Zwei Jahre lang hat Joe Chialo den Kahlschlag der Kultur in Berlin mit getragen. Einen landesweiten Tornado der Empörung erntete er, als er Einrichtungen den Geldhahn zudrehen wollte, weil sie nach Meinung des Senats nicht hinreichend israelbegeistert und somit antisemitisch seien. Bis vor wenigen Tagen schien ihm dafür als Dank der Job als Kulturstaatsminister zu winken. Doch Merz hat sich für den noch stromlinienförmigeren Wolfram Weimer entschieden (s. Merz sehr, sehr gut).
zdf.de (2.5.25)
Btw: Das in aller Munde geführte Zitat vom Mohren, der seine Schuldigkeit getan habe, stimmt so nicht. In Schillers 1783 erschienenem Stück "Die Verschwörung des Fiesco zu Genua" heißt es in der durchaus flapsigen Sprache der Protagonisten: "Der Mohr hat seine Arbeit getan, der Mohr kann gehen". Siehe dazu auch faz.net (3.4.12)
Das Stück behandelt Themen, die für die heutige Zeit ihre Relevanz haben, nämlich politische Verschwörungen, bei denen es vordergründig um Tyrannei oder Republik (heute hieße das "unsere demokratischen Werte") geht, in Wirklichkeit aber um die persönlichen Interessen der einzelnen Figuren:
»Im Stück finden gleich drei Verschwörungen statt: Der tyrannische Sohn des greisen Dogen Andreas Doria, des Stadtstaates von Genua, trachtet nach der Macht und will sich der Republikaner entledigen; Fiesco möchte als Anführer der Verschwörer die Herrschaft der Dorias beenden und die Republik begründen; und Verrina plant den Sturz Fiescos für den Fall, dass dieser die Republik verrät.«
friedrich-schiller-archiv.de
Die Hauptpersonen sind:
»Andreas Doria, Doge von Genua, Ehrwürdiger Greis von achtzig Jahren, Spuren von Feuer. Ein Hauptzug: Gewicht und strenge befehlende Kürze
Gianettino Doria, Neffe des Vorigen. Prätendent, Mann von sechsundzwanzig Jahren. Rauh und anstößig in Sprache, Gang und Manieren. Bäurisch- stolz. Die Bildung zerrissen
Beide Doria tragen Scharlach.
Fiesco, Graf von Lavagna. Haupt der Verschwörung
Junger, schlanker, blühend-schöner Mann von dreiundzwanzig Jahren – stolz mit Anstand – freundlich mit Majestät – höfisch-geschmeidig und ebenso tückisch
Alle Nobili gehen schwarz. Die Tracht ist durchaus altteutsch
Verrina, verschworner Republikaner, Mann von sechzig Jahren. Schwer, ernst und düster. Tiefe Züge«
Der Mohr Muley Hassan ist dabei kein Messermörder, als den ihn vermutlich Frau Weidel und Frau Faeser bezeichnen würden, sondern ein den Nobili durchaus ebenbürtiger verschlagener Gauner, der wie sie über Leichen geht. Seine Beschreibung, wenn sie nach heutigen Maßstäben auch leicht befremdlich klingt, war für Schiller kaum ein Vehikel, rassistische Vorurteile zu bestärken:
»Muley Hassan, Mohr von Tunis, Ein konfiszierter Mohrenkopf. Die Physiognomie eine originelle Mischung von Spitzbüberei und Laune«
friedrich-schiller-archiv.de