"Virologische Taliban in den Talkshows"

Sage kei­ner, Linke sei­en nicht lern­fä­hig. Fünf Jahre nach der Erfindung der Corona-Pandemie ist in der DKP-Zeitung "Unsere Zeit" unter dem Titel "Chronik einer Farce" zu lesen, daß nicht alles bei den Maßnahmen ganz in Ordnung war. Der ehe­ma­li­ge gesund­heits­po­li­ti­sche Sprecher der Linken im Berliner Abgeordnetenhaus, Wolfgang Albers, weist am Beispiel der mil­lio­nen­schwe­ren "Notfall-Klinik", die nie PatientInnen gese­hen hat, Facetten des Irrsinns nach. Albers stand dem Projekt von Anfang an kri­tisch gegen­über, wur­de aber nicht ernst­ge­nom­men. Anders als coro​dok​.de, wo mehr­fach über den Skandal berich­tet wur­de, inter­es­sier­te das in sei­ner Partei offen­bar nie­man­den. Nun ist aus sei­ner Feder zu lesen:

»Die Corona-Pandemie schlug manch selt­sa­me Blüte. Natürlich gab es im Zusammenhang mit die­ser neu­en Krankheit nichts zu ver­harm­lo­sen, aber es galt auch, nichts zu dämo­ni­sie­ren. Vieles hielt schon damals einer objek­ti­ven Überprüfung nicht stand, doch viro­lo­gi­sche Taliban saßen in den Talkshows und arbei­te­ten sich all­abend­lich an „Corona-Leugnern“, „Covidioten“ oder noto­ri­schen „Impfverweigerern“ ab. Wer kri­ti­sche Fragen stell­te, stell­te schnell Corona in Frage und sah sich – als „Querdenker“ kata­lo­gi­siert – aus der Debatte ausgegrenzt.

Den öffent­li­chen Diskurs beherrsch­ten strom­li­ni­en­för­mi­ge Lemminge. Die Linke im Land blieb weit­ge­hend stumm. Das Virus ver­füg­te offen­bar nicht nur über ein erheb­li­ches kli­ni­sches Infektionspotential, es war ganz offen­sicht­lich auch in der Lage, die Grundlagen unse­rer auf­ge­klär­ten Zivilgesellschaft zu ero­die­ren. Allerdings weni­ger durch sei­ne fak­ti­sche Pathogenität als viel­mehr durch die poli­tisch-gesell­schaft­li­chen Reaktionen, die es aus­lö­ste. Deshalb ist der Umgang mit der Pandemie nicht nur wis­sen­schaft­lich und medi­zi­nisch, son­dern unbe­dingt auch poli­tisch auf­zu­ar­bei­ten. Die ehe­mals Verantwortlichen zei­gen bis­her wenig Bereitschaft, ihr poli­ti­sches Handeln kri­tisch zu hin­ter­fra­gen. Ein lapi­da­res „Wir wer­den ein­an­der viel ver­zei­hen müs­sen“ ersetzt die Aufarbeitung eben­so wenig wie das ste­te Mantra „Wir haben alles rich­tig gemacht, sonst wäre alles noch schlim­mer gekom­men“. Es gilt Unverantwortliches auf­zu­zei­gen und die Verantwortlichen zu benennen.

Berliner Posse

Am 17. März 2020 beschloss der Berliner Senat, in den Messe-Hallen 25 und 26 auf dem Messegelände der Stadt an der Jafféstraße ein „Corona-Behandlungszentrum“ (CBZJ) mit bis zu 1.000 Betten als „Überlaufklinik“ auf­zu­bau­en. Dafür wur­den kurz­fri­stig zunächst 45 Millionen Euro aus dem Landeshaushalt zur Verfügung gestellt.

Eine Woche zuvor, am 10. März, hat­te der Senat erst­mals drei Vertreter der Berliner Charité in eine Senatssitzung gebe­ten, um mit ihnen über die Corona-Lage in der Stadt zu spre­chen. Vertreter des lan­des­ei­ge­nen Klinikkonzerns Vivantes, der acht Krankenhäuser mit rund 6.000 Betten in der Stadt betreibt, waren zu die­ser Sitzung nicht geladen…

Corona-Lage

Am Tag der Senatsentscheidung zähl­te das Robert-Koch-Institut in sei­nem Corona-Lagebericht welt­weit außer­halb Chinas 100.375 labor­be­stä­tig­te „Covid-19-Fälle“. Für Deutschland wur­de die Zahl der bestä­tig­ten Fälle aus allen 16 Bundesländern mit ins­ge­samt 7.156 angegeben.

Tatsächlich han­del­te es sich dabei aber nicht um kli­nisch-sym­pto­ma­ti­sche „Krankheitsfälle“, wie die Wortwahl sug­ge­riert, son­dern um die Zahl der durch­ge­führ­ten Tests mit einem posi­ti­ven Corona-Nachweis, völ­lig unab­hän­gig davon, ob bei der betref­fen­den Person kli­ni­sche Symptome vor­la­gen oder nicht.

In der Millionenstadt Berlin gab es zu die­sem Zeitpunkt 383 regi­strier­te „Corona-Fälle“. In den Berliner Krankenhäusern lagen 21 Patienten, die einen posi­ti­ven Corona-Nachweis hat­ten. Allerdings ist nicht bekannt, ob ihr Corona-Befund auch der Grund für ihre sta­tio­nä­re Aufnahme war. Der Senat kann dazu kei­ne Angaben machen. Er ist bis heu­te nicht in der Lage, die Zahl der tat­säch­lich kli­nisch-sym­pto­ma­ti­schen Covid-19-Patienten in den Berliner Krankenhäusern zu nennen.

Der Berliner Krankenhausplan 2020 weist für die Stadt offi­zi­ell 22.523 Krankenhausbetten aus. Damit waren am 17. März 0,093 Prozent die­ser Betten mit „Corona-Patienten“ belegt. An kei­nem ein­zi­gen Tag im Zeitraum bis zur Fertigstellung der Behelfsklinik auf dem Messegelände Mitte Mai lag die Auslastung der Berliner Krankenhausbetten mit Corona-Patienten über 2,5 Prozent…

Überlaufklinik

Bundeswehr und Technisches Hilfswerk prob­ten den Ernstfall und stampf­ten das Corona-Behandlungszentrum unter der ent­spre­chen­den alar­mi­sti­schen Begleitung durch die Berliner Medien in kür­ze­ster Zeit aus dem Boden.

Am 31. März hat­te die Herrichtung der Hallen begon­nen, am 30. April war sie fer­tig­ge­stellt. Auf einer Gesamtfläche von 10.901 Quadratmetern waren für das Provisorium drei Kilometer Traversen, acht Kilometer Kupferrohre für Sauerstoffleitungen, 80 Kilometer Elektroleitungen sowie 15 Kilometer Netzwerkkabel ver­legt wor­den. Obwohl die Halle aus­drück­lich nur zur Übernahme nicht inten­siv- oder beatmungs­pflich­ti­ger Patienten die­nen soll­te, waren auch 118 Beatmungsgeräte bei der Firma Draeger geor­dert wor­den. Auch ein Computertomographie-Gerät wur­de angeschafft…

Die Eröffnung ihres Kalayci-Memorial-Projekts fei­er­te die Senatorin am 11. Mai mit gro­ßem Staat im Beisein vom mehr als 100 Reportern, Fotografen, Kameraleuten, Abgeordneten und gela­de­nen Gästen nebst einem General der Bundeswehr. In den Berliner Krankenhäusern beleg­ten an die­sem Tag 412 Corona-Patienten 1,82 Prozent der Betten…

Konzept ohne Personal

Bereits unmit­tel­bar nach der Entscheidung des Senats, eine „Überlaufklinik“ zu errich­ten, war die ver­ant­wort­li­che Senatorin befragt wor­den, mit wel­chem Personal sie denn ein sol­ches Behandlungszentrum betrei­ben wol­le. Kalayci ver­si­cher­te stets, es wer­de kei­nes­falls Pflegepersonal aus dem lau­fen­dem Klinikbetrieb herangezogen…

Millionen für Attrappe

Auch der wei­te­re Verlauf der Pandemie lie­fer­te dem Senat kei­ne sach­li­che Begründung für sei­ne „Überlaufklinik“. Im Gegenteil: Berlins Krankenhäuser stan­den mit­ten in der Pandemie halb leer. Am Tag mit der höch­sten Auslastung der Berliner Krankenhäuser durch Corona-Patienten, das war der 29. Dezember 2020, befan­den sich 1.773 Patienten mit einem posi­ti­ven Corona-Nachweis in sta­tio­nä­rer Behandlung und beleg­ten 7,53 Prozent der laut Krankenhausplan vor­han­de­nen Betten.

In sei­nem tum­ben Übereifer, mit dem offen­bar das „akti­ve Krisenhandeln des Staates“ im Sinne des bekannt­ge­wor­de­nen Strategiepapiers des Bundesinnenministeriums demon­striert wer­den soll­te, wur­den hier Millionen Euro aus dem Fenster gewor­fen. Und nie­mand pro­te­stier­te. Nahezu ohne jede kri­ti­sche Debatte wur­den die Gelder im Berliner Abgeordnetenhaus durchgewunken.

Plötzlich war das Geld da, das den Berliner Krankenhäusern seit Jahren vor­ent­hal­ten wur­de. Deren Geschäftsführungen dürf­ten vor Wut geschäumt haben. Auf 2,1 Milliarden Euro bezif­fer­te die Berliner Krankenhausgesellschaft den auf­ge­lau­fe­nen Fehlbedarf ihrer Häuser im Jahre 2019. Für die Klinik-Attrappe aber war jedes Geld vorhanden.

Hatten sich bei der Einweihung noch alle stolz foto­gra­fie­ren las­sen, beim pein­li­chen Abbau war kei­ner dabei. Konsequenzen wur­den aus der mehr als 90 Millionen Euro teu­ren Narretei kei­ne gezo­gen. Den Berliner Kliniken feh­len nach wie vor die not­wen­di­gen Gelder, sich durch ein­fa­che Maßnahmen wie den Einbau von Schleusen und Trennwänden in den Zimmern dau­er­haft pan­de­mie­fest zu machen. Auf die Anfrage, war­um im näch­sten Landeshaushalt kei­ne ent­spre­chen­den Mittel ein­ge­stellt sind, ver­wei­gert der Berliner Senat die Auskunft.«

6 Antworten auf „"Virologische Taliban in den Talkshows"“

  1. >> gab es im Zusammenhang mit die­ser neu­en Krankheit nichts zu verharmlosen

    Und damit hat auch die Linke Allem zuge­stimmt. Private Interessen hat die­se komi­sche Linke nie in Frage gestellt.

  2. Angebot nur für intel­lek­tu­el­le Geizhälse,
    die "neben­wir­kungs­freie" ePA kommt:

    "CDU-Chef Friedrich Merz hat mehr finan­zi­el­le Anreize für die Nutzung der elek­tro­ni­schen Patien­tenakte (ePA) gefordert.

    „Ich fän­de es klug, wenn wir den Menschen einen öko­no­mi­schen Anreiz geben, das Gesundheitssystem effi­zi­en­ter zu nut­zen“, sag­te der Unionskanzlerkandidat dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

    „Also zum Beispiel könn­ten Versicherte ent­schei­den, ob sie bei der Nutzung der end­lich ein­ge­führ­ten elektroni­schen Patientenakte Datenschutzbedenken zurück­zu­stel­len und die Möglichkeiten der E‑Patien­tenakte voll umfäng­lich nut­zen“, so Merz weiter."

    https://​www​.aerz​te​blatt​.de/​n​a​c​h​r​i​c​h​t​e​n​/​1​5​7​3​2​0​/​M​e​r​z​-​w​i​l​l​-​N​u​t​z​u​n​g​-​d​e​r​-​e​l​e​k​t​r​o​n​i​s​c​h​e​n​-​P​a​t​i​e​n​t​e​n​a​k​t​e​-​b​e​l​o​h​nen

    Wie dumm kann man sein?

    Wie sehen das ITler?

    https://​www​.hei​se​.de/​f​o​r​u​m​/​h​e​i​s​e​-​o​n​l​i​n​e​/​K​o​m​m​e​n​t​a​r​e​/​M​e​r​z​-​W​e​r​-​D​a​t​e​n​-​b​e​r​e​i​t​s​t​e​l​l​t​-​z​a​h​l​t​-​1​0​-​P​r​o​z​e​n​t​-​w​e​n​i​g​e​r​-​K​r​a​n​k​e​n​k​a​s​s​e​n​b​e​i​t​r​a​e​g​e​/​f​o​r​u​m​-​5​5​5​5​3​3​/​c​o​m​m​e​nt/

  3. "…Natürlich gab es im Zusammenhang mit die­ser neu­en Krankheit nichts zu ver­harm­lo­sen, aber es galt auch, nichts zu dämonisieren.…"

    Aha… und schon ist wie­der vor­bei mit dem "Versuch" einer "auf­rich­ti­gen" Aufarbeitung. Also lei­der noch immer nichts wirk­lich dazu gelernt.

    "Die Linke im Land blieb weit­ge­hend stumm. "

    Nicht so ganz, denn ich habe noch immer das "WIR IMPFEN EUCH ALLE" in den Ohren, als wäre es erst gestern gewesen.

    "In sei­nem tum­ben Übereifer, mit dem offen­bar das „akti­ve Krisenhandeln des Staates“ im Sinne des bekannt­ge­wor­de­nen Strategiepapiers des Bundesinnenministeriums demon­striert wer­den soll­te, wur­den hier Millionen Euro aus dem Fenster geworfen"

    Die Weigerung des Verfassers, sich mit der Motivlage des vor­sätz­li­chen Handelns aus­ein­an­der­zu­set­zen, lässt jeg­li­chen, viel­leicht sogar ernst­ge­mein­ten Wunsch nach einem Erkenntnisgewinn prompt zu Staub zerfallen.

    Insgesamt betrach­tet ver­liert sich der Autor in Belanglosigkeiten oder irrt auf künst­lich gene­rier­ten Nebenkriegsschauplätzen umher, ohne auch nur ansatz­wei­se die Dimension der bereits offen­bar­ten Zusammenhänge zu erfas­sen oder die­se gar benen­nen zu wollen.

  4. Eine ähn­li­che Geldverschleuderung fin­det zur Zeit im Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark statt, wo für geschät­ze 300 Millionen Euro das gro­ße Stadion abge­ris­sen, neu gebaut, und ein "Inklusions-Sportpark" erri­chet wer­den soll.

    Meine spon­ta­ne Vermutung: Da wol­len sich ein paar Leute in der Politik eines wei­te­ren, unge­lieb­ten Stücks DDR-Architektur ent­le­di­gen, und ihren Amigos in der Baubranche lukra­ti­ve Aufträge ver­schaf­fen. Zwei Fliegen mit einer Klappe.

    Gleichzeitig muss in Berlin mal wie­der an allen Ecken gespart wer­den, bis es quietsch. So zer­stört man die Legitimation eines poli­ti­schen Systems.

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