Gestern wurde hier auf einen Artikel von Jakob Schirrmacher über den CDU-Politiker Gottfried Ludewig hingewiesen. Der Mann, der als Abteilungsleiter im Gesundheitsministerium der Deutschen Telekom höchst lukrative Aufträge zugeschanzt hatte und 2022 zu dieser Firma wechselte, deren "Senior Vicepresident" der 43-Jährige seit März 2025 ist, hat eine spektakuläre Vergangenheit.

2008, damals war Ludewig Chef des pechschwarzen Rings Christlich-Demokratischer Studenten, machte er so von sich reden:

»Berlin – Gottfried Ludewig ist gerade mal 25 Jahre alt – und macht schon mit äußerst gewagten Vorschlägen von sich reden: Der junge Vorsitzende des CDU-nahen Studentenverbands RCDS will die Stimmrechte von Rentnern und Arbeitslosen bei Bundestags- und Landtagswahlen einschränken.
Er habe ein Thesenpapier mit dieser Forderung per E‑Mail an sämtliche Vereinigungen der CDU geschickt, bestätigte Ludewig einen Bericht der "Bild"-Zeitung.
Das Papier trägt den Titel "Drei Thesen zur Stärkung der Leistungsträger". Ludewig fordert darin: "Diejenigen, die den deutschen Wohlfahrtsstaat finanzieren und stützen, müssen in diesem Land wieder mehr Einfluss bekommen. Die Lösung könnte ein doppeltes Wahl- und Stimmrecht sein." Allein mit "Hartz IV-Beziehern und Rentnern" könne der soziale Ausgleich in Deutschland nicht funktionieren.
Ludewig, der auch CDU-Mitglied ist, sagte, er habe mit dem Papier eine Diskussion in Gang setzen wollen, wie Leistungsträger zu stärken seien…«
Wie Karl Lauterbach ist Ludewig mit der Technik bestens vertraut, Absurdes und Provokatives herauszuhauen, um dann, aber nur, wenn es nicht anders geht, etwas zurückzurudern. Am 6.12.2011 erklärte er:
»… "Ich dachte, mit einer Provokation mehr Aufmerksamkeit für ein wichtiges Thema zu bekommen. Das war falsch", sagt Ludewig. "Die Aufmerksamkeit hat einzig die Provokation gefunden. Das hatte ich in der Größenordnung nicht erwartet." Die Größenordnung ging so: "Bild"-Zeitung, Seite eins. Einladung bei "Anne Will". Da kauerte Ludewig dann auf dem Betroffenensofa. Wie auf Kohlen. Nahm fast demütig hin, dass Heiner Geißler aus der Talkrunde herüberknurrte: "Mit 25 Jahren kann man schon mal etwas Unsinniges sagen." Ludewig sagt jetzt: "Ich war naiv. Jung und naiv. Entschuldigt keinen einzigen Punkt daran. Aber es war sicher keine Glanzstunde." Hinterher schrieben seine eigenen Leute vom RCDS einen 37-seitigen Ausschlussantrag gegen ihn zusammen. Schlossen ihn aus dem Verband aus. Ludewig klagte dagegen. Gewann auch. Machte weiter…
Man wüsste gern, was sein Vater ihm damals geraten hat. Johannes Ludewig war in den 90er-Jahren Kohls Beauftragter für die neuen Bundesländer. Er bekam dann einen Job, mit dem sich von jeher auch ein passabler Ruf ruinieren lässt: Chef der Deutschen Bahn. "Wir reden viel miteinander", sagt Gottfried Ludewig lapidar…«
tip-berlin.de web.archive.org (6.12.11)
Am gleichen Tag, an dem Ludewig jung und naiv seine Provokation startete, hatte der AStA der TU Berlin seinem von ihm geführten Vorgänger attestiert: "Verschleuderung von AStA Eigentum, nicht funktionsfähige Organe der Studierendenschaft, Anwaltskosten in Höhe von 100 000€ und eine zweifache Nothaushaltsführung ist die bisherige Bilanz des RCDS-AStA" (astawatch.wordpress.com, 23.5.08).
Auf seiner Webseite informiert Ludewig, nicht sehr aktuell:
»2014 wurde meine Promotion veröffentlicht, seit 2015 arbeite ich als Senior Consultant bei der PricewaterhouseCoopers GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in Berlin.«
gottfried-ludewig.de (Abruf 8.7.25)
Als gesundheitspolitischer Sprecher der CDU im Berliner Abgeordnetenhaus machte er 2017 diese Ansage:

Der letzte Eintrag auf seine Webseite unter "Aktuelles" ist dieser:

Am 31.5.20 (youtube.com) bereitete er schon mal seinen Umzug zum künftigen Arbeitgeber in einem "Podcast der Bundesregierung" vor:
Neben vielen weiteren Beiträgen zur CWA auf corodok sind diese lesenswert:

https://x.com/CDU/status/1942217383839432739
#Politikwechsel bedeutet für Carsten #Linnemann auch, dass die Menschen wieder lernen, dem Staat und den Politikerinnen und Politikern zu vertrauen.
"Die Menschen" sind gegenüber einem korrupten Regime in der Bringschuld. Meint er.
„Wir müssen die strukturellen Reformen angehen, die in den letzten Jahren vernachlässigt wurden“, so Linnemann.
Die "letzten Jahre" haben uns eines gezeigt: Es geht um den Ausbau eines korrupten und totalitären Regime.
Nur so könne unser Land wieder Fahrt aufnehmen und die Wirtschaft wieder in Schwung kommen.
Gemeint sind weitere Enteignungen.
@Peter Pan:
Man sollte noch dazu erwähnen daß diese Leute uns (!) zu "Nazis" erklären möchten.
Immer wieder interessant zu beobachten wer alles dieses Ablenkungsmanöver annimmt.
Aber erfahrungsgemäß werden sie wieder, bei den jüngere Genarationen leute überzeugen können.
Was unsere Politiker unter "Corona-Aufarbeitung" verstehen, dürfte sich mittlerweile herumgesprochen haben, und sie haben die uneingeschränkte Medienhoheit, inklusive den hilfreichen Beweiskritikern, hie und da! Beweis dafür daß sie angeblich andere meinungen achso tolerierten. Wer's glaubt …
Zumindest wird das Widerstand-leisten, auf absehbar-lange Zeit eines bestimmt nicht werden – nämlich langweilig!
@Peter Pan:
Was dahinter steckt ist, daß der Staat in zunehmenden Maße Gesellschafter in Privatunternehmen wird. Da sagt Linnemann nix Neues, denn das ist im modernen Kapitalismus eine stinknormale Entwicklung.
@ Erfurter…: Interessant. Nur, woher nehmen Sie das? Ja, VW, aber das hat spezifische historische Gründe. Sonst sind mir ganz überwiegend die Fälle bekannt, in denen der Staat kurzfristig in Krisen-Unternehmen reinbuttert, um sich wieder zurückzuziehen, wenn Gewinne anfallen. Stinknormal ist dagegen, daß der Staat immer offener in die Hände von Wirtschafts-Lobbyisten fällt, die von ihm sogar eingeladen werden, Gesetze zu formulieren. Oder Masken zu beschaffen. "Privat vor Staat" ist nach wie vor die herrschende Ideologie. Dahin gehen auch die Aussagen Linnemanns, nicht etwa in die Richtung, daß "der Staat Gesellschafter in Privatunternehmen wird".
@aa, daß der Staat Gesellschafter in Privatunternehmen wird bzw. ist, darf niemals offen sichtbar werden. Dafür tut der Staat alles, um diesen Zusammenhang zu verschleiern. Denn dieser Zusammenhang heißt ja nichts anderes als daß Staatskapital mit privatem Industrie- und Bankkapital innig verschmolzen ist.
Überlegen Sie doch mal selbst: Kann sich ein heutiger Staat samt seiner Organe (Parlament, Justiz, Gerichte, Ämter, Polizei, Ministerien, Medien usw.) allein nur mit Steuern finanzieren? Das war vielleicht in der Antike so, bis sich das aufstrebende Bürgertum seiner klerikalen Fesseln entledigte und sich schrittweise zur herrschenden Klasse entwickelte. Und mit genau dieser Entwicklung einhergehend verschmilzt auch das bürgerliche Kapital zunehmend mit Staatskapital damit der Staat als das Machtinstrument der herrschenden Klasse seiner Aufgabe, die Macht ebendieser Klasse zu erhalten, überhaupt gerecht werden kann.
Das haben wir alles mal im Geschichtsunterricht gehabt, in den Polytechnischen Oberschulen und Erweiterten Oberschulen der DDR.
Geschichte wiederholt sich: Das 3‑Klassen-Wahlrecht von 1849. Da gab es zwar noch keine Rentner im heutigen Sinne aber das Prinzip ist dasselbe: Je nach Klassenherkunft des Wählers hat die Stimme ein Wichtung. Das Wahlrecht von 1849 diente der Machterhaltung des Preußischen Junker-Staates und hatte Bestand bis 1918.
Seit mein Luder weg ist geht's mir Besser UND Schlechter – Beides! Man muß abwägen. Ich sagte mir, man kann nicht Alles haben. Nu'ses weg! 😀 (Aua!)
Ludewig ist ein neoliberaler Streber, der es versteht, Netzwerke zu persönlichen Zwecken zu stricken. Nicht mehr, nicht weniger. Dies ist das Rezept, um Karriere zu machen und gut zu verdienen. Er gehört der Generation an, die den in den neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts aufblühenden Neoliberalismus verinnerlicht hat. Man kann bei Kenntnis der familiären Einflüsse mit dem Ex-Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bahn AG als Vater während der sukzessiven "Privatisierung" als Kapitalgesellschaft durchaus davon ausgehen, dass der Vater eine gute Vorbildfunktion hatte.
O'Mikron:
> Der Neoliberalismus ist eine politische und ökonomische Ideologie, die eine freie Marktwirtschaft befürwortet und eine begrenzte Rolle des Staates in wirtschaftlichen und sozialen Angelegenheiten betont.
Genau deswegen drängen sich immer wieder mal Politiker u.a. Schalatane in den Vordergrund um diese Behauptung zu untermauern. Also daß es eine Verbindung zwischen Staat und Privaten Interessen höchstens über einzelne Personen gibt und eine Ausnahme darstellt.