Ungeniert wird der Konsens der Parteien von grün bis blau gebrochen und die Bevölkerung verunsichert. Die Bezahlkarte für Flüchtlinge sollte doch ein Probelauf für vorbildliche Digitalisierung und Kontrolle auch der Inländer sein.
»… Auf der Suche nach sogenannten Pull-Effekten, denen nachgesagt wird, Zuwanderer nach Deutschland zu ziehen, fand sich ein neues Thema: Asylbewerber, die in Deutschland Geld vom Staat beziehen, schickten angeblich vieles davon zu ihren Verwandten in die Heimat. Ein Fass ohne Boden für den deutschen Steuerzahler, und ein Grund, warum so viele nach Deutschland wollen statt in andere Länder?
Plötzlich herrschte unter Politikern große Einigkeit, dass man sich dieses Themas annehmen müsse. Die Bezahlkarte war das Ergebnis. Dann ging alles ganz schnell. Im Mai trat die entsprechende Gesetzesänderung in Kraft, beschlossen vom Bund und allen 16 Landesregierungen. Asylbewerber erhalten in Zukunft kein Geld mehr ausgezahlt, sondern sie bekommen eine Debitkarte mit Guthaben. Maximal 50 Euro Bargeld sollen sie im Monat noch abheben können. Nach ersten Pilotprojekten wird die Karte nun nach und nach flächendeckend eingeführt, in Hessen gibt es sie seit der vergangenen Woche.
Für Auslandsüberweisungen fehlen Daten
Dumm nur, dass sich das Phänomen der Auslandsüberweisungen im Nachhinein als Luftnummer entpuppt. Die Wissenschaftler des sozioökonomischen Panels, das die Haushalte in Deutschland nach ihrem wirtschaftlichen Verhalten befragt, haben sich angesehen, wie viele Menschen regelmäßig Geld ins Ausland überweisen. Unter Geflüchteten waren es im Jahr 2021 nur sieben Prozent, die das überhaupt taten – Tendenz fallend, und das lange vor der Einführung der Bezahlkarte. Genaue Summen haben die Forscher nicht erhoben, viel dürfte bei 460 Euro Regelsatz im Monat aber kaum übrig bleiben.
Da hatte sich also eine Erzählung über Flüchtlinge in die Welt gesetzt, und das gesamte demokratische Spektrum lief ihr hinterher, einschließlich der Grünen, die eigentlich dagegen waren, aber als Teil der Ampelkoalition die Änderungen mit durchwinkten. Als Resultat werden nun die Freiheit und Selbstbestimmung Hunderttausender Menschen in Deutschland stark eingeschränkt, die sich nichts zu schulden haben kommen lassen. Und alles wegen eines Phänomens, dass es in der Realität kaum gibt…«
Iieehh!
Pullern ist doch wohl ein brauner Sprachgebrauch.
Dieser "Scherz" ist 100% KI-frei. Man kann halt noecht Allet haben, nech?
Die FAZ ist ja ein richtiger Wahrheits-Versteher. Da arbeiten nur Gutmenschen.
"Dumm nur, dass sich das Phänomen der Auslandsüberweisungen im Nachhinein als Luftnummer entpuppt. Die Wissenschaftler des sozioökonomischen Panels, das die Haushalte in Deutschland nach ihrem wirtschaftlichen Verhalten befragt, haben sich angesehen, wie viele Menschen regelmäßig Geld ins Ausland überweisen. Unter Geflüchteten waren es im Jahr 2021 nur sieben Prozent, die das überhaupt taten."
Nach meinem Kenntnisstand wurden die Beschränkungen via Bezahlkarte hautpsächlich aufgrund des stark erhöhten Flüchtlingsaufkommens aus der Ukraine umgesetzt, welche also folglich in den benannten Erhebungen aus dem Jahr 2021 noch gar nicht enthalten sein können. Eine Übertragbarkeit auf die heutigen Gegebenheiten erscheint mir daher auch sehr fragwürdig zu sein, wobei aktuelle Befragungen aufgrund der zu erwartenden bzw. bereits erlassenen Einschränkungen mit Sicherheit nicht (mehr) zur Verlautbarung von in der Masse wahrheitsgetreuen Angaben beitragen würde.
Bei der Bewertung bzw. Einordnung der Daten sollte außerdem darauf hingewiesen werden, dass "SOEP" seit Anfang 2003 als „Serviceeinrichtung“ zu zwei Dritteln vom Bund (Bundesministerium für Bildung und Forschung, BMBF) und zu einem Drittel vom Land Berlin (Senatsverwaltung für Wissenschaft, Gesundheit, Pflege und Gleichstellung) finanziert wird. Es handelt sich also hierbei nicht um eine unabhängige Forschungseinrichtung.
@André B.: Wie begründet sich die Vermutung, es sei bei der Maßnahme um ukrainische Geflüchtete gegangen? Und was sagt es uns, wenn selbst eine von Regierungsgeldern abhängige Institution zu solchen Zahlen kommt?
@aa
"Wie begründet sich die Vermutung, es sei bei der Maßnahme um ukrainische Geflüchtete gegangen? "
Die Einführung der sogenannten Bezahlkarten erfolgte nun einmal erst in zeitlicher Korrelation zum stark erhöhten Flüchtlingsaufkommen aus der Ukraine. Außerdem ist es für ukranische Staatsbürger deutlich leichter (nämliche ohne Asylantrag), einen dauerhaften Aufenhaltstitel inklusive aller Sozialleistungen zu erhalten (1), als dies für Flüchtlinge (Asylbewerber) aus anderen Ländern der Fall ist. (2) Im übrigen existieren auch in anderen europäischen Ländern bereits ganz ähnliche Modelle. (3,4) Zusammenfassend sind also vielleicht eben genau jene massive Zugangserleichterungen auch der Grund für z.B. auch die Bezahlkarten.
Bzg Referenz (1):
Kann ich (als Ukrainer) in Deutschland Sozialleistungen erhalten?:
"Voraussetzung für Bürgergeld und Sozialhilfe ist u.a., dass Sie eine Aufenthaltserlaubnis (nach § 24 des Aufenthaltsgesetzes) oder eine entsprechende „Fiktionsbescheinigung“ von der Ausländerbehörde erhalten. Die örtlichen Jobcenter oder das örtliche Sozialamt beraten Sie dazu."
Bzg. Referenz (2) – Wer erhält in der EU als Kriegsflüchtiger Schutz:
"Folgenden Personengruppen, die seit dem 24. Februar 2022 als Folge der militärischen Invasion Russlands aus der Ukraine vertrieben worden sind, haben nach Artikel 2 Absatz 1 des Durchführungsbeschlusses zwingend Anspruch auf die Gewährung vorübergehenden Schutzes nach § 24 AufenthG:
- Ukrainische Staatsangehörige, die vor dem 24. Februar 2022 ihren Aufenthalt in der Ukraine hatten,
- Staatenlose und Staatsangehörige anderer Drittländer als der Ukraine, die vor dem 24. Februar 2022 in der Ukraine internationalen Schutz oder einen gleichwertigen nationalen Schutz genossen haben und
- Familienangehörige der ersten beiden genannten Personengruppen (d.h. Ehegatten, unverheiratete Lebenspartner, minderjährige ledige Kinder und enge Verwandte unter weiteren Voraussetzungen), auch wenn sie nicht ukrainische Staatsangehörige sind" (3)
"Und was sagt es uns, wenn selbst eine von Regierungsgeldern abhängige Institution zu solchen Zahlen kommt?"
Bezugnehmend auf die momentanen Gegebenheiten sagt uns eine Untersuchung, deren Inhalte sich auf Daten aus den Jahren vor 2021 stützen, überhaupt nichts und ist daher auch für die Beurteilung der gegenwärtigen Umstände schlicht ungeeignet! Es ist mitunter anzunehmen, dass den dafür verantwortlichen Stellen auch erst im Jahr 2023 entsprechende Informationen vorlagen, die eventuell ein solches Handeln begründen würden. Ob und in welchem Umfang entzieht sich allerdings meiner Information. Weiterführende aktuelle Studien zu dieser Thematik wären jedoch aufgrund der von ALLEN Seiten (eine leidliche rechts/links Diskussion lehne ich grundlegend ab) leider zunehmend sehr instrumentalisierten Sachdebate wohl nur noch schwer umzusetzen bzw. folglich als wenig aussagekräftig anzusehen.
(1) Kann ich in Deutschland Sozialleistungen erhalten >>> https://www.germany4ukraine.de/hilfeportal-de/arbeit-und-soziales/ukrainer-sozialleistungen
(2) Wer erhält in der EU als Kriegsflüchtiger Schutz >>> https://www.germany4ukraine.de/hilfeportal-de/einreise-aufenthalt-und-rueckkehr/ukraine-aufenthaltserlaubnis
(3) Bezahlkarte kommt: So spendabel sind unsere Nachbarn bei Geflüchteten >>> https://www.focus.de/politik/ausland/sach-und-geldleistungen-fuer-asylbewerber-bezahlkarte-kommt-so-spendabel-sind-unsere-nachbarn-mit-gefluechteten_id_218742025.html
(4) Geflüchtete: So unterschiedlich viel Geld bekommen Ukrainer in EU-Ländern >>> https://www1.wdr.de/nachrichten/ukrainer-nrw-buergergeld-arbeit-100.html
@André B.: Sie belegen mit Ihren Ausführungen selbst, daß der Zusammenhang mit der Bezahlkarte nicht gegeben ist. Sie betrifft nämlich Geflüchtete nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Dazu gehören Menschen nicht, die aus der Ukraine fliehen. (https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/bezahlkarte-fluechtlinge-2263574, https://www.rbb24.de/politik/beitrag/2024/02/bezahlkarte-gefluechtete-fragen-antworten-debatte-.html).
Im übrigen bräuchte ich keine Studien, um diese Maßnahme für unterträglich zu halten.
@aa
Zitat:
"Sie belegen mit Ihren Ausführungen selbst, daß der Zusammenhang mit der Bezahlkarte nicht gegeben ist. Sie betrifft nämlich Geflüchtete nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Dazu gehören Menschen nicht, die aus der Ukraine fliehen"
Jener Sachverhalt (wer genau betroffen ist) wurde in den vor mir dazu gelesenen bzw. angebotenen Informationen nicht angesprochen und war mir daher unbekannt. Danke für Ihre Ergänzung!
Zitat:
"Im übrigen bräuchte ich keine Studien, um diese Maßnahme für unterträglich zu halten"
Diese Maßnahme gilt bekanntlich vor allem für Personen, die ein Asylgesuch gestellt haben, aber über deren Anträge noch nicht entschieden wurde, sowie Personen, deren Asylanträge abgelehnt wurden und die sich geduldet bzw. latent oder vollziehbar ausreisepflichig in Deutschland aufalten (§ 1 AsylbLG). Hierbei handelt es sich um circa 486.000 Personen (etwa 22 % aller in Deutschland befindlichen Geflüchteten).
Ich möchte betonen, dass meine Ansichten diesbezüglich völlig werungsfrei sind, da mir schlicht auch die notwendigen Informationen fehlen, um dieses Thema betreffend zu einer fundierteren Einschätzung zu gelangen.
Da mir jedoch weder die von der einen wie auch anderen Seite unterstellten Vorteile oder Nachteile der Bezahlkarte wirklich plausibel (basierend auf Evidenz was die Notwendigkeit und Wirkung anbetrifft) erscheinen wollen bzw. eine Gesamtbewertung dessen erleichtern, so würde mich interessieren, warum Sie sich denn ganz grundlegend und wehement dagegen ausprechen würden?
MIt freundlichen Grüßen
@André B.: Danke, spontan nur ein paar Aspekte: Eine verpflichtende Bezahlkarte verschärft das, was bei elektronischer Zahlung ohnehin greift. Mein Ausgabe‑, Konsum- und letztlich Lebensverhalten wird dokumentiert für Institutionen, die es nichts angeht. Welche Zeitschrift und welches Buch ich beispielsweise kaufe, möchte ich weder von einer Bank noch einer Behörde nachvollzogen wissen. Immerhin kann ich als Besitzer einer EC- oder Kreditkarte noch selbst entscheiden, was ich mit ihr und was ich bar bezahle. Die digitale Karte kann mir theoretisch jederzeit entzogen werden; das halte ich nach allem, was wir in den letzten Jahren erlebt haben, nicht nur für ein Gedankenspiel. Daneben sind die konkreten Probleme von heute fast nachrangig, etwa daß längst nicht überall Bezahlkarten akzeptiert werden. Beim Kauf meiner Brötchen will ich auch lieber mein Portemonnaie zücken.
@aa
Danke für Ihre zusätzlichen Erläuterungen!
Gut zu wissen, daß mittlerweile jede Überweisung bis zur Größenordnung 'einige 10EUR' runter mit dem Absender incl. seiner Nationalität (und welchen sonstigen Daten?) gerichtsfest erfaßt wird. Hoffentlich auch bei Western Union&Co!
Da kann es ja nicht mehr lange dauern, bis auch die Schuld oder Unschuld von O. Scholz in der CumEx-Affäre hieb- und stichfest geklärt ist. Außer im Fall, daß Western Union das Bankgeheimnis noch wahren konnte.