Hype-hype-hurra!

Ein 500-Millionen-Flop soll durch Rüstung wie­der­gut­ge­macht wer­den. Die Beschäftigten zah­len drauf.

»… Aleph Alpha, das war mal der deut­sche Stern am Himmel der Künstlichen In­telligenz. Als im November 2022 ChatGPT die Welt in Staunen ver­setz­te, wuchs in Deutschland die Sorge, dass man wie­der ein­mal eine Zukunftstech­nologie ver­schla­fen hat…

Im Februar 2023 ver­öf­fent­lich­te Aleph Alpha Resultate aus unab­hän­gi­gen Tests, die zeig­ten: Das Modell aus Heidelberg kann mit­hal­ten mit GPT 3, einem Modell von Open AI. Nicht erwähnt wur­de, dass die­ses Modell damals schon ver­al­tet war.

Die Politik stürzte sich auf den Hype

Insbesondere die Politik stürz­te sich trotz­dem auf die Erzählung vom deut­schen Open AI. Im Digitalministerium von Volker Wissing füh­le man sich wie ein „Vaterlandsverräter“, wenn man etwas gegen Aleph Alpha sage, berich­te­te damals ein Beteiligter der F.A.S. Andrulis ließ in die­ser Zeit kaum ein Podium aus, kam sogar zur Kabinettsklausur der Ampelregierung, um über Künstliche Intelligenz zu spre­chen. Als im November 2023 Investoren um die Schwarz-Gruppe, SAP und Bosch dem Unternehmen fast 500 Millionen Euro gaben, eine der größ­ten Finanzierungsrunden der euro­päi­schen KI-Welt, mach­te Wirtschaftsminister Robert Habeck die Ankündigung des Deals zur Chefsache und sonn­te sich im Lichte des Stargründers. Aleph Alpha hat­te plötz­lich Einfluss und konn­te in Berlin sogar erfolg­reich gegen eine frü­he­re Version der euro­päi­schen KI-Verordnung lobbyieren…

Die 500-Millionen-Finanzierung war wohl der Höhepunkt des Hypes um das Unternehmen und sei­nen Gründer. Das öffent­li­che Bild von Aleph Alpha soll­te danach noch eini­ge Monate blei­ben. Erst im Sommer 2024 wur­de einer brei­te­ren Öffentlichkeit bewusst, dass Aleph Alpha den Anschluss ver­lo­ren hat­te. Da hat­te das Unternehmen das Wettrüsten um das aller­be­ste KI-Allzweckmodell der Welt bereits aufgegeben…

Den gewal­ti­gen Ausgaben für Rechenzentren ste­hen bis­her nicht annä­hernd ver­gleich­ba­re Umsätze gegen­über. Open AI hat ange­kün­digt, in den näch­sten Jahren mehr als eine Billion Dollar für Rechenkapazität aus­zu­ge­ben, mit einem Energiebedarf, für den gan­ze 26 Atomkraftwerke nötig wären. In Europa lässt sich allein der fran­zö­si­sche Wettbewerber Mistral AI noch auf die­ses ver­rück­te Rennen ein. Bisher mit Erfolg: Gerade hat das Unternehmen 1,7 Milliarden Eu­ro von nur einem neu­en Investor ein­ge­sam­melt, dem nie­der­län­di­schen Chipausrüster ASML, bei einer Bewertung von knapp 12 Milliarden…

Staatliche Kunden sind attraktiver geworden

Bei Aleph Alpha sieht man sich in allem bestä­tigt. Die Umsätze, ver­si­chert man, sol­len kräf­tig gewach­sen sein und die Investoren mehr als zufrie­den­stel­len. Für das Jahr 2024 hat Aleph Alpha aller­dings noch kei­ne Zahlen ver­öf­fent­licht. Für 2023 hat­te man die bis dato kärg­lichen Umsätze noch im Juli publik gemacht.

Der anfangs auch von Investorenseite noch skep­tisch beäug­te Fokus auf behä­bi­ge staat­li­che Kunden wirkt heu­te attrak­ti­ver, seit Digitalminister Carsten Wildberger mit einer bun­des­wei­ten Technologieplattform, dem Deutschland-Stack, die Digitalisierung staat­li­cher Prozesse radi­kal ver­ein­fa­chen will. Für den IT-Dienstleister der Bundeswehr arbei­tet Aleph Alpha schon länger…

Gut mög­lich, dass Aleph Alpha schnel­ler zufrie­den­stel­len­de Umsätze gene­rie­ren wird als man­cher, der jetzt viel Geld ver­brennt. Aber der gro­ße Wurf, ein euro­päi­scher Leuchtturm in der KI-Landschaft zu wer­den, ist in wei­te Ferne gerückt…«


Während die Investoren Schwarz-Gruppe (Lidl, Kaufland etc.), SAP und Bosch am Kriegsgeschäft pro­fi­tie­ren wol­len, haben die bei­den letz­ten Konzerne umfang­rei­che Stellenvernichtungen ange­kün­digt. Der KI-Hype trifft nicht zuletzt auch IT-Beschäftigte, wie der zwei­te "FAZ"-Artikel berichtet:

»Lange Zeit galt: Wer sich für eine Laufbahn in Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften oder Technik (MINT) ent­schei­det, hat beste Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Fachkräfte waren begehrt, die Nachfrage groß. Dieses Bild hat sich zumin­dest teil­wei­se gewan­delt. Der Arbeitsmarkt ist ange­spannt, eine Stelle zu fin­den nicht mehr so ein­fach wie frü­her. Ein Grund dafür ist der rasan­te Fortschritt der Künstlichen Intelligenz (KI).

Wie stark KI den Arbeitsmarkt beein­flusst, haben Forscher der ETH Zürich in einer aktu­el­len Studie für die Schweiz untersucht…

Besonders trifft es laut der Studie die Berufsgruppe der Informatiker. Hier gibt es mehr Arbeitslose und weni­ger offe­ne Stellen. Konkret wer­den an ober­ster Stelle unter ande­rem Anwendungsprogrammierer, Datenbankentwickler, Web- und Multimediaentwickler sowie Softwareentwickler genannt. In die­sen Berufen, denen eine hohe „KI-Betroffenheit“ zuge­schrie­ben wird, stieg die Zahl der Stellensuchenden von Ende 2022 an um durch­schnitt­lich 27 Prozent stär­ker als in Berufen mit nied­ri­ger KI-Betroffenheit…

Die Forscher räu­men zugleich ein, dass neben KI auch ande­re Faktoren zum Anstieg der Arbeitslosigkeit in einem Berufsfeld bei­tra­gen kön­nen. Doch im Fall der Softwareentwickler hal­ten sie den Zusammenhang für rela­tiv ein­deu­tig, da der Beruf in der Schweiz zuvor jahr­zehn­te­lang von gerin­ger Arbeitslosigkeit geprägt war und mit der Einführung von KI-Modellen die Arbeitslosigkeit rasch anstieg. Vor allem jün­ge­re Arbeitskräfte sei­en davon betroffen.

KI kann umge­kehrt jedoch auch neue Stellen schaf­fen. Die Vision von Microsoft ist es, dass dank KI eine Milliarde Menschen zu Softwareentwicklern wer­den und neue Produkte ent­ste­hen, weil die Barrieren dafür nied­ri­ger wer­den. Doch die Neueinstellungen von Softwareentwicklern und ‑inge­nieu­ren, die Unternehmen bei der Einführung von KI unter­stüt­zen, rei­chen bis­lang nicht aus, um den Rückgang der Nachfrage in die­sem Bereich aus­zu­glei­chen, heißt es in der Studie…

Doch auch in Berufen, die durch KI pro­duk­ti­ver wer­den könn­ten, sei seit Herbst 2022 ein Anstieg der Arbeitslosigkeit zu beob­ach­ten, heißt es in der Studie. Daraus zie­hen die Autoren das Fazit: Die Vorteile, die KI in man­chen Bereichen brin­ge, sei­en noch nicht groß genug, um die Nachteile aus­zu­glei­chen, wenn KI mensch­li­che Arbeitskraft erset­ze…«

Anders als die Gaga-Vision von Microsoft, daß "eine Milliarde Menschen zu Softwareentwicklern wer­den", ist der "Energiebedarf, für den gan­ze 26 Atomkraftwerke nötig wären", allein für Open AI, real. Wie auch dies:

Womit sich die Frage, wes­sen Interessen KI bedient, erle­digt haben dürfte. 

2 Antworten auf „Hype-hype-hurra!“

  1. Lösen Sie sich doch end­lich mal von der irri­gen Annahme daß Kapitalismus und Profitgier betriebs­wirt­schaft­li­chen Grundsätzen folgen.

    Wenn Produkte ver­nich­tet wer­den, sind die Geschäfte längst gelau­fen. Denn nur des­we­gen wird ja produziert.

  2. Massen wer­den durch KI arbeits­los, nutz­los und dumm. Wie drückt man das freund­lich aus? Eine Antwort auf die­se Frage könn­te wohl die Welt ver­bes­sern. Man könn­te den Leuten das Problem näm­lich näher brin­gen, so lan­ge es noch mög­lich wäre.

    Also, ich ver­su­che mal anzu­fan­gen. Kein Unternehmen wird mehr zah­len als es muß, weil es nicht kann, sonst macht es Verluste und geht plei­te. Einfachste Sache der Welt! In die­sem Fall wer­den auch die Verwaltungen etc. Stellen abbauen.

    Also wird "Das System" sich ver­än­dern. Frägt sich bloß wie!?

    (frag­wür­di­ge?) Aussicht:
    Aber Computer wer­deen zukünf­tig Computer kau­fen. "Sie" (die Boesen) arbei­ten dran. 😀 Der "Kurse" wegen. – Reality bites again and again !

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