"Ober" und dann ein lange gehaltenes "I" singen. Entschuldigen Sie!

Ausgerechnet die Stiftung Humboldt-Forum macht auf poli­tisch korrekt.

rbb24​.de (30.10.24)

»Mehrere Chöre in Berlin wol­len bei zwei geplan­ten Auftritten bei Udo Lindenbergs Hit "Sonderzug nach Pankow" aus dem Jahr 1983 das Wort "Oberindianer" teil­wei­se strei­chen. Es kön­ne aus heu­ti­ger Sicht dis­kri­mi­nie­rend wahr­ge­nom­men wer­den, teil­te die Stiftung Humboldt-Forum am Mittwoch zur Begründung mit.

Anlass sind Auftritte von acht Chören im November in dem Zentrum für Kunst, Kultur, Wissenschaft und Bildung. Nach einer offe­nen Diskussion mit den Chören und der künst­le­ri­schen Leitung habe sich die Stiftung ent­schie­den, das Wort teil­wei­se zu streichen…

Lindenberg singt in sei­nem Song unter ande­rem: "Ich muss da 'was klä­ren, mit eurem Oberindianer. Ich bin ein Jodeltalent und will da spie­len mit 'ner Band."

"Auch wenn das Wort in dem Lied "Sonderzug nach Pankow" in sei­ner Entstehungszeit 1983 eine meta­pho­ri­sche Konnotation hat­te – und es sich damals sati­risch-kri­tisch auf Erich Honecker bezog – sind wir uns auch bewusst, dass in dem Wort die Gewaltgeschichte der Kolonisierung indi­ge­ner Bevölkerungsgruppen nach­klingt", teil­te die Stiftung wei­ter mit. Das Wort wer­de von vie­len indi­ge­nen Menschen und von vie­len Besuchern als dis­kri­mi­nie­rend und ras­si­stisch wahr­ge­nom­men…«

Der Vorgang ist so däm­lich wie das sofort auf­kom­men­de Gekreisch von "can­cel cul­tu­re" aus dem Lager, in dem "Schwarzbraun ist die Haselnuß'" als Highlight deut­schen Kulturguts gilt und das mit Lindenbergs Texten kaum etwas anfan­gen kann.

Pikant: Das Lied und ein Begleitbrief Lindenbergs an Honecker hat­te im Februar 1983 für erheb­li­chen Unmut in der DDR-Führung gesorgt. Allerdings berap­pel­te man sich und gestat­te­te im Oktober einen Auftritt Lindenbergs im Rahmen des Festivals "Rock für den Frieden". Es fand im Palast der Republik statt, also dem Symbol der DDR-Geschichte, das nach der Wende zugun­sten des Humboldt-Forums mit sei­ner mon­ar­chi­sti­schen Fassade wei­chen mußte.

Das "wegen Corona" am 16.12.20 online eröff­ne­te Forum mit sei­nem Stadtschloß geht auf eine Initiative wohl­ha­ben­der und teils rechts­la­sti­ger Influencer zurück. Es stellt damit eine Parallele zu den Potsdamer Reaktionären um Günther Jauch dar, die fast die gesam­te Altstadt von DDR-Relikten säu­ber­ten und eine kit­schig-histo­ri­sie­ren­de Kinoarchitektur durchsetzten.

Raubkunst im Forum

Ausgerechnet das Humboldt-Forum sorgt sich um "die Gewalt­geschichte der Kolonisierung". Es hat sich nie geschert um die Sorge "von vie­len indi­ge­nen Menschen", die in gro­ßem Kreuz und "weit­hin sicht­ba­ren Schriftzügen um die Kuppel mit christ­li­chem Unterwerfungsanspruch " (Spiegel) eine Verharmlosung, wenn nicht Verherrlichung des Kolonialismus sehen. Die Bedenken wer­den ver­stärkt durch die jah­re­lan­ge Weigerung, geraub­te Kulturschätze an die Herkunftsländer zurückzugeben.

Als die CDU-Bundestagsfraktion 2022 eine klei­ne Anfrage stell­te und wis­sen woll­te, wie die "Erinnerung an die Verbrechen der deut­schen Kolonialzeit"mit dem Humboldt-Forum inten­si­viert wer­den sol­le – auch sie sprach vom "Wiederaufbau der Kuppel inklu­si­ve zahl­rei­cher mon­ar­chi­scher und christ­lich iko­no­gra­phi­scher Elemente" –, teil­te die Bundesregierung mit:

»Wie vie­le Ausstellungsstücke wer­den in den Sammlungen im Humboldt Forum ins­ge­samt ausgestellt?

Wie vie­le Ausstellungsobjekte davon stam­men nach Kenntnis der Bundesregierung aus ehe­mals deut­schen Kolonialgebieten?

Wie vie­le stam­men aus Kolonialgebieten ande­rer euro­päi­scher Länder, und wie vie­le davon wur­den nicht recht­mä­ßig erwor­ben bzw. sind soge­nann­ter Raubkunst zuzu­ord­nen (bit­te detail­liert auflisten)?

Ausgestellt sind der­zeit ca. 10 000 Objekte, von denen etwa die Hälfte aus Kontexten der deut­schen Kolonialherrschaft stam­men (sie­he hier­zu die Definition des Deutschen Museumsbundes zu kolo­nia­len Kontexten). Eine detail­lier­te Auflistung liegt der Bundesregierung nicht vor. Sie kann auf­grund der umfang­rei­chen Anzahl der Objekte auch nicht inner­halb der Antwortfrist erstellt werden.«

Videoquelle: you​tube​.com

6 Antworten auf „"Ober" und dann ein lange gehaltenes "I" singen. Entschuldigen Sie!“

  1. Honecker hat sein Volk stets wür­de­voll ver­tre­ten. Das war schon immer ein Problem für den Westen. Vertritt ein Bundeskanzler etwa sein Volk?

      1. Immerhin hat unser Oberindianer dafür gesorgt daß wir von Jodeltalenten aus Hamburg und Pappnasen aus Bonn 40 Jahre lang ver­schont geblie­ben sind.

  2. fühlt sich ein indi­ge­nes volk davon belei­digt, daß ein staats­ober­haupt als "häupt­ling der india­ner" beti­telt wird, daß also aus einem deut­schen ein "india­ner", wel­chen stam­mes über­haupt, gemacht wird?
    das wort "india­ner" beinhal­tet eine realitätsverweigerung.
    kolum­bus hat nicht glau­ben wol­len, nicht in indi­en gelan­det zu sein.
    "ame­ri­ka" heißt "ame­ri­ka" nach dem­je­ni­gen, der kolum­bus wider­spro­chen hat.

  3. > fühlt sich ein indi­ge­nes volk davon belei­digt, daß ein staats­ober­haupt als "häupt­ling der india­ner" beti­telt wird,

    Darum geht's gar nicht.

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