Gruseliges von links

Das Elend der Maskierten

Vielleicht tut man den DemonstrantInnen gegen die Demo der "Corona-GegnerInnen" in München unrecht, wenn man die­ses Foto ver­all­ge­mei­nert. Für die jun­ge Frau scheint jeden­falls zu gel­ten: Hier demas­kiert die Maske die Trägerin.

Was teilt sie uns mit? Sie befin­det sich auf einer Veranstaltung, die vor dem Einfluß von Rechtsradikalen auf die Bewegung gegen die Regierungsmaßnahmen war­nen will. Hier wur­de in meh­re­ren Beiträgen dar­auf ver­wie­sen, daß es die­se Vereinnahmungsversuche sehr wohl gibt, und kri­ti­siert, daß sich Querdenken nur äußerst zöger­lich selbst von beken­nen­den Holocaust-Leugnern abgrenzt ("Ich ken­ne kei­ne Parteien, ich ken­ne nur noch Deutsche" sagt nicht BallwegBallwegs Distanzierung vom "lie­ben Nikolai Nerling", Ballweg outet sich).

Das "FIGHT NAZIS", undif­fe­ren­ziert auf alle Demonstrierenden ange­wandt, nimmt nur einen klei­nen Teil des Plakates ein. Die Hauptbotschaft ist eine ande­re. "MASKE AUF" als Schlachtruf der Menschen, die "der Wissenschaft" ver­trau­en, die VerweigerInnen für gewis­sen­lo­se Party-People hal­ten, wel­che alte Menschen wil­lent­lich um ihrer indi­vi­du­el­len Freiheit wil­len dem Todesrisiko aussetzen.

Sie führt den "KAMPF GEGEN CORONA" und zwar "GEMEINSAM". Es soll sich bei den GegendemonstrantInnen um Linke gehan­delt haben. Klassischer­weise sind das die­je­ni­gen, die Verhältnisse hin­ter­fra­gen, nach Interessen hin­ter Regierungshandeln suchen.

Vermutlich wird die jun­ge Frau das auf ande­ren Politikfeldern sogar tun. Sie wird wis­sen, daß der Kampf gegen den Klimawandel nicht "gemein­sam" geführt wer­den kann, son­dern sich da die Profitgier eini­ger Weniger mit dem Anliegen der ganz Vielen beißt. Sie könn­te ahnen, daß ein Karl Lauterbach als lang­jäh­ri­ges Vorstandsmitglied eines pri­va­ten Krankenhauskonzerns nicht der gebo­re­ne Verbündete im Kampf gegen Krankheiten wel­cher Art auch immer ist. Oder daß ein Christian Drosten ganz eige­nen Nutzen aus der "Corona-Krise" zieht.

Wird man ihr erklä­ren müs­sen, daß die Auswirkungen des Lockdowns kei­ne sind, die uns "gemein­sam" tref­fen, son­dern ganz ent­schei­dend von der sozia­len Lage beein­flußt wer­den? Daß welt­weit gera­de die betrof­fen sind, die über­haupt kei­ne Chance auf ein beque­mes Home-Office haben oder das hier­zu­lan­de wohl­fei­le Abstand-Halten?

Es gibt gute Gründe anzu­neh­men, daß die Demonstrantin sich für die Flüchtenden auf Moria enga­giert – eine Frage, in der sie gewiß kei­ne Gemeinsamkeit mit Frau Merkel, Herrn Spahn und Herrn Seehofer erken­nen wird.

Aber die Maske. Sie sym­bo­li­siert die Gleichheit und negiert die (Klassen-)Unterschiede. Das Virus trifft uns alle glei­cher­ma­ßen, lau­tet die Botschaft, Solidarität ist gefragt. Da darf es nicht um Fragen nach Sinn und Unsinn des Maskentragens gehen. Schon das ver­rät den Leugner oder die Leugnerin. Ein Hinweis auf eine Sterblichkeit, die sich im "nor­ma­len" jähr­li­chen Rahmen bewegt, wird als Zynismus ange­sichts über 9.000 Toter abge­tan. Das voll­stän­di­ge Ausbleiben eines Zusammenbruchs des Gesundheitssystems wird der Maske und dem Lockdown zuge­schrie­ben. Man kann das so sehen, doch gibt es auch Argumente dage­gen. Doch bereits die Frage soll nicht erlaubt sein.

Diese Haltung in wei­ten Teilen der Linken exi­stier­te schon lan­ge, bevor sich Rechtsradikale anschick­ten, sich das Thema unter den Nagel zu rei­ßen. Insofern ist der jetzt wahr­zu­neh­men­de "Antifaschismus", der sich gegen alle rich­tet, die Kritik an den Regierungsmaßnahmen äußern, ledig­lich ein Reflex auf die zuvor schon vor­han­de­ne Ausblendung jeg­li­cher Auseinandersetzung mit dem Thema und der eige­nen Hilflosigkeit.

Erstveröffentlichung coro​dok​.de (13.9.20)