Aus Gründen, die so unerfindlich sind wie bei vielen anderen "Experten", gilt der Politikwissenschaftler Herfried Münkler als solcher. "Haftbefehl gegen Netanjahu: 'Die Deutschen sitzen besonders in der Patsche'" ist ein Interview am 1.12.24 mit ihm auf faz.net überschrieben. Zu lesen ist:
»… Ist die Achtung des internationalen Rechts nicht auch eine Art Staatsräson für Deutschland?
Da kollidieren jedenfalls zwei sehr hochrangige Forderungen miteinander. Natürlich trifft das Dilemma die Deutschen besonders hart, weil ja kaum ein Staat so sehr an der Bindekraft des Völkerrechts hängt wie die Bundesrepublik, die bei jeder Gelegenheit versucht hat, internationale Entwicklungen durch Juridifizierung voranzubringen. So hat die deutsche Politik ihre Handlungsfähigkeit und ihre Spielräume eingeschränkt.
Welche der beiden Grundüberzeugungen ist denn wichtiger für Deutschland?
Es geht natürlich überhaupt nicht, dass ein israelischer Premierminister auf deutschem Boden verhaftet wird. Das ist derart ausgeschlossen, dass man hier wirklich keine Fingerübungen auf dem normativen Klavier machen muss…
Sie meinen, der Gerichtshof hat ohnehin keine Autorität?
Die Amerikaner haben sogar trainiert, wie sie ihre Soldaten, sollten sie dort vor Gericht stehen, mit Waffengewalt wieder rausholen können. Dieses Gericht hat keinen universalen Anspruch. Weder Amerikaner noch Chinesen noch Russen fühlen sich daran gebunden. Es sind vor allem die Deutschen, die sich diesem Anspruch unterworfen haben, deswegen sitzen sie jetzt besonders in der Patsche.«
Überall "boomt der Rechtspopulismus", konstatiert der Interviewer Jochen Buchsteiner. Und fragt konsterniert:
»Sie sehen die Ursache dieser Gegenbewegung nicht in Fehlern und Fehleinschätzungen der westlichen Eliten – Stichwort Massenmigration, misskalkulierte Kriege, Globalisierungseuphorie?
All das wurde aus Werten abgeleitet, die den Westen ausmachen oder ausgemacht haben. Der Fehler Bill Clintons war es, den Chinesen den Zugang zur Welthandelsorganisation zu ermöglichen, weil man dachte, Handel fördere die Demokratie. Aus heutiger Sicht war das eine Fehlannahme. Sie beruhte aber auf der Vorstellung, dass sich das demokratische Modell weltweit durchsetzen und keine exklusive Veranstaltung Nordamerikas und Europas sein soll. Man hat an Werten orientiert agiert und dabei Konstellationen falsch eingeschätzt…
Was wir in den letzten zehn Jahren erlebt haben, ist eine fortgesetzte Schwächung des Westens. Seine Attraktivität ist vor allem im globalen Süden geschwunden. Viele Regierungen, die auf Wachstum setzen, sagen: China macht es effektiver und stört außerdem unsere Herrschaft nicht. Demokratien haben, so gesehen, einen strategischen Nachteil gegenüber Autokratien…
Kann Deutschland glaubhaft eine Führungsrolle im Konflikt mit Russland übernehmen, wenn es keine Atomwaffen hat?
Deutschland hat verschiedene Unterschriften geleistet, die dem entgegenstehen. Die atomare Komponente muss eine europäische sein. Leider haben wir die vergangenen Jahre nicht genutzt, um entschiedene Schritte dorthin zu gehen…
Was für ein europäischer Atomschirm schwebt Ihnen vor?
Das Weimarer Dreieck, also Frankreich, Polen und Deutschland, müsste sich mit den Briten und einem Südstaat zusammenfinden, sich dann als ein Kreis innerhalb Europas definieren und sagen: Wir bilden die Macht, die Europa verteidigungspolitisch in Stellung bringt. Das ließe sich an der NATO und an der EU vorbei machen…«
Über Münkler ist auf Wikipedia zu lesen, hier ohne Links und Fußnoten zitiert:
»… Er wurde durch seine Forschungen zu Machiavelli bekannt…
2016/2017 war er Carl Friedrich von Siemens Fellow der Carl Friedrich von Siemens Stiftung in München.
Münkler gehörte zu den Experten, die an dem vom Auswärtigen Amt durchgeführten Projekt Review 2014 – Außenpolitik Weiter Denken teilnahmen. In seinem Beitrag betonte er, dass die deutsche Außenpolitik an den Interessen Deutschlands, weniger an seinen Werten orientiert sei. Diese Tatsache müsse ehrlich kommuniziert werden, um die „demokratische Vulnerabilität“ deutscher Außenpolitik zu mindern…
1995 wurde Münkler mit dem Wissenschaftspreis der Aby-Warburg-Stiftung ausgezeichnet. 2005 folgte die Auszeichnung mit dem Philip Morris Forschungspreis im Bereich „Mensch und Zukunftswelten“… Münkler hat für das Wintersemester 2012/2013 und das Sommersemester 2013 das Opus-Magnum-Stipendium der Volkswagen- sowie der Thyssen-Stiftung für das Projekt „Der Erste Weltkrieg. Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts oder Durchbruch der Moderne?“ erhalten… 2017 wurde er Inhaber der Johannes Gutenberg-Stiftungsprofessur für das Sommersemester 2018…«
Ich habe die Angaben nicht überprüft.
Deutschlands Unterschriften sind nichts wert. Das ist historisch erwiesen. So hat das nach 1945 aus den westlichen Besatzungszonen hervorgegangene Deutschland z.B. keine Reparationen gezahlt.
Historische Bundespressekonferenz:
„Deutschland muss sich als Mittäter an den Reparationszahlungen für Gaza beteiligen“
Florian Warweg
02. Dezember 2024 um 13:58 Ein Artikel von: Florian Warweg
[u.a. ab ca. 27:00]
https://www.nachdenkseiten.de/?p=125587