Wenn Stefan Quandt (BMW) und die politischen Erben von Klaus Tschira (SAP) vor "einer Spaltung der Gesellschaft" mahnen lassen, Influencer-Starlets wie Mai Thi Nguyen-Kim und No-Names wie Christian Scharun auf die Bühne schicken, dann wird es oft lustig. Ihre Analysen richten sich fast schon automatisch gegen sie selbst.
Erwartungsgemäß gibt es absolut nichts Neues in dem Beitrag und die Terra-X-te Wiederholung des Mantras bewegt sich auf dem Niveau von: "Heutzutage schwärmen Populisten oftmals von der Rückkehr zu einer romantisch überhöhten Vergangenheit, aus der nun unerwünschte kulturelle, religiöse, soziale oder sprachliche Feindbilder ausgeschlossen werden sollen." Immerhin habe ich einen neuen Begriff gelernt: "Gishgallopping". Es muß sich um eine besonders perfide Technik der Feinde "unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung" handeln.
Die Entertainisierung der staatstragenden Propaganda über Tanzeinlagen von Mai Thi, die an das frühe ZDF-Fernsehballett erinnern, oder den schlechten Wiedergänger von Prof. Grzimek, Harald Lesch, ist dem Management eines Ü‑60-Senders angemessen, das krampfhaft versucht, modern zu wirken.
Passion zur Wissenschaft selbst
Ähnlich langweilig ist zugegebenermaßen der Verweis auf die Hintergründe des Medienzirkus. Über Scharun erfahren wir, daß er "wissenschaftlicher Autor in der Redaktion von MAITHINK X" ist. "Neben seiner Passion zur Wissenschaft selbst war Christian Scharun als Klimaforscher aktiv." Lassen wir die verunfallte Formulierung so stehen und schauen, was das wohl heißen soll.
»Dr. Christian Scharun ist promovierter Klimaforscher und Science Slammer. Seit 2018 untersucht er als Wissenschaftler am Karlsruher Institut für Technologie die Einflüsse von Treibhausgasemissionen auf die globale Erwärmung. Im Jahr 2021 wurde seine Arbeit auf der Berlin Science Week als „Wissenschaftlicher Durchbruch des Jahres“ ausgezeichnet…«
Über diesen Karriereschritt, der zeitgleich mit der öffentlichen Etablierung von "Durchbruchsinfektionen nach Impfung" erfolgte, informiert die Seite des "Nationalen Instituts für Wissenschaftskommunikation (NaWik) gGmbH". Diese natürlich gemeinnützige Gesellschaft wird getragen von einer der größten Stiftungen Europas, der Klaus Tschira Stiftung, und dem Karlsruher Institut für Technologie. Letzteres, das KIT, ist trotz seines Namens eine Universität, und zwar "die einzige deutsche Exzellenzuniversität mit nationaler Großforschung". Es versteht sich zugleich als "Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft", mithin Elite pur. Dem elfköpfigen Aufsichtsrat gehört Stefan Quandt an. Von ihm wissen wir, daß er großzügig in die Karriere von Christian Drosten und Sandra Ciesek investiert hat (s. corodok.de).
Nun setzt der Automann auf einen "Klimaforscher", der vorgibt, sich zudem bestens mit Populismus auszukennen. Es mag sein, daß Scharun, dessen Profession nie genau benannt wird, valide Erkenntnisse zu Treibhausgasemissionen beigetragen hat. Schließlich soll er 2021 über Modellierungen dazu promoviert haben (kit.edu), und kann es Wissenschaftlicheres geben?
Was weiß der Experte aber über Populismus? Am 8.10.23 fächerte er in Desinformation – die Waffe der Mächtigen auf zdf.de seinen Erfahrungsschatz auf. Er übersteigt das Niveau eines Proseminars in beachtlicher Weise. Pharao Ramses II, Trump und Putin werden als Namen in die Debatte geworfen, mit "Klimawandelleugnung" gespickt und verrührt mit dem Hinweis auf den Sturm auf das Kapitol 2021 ("Wie Fake News zu physischer Gewalt führen"), fertig ist die Propagadasuppe. Ihre bräunliche Farbe verdankt sie auch Beispielen wie:
»Schon häufig wurden Fake News zu Proagandazwecken gezielt verbreitet. Hat Bundespräsident Lübke wirklich KZs geplant? Wurden RAF-Terroristen im Gefängnis ermordet? "Terra X History" untersucht die großen Falschmeldungen der Geschichte.«
An keiner Stelle von Scharuns Beitrag, der doch behauptet, sich mit den Waffen der Mächtigen zu beschäftigen, kommt auch nur eine einzige der Lügen vor, mit denen die USA ihre Angriffe auf Länder in der ganzen Welt begründet haben.
Kurz noch zum Karlsruher Institut für Technologie, Scharuns Arbeitgeber. Es ist 2009 entstanden aus dem Zusammenschluß der Universität Karlsruhe (TH) mit dem Forschungszentrum Karlsruhe, dessen Bezeichnung bis 1995 "Kernforschungszentrum Karlsruhe" lautete. Während der Wikipedia-Eintrag für die erste Institution eine historische Lücke von 1923 bis 1946 aufweist, wird über die zweite so berichtet:
»Die Gründung erfolgte auf Initiative von Franz Josef Strauß, damals Atomminister, der von dem Physiker Otto Haxel und dem Hoechst-Manager Karl Winnacker beraten wurde. Die Gründer waren Walther Schnurr und Gerhard Ritter (beides Chemiker, die ihre Managementerfahrung noch vor 1945 im Umfeld der IG Farben erworben hatten),] und die Juristen Rudolf Greifeld und Josef Brandl. „Mit Greifeld, Schnurr und Brandl war ein massiv NS-belastetes Führungstrio in Karlsruhe installiert“, so die Historiker Thomas Raithel und Nils Weise, „das die Geschicke des Forschungszentrums bis Ende der 1960er Jahre bestimmte“. Gesellschafter und Zuwendungsgeber des Zentrums waren die Bundesrepublik Deutschland zu 90 Prozent und das Land Baden-Württemberg zu 10 Prozent…«
Vermutlich handelt es sich auch hier um von Putin gestreute Fake News…
Update: Zur Klaus Tschira Stiftung, die noch an viel mehr Stellen die öffentliche Meinung beeinflußt, siehe https://www.corodok.de/?s=tschira.
(Hervorhebungen in blau nicht in den Originalen.)
Die "historische Lücke" in der Historie meiner Alma Mater kann ich ein bisschen auffüllen:
"1927 erfolgte die Eröffnung des Hochschulstadions sowie 1930 die des Stadiongebäudes und des Studentenhauses. Luftangriffe führten 1942 zu Schäden an mehreren Hochschulgebäuden sowie 1944 zur weitgehenden Zerstörung der Hochschulanlage."
(Quelle:
https://stadtlexikon.karlsruhe.de/index.php/De:Lexikon:ins-0909#:~:text=Nachdem%201795%20in%20Paris%2C%201801,Art%20in%20einem%20deutschen%20Land.)
Ich habe auch noch ein vage Erinnerung, dass die "Arisierung" (während dieser "Lücke") in den 1980ern auch hie und da thematisiert wurde, ebenso wie die Beteiligung bestimmter Fakultäten an Projekten des Pentagon
https://de.wikipedia.org/wiki/Ada_(Programmiersprache).
Ansonsten ist (neben der mir bis dato ebenfalls unbekannten Gallopp-Variante – im Grunde nur ein weiteres Instrument aus dem Arsenal der Nebelkerzen und Blendgranaten) nur anzumerken, dass sich hier jemand äußert, der definitiv "nicht vom Fach" ist – eine von "Faktencheckern" regelmäßig angewandte Spielart der ad hominem Argumentation gegen bestimmte Fachleute: mal handelt es sich "nur" um Ärzte (und nicht um "Wissenschaftler"), mal zwar um "Wissenschaftler" (aber keine "Mediziner", mal zwar um beides, aber keine Virologen oder Epidemiologen, und wenn alles zutraf hatte man eben zu dem aktuellen Virus nicht geforscht und publiziert.
Dazu fällt mir nur noch ein Lied aus meiner Jugend ein
https://youtu.be/IzxKB7kBP70?