ver­öf­fent­licht erste Ergebnisse zur COVID-19 Pandemie: psy­cho­so­zia­le Auswirkungen auf die Bevölkerung". Das wur­de ermittelt:

»Die COVID-19-Befragung im Mai zeigt, dass sich das neu­ar­ti­ge Virus und sei­ne Gegenmaßnahmen auf die all­ge­mei­ne und die psy­chi­sche Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland aus­ge­wirkt haben. Zu ver­zeich­nen ist eine signi­fi­kan­te Zunahme von depres­si­ven und Angstsymptomen sowie Stress.

Welche Auswirkungen haben Infektionen mit dem Corona-Virus SARS-CoV‑2 und die Schutzmaßnahmen auf die Menschen in Deutschland? Diese Fragen beant­wor­tet eine Sonderbefragung der NAKO Gesundheitsstudie (NAKO) unter ihren rund 205.000 Teilnehmende. 159.562 Individuen haben sich an der Sonderbefragung wäh­rend des Lockdowns im Frühjahr 2020 betei­ligt. Die in den ersten vier Wochen im Mai ein­ge­gan­ge­nen 113.928 Rückantworten bil­den den Schwerpunkt einer ersten Auswertung der Daten – publi­ziert im Deutschen Ärzteblatt.

Teilnehmer und Teilnehmerinnen aus 16 deut­schen Studienregionen wur­den befragt, ob bei ihnen ein COVID-19-Test durch­ge­führt wur­de und wel­che Covid-19 Symptome auf­ge­tre­ten waren. Zusätzlich wur­de der sub­jek­tiv emp­fun­de­ne Gesundheitszustand ermit­telt. Dabei wur­den ins­be­son­de­re depres­si­ve Symptome, Angstsymptome und Stress in glei­cher Weise wie zur NAKO Basisuntersuchung erfragt.

Bis Mai 2020 waren 4,6 Prozent der Befragten auf COVID-19 gete­stet wor­den, aber nur 344 (0,3 Prozent) von die­sen coro­na-posi­tiv. Depressive und Angstsymptome nah­men bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmer unter 60 Jahren, beson­ders bei jun­gen Frauen, zu. Der Anteil der­je­ni­gen mit mode­rat bis schwer aus­ge­präg­ten, depres­si­ven Symptomen, die kli­ni­sche Relevanz nahe­le­gen, stieg von 6,4 auf 8,8 Prozent an. Der selbst emp­fun­de­ne Stress nahm in allen Altersgruppen und bei­den Geschlechtern zu, vor allem in der Gruppe der 30- bis 49-Jährigen, aber auch bei Älteren. „Die Ergebnisse wei­sen dar­auf hin, dass im Frühjahr wäh­rend der ersten Welle der Pandemie und der ergrif­fe­nen Gegenmaßnahmen – wie „social distan­cing“, Kontaktbeschränkungen und Betriebsschließungen – sich die Ausprägung depres­si­ver Symptome, sowie von Angst und Stresssymptomen in der Bevölkerung ver­stärkt hat“, fasst Professor Dr. Klaus Berger, Sprecher der NAKO Expertengruppe „Neurologische und Psychiatrische Erkrankungen“ und Direktor des Instituts für Epidemiologie und Sozialmedizin der Universität Münster, zusam­men…«

Heute stel­len sich Ethikräte und ande­re Verantwortliche hin und spre­chen dar­über, daß "mit dem Wissen von heu­te" doch man­ches anders ein­zu­schät­zen sein könn­te als damals. Sie alle lügen. Diese Ergebnisse sind mehr als drei Jahre alt. Berücksichtigt hat sie nie­mand. Um mit dem RKI zu spre­chen: "Das könn­te den der­zei­ti­gen Maßnahmen wider­spre­chen". Die Studie wird in den fol­gen­den Protokollen nicht mehr erwähnt. Einen ein­zi­gen Pressebericht habe ich zu ihr gefun­den. Die Maßnahmen als Ursachen wer­den dar­in nicht benannt (n‑tv.de, 25.10.20). Ob das Thema auf dem "3. Wissenschaftlichen Symposium der NAKO Gesundheitsstudie: Zehn Jahre for­schen für eine gesün­de­re Zukunft", das am 4.6.24 statt­fand, bespro­chen wur­de, habe ich nicht herausgefunden.

(Hervorhebungen in blau nicht in den Originalen.)

4 Antworten auf „RKI-Protokolle, nächste Runde (XX): Trends besser nicht formulieren, "da es sonst schwierig sein kann[,] weitere Maßnahmen zu begründen"“

  1. @NAKO
    Nationale Kohorte

    Siehe dazu

    MVF 03/​2020 13. Jahrgang 02.06.2020

    Prof. Dr. med. Matthias Schrappe
    Hedwig François-Kettner
    Dr. med. Matthias Gruhl
    Franz Knieps
    Prof. Dr. phil. Holger Pfaff
    Prof. Dr. rer. nat. Gerd Glaeske
    Datenbasis verbessern
    – Prävention gezielt weiterentwickeln
    – Bürgerrechte wahren
    .…
    1.1.6. Überlegungen zu popu­la­ti­ons­be­zo­ge­nen Stichproben
    (Nationale Covid-19-Kohorte)
    müs­sen inten­si­viert werden.
    Um die wich­ti­gen Fragen zur Prävalenz und Inzidenz zu klären,
    bedarf es der
    Untersuchung einer reprä­sen­ta­ti­ven Stichprobe
    analog
    zur Nationalen Kohorte
    bei der HIV-Infektion in den 80er Jahren.

    https://www.monitor-versorgungsforschung.de/wp-content/uploads/2023/01/MVF_0320_Schrappe-etal_TP_1‑0.pdf

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