Lauterbach-Fan enttäuscht. BigBrotherAward 2024 für den Gesundheitsminister

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Der Laudator bekennt:

»Ich war lan­ge ein Fan von Karl Lauterbach: Nach dem wenig beschla­ge­nen Gesundheitsminister Jens Spahn hat­te ich – nicht zu Unrecht – die Hoffnung auf mehr fach­li­che Kompetenz. Doch beim Thema Datenschutz im Gesundheitsbereich knüpft Herr Lauterbach nicht nur voll bei sei­nem Vorgänger an – er ver­schlim­mert des­sen ver­fas­sungs­wid­ri­ge Pläne zur soge­nann­ten Sekundärnutzung von Gesundheitsdaten sogar.«

Mich erin­nert das ein wenig an die Beteuerungen der Wehrmachtssoldaten nach dem letz­ten gro­ßen Krieg: Der sei eigent­lich ganz in Ordnung gewe­sen, nur die Sache mit den Geiselerschießungen sei etwas zu viel gewe­sen. Doch sehen wir es posi­tiv; die Front der­je­ni­gen, die noch zur Bundestagswahl "Wir wol­len Karl!" skan­dier­ten, ist ver­dammt bröcke­lig gewor­den. Und wer ein­mal erkannt hat, daß sein frü­he­res Idol Dreck am Stecken hat, der wird viel­leicht auch weiterdenken.

In der Rede heißt es:

»… Bislang wur­de vor allem mit Sorge über die flä­chen­decken­de Einführung der elek­tro­ni­schen Patientenakte dis­ku­tiert. Diese ePA ist aber nur ein Baustein im grö­ße­ren Plan mit dem Namen „Europäischer Gesundheitsdatenraum“. Das euro­päi­sche EHDS-Gesetz wur­de unter Gesundheitsminister Lauterbach zu Ende ver­han­delt und wird in Kürze in Kraft tre­ten. Es sieht die Digitalisierung des Gesundheitswesens in allen EU-Staaten vor. Das könn­te eine gute Sache sein. Bloß sol­len die Gesundheitsdaten nicht nur dafür ein­ge­setzt wer­den, Diagnose und Therapie zu ver­bes­sern (also für soge­nann­te pri­mä­re Zwecke). Das Hauptziel ist die Nutzung der Gesundheitsdaten für soge­nann­te sekun­dä­re Zwecke…«

Eigentlich hat­te es "die Politik" doch gut gemeint:

»Spahns Werk und Lauterbachs Beitrag

Die Politik hat wäh­rend der Corona-Pandemie erkannt, dass Gesundheitsdaten für die medi­zi­ni­sche Forschung, die Gesundheitsplanung und für die Entwicklung neu­er Therapien drin­gend benö­tigt wer­den. Dafür soll der EHDS den Weg frei machen. Jetzt müss­te der natio­na­le Gesetzgeber alles tun, damit bei die­ser Datennutzung das Patientengeheimnis gewahrt bleibt. Und hier kommt wie­der Minister Lauterbach ins Spiel. Sein Gesundheitsdatennutzungsgesetz zur Umsetzung des EHDS, das Ende März 2024 in Kraft getre­ten ist, macht unse­re Gesundheitsdaten zur Beute kom­mer­zi­el­ler und poli­ti­scher Interessen.

Jens Spahn hat dafür beste Vorarbeit geleistet…

All das erfolgt, wie gesagt, pseud­onym. Allerdings sind pro Datensatz so vie­le sen­si­ti­ve Merkmale über die kör­per­li­che und see­li­sche Gesundheit hin­ter­legt, dass mit ein wenig Zusatzwissen leicht her­aus­zu­fin­den ist, wer da mit wel­cher Therapie behan­delt wur­de – das kön­nen Daten über Erbanlagen, psy­chi­sche Störungen oder über sel­te­ne Krankheiten sein. Diese Reidentifizierung wür­de das Ende der Vertrauensbeziehung zwi­schen Arzt und Patienten bedeuten.

Risiken und Nebenwirkungen

Die Risiken, die sich hier auf­tun, sind beträchtlich:

        • Die Daten könn­ten durch Datenleaks in die Hände von Adresshändlern gelangen.
        • Die Polizei darf auf die Daten zugrei­fen und könn­te sie für straf­recht­li­che Ermittlungen nutzen.
        • Auch Krankenkassen und ihre Verbände bekom­men Zugriff auf das FDZ [Forschungsdatenzentrum Gesundheit, AA]. Bislang nur, um anhand der Daten ihre Tarife zu „opti­mie­ren“, oder um auf die­ser Grundlage ihren Versicherten z.B. eine gün­sti­ge­re Therapie zu emp­feh­len – an den behan­deln­den Ärzten vor­bei. Da könn­te man auch von „Bevormundung“ sprechen.

Und wenn wir den Bogen ins Dystopische span­nen, gibt es noch schlim­me­re Szenarien:

Wer kann künf­tig aus­schlie­ßen, dass Versicherungsunternehmen oder Arbeitgeber aus sol­chen Daten able­sen, wer zum Beispiel wegen einer Depression behan­delt wur­de oder einen spe­zi­fi­schen Gendefekt hat?…

Bei Spahn waren Pharmakonzerne vom FDZ noch aus­ge­schlos­sen. Unter Lauterbach erhal­ten sie nun umfas­send Zugang. Sie müs­sen ledig­lich einen Mitarbeiter des BfArM davon über­zeu­gen, dass ihre Datenauswertung nütz­lich sei…

Das Gesundheitsministerium weiß selbst genau, dass die Umsetzung des EHDS ver­fas­sungs­wid­rig ist. Aber weder das BMG noch sämt­li­che Bundestagsparteien – bis hin zu den Grünen – woll­ten die­sen Umstand zur Kenntnis nehmen…

Herzlichen Glückwunsch, Gesundheitsminister Professor Dr. Karl Lauterbach.«

5 Antworten auf „Lauterbach-Fan enttäuscht. BigBrotherAward 2024 für den Gesundheitsminister“

  1. was bedeu­tet: "bis hin zu den Grünen"?
    Ist "die grü­nen" die grund­ge­setz-/ver­fas­sungs­schutz­par­tei?
    sogar "die grü­nen" legen kei­nen pro­test ein?
    war­um soll­te man das von einer impf­pflicht­par­tei erwarten?

  2. Politik ist die Summe aller Maßnahmen die dazu die­nen den Klassencharakter der Gesellschaft sowie die Ziele der herr­schen­den Klasse zu verschleiern.

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