Wenn Lars Schaade die Unwahrheit sagt, ist er dann ein dreister Lügner?

Die Frage wäre zu ver­nei­nen, wenn die Unwahrheit aus Unwissen resul­tier­te. Am 20.6.24 beschäf­tig­te sich der rhein­land-pfäl­zi­sche Ausschuss für Gesundheit mit dem Thema "Management der Corona-Pandemie in Rheinland-Pfalz". Dort wur­de auch der jet­zi­ge RKI-Präsident Schaade befragt. Zu der von ihm und Lothar Wieler am Sonntag, dem 15.3.20 – ohne Rücksprache mit dem Krisenstab (s. hier) – vor­ge­nom­me­nen Hochstufung der Risikobewertung erklär­te er:

»Der erste Punkt ist, war­um zu dem ent­spre­chen­den Zeitpunkt eine Hochstufung erfolg­te. Wenn man sich unse­re täg­li­chen Lageberichte zu die­sem Zeitpunkt anschaut, lässt sich sehr gut nach­voll­zie­hen, dass es in Deutschland einen expo­nen­ti­el­len Anstieg der Fallzahlen gab. Anders aus­drückt: Die Pandemie hebt zu die­sem Zeitpunkt ab. Das war letzt­end­lich der Grund, dass wir die Risikobewertung hoch­ge­stuft haben. Des Weiteren hat­ten wir im Hintergrund natür­lich auch Modelle – Sie kön­nen das auf unse­rer Homepage anschau­en; das ist ver­öf­fent­licht –, was pas­sie­ren könn­te.«
doku​men​te​.land​tag​.rlp​.de

Das ist falsch.

Selbst wenn man die offi­zi­el­len Kriterien für "Fälle" zugrun­de­legt, ergibt sich die­se Bild:

Bei einer bun­des­wei­ten Zahl von unter 5.000 "Fällen" zum Zeitpunkt der Hochstufung sinkt sie danach bereits deut­lich und kommt in der Folge für ein hal­bes Jahr zum Erliegen. Erst mit einem dra­ma­ti­schen Hochfahren der Testungen steigt sie wie­der an. Der Situationsbericht des RKI vom 31.3.20 nennt für den 17. März sogar nur einen Höchststand von 3.000 "Fällen", die bis zum 30. März auf Null fal­len. Dort wird auch ver­mel­det, daß sich auf 16.319 regi­strier­ten Intensivbetten 1.486 PatientInnen befan­den, die posi­tiv gete­stet wur­den. Seit "Pandemiebeginn" habe es 867 Fälle mit Pneumonien gege­ben. (Bis zum 23.12.20 gehör­te das kli­ni­sche Bild einer Pneumonie übri­gens zur Falldefinition. Ab dann reich­te ein "neu auf­ge­tre­te­ner Geruchs- oder Geschmacksverlust". Als "labor­dia­gno­sti­scher Nachweis" wur­de nun auch ein Schnelltest aner­kannt, sie­he hier).

Schaade, der damit auf Vorhaltungen von Tom Lausen ein­geht, wie­der­holt noch einmal:

»Wir hat­ten als Grundlage die Entwicklung der Fallzahlen in einem expo­nen­ti­el­len Maßstab – das kann jeder nach­voll­zie­hen – und die Projektion, was pas­sie­ren könn­te. Insofern bin ich heu­te noch der Meinung, dass die Hochstufung der Risikobewertung zu die­sem Zeitpunkt gebo­ten war. Andere Wissenschaftler sind durch­aus sogar der Meinung, dass unse­re Risikobewertung zu spät erfolgt sei. Entgegen der Auffassung von Herrn Lausen gibt es also auch kon­trä­re Auffassungen.«

Wir haben gese­hen, daß es kei­ne "Entwicklung der Fallzahlen in einem expo­nen­ti­el­len Maßstab" gab. Doch selbst die "Projektion, was pas­sie­ren könn­te", gab nichts für ein erhöh­tes Risiko her. Im genann­ten Bericht vom 31.12.20 sehen wir in grau die Modellierungen, hier Imputation genannt (und schen­ken dem RKI an die­ser Stelle den Begriff "Erkrankung"):

Vor der Welle sein. TGV mit Intensivstationen

»Der zwei­te Punkt ist, dass eine Risikobewertung auch dazu dient, vor der Welle zu sein. Das heißt, zu war­ten, bis die Krankenhäuser und Intensivstationen über­ge­lau­fen sind, ist nicht der Sinn einer Risikobewertung. Man muss auf die Risiken vor­zei­tig hin­wei­sen. Damit hat man ein Zeitfenster, um zu han­deln; denn wir haben gese­hen, wel­che Situationen ein­ge­tre­ten sind. Was in Bergamo in Italien pas­siert ist, brau­che ich nicht wei­ter zu erläutern.«

Vermutlich zieht Bergamo immer noch, trotz der Entlarvung als Inszenierung (s. hier und hier). Schaade legt aber noch zwei drauf:

» In Ostfrankreich wur­den Patienten mit dem TGV unter Intensivstations- und Beatmungsbedingungen in den Westen und in den Süden des Landes gefah­ren, weil nichts mehr ging. In den USA hin­gen teil­wei­se zwei Patienten an einem Beatmungsgerät

Tatsächlich gab es im Mai Berichte über einen fran­zö­si­schen "Virus Train", mit dem ein­ma­lig 20 PatientInnen ver­legt wur­den (z.B. hier und hier). Über das zwei­te Ereignis berich­te­te am 27.3.20 reu​ters​.com: "Mindestens ein New Yorker Krankenhaus hat damit begon­nen, zwei Patienten an ein ein­zi­ges Beatmungsgerät anzu­schlie­ßen. Dabei han­delt es sich um ein expe­ri­men­tel­les Krisenprotokoll, das eini­ge Ärzte für zu ris­kant hal­ten, wäh­rend ande­re es für not­wen­dig erach­ten, da der Ausbruch des Coronavirus die medi­zi­ni­schen Ressourcen bela­stet".

Hat Schaade die Feststellung im RKI-Protokoll vom 19.3.21 ver­ges­sen: "Es ist kei­ne Übersterblichkeit sicht­bar" (s. hier). Oder die vom 26.3.21, wonach die "Sterbefälle unter dem Durchschnitt der letz­ten Jahre" lagen (s. hier)? Zu den "über­lau­fen­den" Intensivstationen war schon immer ein Blick auf inten​siv​re​gi​ster​.de hilf­reich. Hier sehen wir den Anteil posi­tiv Getesteter – Achtung! "COVID-19-Fälle" sind die orangefarbenen:

In einem Video, in dem Lausen, Gunter Frank und Kay Klapproth über die Sitzung in Rheinland-Pfalz plau­dern (und aus mei­ner Sicht auch manch Fragwürdiges ver­brei­ten), wird eine Grafik aus dem Pool der euro­päi­schen Statistikbehörde gezeigt. In ihr wird eine sehr auf­fäl­li­ge Kurve der Todeszahlen in Bergamo wiedergegeben:

Läßt man sich nur die Daten für 2020 anzei­gen, dann gibt es einen merk­wür­di­gen stei­len Anstieg der Todeszahlen für drei Wochen, gefolgt von einem rapi­den Rückgang, der sich dann auf den lang­jäh­ri­gen Durchschnitt von ca. 200 pro Woche einpendelt:

NUTS steht für "nomen­cla­tu­re of ter­ri­to­ri­al units for sta­tis­tics", "NUTS 3: small regi­ons for spe­ci­fic dia­gno­ses" (ec​.euro​pa​.eu).

"Vor der Einführung einer Impfung sind solche Beobachtungsstudien aber naturgemäß nicht vorhanden"

Schaade führt wei­ter aus:

»Zur Impfstoffwirksamkeit: Impfstoffe wer­den nicht ein­fach so auf den Markt gebracht. Erst ein­mal gibt es die kli­ni­schen Phasen 1 bis 3. Damit ist die Wirksamkeit im Grunde bestätigt.

In die­ser nicht ganz klei­nen Gruppe der Testpersonen in der Phase 3 – das sind etwa 44.000 bis 45.000 Personen – wird man häu­fi­ge­re Nebenwirkungen erken­nen. Was dann folgt, sind Beobachtungsstudien. Diese wer­den bei jedem Impfstoff und in der Pandemie natür­lich ganz beson­ders gemacht. Vor der Einführung einer Impfung sind sol­che Beobachtungsstudien aber natur­ge­mäß nicht vorhanden.

Welche Beobachtungsstudien gab es in Deutschland und am RKI? – Wir haben in den Wochenberichten regel­mä­ßig über die Abschätzung der Impfstoffwirksamkeit auf­grund der Screeningmethode infor­miert. Bei die­ser Screeningmethode, bei der es sich zuge­ge­be­ner­ma­ßen um eine Abschätzmethode mit Daten han­delt, die wir aus den Meldedaten hat­ten, konn­te man sehr gut erken­nen, dass die Impfung in ver­schie­de­nen Altersgruppen sehr gut wirk­sam ist.«

"Im Grunde" wur­de in den ver­kürz­ten kli­ni­schen Phasen die Wirksamkeit der "Impfstoffe" bestä­tigt. Da man sich Beobachtungsstudien wie bei jeder vor­her­ge­hen­den Auslieferung von Vakzinen erspar­te, konn­te man "natur­ge­mäß" weni­ger häu­fi­ge Nebenwirkungen nicht erken­nen. "Aus den Meldedaten" (!) schätz­te man des­halb die Wirksamkeit. Auf Deutsch: Wenn die Zahl der "Fälle" sank, konn­te das nur am "Impfstoff" lie­gen. Den umge­kehr­ten Schluß, daß mas­siv stei­gen­de Fallzahlen nach den "Impfkampagnen" etwas über die Wirksamkeit aus­sag­ten, woll­te man natür­lich nicht ziehen.

Noch am 26.3.21 dis­ku­tier­te der Krisenstab des RKI über "Impfeffektivität (IE)/ Impfstoffsicherheit" und stell­te dabei fest, daß es kei­ner­lei "Basisdaten" dafür gab (s. hier). Als dem Stab einen Monat spä­ter sechs Fälle von Hirnthrombosen aus den USA nach Verabreichung des Stoffs von Janssen (Johnson & Johnson) bekannt wur­den, nahm er ledig­lich zur Kenntnis, daß die Stiko ihre Empfehlungen nicht ändern wol­le. Als sie das wenig spä­ter für Menschen unter 60 Jahren doch tat, schwieg der Krisenstab zur Ankündigung von Jens Spahn, die "zeit­na­he Verwendung vor­han­de­ner Impfstoffe von J&J sicher­zu­stel­len" (s. hier). Am 21.4.21 stell­te das RKI fest, daß es "wei­ter­hin zu leich­ten Erkrankungen von Geimpften in der Pflege" kam, was für den Krisenstab ledig­lich ein Anlaß war, Quarantäneregeln zu ver­schär­fen (s. hier).

Als das RKI zum letz­ten Mal in sei­nem Wochenbericht vom 28.4.22 Zahlen dazu nann­te, lau­te­ten sie so:

»Im gesam­ten Zeitraum von MW 05/​2021 – 16/​2022 war aus den über­mit­tel­ten Angaben für 85 % der sym­pto­ma­ti­schen COVID-19-Fälle der Impfstatus bekannt. In die­sem Zeitraum wur­den ins­ge­samt 1.691.166 Impfdurchbrüche iden­ti­fi­ziert: 18.565 bei 5- bis 11-Jährigen mit Grundimmunisierung bzw. 1.082 mit Auffrischimpfung, 61.579 bei 12- bis 17-Jährigen mit Grundimmunisierung bzw. 17.906 mit Auffrischimpfung, 768.061 bei 18- bis 59-Jährigen mit Grundimmunisierung bzw. 542.237 mit Auffrischimpfung und 161.314 bei Personen ab 60 Jahre mit Grundimmunisierung bzw. 120.422 mit Auffrischimpfung

(Hervorhebungen in blau nicht in den Originalen.)

5 Antworten auf „Wenn Lars Schaade die Unwahrheit sagt, ist er dann ein dreister Lügner?“

  1. Wenn er also kein Lügner ist, so wäre er zumin­dest nicht geeig­net für sei­ne Positionierung. Wer oder was hat ihn dort hin gehievt? Wohl leben wir, im Zeitalter der frag­wür­di­gen Führungskräfte.

    In ver­gan­ge­nen Zeiten hat­ten wir deut­lich weni­ger Akademiker auf ver­ant­wor­tungs­vol­len Posten. Weniger gebil­det, das mag sein – aber ungleich ver­ant­wor­tungs­be­wuss­ter und ‑vol­ler! Mit Verlaub, den "hohen Bildungsgrad" merkt man lei­der viel zu weni­gen "Führungskräften" an. Das Konzept dahin­ter scheint ver­kehrt! [Scheint ver­kehrt? – grüblegrübl]

    Ein Schein ist ein Schein ist ein Schein .….… ???????

    1. nach­ge­reicht: Und ausser­dem – qua­si "wis­sewn­schaft­lich" – Wie lan­ge sind die Beine von Lars Schade, denn wie jeder­mann weiss haben Lügner kur­ze Beine. – Okay, das war jetzt popu­li­stisch, 'schweißß. 😉

      [Wer die Ernst nimmt wird zum Fall (und bringt Umsätze, also VORSICHT)]

  2. Apropos "Fragwürdiges": Wieso set­zen Sie sich nicht mal mit den Herren Frank, Klapproth und Lausen zusam­men und pro­du­zie­ren gemein­sam einen Beitrag? Vielleicht nimmt Hr. Häring eben­falls auf Einladung an der Runde teil. Während der Diskussion könn­ten Einlagen von Leuten wie Buyx, Lauterbach, Merkel, Schaade, Scholz, Wieler und Prominenz der Mainzer Jauchegrube über einen Bildschirm prä­sen­tiert wer­den. Das wird bestimmt lustig und gleich­zei­tig informativ.

  3. Die Frage ist doch die­se hier: Wer braucht Impfstoffe gegen Coronaviren? Viren die es schon immer gab? Impfstoffe deren Wirkung nicht nur frag­wür­dig ist son­dern töd­lich und Menschen zu Krüppeln macht?

    Na? Wer braucht das!?

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