Volkswirt Lauterbach, ein Dumm-dumm-Geschoß des ÖRR und die Rolle des RKI

Am 24.3.22 befand sich die Belegung der Intensivstationen mit "Corona-Fällen" im Sturzflug, die Hospitalisierungen und der "R‑Wert" gin­gen eben­so zurück (www​.rki​.de, inten​siv​re​gi​ster​.de). Imputationen und Modellierungen konn­ten das nicht auf­hal­ten. An die­sem Tag dis­ku­tier­te der Bundestag – ent­ge­gen kla­rer Versprechungen im Wahlkampf – über die Verlängerung des Infektionsschutzgesetzes. Eine auf bun​des​ge​sund​heits​mi​ni​ste​ri​um​.de doku­men­tier­te Rede des Gesundheitsministers steht unter der Überschrift "Lauterbach: 'Der ein­zi­ge zuver­läs­si­ge Weg aus der Pandemie her­aus ist die all­ge­mei­ne Impfpflicht". Übergehen wir die Logik, nach der wir jetzt noch mit­ten drin wären, und schau­en uns die wirt­schaft­li­che Argumentation Lauterbachs an:

»Frau Präsidentin! Meine sehr geehr­ten Kolleginnen und Kollegen!

Die Pandemie ist lei­der nicht vor­bei; das zeigt auch ein Blick in die­sen Haushaltsentwurf. Wer noch immer glaubt, die Pandemie wür­de jetzt schnell enden, der sieht: Es ist lei­der nicht so weit. Wir haben das auch in dem Einzelplan 15 berück­sich­ti­gen müssen.

Der Einzelplan 15 war ursprüng­lich fast nur halb so groß, wie er jetzt ist, und wir über­schrei­ten für das jetzt lau­fen­de Jahr sogar das Budget des Einzelplans des letz­ten Jahres. Das heißt, die Kosten sind deut­lich gestie­gen; wir geben deut­lich mehr Geld aus…«

Mit die­ser skur­ri­len Denkweise lie­ße sich auch sagen: Der Rüstungsetat und unse­re Waffenexporte waren noch nie so hoch wie jetzt, also müs­sen wir wei­ter so vor­ge­hen. Tatsächlich war die Argumentation bei den "Affenpocken" ganz ähn­lich: Wir haben 240.000 Impfdosen bestellt, somit (um ein Lieblingswort von K.L. zu benut­zen) ist bewie­sen, daß eine Pandemie vor­liegt. Während das mit "Mpox" zwar für die Konzerne auf­ging, kom­mu­ni­ka­ti­ons­tech­nisch aber ein Rohrkrepierer war, funk­tio­nier­te der Wahnsinn mit Corona damals noch leid­lich gut.

Lauterbach wei­ter:

»Es sind nicht nur die Ausgaben gewe­sen; es sind auch die vie­len Menschen gewe­sen, die sich an die Regeln gehal­ten haben, die Kinder, die sich die Masken auf­ge­setzt haben, die Erwachsenen, die nicht die Restaurants, die Clubs besucht haben. Diejenigen, die sich an die Regeln gehal­ten haben, haben den aller­höch­sten Teil der Kosten getra­gen; das sind die imma­te­ri­el­len Kosten… 

Es gibt kei­nen Freedom Day; es gibt kei­nen Grund, hier nach­zu­las­sen. Wir müs­sen zusam­men­ste­hen, und wir müs­sen durch die­se schwe­re Welle der Pandemie noch durchkommen…

Die Kosten, die wir der­zeit tra­gen, sind Kosten für Impfstoffe, die wir besor­gen, Kosten für Impfzentren, Bürgertestungen, Arzneimittel und Ausgleichszahlungen sowie für den Schutz von Versorgungsstrukturen. Das gesam­te Geld wird sinn­voll ein­ge­setzt; das muss hier auch gesagt werden.

Wir ver­schwen­den nichts; wir ver­han­deln hart…

Auch die gesetz­li­che Krankenversicherung hat natür­lich wegen der wirt­schaft­li­chen Entwicklung mas­si­ve Einnahmenrückgänge gehabt. Wir füt­tern hier bei; wir unter­stüt­zen sie mit 14 Milliarden Euro…

Das sind zum einen die Kosten, die die­je­ni­gen tra­gen, die an Long Covid erkrankt sind. Diejenigen, die an Long Covid erkran­ken, ver­lie­ren nicht nur ihre Produktivität für die Wirtschaft; son­dern auch ihre Lebensqualität ver­än­dert sich oft von heu­te auf morgen… 

Ich möch­te hier noch ein­mal aus­drück­lich dar­auf hin­wei­sen: Es ist die Impfung, die auch vor Long Covid am sicher­sten schützt…

Der Weg aus der Pandemie her­aus – das beto­ne ich jedes Mal – ist die all­ge­mei­ne Impfpflicht. Denn mit der Impflücke, die wir jetzt haben, wer­den wir im Herbst die glei­che Debatte füh­ren, die wir jetzt führen.

Wir wer­den hier erneut die Debatte dar­über füh­ren: Reicht das Infektionsschutzgesetz aus? Was müs­sen wir schlie­ßen? Müssen die Kinder Masken tra­gen? Die gesam­te Debatte, sie kommt erneut. Der ein­zi­ge zuver­läs­si­ge Weg aus der Pandemie her­aus ist die all­ge­mei­ne Impfpflicht. Es ist auch der Weg, den der größ­te Teil der Bevölkerung will…

Ich möch­te mich noch ein­mal direkt an die Ungeimpften wen­den: Nutzen Sie wenig­stens eine Impfung in die­sen Tagen; denn mit einer Impfung redu­zie­ren Sie schon sie­ben Tage nach der Impfung deut­lich Ihr Risiko, inten­siv­me­di­zi­nisch ver­sorgt zu wer­den oder sogar zu sterben.

Noch nie war das Risiko für die Ungeimpften so hoch, sich zu infi­zie­ren und schwer zu erkran­ken. Ein gro­ßer Teil der 300 Menschen, die jetzt pro Tag ver­ster­ben, sind Ungeimpfte…«

Daß fast kein ein­zi­ges Wort hier mit den Tatsachen über­ein­stimmt, ist oft­mals bewie­sen wor­den. An die­ser Stelle soll der Blick auf die Denke des "Gesundheitsökonomen" Lauterbach gerich­tet wer­den. In sei­ner Rede, die auf der genann­ten Seite des Ministeriums auch als Video genos­sen wer­den kann, wird zwölf Mal das Wort "Kosten" erwähnt. Sie wer­den mit öffent­li­chen Geldern begli­chen, über den Sinn soll nicht gestrit­ten wer­den dür­fen. Die Habenseite der Bilanz bleibt uner­wähnt. Denn wo Geld aus­ge­ge­ben wird, wird es an ande­rer Stelle ein­ge­nom­men. Die Riesengewinne der Konzerne erschei­nen bei Lauterbach so wenig wie die der häu­fig ille­gal arbei­ten­den Testzentren und die maß­los über­höh­ten Profite der Maskendealer. Der Hinweis auf die öko­no­mi­sche Priorisierung zugun­sten weni­ger Gewinnler ist des­halb wich­tig, weil sie auch in Bezug auf das Thema Krieg und Frieden eine bedeu­ten­de Rolle spielt, siehe:

Frieden rech­net sich nicht

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Wenige Tage zuvor tisch­te ein Kommentar in den "Tagesthemen" (ard​me​dia​thek​.de, 18.3.22) ein atem­be­rau­ben­des Bündel an Fake-News auf:

Aus der glei­chen Sendung: Frau Baerbock erklärt, wie der Schutz unse­rer Demokratie ein­ge­bet­tet ist in die Zeitenwende, wir "ebend" gegen Russen und Klimawandel zusam­men­ste­hen müs­sen und dabei eine Führungsrolle zu über­neh­men haben. Lauterbach ver­tei­digt unse­re Werte gegen eine "klei­ne Gruppe von Unwilligen", die er damit auch schützt.

(Hervorhebungen in blau nicht im Original.)

Update:

Den Part hat­te ich ver­ges­sen: Auch das RKI war zu dem Gesetzentwurf befragt wor­den. Es konn­te wenig bei­tra­gen, siehe

“Ablage P” des RKI (26). Fünf Minuten Zeit für Stellungnahme zum IfSG