Endlich stellt sich jemand an die Seite von Frau Buyx

Joachim Müller-Jung ist so etwas wie der Chefvakzinist der "FAZ". Zusammen mit dem Milliardär Stefan von Holtzbrinck, einem Vertreter von Boehringer Ingelheim und ande­ren ehren­wer­ten Leuten saß er 2020 in der Jury, die Drosten, Hennig & Co. den "Georg von Holtzbrinck Preis für Wissenschaftsjournalismus" ver­lieh (s. hier).

faz​.net (30.10.24, Bezahlschranke)

»In den ver­gan­ge­nen Tagen schwapp­te eine beson­ders ekel­haf­te Empörungswelle durchs Netz. Codewort: „Frau Buyx“. Es war der nach der Pandemie der viel­leicht maß­lo­se­ste, von unaus­sprech­li­chem Hass, Wissenschaftsfeindlichkeit und ekel­haf­ter Frauenfeindlichkeit getra­ge­ne Shitstorm, der sich nach der Rede von Alena Buyx auf­bau­te. [sic]«

Es geht um die Rede, die Buyx am 18.10.24 vor "aca­tech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften" gehal­ten hat­te und über die hier berich­tet wur­de. Ich habe die Reaktionen nicht ver­folgt, bin aber sicher, daß es sie (auch) gege­ben hat. Ähnliche fin­den sich unter dem Tweet von Buyx ("Frau Buyx bald ist Ihre Zeit abge­lau­fen… Military Law bedeu­tet Todesstrafe!!! Völkermörder", "Hetzende Hexe", Stefan Homburg ver­weist auf eine Strafanzeige gegen ihn, wobei in dem Thread gezeigt wird, daß er Buyx vor­wirft, sie wol­le Behinderte und Kranke eutha­ni­sie­ren etc. pp.). In ande­ren Kommentaren wird ver­mu­tet, daß sie genau die­se Reaktionen her­vor­ru­fen woll­te. Müller-Jung weiter:

»Wie hat die geüb­te, gewöhn­lich mode­rie­ren­de Rhetorikerin das geschafft? Ganz ein­fach: Sie pola­ri­sier­te. Buyx hat­te in ihrer Ansprache vehe­ment dafür gewor­ben, nach der Pandemie ver­lo­re­nes Vertrauen wie­der­zu­ge­win­nen. Das Vertrauen habe sich ver­scho­ben, von den Vertretern einer gesun­den wis­sen­schaft­li­chen Skepsis zu denen, die „Bullshit“ ver­brei­ten. Jeder wuss­te, was gemeint war. Und prompt fühl­ten sich auch alle, die der Bullshit-Verweis betrifft, angesprochen.«

Paradoxerweise meint der Autor aber nicht Frau Buyx, wenn er schreibt: "Die poli­ti­sche und welt­an­schau­li­che Polarisierung spielt dabei eine zuneh­mend fata­le Rolle – sogar eine gesund­heits­schäd­li­che und töd­li­che Rolle."

Vielmehr dreht er mit der Zitierung eines völ­lig abwe­gi­gen Artikels ähn­lich ab wie sie:

»In einem aktu­el­len Review in „Nature Medicine“ hat der New Yorker Psychologe Jay van Bavel die desa­strö­se Spaltung der Gesellschaft als eine ent­schei­den­de, wenn auch „meist über­se­he­ne sozia­le Determinante“ für die Gesundheit des ame­ri­ka­ni­schen Volkes aus­ge­macht. Ein Beispiel: die Parteien-Impflücke. Die Übersterblichkeit in der Pandemie unter den Republikanern, die inzwi­schen mehr­heit­lich Impfgegner sind, sei 43 Prozent höher gewe­sen als unter den Wählern der Demokratischen Partei…

Hätten die ame­ri­ka­ni­schen Parteipolitiker wäh­rend der Pandemie wie die sehr aus­glei­chen­den kana­di­schen Politiker gehan­delt, heißt es in der Studie, hät­ten 200.000 Amerikaner weni­ger am Virus ster­ben müssen…«

Die Argumentation der "Studie" bewegt sich dabei auf dem Niveau, das beschrie­ben wird in "WISSENSCHAFTLICHE STUDIE: Infektionen neh­men durch Querdenker-Demos zu". Darin geht es um den Beweis mit­tels Formeln wie "Yc = β0 + βCOVID-19-Leugnerc + β2Xc + γs + εc" dafür, daß die "Inzidenzen" in AfD-Hochburgen stie­gen. Dazu auch "Hängen AfD-Hochburgen und hohe Coronazahlen zusam­men?".

Würde Müller-Jung das Papier nicht nur gläu­big refe­rie­ren, dann wür­de er zu der Behauptung von 200.000 geret­te­ten Leben den ver­link­ten "Beweis" lesen. In dem Research Letter "COVID-19 and Excess All-Cause Mortality in the US and 18 Comparison Countries" vom 12.10.20 wer­den die COVID-Todesraten, deren Definition hier nicht the­ma­ti­siert wer­den soll, in ver­schie­de­nen Ländern ver­gli­chen. In die­sem Zusammenhang heißt es:

»Wenn die Sterberaten in den USA mit denen in Australien ver­gleich­bar wären, hät­te es in den USA 187.661 COVID-19-Todesfälle weni­ger gege­ben (94 % der gemel­de­ten Todesfälle), und wenn sie mit denen in Kanada ver­gleich­bar wären, 117.622 Todesfälle weni­ger (59 %).«

Eine ver­glei­chen­de Bewertung der "Maßnahmen" fin­det an kei­ner Stelle statt.

Das Fazit der vom Autor her­un­ter­ge­be­te­ten Arbeit klingt wie eine Drohung:

»Schlussfolgerung
Die COVID-19-Pandemie hat die hohen Kosten der Polarisierung für die öffent­li­che Gesundheit auf­ge­zeigt. Innovative Behandlungsmethoden und Impfstoffe wer­den nicht wirk­sam sein, wenn gro­ße Teile der Gesellschaft medi­zi­ni­schen Experten miss­trau­en und sich wei­gern, die Gesundheitsempfehlungen für sich selbst oder ihre Familien zu befol­gen. Da die Polarisierung in vie­len Ländern zuzu­neh­men scheint, soll­ten mehr Ressourcen in das Verständnis und die Minderung ihrer Auswirkungen auf die öffent­li­che Gesundheit inve­stiert wer­den. Solche Forschung muss inter­dis­zi­pli­nä­re Kooperationen zwi­schen Medizinern und Sozialwissenschaftlern beinhal­ten. Das Problem zu igno­rie­ren ist kei­ne Option mehr. Um die poli­ti­sche Polarisierung als einen Faktor für die Gesundheit anzu­ge­hen, brau­chen wir sozia­le und poli­ti­sche Lösungen.«

6 Antworten auf „Endlich stellt sich jemand an die Seite von Frau Buyx“

  1. >> Die COVID-19-Pandemie hat die hohen Kosten der Polarisierung für die öffent­li­che Gesundheit aufgezeigt. 

    Ei gewiß doch. Propaganda ver­schlingt Milliarden Steuergelder! 

    Das ist aber nich erst seit Corona so!

  2. Im Verweis auf den Thread vom 27. April, die dem Charakter nach wohl rhe­to­ri­sche Frage: "Wohin auch mit den "bio­deut­schen Straftätern"? – Hat die "Geschichte" bereits beant­wor­tet: Brennofen, post­hum aber! – Soll nie­mand hin­ter­her behaup­ten es könn­te zugehn wie bei Hänsel und Gretel. [oh, schon wie­der zynisch?]

  3. " … ekel­haf­ter Frauenfeindlichkeit"

    Das ist ja das Problem der "erwach­ten Gesellschaft", dass jedes Wort und jede Äußerung sofort unter dem Aspekt der Diversität, LGBT+, Frauenfeindlichkeit etc. beur­teilt wird, und nicht nach des­sen zen­tra­ler inhalt­li­cher Aussage. Die Ignoranz von Inhalt ändert sel­bi­gem nichts. 

    " … und sich wei­gern, die Gesundheitsempfehlungen für sich selbst oder ihre Familien zu befolgen."

    Empfehlungen sind Empfehlungen, und daher obliegt die Entscheidung dem Empfehlungsempfänger. Ist dies nicht der Fall, ist er ein Befehlsempfänger. Das herr­schen­de System meint, dass Empfehlungen als Befehle zu ver­ste­hen sind und ver­sucht dies medi­al-pro­pa­gan­di­stisch in den Hirnen zu ver­an­kern. Das Problem ist, dass auf­grund bestechen­der Logik dies nicht ohne Zwang/​Nötigung erfolg­reich sein wird bei gro­ßen Teilen der Bevölkerung. Was hat man also bei der Corona-Veranstaltung erlebt?

    "Das Problem zu igno­rie­ren ist kei­ne Option mehr. Um die poli­ti­sche Polarisierung als einen Faktor für die Gesundheit anzu­ge­hen, brau­chen wir sozia­le und poli­ti­sche Lösungen."

    Exakt dies ist der Weg in die offen geleb­te Diktatur. Danke für die Offenheit. 

    An die FAZ adres­siert: Ist es nicht arm­se­lig, sich so unter­wür­fig für ein paar staat­li­che Euro die­sem olig­ar­chi­schen System anzu­pas­sen? Die FAZ ist ein Beispiel dafür, wie aus einer noch leid­li­chen Zeitung über die Jahrzehnte der Systemumgestaltung ein dritt­klas­si­ges Propagandablatt mit kla­ren Feindbildern wird.

  4. hen­ning rosenbusch

    @h_rosenbusch
    ·

    17h
    „Wir haben aus­ge­wer­tet, wie häu­fig wel­che Virologen in wel­chen Sendungen im ÖRR wie oft zu Wort kamen. Beim Vergleich zwi­schen Christian Drosten und dem deut­lich Lockdown-kri­ti­sche­ren Hendrik Streeck stell­ten wir zum Beispiel für die Tagesschau fest: 

    Drosten kam in über 95 Prozent der Berichte vor, Streeck nur in 5 Prozent. Das ist nur eines von vie­len Beispielen.“

    Lesenswert:

    https://​www​.schwae​bi​sche​.de/​p​o​l​i​t​i​k​/​f​o​r​s​c​h​e​r​-​b​e​i​m​-​v​e​r​t​r​a​u​e​n​-​i​n​-​s​t​a​a​t​-​u​n​d​-​m​e​d​i​e​n​-​z​e​r​r​e​i​s​s​t​-​e​s​-​u​n​s​-​g​e​r​a​d​e​-​3​0​3​4​357

    t.me/Rosenbusch
    „Wir haben aus­ge­wer­tet, wie häu­fig wel­che Virologen in wel­chen Sendungen im ÖRR wie oft zu Wort kamen. Beim Vergleich zwi­schen Christian Drosten und dem de

    https://​get​tr​.com/​p​o​s​t​/​p​3​d​0​a​i​6​8​731

    s.a.
    https://​www​.jue​di​sche​-all​ge​mei​ne​.de/​p​o​l​i​t​i​k​/​v​i​r​o​l​o​g​e​-​s​t​r​e​e​c​k​-​v​e​r​g​l​e​i​c​h​t​-​c​o​r​o​n​a​-​u​n​g​e​i​m​p​f​t​e​-​m​i​t​-​j​u​d​en/
    aus
    https://​get​tr​.com/​p​o​s​t​/​p​3​d​0​r​b​o​4​e35

  5. hen­ning rosenbusch

    @h_rosenbusch
    ·

    Nov 1
    „Um die Zahl derer, die wenig­stens im Nebenfach Philosophie belegt oder spä­ter eine phi­lo­so­phi­sche Promotion abge­schlos­sen haben, zu zäh­len, braucht man nicht mal die Finger einer Hand. 

    Demgegenüber sit­zen
    im neu­en Ethikrat
    vier Theologinnen,
    vier Naturwissenschaftler
    (drei Physiker und eine Biologin),
    vier Juristen
    und
    drei Soziologen.“

    [ein­ge­fügt:
    Neue Mitglieder
    Warum „Ethikrat“ ein Etikettenschwindel ist
    Autorenprofilbild von Jörg Phil Friedrich
    Von Jörg Phil FriedrichFreier Autor
    Stand: 01.11.2024Lesedauer: 6 Minuten]
    https://​www​.welt​.de/​k​u​l​t​u​r​/​p​l​u​s​2​5​4​2​4​2​0​5​8​/​N​e​u​e​-​M​i​t​g​l​i​e​d​e​r​-​A​u​s​g​e​r​e​c​h​n​e​t​-​a​n​-​e​i​n​e​r​-​w​i​c​h​t​i​g​e​n​-​K​o​m​p​e​t​e​n​z​-​m​a​n​g​e​l​t​-​e​s​-​w​e​i​t​e​r​-​i​m​-​E​t​h​i​k​r​a​t​.​h​tml
    [sie­he dort auch: "Mehr zum Thema" ]

    t.me/Rosenbusch

    https://​get​tr​.com/​p​o​s​t​/​p​3​c​z​w​2​r​e​459

  6. - Auszug
    06.12.2021
    Equitable access, soli­da­ri­ty, and glo­bal health justi­ce: Bridging the gap bet­ween ethics and decis­i­on-making in pandemics

    Equitable access, soli­da­ri­ty, and glo­bal health justi­ce: Bridging the gap bet­ween ethics and decis­i­on-making in pandemics

    From resour­ce allo­ca­ti­on and prio­ri­ty-set­ting, access to vac­ci­nes, vac­ci­ne man­da­tes, lock­downs, tra­vel rest­ric­tions, public health sur­veil­lan­ce, and obli­ga­ti­ons to con­duct cli­ni­cal tri­als, the COVID-19 pan­de­mic has rai­sed pro­found ethi­cal chal­lenges on an unpre­ce­den­ted glo­bal scale.

    At the same time, and also in an unpre­ce­den­ted man­ner, ethi­cal values like equi­ty, fair­ness, soli­da­ri­ty, and trust have figu­red pro­min­ent­ly in glo­bal poli­ti­cal dis­cus­sions. Despite an abun­dance of gui­dance, the que­sti­on remains: how much pro­gress, if any, have we made in achie­ving the­se values, in advan­cing towards glo­bal health justi­ce? Much has been said about the importance of evi­dence-infor­med decis­i­on-making, but what have we achie­ved in terms of ‘Ethics-infor­med decis­i­on-making’? This Summit pro­vi­des a forum to dis­cuss the trans­la­ti­on of ethics into poli­cy making in COVID-19; whe­re we have suc­ce­e­ded and fai­led; what are the major chal­lenges and what steps need to be taken to impro­ve ethics infor­med public health decis­i­on-making for pan­de­mic pre­pared­ness and response.

    The Summit is orga­ni­zed by the WHO Heath Ethics and Governance Unit in col­la­bo­ra­ti­on with the WHO’s Working Group on Ethics & COVID-19 and the ACT-Accelerator Ethics & Governance Working Group.

    Confirmed spea­k­ers include: Thalia Arawi, Caesar Atuire,
    Alena Buyx,
    Ezekiel Emanuel, Ruth Faden,
    Anthony Fauci,
    Christine Grady, Fatima Hassan, Sharon Kaur,
    Ilona Kickbusch,
    Florencia Luna, Roli Mathur, Peter Singer, Jerome Singh, Soumya Swaminathan, Beatriz Thomé, Ross Upshur, Effy Vayena.

    https://​www​.who​.int/​n​e​w​s​-​r​o​o​m​/​e​v​e​n​t​s​/​d​e​t​a​i​l​/​2​0​2​1​/​1​2​/​0​6​/​d​e​f​a​u​l​t​-​c​a​l​e​n​d​a​r​/​w​h​o​-​p​a​n​d​e​m​i​c​-​e​t​h​i​c​s​-​p​o​l​i​c​y​-​s​u​m​mit

    - WHO Pandemic Ethics and Policy Summit
    Equitable access, soli­da­ri­ty, and glo­bal health justi­ce: Bridging the gap bet­ween ethics and decis­i­on-making in pandemics
    30 November 2021
    https://www.who.int/news/item/30–11-2021-who-pandemic-ethics-policy-summit

    sie­he dazu
    u.a.
    Publications
    u.a.
    28. Mai 2020
    https://​www​.who​.int/​p​u​b​l​i​c​a​t​i​o​n​s​/​i​/​i​t​e​m​/​W​H​O​-​2​0​1​9​-​n​C​o​V​-​E​t​h​i​c​s​_​C​o​n​t​a​c​t​_​t​r​a​c​i​n​g​_​a​p​p​s​-​2​0​2​0.1

    30. Mai 2022
    https://​www​.who​.int/​p​u​b​l​i​c​a​t​i​o​n​s​/​i​/​i​t​e​m​/​W​H​O​-​2​0​1​9​-​n​C​o​V​-​P​o​l​i​c​y​-​b​r​i​e​f​-​M​a​n​d​a​t​o​r​y​-​v​a​c​c​i​n​a​t​i​o​n​-​2​0​2​2.1

    https://​www​.who​.int/​t​e​a​m​s​/​h​e​a​l​t​h​-​e​t​h​i​c​s​-​g​o​v​e​r​n​a​n​c​e​/​d​i​s​e​a​s​e​s​/​c​o​v​i​d​-19

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