"Kriegstüchtigkeit nach außen heißt Angst nach innen"

Diese Aussage ist zu fin­den in einem Meinungsbeitrag der frei­en Autorin Meret Weber auf zeit​.de am 26.11.24. Sie kommt dabei nicht ohne die Benennung von "Coronaleugnern" und das Beschwören der "Pandemie" aus, hebt sich aber den­noch von der all­ge­gen­wär­ti­gen Propaganda ab:

»…Schon heu­te ver­hält sich die Regierung nicht unbe­dingt so, als wür­de ihr an Menschenleben oder dem Ende von Kriegen ernst­haft etwas lie­gen. Das zeigt sich mit jeder Abschiebung nach Afghanistan, von Jesiden in den Irak. Mit Waffenlieferungen an Israel, die für Kriegsverbrechen genutzt wer­den könn­ten. Mit jeder Kooperation mit Staaten wie den Vereinigten Arabischen Emiraten, deren Unterstützung der Rapid Support Forces, also der Miliz im Krieg mit dem suda­ne­si­schen Militär, der­zeit die größ­te Hunger‑, Flucht- und Gesundheitskrise welt­weit befördert.

Und trotz­dem fehlt der Widerspruch. Es gibt kaum Gegenstimmen in der Gesellschaft, Demonstrationen, gar öffent­li­chen Streit über die Konsequenzen von Kriegstüchtigkeit…

Kriegstüchtigkeit nach außen heißt Angst nach innen

Wenn nach außen auf­ge­rü­stet wird, geht das immer mit einer Militarisierung der Gesellschaft nach innen ein­her. Diese sozia­le Militarisierung wird meist am Beispiel auto­ri­tä­rer Staaten defi­niert, doch es gibt sie auch in Demokratien. Dort ist sie nur sub­ti­ler. Soziale Militarisierung geschieht, wenn die Dauerpräsenz des Militärs im Alltag nor­mal wird: in der Schule, der Universität, im Arbeitsamt. An der Bahnstation, im Briefkasten, in den sozia­len Medien. Wenn die Bundeswehr eine nor­ma­le Berufsoption wird, in der Gewalt und Töten nur Randnotizen sind.

Soziale Militarisierung zeigt sich auch in der Abwesenheit von Widerspruch und Streit. Sie beein­flusst gesell­schaft­li­che Diskussionen, bis die Gefahr nicht mehr nur vom Feind aus­geht, son­dern von allen, die über­haupt Kritik an der Militarisierung äußern. Menschen, die 2022 frag­ten, war­um inmit­ten einer Pandemie Milliarden für die Bundeswehr übrig waren, für Krankenhauspersonal aber nur geklatscht wer­den konn­te, gal­ten als naiv. Wer die ver­herr­li­chen­de Kriegsrhetorik eini­ger Politiker und Journalisten ein­fach nicht ange­bracht fand, galt als Verräter. Wer sich für ein Kriegsende ein­set­zen woll­te, ohne sich mit einem Milieu aus pro­rus­si­schen Positionen und Coronaleugnern und den Parteien, die ihnen nahe­ste­hen, gemein zu machen, fand kaum öffent­li­che Repräsentation.

Der Ton wird gewaltvoller

… Am stärk­sten zeigt sich das in inner­deut­schen Reaktionen auf Israels Kriegsführung in Palästina und im Libanon. An den Anfeindungen gegen und Kündigungen von einer gan­zen Reihe an Stimmen, die Kritik äußern am end­lo­sen Töten, an der bru­ta­len Siedlungs- und Besatzungspolitik der israe­li­schen Regierung, an den Waffenlieferungen Deutschlands an Israel. Im Ausmaß an Polizeigewalt, mit dem bis­her auf Proteste gegen den Krieg reagiert wur­de, und mit dem sug­ge­riert wur­de, alle Demonstrierenden wären pau­schal anti­se­mi­tisch oder islamistisch.

Natürlich ist Polizeigewalt kei­ne Kriegsführung, doch dass sie sich aus­ge­rech­net bei Antikriegsprotesten ent­lädt, zeigt, was Militarisierung im Inneren hei­ßen kann. Die Polizeigewalt auf den Demonstrationen mar­kiert, dass es sich bei den Forderungen und Ängsten der mei­sten Protestierenden nicht etwa um berech­tig­te Anliegen han­deln könn­te, son­dern dass jede Demonstrationsteilnehmerin an sich schon als Terrorgefahr, als Täterin zu behan­deln ist.

Geht es um den Ukrainekrieg, wird Kritik – bei­spiels­wei­se an deut­schen Waffenlieferungen – als pro­rus­sisch dis­kre­di­tiert. Geht es um die israe­li­schen Angriffe in Palästina und im Libanon – oder auch die anhal­ten­den tür­ki­schen Angriffe auf kur­di­sche Gebiete –, wird Kritik als Terror behan­delt. Dann wer­den Widerspruch und Protest nicht als das gese­hen, was sie eigent­lich sind – wich­ti­ge, not­wen­di­ge Debattenbeiträge, die bei einem so gro­ßen Thema wie Krieg essen­zi­ell sind. Stattdessen wer­den sie wie radi­ka­le Randerscheinungen bestraft, als Gefahr behandelt…

Sich gegen Krieg zu stel­len, zu wider­spre­chen, zu pro­te­stie­ren, zu strei­ken, ist kei­ne uner­hör­te Position.«

Das Bildungsbürgertum zeigt sich in den Kommentaren entsetzt.

5 Antworten auf „"Kriegstüchtigkeit nach außen heißt Angst nach innen"“

  1. "Schon heu­te ver­hält sich die Regierung nicht unbe­dingt so, als wür­de ihr an Menschenleben etwas liegen"
    Sehr freund­lich aus­ge­drückt. Ein Herr Sven von Storch bekommt Post vom ver­fas­sungs­schutz, weil er eine Internet-Domain »Entscheidung-fuers-Leben" reser­viert hat (danisch*punkt*de/blog/2024/11/24/post-vom-verfassungsschutz/) . Auch bei dem Thema Abtreibung kaum Widerspruch, seit Jahrzehnten. Und dann aber glau­ben die mei­sten, dass die Coronamassnahmen dem Lebensschutz die­nen würden…

    1. @Norbert: In der Tat geht es den Verfassungsschutz nichts an, wenn als "Lebensschützer" fir­mie­ren­de Frauenfeinde eine Internetseite anmel­den. Wer beim Thema Abtreibung und dem Selbstbestimmungsrecht von Frauen über ihren Körper ins Mittelalter zurück­bea­men will, muß poli­tisch bekämpft werden.

  2. Wenn Frau Weber genau­er hin­schau­en wür­de, könn­te sie fest­stel­len, dass es sich auch bei Corona bereits um eine Art Krieg gehan­delt hat.

    Tove Soiland hat da Einiges zu geschrie­ben. Macron sprach von einem "Krieg gegen das Virus" und in Deutschland wur­den zwei Generäle mit dem "Pandemiemanagement" beauf­tragt. Die Firma Moderna war mit dem Militär und Geheimdiensten eben­falls verbandelt.

    "Angst nach innen" gab es auch zur Genüge.

    Aber die­je­ni­gen, bei denen die Angst vor dem Virus gewirkt hat, kön­nen all das nicht erkennen.

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