Die ursprüngliche Überschrift "Bioterror? Das ergibt keinen Sinn!" erschien der "Süddeutschen Zeitung" dann wohl doch zu heikel. Stephan Becker hat gute Gründe, den Vorfall herunterzuspielen.

Christina Berndt plaudert mit dem Chef des Hochsicherheitslabors der Universität Marburg, "wo mit den allergefährlichsten Erregern gearbeitet wird":
Haben Sie sie noch alle?
»… Auch Becker staunte nicht schlecht, als er von den verschwundenen Viren aus Australien las.
SZ: Wie Ihre Kollegen in Australien arbeiten auch Sie in einem Hochsicherheitslabor mit furchtbar gefährlichen Viren. Sind Ihre Viren alle noch da?
Stephan Becker: Oh ja, da bin ich mir sicher. Wir führen akribisch Buch über unsere Viren. Das Labor verlassen sie nur, wenn sie zuvor im Autoklav unschädlich gemacht wurden, also in einer Art professionellem Schnellkochtopf, bei hohem Druck und hoher Temperatur. Und wenn wir mal eine nicht unschädlich gemachte Probe an ein anderes Labor verschicken, das damit forschen will, wird alles sehr genau überprüft: Zwei Mitarbeitende müssen den Versand überwachen, die Viren werden mit einem speziellen Kurier auf den Weg gebracht. Bei uns ist es definitiv noch nie passiert, dass Viren einfach verschwunden sind.«
Gut, daß der Transport hochgefährlicher Viren inzwischen anders verläuft als 2003. Wir erinnern uns: Auf dem Rückweg von der samstäglichen Verteidigung seiner Doktorarbeit in Frankfurt (lassen wir das mal so stehen) stecken Kollegen Christian Drosten Virenmaterial eines SARS-infizierten Menschen zu. In seinem Auto kutschiert er "die unheimliche Fracht" nach Hamburg. 2020 schilderte er den Vorgang so:
»Ich musste sowieso nach Frankfurt, um meine Doktorarbeit zu verteidigen. (…) Und dann habe ich einfach ein Fläschchen mit Vero-Zellen mit zurückgenommen, in meinem Auto. (Lacht.) Dafür kann ich jetzt nicht mehr verhaftet werden. Es ist zu lange her. (Lacht erneut.)«
Mehr zu den Hintergründen hier.
Zurück zur "SZ". Weil also, offenbar anders als bei den Kollegen in Australien, hierzulande akribisch Buch geführt wird, kann bei uns nichts passieren. In Down Under war man wohl ein wenig schlampig, erzählt Becker:
»Offenbar war ein Gefrierschrank, in dem die Viren lagerten, zuvor kaputtgegangen. Das hört sich für mich danach an, dass die tiefgefrorenen Proben dadurch aufgetaut sind und im Anschluss vernichtet wurden. Mit aufgetauten Proben kann man nichts mehr anfangen, die Viren sind zerstört. Wahrscheinlich hat nur jemand vergessen, die Proben aus den Listen auszutragen. Deshalb fehlen sie jetzt…
Nehmen wir mal an, Ihre These von der versäumten Viren-Buchhaltung stimmte nicht. Könnte auch jemand solche Proben mit nach Hause genommen haben?
Dass jemand von außen das macht, ist höchst unwahrscheinlich. Aber ein Mitarbeiter könnte das theoretisch schon tun – auch wenn es bei uns sehr viele Regeln und Sicherheitsvorkehrungen gibt…
Wäre es nicht auch möglich, dass ein Mitarbeiter ganz kühl einen Biowaffenanschlag plant und dafür gefährliche Erreger braucht?
Ich halte das für sehr unwahrscheinlich. Wir kennen unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schon seit Jahren, wenn sie in das Labor eingearbeitet werden. Außerdem ist derjenige, der mit solchen Viren außerhalb eines Hochsicherheitslabors hantiert, selbst in der größten Gefahr. Insofern kann man sich nur vorstellen, dass jemand solche Viren mitnimmt, der sich gerade in einer psychischen Ausnahmesituation befindet. Aber Bioterror? Das ergibt für mich keinen Sinn…
Sind denn jemals Viren aus einem Forschungslabor herausgelangt? Vor ein paar Jahren wurde mal befürchtet, dass sich eine Wissenschaftlerin in Hamburg beim Stich mit einer Nadel mit Ebola infiziert haben könnte.
So etwas kann theoretisch passieren. Allerdings herrschen sehr strenge Sicherheitsvorschriften bei der Arbeit mit solchen gefährlichen Viren. Zum Beispiel muss man immer drei Paar Handschuhe übereinander tragen. In Hamburg ist es letztlich auch gut ausgegangen. Die Person hatte sich nicht infiziert…«
Es ist schon erstaunlich. Noch nicht lange ist es her, daß in einer Bundeswehrkaserne ein Wasserhahn klemmte und die Medien voll waren mit Warnungen, dahinter stecke bestimmt ein russischer Anschlag (siehe Da kann doch nur der Russe hinter stecken). Nun sind nachweislich über 300 Proben hochgefährlicher Viren verschwunden, und der Experte wiegelt ab. Eine Erklärung dafür ist hier nachzulesen:
Viren-Bäcker bekommt neues Hochsicherheitslabor in Marburg für mehr als 40 Millionen Euro
Auch hier kommt Becker vor:
Und hier auch:
Drosten will, daß wir die Risiken seiner Gain-of-Function-Forschung aushalten
Mehr als ein Jahr lang vertuscht?
Im Interview werden keine Daten genannt. Die zitierte Pressemitteilung der Regierung von Queensland vom 9.12.24 besagt:
»…
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- Die Untersuchung wird einen schwerwiegenden historischen Verstoß gegen die Biosicherheitsprotokolle im Public Health Virology Laboratory in Queensland untersuchen, bei dem Ampullen mit infektiösen Viren unauffindbar waren.
- Zu den fehlenden Ampullen gehören das Hendra-Virus, das Lyssavirus und das Hantavirus.
- Die Verstöße wurden im August 2023 entdeckt…
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Das Labor bietet landesweit spezialisierte Diagnosedienstleistungen, Überwachung und Forschung für Viren und durch Mücken und Zecken übertragene Krankheitserreger von medizinischer Bedeutung an.
Proben des Hendra-Virus, des Lyssavirus und des Hantavirus werden vermisst und wurden im August 2023 bei einem schwerwiegenden Verstoß gegen die Biosicherheitskontrollen als abhandengekommen gemeldet…
„Angesichts eines so schwerwiegenden Verstoßes gegen die Biosicherheitsprotokolle und des potenziellen Verlusts infektiöser Virusproben muss Queensland Health untersuchen, was passiert ist und wie sich ein solcher Vorfall in Zukunft verhindern lässt“, sagte Minister Nicholls…«
statements.qld.gov.au (9.12.24)
Auf oe24.at wird am 12.12.24 sogar berichtet: "Wie der Gesundheitsminister des Bundesstaats Queensland nun öffentlich bestätigte, ereignete sich der Vorfall bereits 2021, wurde aber erst zwei Jahre später intern bemerkt."
https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/corona-warum-das-paul-ehrlich-institut-die-daten-der-geimpften-noch-immer-nicht-ausgewertet-hat-li.2282606
Und wieder eine Meldung die geeignet ist, Angst und Schrecken auszulösen. Die Viren braucht man da gar nicht, es genügt die Behauptung.
Die Welt verliert nichts! Meine Vermutung, die Wirtschaften werden es wieder unter die Leute bringen. Die Wege der Herren*Innen sind unergründlich.
— Weg ist Da! —
Im übrigen speichert das Netz die Überkapazitäten. Fuerchtet euch nicht!
Das Weg ist de'r Ziel? [Fragetseichen]