Aus den Protokollen des CoronaexpertInnenrates (XVI und Schluß): Das Armutszeugnis

Am 24.1.23 ist der Rat ein­mal voll­stän­dig ver­sam­melt, per Videokonferenz. Verstärkt wird er durch acht VertreterInnen der Exekutive. Es deu­tet sich an, the game is over:

»Das Abwassermonitoring der Stadt Köln bil­det die SARS-CoV-2-Infektionswellen sehr gut ab und wird als sehr sinn­voll betrach­tet. Im Januar zeig­te sich eine hohe Inzidenz, die Zahl an hos­pi­ta­li­sier­ten Corona-Infizierten war jedoch sehr gering, was auf eine Zunahme von mil­den bzw. asym­pto­ma­ti­schen Verläufen hindeutet.«

Bei so vie­len Leuten ist kein Platz im Raum für den Elefanten:

»Die Übersterblichkeit im letz­ten Quartal 2022 ist mit gro­ßer Warscheinlichkeit mul­ti­fak­to­ri­ell. Dazu zäh­len die SARS-CoV-2‑, RSV- und Influenza-Infektionswellen, oft beglei­tet mit bak­te­ri­el­len Superinfektionen, aber auch die erhöh­te Sterblichkeit län­ge­re Zeit nach COVID-19 nach den hohen Infektionswellen im Frühjahr 2022 könn­te sich jetzt noch sta­ti­stisch nie­der­schla­gen.«

Die Dokumente sind hier ein­seh­bar. Rote Hervorhebungen im Folgenden stam­men von mir. 

Durchbruchsinfektionen bei Geimpften sind prima.
Verstärkte Kommunikation in die Ärzteschaft hinein

Selbst die Behörden in den USA kön­nen man­gels Testungen kaum noch Krankenhausaufnahmen "an und mit" ver­mel­den; Einzelheiten blei­ben uns erspart. Ein Lichtblick sind die Fälle von Impfversagen:

Paxlovid, was soll es sonst sein?, wird "in Fachkreisen als wir­kungs­los wahr­ge­nom­men". Alles nur eine Frage der Wahrnehmung, wes­halb die wah­ren ExpertInnen "eine ver­stärk­te Kommunikation in die Ärzteschaft hin­ein" für erfor­der­lich hal­ten. Auch das mit den zahl­lo­sen Kontraindikationen wird man den ÄrztInnen wohl aus­re­den müs­sen. Daß in der ange­ge­be­nen Quelle etwas ganz ande­res zu lesen ist als dar­ge­stellt, ist irgend­wie erwartbar.

Wieder ein­mal rächt sich, daß die Sprachwissenschaft und der gesun­de Menschenverstand in dem Gremium nicht ver­tre­ten sind. Man hät­te ande­ren­falls etwas über eine Redensart mit nicht zu rei­ten­den toten Gäulen erfah­ren kön­nen. So bleibt nur Wehmut: "Laut BfR-Corona-Monitor nimmt die Bevölkerung neue SARS-CoV‑2 Virusvarianten als zuneh­mend weni­ger gefähr­lich wahr". Wie sagt der Volksmund? "Ein gebrann­tes Kind kommt sel­ten allein". Oder so. Hier kommt an: "Wahrnehmung ist aller Laster Anfang".

Und abserviert

Plötzlich geht alles schnell. Noch in die­ser Sitzung waren Versprechungen gemacht wor­den, in einem aus­führ­li­chen TOP hieß es "BKAmt stellt einen momen­ta­nen inter­nen Diskussionsstand zur wei­te­ren Entwicklung des Corona- Expertinnenrates auf Basis der gel­ten­den Geschäftsordnung vor.". Beschlossen wur­den vir­tu­el­le Sitzungen am 28.2. und 27.3.23. Die fie­len aus.

Die letz­te Zusammenkunft des Rates fin­det am 4.4.23 statt. 17 der 19 Mitglieder sind anwe­send, davon Lothar Wieler nur vir­tu­ell. In einem vor­ge­zo­ge­nen Tagesordnungspunkt wird ein seit Februar 2022 vor sich her gescho­be­nes Projekt end­gül­tig beer­digt. Eine "umfas­sen­de wis­sen­schaft­li­che Bewertung inner­halb kur­zer Zeit und mit den Ressourcen des Gremiums [erscheint] nicht mög­lich". An der Zeit kann es wahr­lich nicht gele­gen haben, immer­hin waren seit der letz­ten Sitzung mehr als zwei Monate ver­stri­chen. Liest man Ressourcen als intel­lek­tu­el­le Fähigkeit und Bereitschaft, dann wird ein Schuh aus der Formulierung:

Die "Pandemie ist vor­über", wegen der groß­ar­ti­gen "Impfungen". Mit der näch­sten wird es wohl schlicht­weg schwierig:

Man pflegt in die­sem Land die Armut in der Bevölkerung zu ver­harm­lo­sen, indem man den Begriff "rela­tiv" benutzt. Für die Arbeit die­ses "ExpertInnenrates" läßt sich ohne Einschränkung fest­hal­ten: Sie stellt ein abso­lu­tes Armutszeugnis dar.

Das gilt auch für den abschlie­ßen­den Punkt "Aktuelle Lage". Fast jeder ein­zel­ne Satz zeugt von kolos­sa­ler Denkfaulheit:

  • "Krankenhäuser: Anzeichen im Abwasser für ver­mehr­te Reinfektionen wir­ken sich nicht auf die Krankenhausbelastung aus."
    Warum kommt das Wort Scharlatanerie nicht vor?
  • "Mit der Pandemie ging aller­dings die Pflegekapazität auf­grund Personalausfalls um bis zu 25% zurück."
    Ist das Personal dahin­ge­rafft wor­den mit der Pandemie? Spielen womög­lich plan­mä­ßi­ge Überlastung, Mißachtung und Zwang zur "Impfung" eine Rolle?
  • "Die mei­sten Corona-Fälle auf Intensivstationen haben als Hauptdiagnose die Corona Infektion, sie sind im Klinikalltag, gemes­sen an Fallzahl und Aufwand, jedoch nicht mehr rele­vant."
    Erst am 15.2.23 wur­de offi­zi­ell mit­ge­teilt: "Neu im DIVI-Intensivregister: COVID-19-Patienten jetzt mit und ohne Manifestation erfasst" (divi​.de). Bis heu­te wird dabei gefälscht:
    "Als Patient*innen mit Manifestation zäh­len hier­bei Fälle, bei denen eine pri­mä­re Lungen- und/​oder Systembeteiligung einer COVID-19-Erkrankung vor­liegt oder deren kli­ni­scher Zustand sich durch COVID-19 ver­schlech­tert hat. Hierzu zäh­len auch Patient*innen, deren Hauptdiagnose und/​oder Grunderkrankungen durch die COVID-19-Erkrankung beein­flusst wer­den oder vice ver­sa."
    (inten​siv​re​gi​ster​.de)
  • "Was Corona-Patientinnen und ‑Patienten angeht, ist die Situation in den Kliniken ent­spannt."
    Das hät­te sie immer sein kön­nen in Hinblick auf ledig­lich posi­tiv gete­ste­te Menschen mit Beinbruch oder Blinddarmerkrankung. Erst die unwis­sen­schaft­li­che Definition von Corona-Patientinnen und ‑Patienten hat die ohne­hin schwie­ri­gen Arbeitsverhältnisse dort uner­träg­lich gemacht.
  • "Großteils füh­ren bak­te­ri­el­le Superinfektionen zusätz­lich zu einer vira­len Atemwegsinfektion zu Krankenhausaufenthalten."
    Ist nicht wahr! Für die ver­gan­ge­nen drei Jahre wird das doch sicher nicht gegol­ten haben, oder?
  • "In den päd­ia­tri­schen Stationen waren die Pflegekapazitäten stark vom Personal abhän­gig, das durch Krankheitslast und Verlagerung in ande­re Stationen bzw. auf Intensiv deut­lich ver­klei­nert war."
    Kein Wort zu unsin­ni­gen Quarantäneregeln und über­flüs­si­gen Isolierungen von ledig­lich posi­tiv gete­ste­ten PatientInnen.
  • "Es soll­te dis­ku­tiert wer­den, ob Masken als Standard in der Erkältungssaison der­lei Personalengpässe künf­tig lin­dern könn­ten."
    So geht Wissenschaft: Drei Jahre Maskenzwang in den Kliniken gehen ein­her mit erheb­li­chen Personalengpässen. Dagegen hilft nur Maskenzwang.
  • "Die Meldebereitschaft der Krankenhäuser geht aktu­ell zurück. Dem könn­te ggf. ein Kapazitätsregister/​Krankenhausregister und die ePa ent­ge­gen­wir­ken."
    Auch wenn die "Pandemie vor­über" ist – auf irgend­ei­ne Weise sol­len unbe­dingt "Fälle" gene­riert werden.

Noch ein kur­zes Aufbäumen ("Weltweit: In Indien gewinnt die Variante XBB1.16 (sog. „Arcturus“) schnell an Dominanz und führt gleich­zei­tig zu einer star­ken Zunahme an Infektionen (hoher Immunescape).") – sie­he dazu "'Jetzt lie­fern sich Arcturus und Deltacron ein gefähr­li­ches Rennen'" – , etwas Gemurre über das "Aggressionspotential" im öffent­li­chen Diskurs und als krö­nen­der Abschluß noch ein­mal Schwärzungen, weil die Bundesregierung sonst Ärger mit China bekommt. (Was bei der Bezeichnung des chi­ne­si­schen Präsidenten als "Diktator" durch die Außenministerin völ­lig anders war.)

"Der Marder ist immer der Drosten", sang Reinhard Mey schon 1971. Sehr zu emp­feh­len dazu ist Drostens Podcast vom 9.6.21, in dem er sei­ne Gain-of-func­tion-Forschung als "Hardcore-Virusforschung, Hardcore-Virologie" bezeich­ne­te (sie­he "Durchaus auch denk­bar, dass das nicht in China pas­siert ist").

Das war's.

(Hervorhebungen in blau nicht im Original.)

4 Antworten auf „Aus den Protokollen des CoronaexpertInnenrates (XVI und Schluß): Das Armutszeugnis“

  1. good stuff

    Der Marder von Köpenick? – Ein guter Titel für den Roman. Weiss Eine/​r wann der erschei­nen wird. Wer wird ihn schrei­ben. Lebt Konsalik noch? Jean Le Carree, Simmel, Enyd Bliton, RobbyTobbyunddasFliwatüt, Astrid Lindgren, Marsmachtmobil .….…. oderoderoder .….

    Tja Leute, wies aus­schaut ist nicht mehr zu erwar­ten. Als PR-Berater der poli­ti­schen Kast… äh Klasse, wäre mein Rat: Drehen Sie die Regime-Version vor­ab, in Low-Budget-high-gages-manier , und das Thema ist ein- für alle­mal erschla­gen. Da-Da-Da!

  2. Neben dem (von der geball­ten Expertise unbe­ach­te­ten) und super­gäu­len Sprichwort ame­ri­ka­ni­scher UreinwohnerInnen sind mei­ne unschlag­ba­ren Favoriten (m/​w/​d) – weil mit hohem Erkenntnisgewinn geadelt – unge­schwärzt und unge­rö­tet sichtbar:

    - die Hervorhebung der Wichtigkeit der "poli­ti­schen Kommunikation" (Pflöcke ein­schla­gen; trotz oder wegen der unauf­ge­räum­ten Nebelschwaden in der man sich bewegt hatte)
    – dass die "Pandemie" in "Industrieländern mit hoher Impfquote vor­über" sein soll (und, im Umkehrschluss, in Ländern mit oder ohne Industrie und/​oder nied­ri­ger "Impfquote" zu die­sem Zeitpunkt doch noch nicht?)
    – dass die ProtokollführerInnen ihr Werk über 31 Tage nach dem nicht-vir­tu­el­len Termin immer noch nicht fer­tig­ge­stellt hat­ten (oder was soll man von der "nach­richt­li­chen" Aufhebung des "inter­na­tio­na­len Gesundheitsnotstands" durch die WHO am 5.5.2023 halten?) 

    das abso­lu­te Highlight ist natür­lich die "breit geteil­te Meinung" im Expertisensowjet:
    Für die Erkenntnis, dass eine Gleichung mit mehr als einer Unbekannten gemein­hin nicht ein­deu­tig lös­bar ist, genügt i.d.R. die in Sekundarstufe 1 erwor­be­ne Expertise.
    Zappenduster sieht's (außer­halb unend­lich vie­ler Modelluniversen) aller­dings aus, wenn einer weit­ge­hend unbe­kann­ten Anzahl von Gleichungen min­de­stens 4 Unbekannte gegenüberstehen.
    Insofern kann man dem Sowjet bei sei­ner Einschätzung nur zustimmen.

    Es ist aller­dings davon aus­zu­ge­hen, dass der Sowjet hier ("breit") der Ansicht ist, dass die "Pandemievorbereitung" bei Kenntnis die­ser Zahlen (mit­tels Milchbübchenrechnungen) ein Kinderspielchen sei, da man ja ledig­lich (angeb­lich) bewähr­te "Instrumente" ( = "Maßnahmen") anwen­den müs­se: Psychoterror, Lockdowns et al und "Not"zulassungen – der Rest ist Logistik.

    Folgt man dem rech­ten Glauben, so waren die Antworten 2020
    zu
    Frage 1: "irgend­was um die 0%" (stimm­te nicht)
    Frage 2: "Nein" (stimm­te)
    Frage 3: "Nein" (stimm­te)
    Frage 4: "mehr als einer" (stimm­te)
    und 2023:
    1: "grö­ßer als, sagen wir: 90% – aber nur wenn genü­gend 'auf­ge­frischt'"
    2: "Ja, klar!"
    3: "Paxlovid"
    4: "Masken helfen"
    (Keine davon wür­de einen unbe­fan­ge­nen "Faktencheck" mit bes­ser als "irre­füh­rend" überstehen).

    Weniger mil­de und opti­mi­stisch stimmt mich aller­dings die gru­se­li­ge Vorstellung, dass die "Räte" (und die, die die­se ernen­nen), irgend­wann wie­der in blin­den Aktionismus ohne "rote Linien" ver­fal­len wer­den – gestützt auf ihre selbst­ge­strick­ten Legenden (vul­go: "Schutzbehauptungen") und jene, die die­se immer noch glau­ben (wol­len).

  3. "Personalausfall" ist wohl vor­nehm­lich dem Testzwang geschul­det. Qurantäneanordnungen führ­ten dann zwangs­läu­fig zu Verknappung der "Betten".

    Das gan­ze glich einem Experiment, wie es sich die Bertelsmann Stiftung gewünscht haben könnte:
    https://​www​.ber​tels​mann​-stif​tung​.de/​d​e​/​t​h​e​m​e​n​/​a​k​t​u​e​l​l​e​-​m​e​l​d​u​n​g​e​n​/​2​0​1​9​/​j​u​l​i​/​e​i​n​e​-​b​e​s​s​e​r​e​-​v​e​r​s​o​r​g​u​n​g​-​i​s​t​-​n​u​r​-​m​i​t​-​h​a​l​b​-​s​o​-​v​i​e​l​e​n​-​k​l​i​n​i​k​e​n​-​m​o​e​g​l​ich
    "In Deutschland gibt es zu vie­le Krankenhäuser. Eine star­ke Verringerung der Klinikanzahl von aktu­ell knapp 1.400 auf deut­lich unter 600 Häuser, wür­de die Qualität der Versorgung für Patienten ver­bes­sern und bestehen­de Engpässe bei Ärzten und Pflegepersonal mildern."
    .…
    "Ergänzung vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie

    Die Corona-Pandemie domi­niert der­zeit alle Bereiche unse­res Lebens. Die Krise for­dert die gesam­te Gesellschaft und vor allem unser Gesundheitssystem in außer­ge­wöhn­li­cher Dimension. So müs­sen gera­de sehr spe­zi­el­le Behandlungsplätze mit Beatmungsgeräten in unvor­her­seh­ba­rer Größenordnung auf­ge­baut wer­den, die im Regelbetrieb weder benö­tigt wer­den noch betreut wer­den kön­nen. Im Sommer 2019 haben wir einen Vorschlag gemacht, wie sich die Qualität der sta­tio­nä­ren Versorgung im Regelbetrieb durch einen Umbau der Krankenhauslandschaft ver­bes­sern lie­ße: Weniger, aber dafür bes­ser aus­ge­stat­te­te und stär­ker spe­zia­li­sier­te Kliniken – das war und ist unser Zielbild. 

    Jedes Krankenhaus soll­te mit der erfor­der­li­chen Medizintechnik, aber vor allem mit hin­rei­chend ver­füg­ba­rem, qua­li­fi­zier­tem Personal aus­ge­stat­tet sein. Fakt ist aber, dass es schon heu­te nicht genug Ärzte und Pflegekräfte gibt, um alle vor­han­de­nen Krankenhäuser bedarfs­ge­recht zu beset­zen. Gerade in außer­ge­wöhn­li­chen Belastungssituationen wie jetzt kön­nen wir es uns nicht lei­sten, die knap­pen Ressourcen auf vie­le Kliniken so auf­zu­tei­len, dass Fachabteilungen nur unzu­rei­chend ein­satz­fä­hig sind. …"

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert