Wie war das noch… mit der Jagd auf "Aids-Infizierte"?

Was in den letz­ten Jahren selbst­ver­ständ­lich gehand­habt wur­de – die Ausgrenzung von Bevölkerungsgruppen aus "gesund­heit­li­chen" Gründen –, war 1987 vor allem den Schwulenfeinden in der CSU vor­be­hal­ten und rief hef­ti­ge Proteste her­vor. In einem "BAYERN: Entartung aus­dün­nen" über­schrie­be­nen Artikel des "Spiegel" vom 15.3.1987 ist zu lesen:

"Unter Franz Josef Strauß zeich­nen sich die Konturen des Aids-Staates ab. Die Beschlüsse des Bayern-Kabinetts schü­ren Schwulenhatz und för­dern Denunziantentum. 

»Wenn es bekannt wird«, sorg­te sich ein Aids-Opfer vor anony­mer Kamera, »wer­de ich wohl kei­ne Arbeit mehr krie­gen.« Ein ande­rer Positiver befürch­te­te, auch sei­ne Geschwister und Verwandten könn­ten »von der Polizei abge­holt wer­den«. Ein Dritter zeig­te Angst vor »Berufsverbot, Wohnungsverlust und einer Art Getto«.

Zeugnisse von Aids-Positiven, aus­ge­strahlt am Dienstag letz­ter Woche in der TV-Sendung »Monitor«. Die Infizierten füh­len sich bedroht, fürch­ten Nachbarn. An Einzelschicksalen wer­den die dra­ma­ti­schen sozia­len Folgen der teil­wei­se hyste­ri­schen Aids-Diskussion deutlich…

Nur zwei Wochen nach Ankündigung des bei­spiel­lo­sen bay­ri­schen »Maßnahmenkatalogs« gegen die Ausbreitung von Aids, mit Zwangstests, Berufsverboten und Ausweisung, zeich­net sich genau jene Entwicklung ab, vor der Kritiker gewarnt haben. »Allein die Veröffentlichung die­ser Maßnahmen«, sagt der Münchner SPD-Bundestagsabgeordnete Manfred Schmidt, »ver­brei­tet Angst und Schrecken…«"

"Wir lassen niemand ungeschoren". Konzentrieren und Absondern

"Mit ihrem rigo­ro­sen Programm will sich die bay­ri­sche Staatsregierung im Kampf gegen die Seuche an die Spitze stel­len. Bewerber für den öffent­li­chen Dienst und Strafgefangene sol­len zwangs­un­ter­sucht wer­den, Ausländer mit Test-Ergebnis HIV-posi­tiv kei­ne Aufenthaltsgenehmigung bekom­men. Jeder »Ansteckungsverdächtige«, das kann einer mit 14 und einer mit 84 sein, soll nach Ermittlungen durch die Polizei oder auf­grund von Hinweisen aus der Bevölkerung zwangs­vor­ge­führt wer­den kön­nen. Staatssekretär Peter Gauweiler, im Strauß-Kabinett eine Art Hoher Kommissar für Hygiene und Hysterie: »Wir las­sen nie­mand ungeschoren.«

Was sich CSU-Politiker im ein­zel­nen dar­un­ter vor­stel­len, deu­ten sie in ihren Reden an. Infizierte und Kranke, schlug der CSU-Bundestagsabgeordnete Horst Seehofer vor, müß­ten künf­tig »in spe­zi­el­len Heimen« gesam­melt wer­den. Er sprach von »kon­zen­trie­ren«, sein Parteifreund und neu­er Bonner Staatssekretär Erich Riedl von »abson­dern«.

Zum Vokabular des Herrenmenschen griff Kultusminister Hans Zehetmair. Aids sei das Symptom einer maro­den Gesellschaft, die gesell­schaft­li­chen Randgruppen müß­ten jetzt »aus­ge­dünnt wer­den«. Homosexualität gehö­re in den »Randbereich der Entartung«. Zehetmair: »Das Umfeld der ethi­schen Werte muß wie­der­ent­deckt wer­den, um die­se Entartung auszudünnen.«

Die Ankündigungen haben ihre Wirkung nicht ver­fehlt. Die von CSU-Ministern vor­ge­ge­be­ne Stimmungslage ermun­tert Denunzianten und sta­chelt die Volksseele an. Im Münchner Gesundheitsamt meh­ren sich die Hinweise auf angeb­lich aids­in­fi­zier­te Bewohner im Studentenheim eben­so wie auf Ehemänner, die mit leicht­le­bi­gen Mädchen ein Verhältnis haben. Ein Hotelier woll­te gar sei­nen Angestellten von der Polizei abho­len lassen…

Seit in Bayern mit der Verordnung Aids-Opfer als Aids-Täter gebrand­markt wer­den, ist nicht nur die Szene ver­un­si­chert. Zu einem Vortrag vor der Münchner SPD-Fraktion waren Ärzte nur bereit, nach­dem ihnen strik­te Anonymität zuge­sagt wor­den war. Patienten erklä­ren ihrem Arzt, sie wür­den woan­ders hin­ge­hen, falls die­ser auch Aids-Infizierte behan­deln wür­de. In einem Rotkreuz-Altenheim wird auf dem Aufnahme-Fragebogen bereits nach Aids gefragt, Infizierte wer­den abgewiesen.

Als erste Behörde ver­langt in München das Europäische Patentamt bei Neueinstellungen einen Testnachweis. Siemens will, sobald die Rechtsgrundlage geklärt ist, eiligst nach­zie­hen – ganz im Sinne von Doktor Gauweiler, der den Unternehmen über »posi­ti­ve Vorgaben« ver­stärkt klar­ma­chen will, wie sie »mit Infizierten umge­hen sollten«…

Offensichtlich ange­tan von den ord­nungs- und gesell­schafts­po­li­ti­schen Möglichkeiten einer gna­den­lo­sen Seuchenbekämpfung, wol­len die Bayern ihre Front vor­erst dort ver­stär­ken, wo die Opfer am schwäch­sten sind. In Regensburg unter­sag­te die Polizei die Teilnahme am pri­va­ten Fest einer Schwuleninitiative.

In Bayerns Gefängnissen sol­len sich die 10000 Häftlinge, obwohl der Maßnahmenkatalog noch kei­ne Rechtsgrundlage bie­tet, in den näch­sten Tagen einem frei­wil­li­gen Test unter­zie­hen. Wer sich wei­gert, gilt als infi­ziert und kommt in Einzelhaft. Essen und Trinken wer­den dann nur noch mit Handschuhen gereicht, das Bewachungspersonal wird mit »che­mi­schen Keulen« nach­ge­rü­stet."

(Der Beitrag war am 8.8.21 auf coro­dok erschie­nen und wur­de hier leicht aktualisiert.)

5 Antworten auf „Wie war das noch… mit der Jagd auf "Aids-Infizierte"?“

  1. Dr. Nobert Häring
    Grün-schwarz in Baden-Württemberg will inner­städ­tisch Autokennzeichen auto­ma­ti­siert erfassen

    30. 09. 2024 | Die grün-schwar­ze Regierung Baden-Württembergs will mit einem
    Landesmobilitätsgesetz
    neben der umstrit­te­nen Möglichkeit für ver­pflich­ten­de kom­mu­na­le ÖPNV-Abos
    für alle Einwohner auch eine auto­ma­ti­sier­te Kennzeichenerfassung im öffent­li­chen Raum einführen,
    um mit weni­ger Hilfspolizisten mehr Parkverstöße ahn­den zu können.

    Auf dem Beteiligungsportal des Landes Baden-Württemberg kön­nen noch bis 1. Oktober, 19 Uhr,
    Rückmeldungen
    [Link
    https://​betei​li​gungs​por​tal​.baden​-wuert​tem​berg​.de/​d​e​/​m​i​t​m​a​c​h​e​n​/​l​p​-​1​7​/​l​a​n​d​e​s​m​o​b​i​l​i​t​a​e​t​s​g​e​s​etz ]
    zu dem Gesetzentwurf abge­ge­ben werden.

    https://​nor​bert​haer​ing​.de/​n​e​w​s​/​l​a​n​d​e​s​m​o​b​i​l​i​t​a​e​t​s​g​e​s​e​tz/

  2. Eigentlich rich­tet sich das fol­gend Verlinkte gegen "Schwulenfeinde" und kam doch selbst vom Nicht-Schwulen! Es ging nicht gegen Zweiradfahrer, wie man mei­nen könn­te – genau­ge­nom­men sogar dafür! Tja, die Intoleranz hat so ihre eige­nen "Nancen" 😉

    https://​www​.you​tube​.com/​w​a​t​c​h​?​v​=​9​P​z​L​R​I​_​U​zWM
    Quelle: you​tube​.com

    Nix gegen moun­tain­bi­ker! [mei­ne mei­nung natür­lich nur]

  3. Hatten die USA nicht damals auch eine Einreisesperre für AIDS-Positive ver­hängt und die­se Einschränkung lan­ge auf­recht erhalten?

    Während der Corona-Inszenierung durf­te man nur in die USA ein­rei­sen, wenn man zuvor an dem gen­tech­ni­schen Experiment teil­nahm oder als Politiker der EU sich von Bill Gates in den Arsch ficken lies und dies mit einem digi­ta­len Überwachungszertifikat nach­wei­sen konn­te (glei­ches hat­te vie­le Vasallenstaaten des Regimes der USA verlangt).

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