ZDF zu "brisanten Corona-Protokollen des RKI"

»Die Protokolle des RKI-Krisenstabs gal­ten als Verschlusssache. Journalisten klag­ten dage­gen. Die Dokumente zur Corona-Pandemie könn­ten poli­ti­sche Sprengkraft haben.

Es sind mehr als 1.000 Seiten, die nach einer lang­wie­ri­gen Klage des Online-Magazins "Multipolar" jetzt öffent­lich sind: inter­ne und bri­san­te Besprechungen des Corona-Krisenstabs, meist gelei­tet vom dama­li­gen Präsidenten des Robert-Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, und des­sen Stellvertreter, Lars Schaade, der heu­te der Chef der Behörde ist, die dem Bundesgesundheitsministerium direkt unter­stellt ist.

Protokolle bieten trotz Schwärzungen tiefe Einblicke

Die Protokolle, Tagesordnungen und Teilnehmerlisten wur­den kurz vor dem vier­ten Jahrestag des ersten Lockdowns ver­öf­fent­licht. Der am 22. März 2020 ver­häng­te Lockdown führ­te zu nie dage­we­se­nen Grundrechtseinschränkungen: Kitas und Schulen wur­den geschlos­sen, es gal­ten Besuchsverbote für Altenheime und gene­rel­le Ausgangsbeschränkungen. Das öffent­li­che Leben kam zum Stillstand.

Was aber pas­sier­te hin­ter den Kulissen? Die Protokolle bie­ten trotz zahl­rei­cher Schwärzungen, die das RKI vor Herausgabe der Dokumente durch­führ­te, tie­fe Einblicke.

Lockdowns – fragwürdige Grundlage, schwere Konsequenzen

Am 17. März 2020 stuft das RKI die Risikoeinschätzung für die Gesundheit der Deutschen von "mäßig" auf "hoch" her­auf. Einen Tag zuvor ist in den Dokumenten ver­merkt, die neue Risikobewertung sol­le vor­be­rei­tet und hoch­e­ska­liert wer­den. "Die Risikobewertung wird ver­öf­fent­licht, sobald (Personenname geschwärzt) ein Signal dafür gibt."…

Tatsächlich waren zu die­sem Zeitpunkt die Fallzahlen nicht dyna­misch gestiegen…

Als am 16. Dezember der zwei­te Lockdown begon­nen hat, ver­merkt das RKI mit Blick auf den inter­na­tio­na­len Umgang mit Covid-19: "Lockdowns haben zum Teil schwe­re­re Konsequenzen als Covid selbst."

Maskenpflicht – FFP2 nur für Fachpersonal sinnvoll

In einer Besprechung am 30. Oktober 2020 beschäf­tigt sich das RKI mit dem Tragen von FFP2-Masken.

"FFP2-Masken sind eine Maßnahme des Arbeitsschutzes. Wenn Personen nicht geschult/​qualifiziertes Personal sind, haben FFP2-Masken bei nicht kor­rek­ter Anpassung und Benutzung kei­nen Mehrwert."
Corona-Protokoll des RKI vom 30. Oktober 2020

Die Krisenstab-Runde stellt klar: "… es gibt kei­ne Evidenz für die Nutzung von FFP2-Masken außer­halb des Arbeitsschutzes, dies könn­te auch für die Öffentlichkeit zugäng­lich gemacht werden."…

Impfstoffe – frühe Zweifel an AstraZeneca

Am 8. Januar 2021 geht das RKI auf die Impfstoffe ein, erklärt, dass bei AstraZeneca "der Einsatz dis­ku­tiert wer­den müsse"…

Die Runde notiert, es müs­se für AstraZeneca mög­li­cher­wei­se Beschränkungen geben, Daten für älte­re Personen sei­en sehr begrenzt. Nur zwei Monate spä­ter, Anfang März, emp­fiehlt die Ständige Impfkommission (Stiko) den Impfstoff für alle Altersklassen und ver­weist auf neue Erkenntnisse aus Studien.

3G-Regel – Bedenken gegen Privilegien für Geimpfte und Genesene

Am 5. März 2021 wird in einer Sitzung des Krisenstabs über die Frage dis­ku­tiert, ob das RKI bei sei­ner bis­he­ri­gen Haltung blei­be, kei­ne Ausnahmen von den Corona-Regeln für Geimpfte und Genesene zu machen. Die Erkenntnis: Ausnahmen sei­en "fach­lich nicht begründbar".

"Das Impfzertifikat soll die Erfassung von Impfwirkung, Spätfolgen etc. ermög­li­chen, nicht die Grundlage für Kategorien und Vorrechte sein."
Corona-Krisenstab am 5. März 2021

Laut WHO sprä­chen auch ethi­sche Gründe dage­gen. Doch Mitte September 2021 wur­de die 3G-Regel (geimpft, gene­sen, gete­stet) in den Katalog der beson­de­ren Schutzmaßnahmen gegen die Verbreitung des Coronavirus auf­ge­nom­men und ist mitt­ler­wei­le im Infektionsschutzgesetz geregelt…

Am 6. Mai 2024 zieht "Multipolar" vor das Berliner Verwaltungsgericht, um eine voll­stän­di­ge Protokolleinsicht ohne Schwärzungen zu erwirken.

Britta Spiekermann ist Korrespondentin im ZDF-Hauptstadtstudio.«
zdf​.de (23.3.24), inzwi­schen web​.archi​ve​.org

Zum Bericht von Multipolar: „Es soll hoch­ska­liert wer­den“.

2 Antworten auf „ZDF zu "brisanten Corona-Protokollen des RKI"“

  1. Und die näch­sten "Leitmedien" kom­men ums Eck.

    T‑Online → https://www.t‑online.de/gesundheit/aktuelles/id_100371200/rki-files-corona-protokolle-enthuellen-brisante-details.html

    Spiegel → https://www.spiegel.de/politik/deutschland/rki-journalisten-klagen-erfolgreich-auf-herausgabe-von-corona-protokollen-a-2d6aa52a-e35a-4535–95fe-eeb4ff5f451b

    NB • Die Leitmedien berich­ten alle, dass Multipolar auf Entfernung der Schwärzungen geklagt hat. Anzeichen, dass man die­se jour­na­li­sti­sche Hausaufgabe sel­ber machen will, gibt es nicht.

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