"Katja Wolf und die BSW-Landtagsfraktion begehen einen schweren politischen Fehler, wenn sie sich dem transatlantischen Treueschwur eines Friedrich Merz beugen"

Die Signale der Bundesführung des BSW in Richtung Thüringen sind in einer Frage deut­lich. "Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Gruppe BSW im Bundestag, Jessica Tatti, und der BSW-Bundesschatzmeister Ralph Suikat plä­die­ren in ihrem Gastbeitrag für kla­re Kante in der Friedenspolitik", heißt es am 29.10.24 auf t‑online.de.

»… Katja Wolf und Steffen Schütz sind in Thüringen auf dem besten Weg, das BSW zu einer Partei zu machen, von der es nicht noch eine braucht…

Mario Voigt will in Thüringen Ministerpräsident wer­den. Er postet bei X gemein­sa­me Fotos mit Friedrich Merz und ver­si­chert, es gebe nur "eine Union". Zur all­sei­ti­gen Information: Es gibt auch nur ein BSW, nicht zwei – es kann kein Thüringer BSW geben, das eine CDU-kon­for­me Außenpolitik mitträgt…

Dass die­se kla­re Haltung akzep­ta­blen Kompromissen nicht im Wege steht, zei­gen die Sondierungen mit dem SPD-Mann Dietmar Woidke in Brandenburg. Warum soll­te es in Thüringen unmög­lich sein, dass Mario Voigt aner­kennt, dass Waffenlieferungen den Krieg in der Ukraine nicht been­den wer­den und dass er der US-Raketen-Stationierung im Sinne der Thüringer zumin­dest kri­tisch gegen­über­steht? Katja Wolf und die BSW-Landtagsfraktion bege­hen einen schwe­ren poli­ti­schen Fehler, wenn sie sich dem trans­at­lan­ti­schen Treueschwur eines Friedrich Merz beu­gen. Mehr noch, sie tap­pen in eine Falle…

Nicht im Sinne der Bürger
Selbstverständlich hat­ten auch wir die Erwartung an Katja Wolf und die BSW-Landtagsfraktion, dass sie ernst­haft ver­su­chen, in Sondierungen mit CDU und SPD das Beste für die Thüringer her­aus­zu­ho­len und in ihrem Sinne eine sta­bi­le Regierung anzu­stre­ben. Es ist aber nicht das Beste für die Thüringer, wenn man die Positionen auf­gibt, deret­we­gen wir gewählt wurden.

Und genau so hat­ten wir es auch gemein­sam ver­ein­bart. Diese Vereinbarung droht in Thüringen gebro­chen zu wer­den. Wenn die Glaubwürdigkeit auf dem Spiel steht, ist es bes­ser, aus der Opposition her­aus gegen die fal­sche Politik ein­zu­ste­hen, die ande­re Parteien machen. Das gilt umso mehr für eine so jun­ge Partei. Wer das nicht kapiert, wird viel­leicht schnell Ministerin, ist aber in unse­rer Partei falsch.«

Hier zei­gen sich meh­re­re Probleme. Da ist ein­mal das struk­tu­rel­le Demokratiedefizit. Die weni­gen hand­ver­le­se­nen Mitglieder in den Landesverbänden haben ihre je eige­nen poli­ti­schen Schwerpunkte und Karriereplanungen. Das kann zu unter­schied­li­chen Auslegungen der oft­mals vagen pro­gram­ma­ti­schen Aussagen füh­ren. Ob die Interpretationsmacht bei Wagenknecht und ihren Getreuen auf Bundesebene liegt oder an der Basis in den Ländern, bleibt dabei unklar.

Eine wei­te­re Schwierigkeit wird auch in den Aussagen der Bundesfunktionäre nicht ange­spro­chen. Welche Wende "im Sinne der Bürger" soll denn über­haupt mög­lich sein mit einer CDU, die ja nicht nur auf Kriegskurs setzt, son­dern einen Sozialabbau ohne­glei­chen plant? Da wird eine gemein­sa­me Schuldzuweisung an MigrantInnen allei­ne kaum trag­fä­hig sein. Vor der Wahl hat­te Wolf noch erklärt: "Viele Zukunftsaufgaben konn­ten nicht mehr gelöst wer­den. Es fehlt an Geld für die­se Aufgaben, wie bei­spiels­wei­se für den Ausbau des öffent­li­chen Nahverkehrs, es fehlt an Unterstützung bei der Flüchtlingsaufnahme" (faz​.net, 27.1.24).

Daß aus­ge­rech­net in der Frage der "Corona-Aufarbeitung" das BSW in Thüringen nur lasche Vorschläge hat und eini­ge ihrer Abgeordneten der AfD den Vortritt las­sen, macht die Sache nicht bes­ser. Das ist aller­dings kein Zufall. Zur Erinnerung:

zeit​.de (9.12.21)

»Eisenach (dpa/​th) – Eisenachs Oberbürgermeisterin Katja Wolf (Die Linke) hat für Samstag (11.12.) ein ganz­tä­gi­ges Versammlungsverbot im Zusammenhang mit den in den sozia­len Medien bewor­be­nen "Hygienespaziergängen" erlas­sen. Auch Versammlungen mit ver­gleich­ba­ren Inhalten blie­ben ver­bo­ten, wie die Stadtverwaltung am Donnerstag mitteilte.

Erst am Montag kam es in fast allen Landkreisen Thüringens zu Protesten gegen die Corona-Maßnahmen. An fast allen Orten waren die Teilnehmerzahlen laut Polizei höher als zuläs­sig gewe­sen. Erlaubt waren zu die­sem Zeitpunkt maxi­mal 35 Menschen. In Erfurt kamen etwa 1000, in Altenburg etwa 800 und in Zeulenroda 600 Teilnehmerinnen und Teilnehmer zusam­men. Auch in Eisenach, Nordhausen, Arnstadt, Jena, Saalfeld, Sömmerda und wei­te­ren Städten gab es Demonstrationen.«

10 Antworten auf „"Katja Wolf und die BSW-Landtagsfraktion begehen einen schweren politischen Fehler, wenn sie sich dem transatlantischen Treueschwur eines Friedrich Merz beugen"“

  1. Der alt­lin­ke Uli Gellermann hat schon im Februar dem Programm des BSW entnommen:

    «Das „Bündnis Sahra Wagenknecht – Vernunft und Gerechtigkeit“ ist schon im Namen als höchst gefüh­lig zu erken­nen. Denn was „Vernunft“ oder „Gerechtigkeit“ sein mag, erschließt sich aus dem vor­lie­gen­den Parteiprogramm kaum. Die Zielgruppe, haben die von der Agentur, die das Programm beim Lunch in der Lounge for­mu­liert hat, gesagt: die Zielgruppe braucht es süf­fig. Die Oma vom Creative-Director hat eine gro­ße Rolle bei der Programmfindung gespielt, denn die hat damals immer gesagt, dass frü­her alles bes­ser war, also sagt die Wagenknecht-Partei das heu­te auch: „Das Aufstiegsversprechen der sozia­len Marktwirtschaft gilt nicht mehr“, so steht es im Programm. Als ob es „frü­her“ den end­lo­sen Aufstieg gege­ben hät­te, vom Pförtner zum Vorstandssprecher oder von der Sekretärin zum Sekretär.»
    – «Das Wagenknecht-Gesülze: Ein Parteiprogramm aus der Reklame-Agentur», Rationalgalerie, https://​www​.ratio​nal​ga​le​rie​.de/​h​o​m​e​/​d​a​s​-​w​a​g​e​n​k​n​e​c​h​t​-​g​e​s​u​e​lze

    Und dann war von Anfang an ein «Impf»-Fetischist Vize.

    BSW war dem Namen und dem Konzept nach von Beginn an als Wagenkncht-Wahlverein kon­zi­piert. Sie hat gemerkt: mit der Linkspartei wird ein Wiedereinzug in irgend­ein gut­do­tier­tes Parlament nicht mehr gehen, also macht sie ihren eige­nen Verein auf. Pech, dass jetzt, viel zu früh, deut­lich wird, ein ggf. sogar oppo­si­tio­ni­el­ler Inhalt steht nicht dahin­ter. Das wird bis zur Bundestagswahl dann wohl knapp. 

    Die Tragik der Wagenknecht besteht ver­mut­lich dar­in, dass sie wohl zu intel­li­gent ist, nicht zu begrei­fen, dass sie ihr eige­nes Schmierenstück fabri­ziert, und gleich­zei­tig aus ihrer Orientierung am poli­ti­schen Karrierismus nicht rauskommt.

  2. Wie immer wie­der erwähnt, han­delt es sich auch bei dem BSW um eine Fraktion der Allparteien Konsens-Einheitspartei in die­sem olig­ar­chi­schen System. Auch die nun­mehr kri­ti­sier­te Aufweichung von Positionen war von Beginn an selbst­ver­ständ­lich und ist daher nicht über­ra­schend. Wer und wel­che Partei auch immer in die­sem System "an die Macht" will, muss das System bedin­gungs­los aner­ken­nen. Er bzw. sie/​die Partei darf zwar den Schnabel auf­rei­ßen und etwas zwit­schern, aber ändern darf und kann sie nichts, außer klei­nen kos­me­ti­schen Korrekturen. Manchem Wähler reicht das schon. 

    Bekennen sich soge­nann­te Parteien und Personen nicht bedin­gungs­los zu den vom Regime mit sei­nen Institutionen defi­nier­ten demo­kra­ti­schen System, sind es wahl­wei­se und will­kür­lich Rechts- oder Linksextremisten, die für das System unschäd­lich gemacht wer­den müs­sen (von der wirt­schaft­li­chen bis zur sozia­len Vernichtung, mit­tels Zensur, beim Kolonialherrn auch durch­aus mehr, man sehe nur nach Guantanamo und die ver­schärf­ten Verhörmethoden). Bewusste Nichtwähler haben es erkannt und ver­wei­gern die Legitimation, die aus dem Kreuzchen her­ge­lei­tet wird, was (noch) ihre Entscheidungsfreiheit ist.

    1. BSW ver­tritt die Interessen pri­va­ter Unternehmer und Börsenspekulanten:

      >> Seit die Bundesregierung die rus­si­schen Ölimporte gestoppt hat, ist die PCK-Raffinerie im bran­den­bur­gi­schen Schwedt nicht mehr aus­ge­la­stet. Sahra Wagenknecht will das ändern: durch die Wiederaufnahme rus­si­scher Öllieferungen. Dafür wer­de sich ihr BSW stark­ma­chen, soll­te es in dem Bundesland zu einer Regierungsbeteiligung kommen. < <

      https://​gegen​zen​sur​.rtde​.world/​i​n​l​a​n​d​/​2​1​5​9​6​3​-​d​u​m​m​e​-​p​o​l​i​t​i​k​-​w​a​g​e​n​k​n​e​c​h​t​-​f​o​r​d​e​r​t​-​w​i​e​d​e​r​a​u​f​n​a​h​m​e​-​r​u​s​s​i​s​c​h​e​r​-​o​e​l​l​i​e​f​e​r​u​n​g​en/

      Das sagt doch alles über die Ziele und Zweckbestimmung die­ser Partei!

        1. @aa,
          es geht nicht ums Rechthaben son­dern um das Verstehen von Informationen. Somit liegt mit dem BSW mit­nich­ten eine Russenknechtschaft vor, son­dern eine Vertretung der Interessen sowohl deut­scher als auch rus­si­scher Finanzoligarchen.

          Bitte infor­mie­ren Sie sich @aa, PCK Schwedt ist ein Deutsches Privatunternehmen. Und es sind Deutsche Börsenmakler die mit Öl an den Börsen han­deln. Wobei des denen völ­lig egal ist, woher das Öl kommt! Und es ist BSW was die­se deut­schen Gutmenschen ver­tritt, die von Versorgung faseln!

  3. Ich den­ke, man muss die Ergebnisse die­ser Sondierungsgespräche einer­seits auf’s Schärfste zum Nachteil von Katja Wolf ver­ur­tei­len: Die Chance, die Corona-Politik (auch selbst­kri­tisch) auf­zu­ar­bei­ten, ist einst­wei­len vertan.

    Andererseits muss man die Kirche im Dorf las­sen: Auf Landesebene wird nicht das ent­schie­den, was den Menschen mei­ner Meinung nach auf den Nägeln brennt. Sozialgesetze wer­den auf Bundesebene erlas­sen, und die Außenpolitik ist eben­falls kei­ne Ländersache. Am Rande Thüringens ver­läuft auch kei­ne Staatsgrenze.

    Selbst wenn ein BSW-regier­tes Bundesland alles ver­korkst, was es zu ver­kork­sen gilt, ist damit für die Bundesebene real­po­li­tisch noch nichts gesagt.

    Ich las­se mich über­ra­schen – was bleibt auch ande­res übrig?

    Ferner: Wird Friedrich Pürner der Ströbele des BSW?

    https://​www​.tichys​e​inblick​.de/​g​a​s​t​b​e​i​t​r​a​g​/​t​h​u​e​r​i​n​g​e​n​-​g​r​a​d​m​e​s​s​e​r​-​g​l​a​u​b​w​u​e​r​d​i​g​k​e​it/

  4. Der Sozialabbau wird doch nicht von den Parteien geplant, son­dern ergibt sich ganz auto­ma­tisch aus der in die­sen System vor­herr­schen­den Produktionsweise.

  5. noch ist nichts pas­siert. ich ver­ste­he gar nicht war­um sich alle gleich so maß­los auf­re­gen­de, es geht um ein Thesenpapier für eine kom­pli­zier­te Koalition auf Landesebene. Über sowas wur­de frü­her nie gere­det. oder kann sich jemand an die Koalitionsvereinbarung von frü­hen grü­nen Regierungen erinnern?
    Das die in Thüringen auf­ge­stell­te Kandidatin nicht son­der­lich sicher in ihrer Haltung ist, konn­te man im Vorfeld schon beob­ach­ten, z.b. in dem Interview mit Thilo jung, das geprägt ist vom lavie­ren zwi­schen Sozialem und Pragmatismus ohne wirk­lich Ideen oder Ziele zu defi­nie­ren. offen­sicht­lich hat sie es des­halb geschafft vor Ort einen sta­tus zu erhal­ten der sie zur Spitzenkandidatin beför­dert hat. Das aber alles der gan­zen Partei zu unter­stel­len, ist doch etwas früh. 

    Ich fin­de aber auch, das man als neue Partei durch­aus wagen soll­te, kla­re Positionen zu for­mu­lie­ren die heu­te in n der Politik feh­len und sicher von vie­len bsw Wählern erhofft wer­den. Aber ein Verhandlungspapier und Diffamierungsartikel in der staats­pres­se sind für mich bedeutungslos.

  6. "BSW-Machtkampf: „Auf dem besten Weg, das BSW zu einer Partei zu machen, von der es nicht noch eine braucht“
    https://​www​.nach​denk​sei​ten​.de/​?​p​=​1​2​3​920

    https://​www​.ber​li​ner​-zei​tung​.de/​p​o​l​i​t​i​k​-​g​e​s​e​l​l​s​c​h​a​f​t​/​b​s​w​-​v​o​r​s​t​a​n​d​-​u​m​-​w​a​g​e​n​k​n​e​c​h​t​-​f​o​r​m​u​l​i​e​r​t​-​b​e​d​i​n​g​u​n​g​e​n​-​a​n​-​p​a​r​t​e​i​k​o​l​l​e​g​e​n​-​i​n​-​t​h​u​e​r​i​n​g​e​n​-​l​i​.​2​2​6​7​555
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    Meine Lesezuschriebt an: briefe@​berliner-​zeitung.​de

    "Der beschlos­se­ne Antrag endet mit den Worten: „Unglaubwürdige Parteien, von denen die Menschen nichts mehr erwar­ten, gibt es in unse­rem Land genug. Die Wut dar­über hat nicht zuletzt die AfD stark gemacht. Wir sind nicht ange­tre­ten, den vie­len poli­ti­schen Enttäuschungen, die die Menschen in unse­rem Land schon erfah­ren haben, eine wei­te­re hinzuzufügen.“

    Gut so!

    Allerdings zeigt auch ein BSW kei­ner­lei Bestrebungen nach "mehr und ech­ter Demokratie". Die Zeit von Parteienherrschaft mit der satt­sam bekann­ten Stellvertreterpolitik ist ein aus­lau­fen­des Modell. Empfehlenswert die, immer noch lesens­wer­ten, Reflexionen der Philosophin Simon Weil:
    "Anmerkung zur gene­rel­len Abschaffung der poli­ti­schen Parteien". 

    Ob nun Kurt Tucholsky oder Emma Goldmann fol­gen­der Spruch zuge­schrie­ben wird:
    "Wenn Wahlen was ver­än­dern wür­den, wären sie verboten",
    ist nicht ent­schei­dend. Wichtig nur, dar­aus ent­spre­chen­de Schlüsse zu zie­hen wie z.B. ein David Van Reybrouck mit Überlegungen: 

    "Gegen Wahlen – Warum Wahlen nicht demo­kra­tisch sind". 

    Sehr scha­de, dass sich die Goethe-Kennerin Sahra Wagenknecht bis­her nicht an des­sen Aphorismus orientierte:
    "Welche Regierung die beste sei? Diejenige, die uns lehrt uns selbst zu regieren." 

    Prima jeden­falls, dass die Berliner Zeitung mit ihren Beiträgen immer wie­der den Geist der Souveräninnen und Souveräne mit heraufbeschwört.

    Friedenstüchtige Grüße
    Ute Plass

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