Christina Berndt weiß, was aktuell in die Köpfe muß. Unter einem Foto eines rosa Bonbons mit der denkwürdigen Bildunterschrift "Das Gehirn ist wie ein Bonbon: Es kann einen jeden Tag erfreuen, aber wenn ein Unglück passiert oder man nicht gut darauf aufpasst, wird es unbrauchbar" und dem Titel
schreibt die "Wissenschaftsredakteurin" der SZ:
»Das Thema Alzheimer erscheint derzeit noch düsterer als sonst. Als wären Demenzerkrankungen nicht schon belastend genug, sind zuletzt weitere dunkle Wolken aufgezogen. Da hörte man von jahrelanger Forschungsfälschung auf diesem Gebiet. Noch dazu wurden zwei neue Alzheimer-Medikamente, die in den USA und Japan längst verfügbar sind, in der EU bisher nicht zugelassen. Einem der Medikamente hat die EU-Arzneimittelbehörde EMA sogar eine klare Absage erteilt: Zu gering sei der Nutzen, zu groß die Risiken. So schlägt sich der Nebel, den Demenzen im Gehirn verursachen, gerade auch auf die Seelen all derer, die die Krankheiten immer stärker auf sich zukommen sehen…
Die Zahl der Betroffenen könnte enorm steigen.
Aber es gibt durchaus Hoffnung. Auch wenn es offenkundig Forschende gibt, die sich ihre Daten zusammenreimen wie mancher Demenzpatient die bösen Geister, die er sieht, so hat die Forschung erhebliche Fortschritte gemacht. Das zeigen auch die neuen Medikamente.
Diese Arzneien sind gewiss noch nicht die Lösung. Sie können Alzheimer weder stoppen noch heilen, und sie können gefährliche Nebenwirkungen haben. Aber sie stellen hoffentlich einen Anfang dar…«
Neben der Pharma-PR gibt es gute Tips:
»Man kann etwas tun. Da ist zuallererst der Lebensstil. Wer geistig, körperlich und sozial aktiv ist, senkt sein Risiko erheblich. Schutz bietet auch der Verzicht auf Rauchen und Alkohol und die Behandlung von verschwägerten Krankheiten wie Bluthochdruck, Hörstörungen und Depressionen. So lassen sich bis zu 40 Prozent aller Alzheimerfälle verhindern. Das muss stärker in die Köpfe.«
SZ-Gesundheitsforum
Am 25.11.24 wird Frau Berndt zu diesem Thema ein Online-Forum moderieren, für das man sich kostenlos anmelden kann. Dort soll u.a. diskutiert werden:
Drei ExpertInnen werden teilnehmen. Einer ist Prof. Dr. Peter Falkai, Direktor der Klinik für Psychiatrie des Klinikums der Universität München. Er wußte am 27.3.20 von Belastungen seiner PatientInnen durch die Corona-Maßnahmen:
»… Woran zeigt sich die Belastung?
Falkai: An Schlafstörungen zum Beispiel, an Angst und innerer Unruhe. Bei Patienten, deren psychische Krankheit gut kontrolliert war, kehren Symptome zurück. Manche spüren auf einmal Druck auf der Lunge und fürchten, das sei Corona. Es ist aber ein Symptom ihrer Angst. Eine ältere Patientin sagte mir: Es ist wieder Krieg. Es ist genau wie früher. Wir haben Angst. Das kann zu Retraumatisierungen führen, zu einem Wiederaufleben von Traumata.Auch die Zahl von Personen aus der gesunden Bevölkerung, die sich bei uns melden, steigt.
Die Ausgangsbeschränkungen in Bayern verbieten es, Freunde zu treffen. Wer allein wohnt, bleibt allein. Welche Auswirkungen hat diese Maßnahme auf die psychische Gesundheit der Betroffenen?
Falkai: Chronischer Konflikt plus Einsamkeit: Das trifft die psychische Gesundheit empfindlich. Alleinsein können Menschen ganz schlecht, wir sind im Kern soziale Wesen, die sich am wohlsten in kleinen Gruppen fühlen. Ältere Menschen, die keine Kontakte haben, werden krank. Vier Wochen lang kann man das aushalten. Hält es länger an, wird es schwierig…
Was ist Ihre Hoffnung?
Falkai: Ich hoffe, in vier Wochen werde die Maßnahmen etwas gelockert. Denn wenn wir lange so weiter fahren, steigt die Gefahr psychischer Erkrankungen mehr und mehr an. Die Politik muss den Menschen das Gefühl geben, dass sie die Sache im Griff hat und sich jemand um sie kümmert. Virologische Maßnahmen allein genügen nicht. Man muss die psychische Gesundheit und Resilienz stärken. Menschen brauchen Zuversicht, das ist ganz wichtig…«
lmu.de (27.3.20)
Im Oktober 2020 erklärte er:
»… Da sehen wir beunruhigende Bilder aus China und Italien. Dann sehen wir die Kanzlerin, die sich mit einer besorgten und mahnenden Ansprache an die Bevölkerung wendet. Den Ministerpräsidenten, der immer wieder betont, wie ernst die Lage ist. Da kann man schnell das Gefühl bekommen: Oh Gott, die Welt geht unter. Es ist ganz natürlich, dass derzeit viele Menschen Angst haben. Derjenige, der momentan gar keine Sorgen hat, der hat ziemlich gute Nerven.
Was kann man gegen diese Angst tun?
Prof. Dr. Peter Falkai: Natürlich kann man versuchen, sich abzulenken. Aber man kann sich auch rational fragen: Was kann mir und meiner Gesundheit wirklich passieren? Ja, es kann sein, dass ich krank werde. Aber 80 Prozent der Infizierten haben einen leichten Verlauf. Wenn ich gesund und fit bin, werde ich wahrscheinlich einen leichten Verlauf haben. Und, wie schon gesagt, leben wir in einem Land mit einem sehr guten Gesundheitssystem. Diese rationalen Gedanken können helfen…«
tz.de (19.10.20)
Das Gerede über das "Wissen von heute" und daß damals doch niemand von den Schäden der Maßnahmen etwas ahnen konnte, wird auch hier widerlegt. Der Psychiater beschreibt die Angstmache der Regierenden und die Folgen, die daraus entstanden. Doch wie bei so vielen mündet die Erkenntnis nicht in einen Appell an die EntscheiderInnen, dem Wahnsinn ein Ende zu bereiten. Falkai beschränkt sich auf gutgemeinte Tips zum Überleben und positivem Denken.
Wider besseres Wissen
Gleichzeitig machte Falkai sich die medial verbreiteten Legenden zu eigen. In einer am 22.8.20 mitverfaßten Arbeit "Patienten mit psychischen Erkrankungen und einer SARS-CoV-2-Infektion" behauptet er: "Auch in Deutschland steigt erneut die Zahl der positiv auf SARS-CoV‑2 getesteten und auch der stationär behandlungsbedürftigen Personen dynamisch an [1]". Hätte er wirklich die verlinkten RKI-Dokumente angesehen, dann wäre ihm im Lagebericht vom 22.8.20 dieses Diagramm aufgefallen:
Halbwegs relevant sind lediglich die blauen Balken. Die gelben zeigen "Fälle", bei denen "der Erkrankungsbeginn nicht bekannt bzw. sind diese Fälle nicht symptomatisch erkrankt" [sic]. Dennoch beschreibt Falkai einen "5‑stufigen Pandemieplan" seiner Hochschule, der auch "Erlösausfälle sowie Defizite der Krankenhäuser" vermeiden soll. Einschränkungen des Betriebs resultieren aus "Erkrankungen der Mitarbeiter, Quarantäne sowie der Schließung von Schulen". Schon hier wird erkennbar, daß nur ein kleiner Teil "durch die Pandemie" verursacht wird und ein erheblich größerer durch inadäquate "Maßnahmen". Doch auch die folgende Beschreibung der Herausforderungen für psychisch Kranke zeigt eindrucksvoll, daß nicht in erster Linie eine medizinisch verstandene Bedrohung im Vordergrund steht:
»Durch die Pandemie ist in hohem Maße auch die Gesundheit von Menschen mit psychischen Erkrankungen bedroht, die als besonders gefährdete Bevölkerungsgruppe gelten [2]. Gründe hierfür sind u. a. eine soziale Ausgrenzung und Stigmatisierung im Zusammenhang mit chronischen Krankheiten wie Schizophrenie oder Depression und psychische sowie somatische Komorbiditäten (Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Immunschwäche unter antipsychotischer Medikation wie Clozapin).
Menschen mit psychischen Erkrankungen zeigen häufig einen chronischen Krankheitsverlauf mit verkürzter Lebensdauer [3] und haben häufig mit sozio-ökonomischen Schwierigkeiten zu kämpfen: Wohnen, Zugang zu Bildung und Beschäftigung und soziale Verbindungen sind aufgrund mangelnder Kommunikations- und Beziehungsfähigkeiten deutlich erschwert. Menschen mit psychischen Erkrankungen leben häufig allein, sind isoliert und nicht leicht in der Lage, zusätzliche Unterstützung zu fordern, sollten sie an COVID-19 erkranken. Aber auch eine zunehmende Stressbelastung (Ausgangsperren, Quarantäne, Einsamkeit) in der Allgemeinbevölkerung sowie die Überforderung mit der Gesamtsituation während einer Pandemie können zur Zunahme an psychischen Belastungen führen. Psychiatrische Einrichtungen sind deshalb neben somatischen Krankenhäusern nicht nur systemrelevant, sondern auch unverzichtbar in der Krankenversorgung während einer Pandemie. Aus diesem Grund sollte ihre Funktionsfähigkeit unbedingt aufrechterhalten werden.«
Das klingt reichlich hilflos. Mit dem berüchtigten Wissen von heute ist klar: Alle diese Warnungen wurden in den Wind geschlagen.
Interessant ist, daß der zweite Link mitnichten zu einer Aufstellung von Gefährdungen "durch die Pandemie" führt, sondern im Gegenteil die Antworten der Regierenden kritisch betrachtet. Um so absurder sind die Bestimmungen des "Stufenplans", bei dem eine strikte Isolierung von PatientInnen schon bei einem "Verdacht auf eine SARS-CoV-2-Infektion" vorgesehen ist. Man geht sogar noch weiter:
»Wenn jedoch eine Person, die mit dem Coronavirus infiziert, krankheits- oder ansteckungsverdächtig ist und aufgrund einer psychischen Störung nicht in der Lage ist, den Anweisungen des Gesundheitsamts so zu folgen, dass für Dritte keine Gefahr von ihr ausgeht, so kann sie laut Infektionsschutzgesetz (IfSG) und Bayerischem Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz (BayPsychKHG) gegen ihren natürlichen Willen in einer psychiatrischen Klinik untergebracht werden [12].«
Eine weitere Expertin des Gesprächs ist PD Dr. Katharina Bürger, Oberärztin der Gedächtnisambulanz am Institut für Schlaganfall- und Demenzforschung am Klinikum der Universität München. Ihr Institut war an den klinischen Studien zu Aducanumab beteiligt, einem Alzheimer-Medikament der Firma Biogen (s. hier). Es wurde in den USA notfallzugelassen, in der EU nicht. Das trifft auch auf Lecanemab desselben Unternehmens zu. Frau Berndt möchte diskutieren, ob der Stoff nicht dennoch privat erworben werden sollte. Davon hält Bürger wegen der Haftungsrisiken der Behandelnden nichts. Obwohl "zwei Patienten unter Lecanemab an Hirnblutungen [verstarben]", konnte sie die Ablehnung der EMA nicht nachvollziehen. Dies sei "ein Rückschlag" und "eine große Enttäuschung", erklärte sie am 1.8.24 (s. hier). "Wir hoffen auf die Zulassung eines anderen Antikörper-Wirkstoffs, des Donanemab". Auch der ist von der EMA nicht zugelassen worden. apotheken-umschau.de berichtete am 3.7.24: "Bei 24 Prozent der behandelten Personen traten in der Studie Hirnschwellungen auf, in einigen Fällen sogar Hirnblutungen. Drei Personen sind wohl aufgrund dieser Nebenwirkungen gestorben".
Der dritte Teilnehmer des SZ-Gesundheitsforums ist Prof Dr. Richard Dodel, Inhaber des Lehrstuhls für Geriatrie an der Universität Duisburg-Essen und Koordinator der Leitlinie Demenzen. Seine Erwartungen an die Medikamente sind sehr viel zurückhaltender. In einem Artikel auf welt.de vom 22.9.23 ist zu lesen, daß nach den Rückschlägen wieder Aufbruchstimmung herrscht:
»… Vier Jahre später herrscht wieder Aufbruchstimmung: Zum einen wurde bereits 2021 der Antikörper Aducanumab, dessen Prüfung damals wegen mangelnder Erfolgsaussicht gestoppt worden war, in den USA zur Alzheimer-Therapie zugelassen – in einer äußerst umstrittenen Entscheidung. Zum Zweiten kam Anfang 2023 in den USA der Antikörper Lecanemab auf den Markt – dessen Zulassung in der EU derzeit geprüft wird. Und kürzlich veröffentlichte das Fachjournal „JAMA“ Resultate einer Studie für einen dritten Antikörper, Donanemab, dessen Zulassung in den USA beantragt ist. Die Antikörper sollen im Gehirn dazu führen, dass bestimmte Ablagerungen abgebaut werden.
Medien beurteilen die Entwicklung als „Durchbruch“, sprechen von einem „Meilenstein“ und einem „Wendepunkt“. Das Urteil vieler Fachleute fällt nüchterner aus: „Der Nutzen der Antikörper ist derzeit noch überschaubar“, sagt Richard Dodel von der Universität Duisburg-Essen, Alzheimer-Experte der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN)…
Der DGN-Experte Dodel bezweifelt, dass Betroffene den Effekt überhaupt bemerken könnten…
Dodel geht im Falle einer EU-Zulassung des Antikörpers Lecanemab von einem Preis von 20.000 bis 30.000 Euro pro Jahr aus – bei potenziell 150.000 bis 200.000 infrage kommenden Menschen…«
Ob für Frau Berndt da etwas abfallen wird?
(Hervorhebungen in blau nicht in den Originalen.)
«… das muss stärker in die Köpfe» – OK. Was, wenn der «Kopf» Alzheimer hat? Nützt dann ein rosa Bonbon?
Nunja, wer eine hohle Birne hat, kriegt auch kein Alzheimer. Von Nix kommt Nix.