Ausführlich informiert abgeordnetenwatch.de über Personalien des Kabinetts des Kapitals. Die Wirtschaftslobby sitzt inzwischen direkt auf Ministersesseln und denen von Staatssekretären:

»… Viele Regierungsmitglieder sind seit Jahren eng mit wirtschaftlichen Akteuren verflochten. Manche wurden bis zuletzt dafür bezahlt, für Anliegen eines Unternehmens bei der Bundesregierung zu lobbyieren – nun bekleiden sie selbst ein Regierungsamt. Andere setzten sich als Abgeordnete gezielt für Konzerne ein, verschafften ihnen direkten Zugang zur Regierung oder machten sich für Staatsaufträge stark.
Kurzer Draht zum Kanzler – der Finanzkonzern muss dafür nur seinen Ex-Aufsichtsratschef anrufen
So verfügen einige Unternehmen und Verbände nun über einen besonders kurzen Draht zur Regierungsspitze. Der weltgrößte Vermögensverwalter Blackrock braucht nur seinen langjährigen Aufsichtsratschef anrufen – und landet direkt bei Bundeskanzler Merz. Die neue Wirtschaftsministerin Katherina Reiche? Noch am Morgen ihrer Amtsübernahme ist sie als Interessenvertreterin eines Energiekonzerns registriert (der Eintrag wird zur Mittagszeit entfernt). Digitalminister Karsten Wildberger? Steht ebenfalls noch im Lobbyregister – als Top-Manager eines Elektronikriesen und Vizepräsident eines Lobbyverbandes. Nahtloser kann der Übergang vom Lobbyjob in ein Ministeramt nicht sein…«
Da wären:
»Blackrock-Lobbyist a.D.:
Friedrich Merz (CDU) – Bundeskanzler
Als die Bundestagsabgeordneten im Jahr 2005 erstmals ihre Nebeneinkünfte offenlegen mussten, zog Friedrich Merz vor das Bundesverfassungsgericht – und verlor. Wie sich später zeigte, hatten wenige Abgeordnete so viele bezahlte Unternehmensposten wie Merz: Bei der Commerzbank, dem Versicherungskonzern Axa, der Deutschen Börse, dem Immobilienkonzern IVG und vielen weiteren Unternehmen.
2005 gründete Merz den Förderverein der unternehmernahen Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM). Der von der Metall- und Elektrolobby finanzierte Verband gilt als eine der einflussreichsten Interessengruppen Deutschlands.
Seine Jahre außerhalb des Bundestags (2009–2021) war Merz unter anderem als Aufsichtsratsvorsitzender und Lobbyist für den Vermögensverwalter Blackrock tätig. Das US-Finanzunternehmen hält bei nahezu jedem DAX-Konzern Anteile, bei manchen als größter Einzelaktionär…
Die Drehtür-Ministerin:
Katherina Reiche (CDU) – Ministerin für Wirtschaft und Energie
Reiche ist ein Paradebeispiel für den Drehtüreffekt, also den Wechsel zwischen Politik und Wirtschaft. Die langjährige CDU-Bundestagsabgeordnete und Parlamentarische Staatssekretärin startete nach ihrem Ausscheiden aus dem Bundestag im Jahr 2015 zunächst eine Karriere als Interessenvertreterin: Zunächst als Hauptgeschäftsführerin beim Verband kommunaler Unternehmen (VKU), zuletzt war sie Vorstandsvorsitzende der Eon-Tochter Westenergie AG. Nun kehrt Reiche erneut in die Politik zurück…
Im April 2025 wurde bekannt, dass Reiche und der frühere Verteidigungs- und Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) ein Paar sind. Guttenberg hatte nach seinem Rücktritt infolge einer Plagiatsaffäre die Lobby- und Beratungsfirma Spitzberg Partners gegründet, die unter anderem im Auftrag des inzwischen insolventen Unternehmens Wirecard bei der Bundesregierung lobbyierte. In Guttenbergs Linkedin-Profil sind neben dem Chefposten bei Spitzberg (“Chairman”) zahlreiche weitere Unternehmensposten aufgeführt, unter anderem als Aufsichtsratsmitglied bei der internationalen Kommunikationsagentur Edelman und dem US-Finanzdienstleister Clocktower Group.
Vom Digitallobbyisten zum Digitalminister:
Karsten Wildberger (parteilos) – Minister für Digitalisierung und Staatsmodernisierung
… 2021 hatte Wildberger Merz im Amt als Vizepräsident beim Wirtschaftsrat beerbt. Anders als der Name vermuten lässt, ist der Wirtschaftsrat kein Parteigremium, sondern ein unabhängiger Lobbyverein mit direktem Draht zur CDU-Spitze: Über einen festen Sitz bei den Sitzungen des Parteivorstands kann er seine Anliegen parteiintern platzieren. Zu den Mitgliedern zählen laut Lobbyregister unter anderem Google, Huawei und Facebook Deutschland…
Doch mögliche Interessenkonflikte reichen über sein Engagement im Wirtschaftsrat hinaus. Bis zu seiner Berufung ins Kabinett war Wildberger Vorstandschef von Ceconomy – dem Mutterkonzern von Media Markt und Saturn – sowie Geschäftsführer der MediaMarktSaturn Retail Group.
MediaMarktSaturn mischte in der Vergangenheit selbst aktiv in Digitaldebatten mit. Noch im September 2024 übermittelte der Konzern ein vierseitiges Forderungspapier an die Bundesregierung. Die Handelskette, für die Wildberger damals als Lobbyist agierte, beklagte unter anderem einen „unlauteren Wettbewerb von Händlern und Marktplätzen aus Drittländern“, zum Beispiel durch “asiatische Online-Plattformen”. Für genau solche Anliegen von MediaMarktSaturn dürfte künftig der Ex-Chef zuständig sein – als Minister…
Eng mit der Digitalwirtschaft:
Thomas Jarzombek (CDU) – Parlamentarischer Staatssekretär im Ministerium für Digitalisierung und Staatsmodernisierung
Kaum jemand in der CDU ist so eng mit der Digitalwirtschaft verbunden wie der langjährige forschungspolitische Sprecher der Unionsfraktion.
Jarzombek sitzt unter anderem im Rat des Think Tanks Agora Digital. Die vom bisherigen Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) geförderte Organisation forderte im Zuge der Koalitionsverhandlungen ein “schlankes” Digitalministerium – und bekam ein um “Staatsmodernisierung” aufgewertetes Digitalministerium mit Jarzombek als Parlamentarischen Staatssekretär…
Eine zentrale Rolle spielte Jarzombek bei der Gründung des Bundesverband Künstliche Intelligenz – zumindest indirekt. Verbandspräsident Jörg Bienert berichtete, Jarzombek habe ihm geraten, einen eigenen Verband zu gründen, wenn er Anliegen an die Politik herantragen wolle: „Das war gewissermaßen der Trigger für die Gründung des KI-Verbands.“
Games-Förderin mit Amigo-Vergangenheit:
Dorothee Bär (CSU) – Ministerin für Forschung, Technologie und Raumfahrt
Die CSU-Politikerin geriet mehrfach wegen möglicher Interessenkonflikte und Vorwürfen der Vetternwirtschaft in die Schlagzeilen. Von 2007 bis 2009 beschäftigte Bär einen Mitarbeiter der Münchner Lobbyagentur Concilius in ihrem Bundestagsbüro. Später erklärte sie, sich nicht mehr „zweifelsfrei“ erinnern zu können, ob dieser seine Tätigkeit für die Agentur ihr gegenüber offengelegt habe…
Im Jahr 2016 gab Bär als Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesverkehrsministerium eine indirekte Kaufempfehlung für einen Geländewagen der VW-Tochter Skoda. Für die „Bild am Sonntag“ testete sie das Auto und lobte es mit den Worten, das Preis-Leistungs-Verhältnis sei „der Hammer“.
Als Bundesministerin wird Bär künftig unter anderem für Raumfahrt zuständig sein. Die bayerische Raumfahrtindustrie dürfte große Hoffnungen in die CSU-Politikerin setzen. Bayern verfolgt mit „Bavaria One“ ein eigenes Raumfahrtförderprogramm, zuletzt gelang dem von der Landesregierung geförderten Unternehmen Isar Aerospace ein Raketenstart in Norwegen. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat angekündigt, Milliarden aus dem Sondervermögen des Bundes in die Raumfahrt stecken zu wollen.
Auf Wohlwollen stieß Bärs Ernennung in der Videospielwirtschaft. Der Branchenverband Game freute sich, dass nun eine Politikerin das Ministerium übernehme, die sich in der Vergangenheit “mit großem Engagement” für die Branche eingesetzt habe…
Türöffner für US-Startup:
Philipp Amthor (CDU) – Parlamentarischer Staatssekretär im Ministerium für Digitalisierung und Staatsmodernisierung
Kaum war Philipp Amthor in den Bundestag gewählt, machte ihn eine Lobbyaffäre bundesweit bekannt.
2018 vermittelte der CDU-Abgeordnete dem kurz zuvor gegründeten New Yorker Start-up Augustus Intelligence einen Termin im Bundeswirtschaftsministerium. Nachzulesen ist das in einem vertraulichen Brief, den abgeordnetenwatch.de später veröffentlichte…
Im Zuge der Koalitionsverhandlungen 2025 zwischen Union und SPD setzte sich Amthor für eine Abschaffung des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) in seiner „bisherigen Form“ ein…
Im Konflikt mit dem EU-Recht:
Alexander Dobrindt (CSU) – Innenminister
Dobrindt ist einer der wenigen Kabinettsmitglieder mit Ministererfahrung. Von 2013 bis 2017 leitete er das Bundesverkehrsministerium – in der Zeit, als der sogenannte VW-Abgasskandal ans Licht kam.
Damals wurde bekannt, dass Hersteller wie Volkswagen illegale Abschalteinrichtungen in Diesel-Fahrzeuge eingebaut hatten, um Abgaswerte zu manipulieren. Der Skandal war nicht nur ein massiver Vertrauensbruch gegenüber Verbraucher:innen, sondern auch ein klarer Verstoß gegen EU-Recht. Dobrindt schlug später vor, genau jene Richtlinie zu ändern – was den ursprünglichen Rechtsverstoß nachträglich legalisiert hätte…
Als Alexander Dobrindt 2013 unter Angela Merkel Verkehrsminister wurde, machte er sich umgehend an ein zentrales Wahlkampfversprechen der CSU: die sogenannte „Ausländer-Maut“. Deutsche Autofahrer:innen sollten verschont bleiben, zahlen sollten nur Fahrer:innen aus dem Ausland – ein Modell, das gegen EU-Recht verstieß. Das Ergebnis: Das Projekt scheiterte vor dem Europäischen Gerichtshof und kostete den Staat am Ende hunderte Millionen Euro an Schadensersatz.
Als Innenminister wird Dobrindt unter anderem mit dem Thema Migration befasst sein. Der CSU-Politiker hat bereits angekündigt, umgehend eine Weisung für “mehr Grenzkontrollen und mehr Zurückweisungen” zu erteilen und damit eine Wahlkampfforderung seiner Partei umzusetzen. Das Vorhaben könnte erneut in Konflikt mit EU-Recht geraten.
Im Einsatz für die Rüstungslobby:
Florian Hahn (CSU) – Staatsminister im Auswärtigen Amt (Zuständigkeit: Sicherheitspolitik)
Der CSU-Verteidigungspolitiker machte in der Vergangenheit wiederholt wegen seiner Nähe zur Rüstungsindustrie und zu Lobbyorganisationen von sich reden.
Als Mitglied des Verteidigungsausschusses setzte sich Hahn 2016 für Rüstungsprojekte ein, von denen die Industrieanlagen-Betriebsgesellschaft mbH (IABG) aus seinem Wahlkreis profitierte. Gleichzeitig war er bis 2017 Aufsichtsratsmitglied der IABG und erhielt dafür bis zu 30.000 Euro jährlich. Den Vorwurf eines Interessenkonflikts wies er zurück.
Angesichts seiner langjährigen Verbindungen zur Rüstungs- und Verteidigungsbranche stellt sich auch mit Blick auf sein neues Regierungsamt die Frage nach möglichen Interessenkonflikten. Hahn war in Gremien verschiedener Unternehmen und Organisationen aktiv, darunter beim Drohnenhersteller Quantum-Systems und bei der Deutschen Gesellschaft für Wehrtechnik. Derzeit ist er Vizepräsident der Interessengemeinschaft Deutsche Luftwaffe, einem Verband mit zahlreichen Rüstungskonzernen als Mitgliedern…«
Solche Verflechtungen hat schon Karl Liebknecht angeprangert. Und heute glauben Millionen Deutsche daß Wuchermieten, Migration, Krieg und Frieden, Arbeitslosigkeit, Obdachlosigkeit, Hunger usw. Ergebnisse irgendwelcher Wahlen seien.
Die Verflechtungen über Juristen wären sicherlich mindestens genauso spannend. Vor allem der Austausch von Personen zwischen den Staatsanwaltschaften, Gerichten, Justizministerien, Anwaltskanzleien, Bundestag, Landtagen, Zentralbanken, Institutionen nationaler und internationaler Bedeutung, Medien und Konzernen zeigt, wer die Triebtäter des Regimes sind, was ihre Aufträge sind und noch vieles mehr.
Danke für die übersichtliche Zusammenfassung der Zusammensetzung des Kabinett des Grauens. Ein wahres Panoptikum der neoliberalen, russophoben, migrationsfeindlichen und kriegerischen neoliberalen Ideologie. Hier kann sicherlich noch einiges an weiteren, vergleichbaren Eigenschaften genannt werden. Eine Besetzung mit Personen, die diesen "beruflichen" Hintergrund und die Verbindungen haben und den o.g. Anliegen frönen, war doch schon lange vor der Wahl zu erwarten. Es wird von Regierung zu Regierung extremer.
Am besten beobachtet sich dieses neoliberale Panoptikum aus der Ferne. Vor allem, wenn der Taurus fliegt und Marschflugkörper und Raketen stationiert sind und die Rechnung für die Kriegstauglichkeit beglichen werden muss. Allerdings nicht von Gaza aus, da die deutsche Staatsräson es erfordert, dort Nulldiät bis zum Ableben durch selbige oder deutsche oder US-Rüstungsgüter zu erleiden.
Von deutschem Boden soll Frieden ausgehen. Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. Die Würde des Menschen ist unantastbar.
> Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
Nein. War die BRD noch nie. Der BRD-Staat war schon immer von privaten Interessen, vom Kapital bestimmt.