Um diese Frage zu beantworten, bedarf es einer Verständigung über den Begriff „links“. Ein Vorschlag dazu wird weiter unten vorgelegt.
Die Historikerin Tove Soiland hat unter dem Titel „Weder Verschwörung noch Zufall: Was war die Corona-Krise?“ am 24.9.24 auf berliner-zeitung.de den Versuch unternommen, die überwiegend regierungsfromme Linke in eine Analyse der Coronapolitik als „Aufstieg eines globalen ‚Biosecurity-Staates‘“ einzubeziehen. Ihr Sprachgebrauch weist sie als Kennerin linker Diskurse aus (Kapitalakkumulation, tendenzieller Fall der Profitrate etc.).
Sie beschreibt zunächst, mit welch „aggressiver Abwehr und ignorantem Desinteresse“ Fragen und Kritik auch von der Linken zurückgewiesen und als „rechts“ gebrandmarkt wurden. Sie macht zwei Lager aus, von denen das eine von einer überforderten Politik ausgehe und das daraus erwachsende Handeln der Regierungen als Zufall ansehe. Das andere gehe von einer Verschwörung „böser, mächtiger Männer“ aus. Sie hält diese Alternative für falsch und setzt dagegen, „dass die staatlichen Antworten auf das Auftreten des neuen Corona-Virus in den Kontext eines globalen Biosecurity-Dispositivs zu stellen sind, das militärischer Natur ist“.*
»Ich werde argumentieren, dass dieses Biosecurity-Dispositiv die Tendenz hat, zur neuen Regierungsweise westlich-spätkapitalistischer Gesellschaften zu werden. Diese führt die autoritären Tendenzen des Neoliberalismus zwar fort, bringt sie aber gleichzeitig unter dem Stichwort des „Schutzes des Lebens“ in eine gänzlich neue und mit linken Werthaltungen vereinbare Form, die diesem Autoritarismus in einem bisher nie dagewesenen Ausmaß zur Akzeptanz verhilft.«
Entscheidende Akteure seien
»… internationale Organisationen wie die WHO, GAVI, CEPI oder die Eco Health Allianz, Megastiftungen wie die Rockefeller Foundation oder die Bill & Melinda Gates Foundation und – oftmals dem Militär angegliederte – Forschungseinrichtungen wie das Center for Health Security der Johns-Hopkins-Universität, ein Komplex, der meist und etwas euphemistisch als Public-Private-Partnership bezeichnet wird und den ich in Anlehnung an Simon Elmer als Global Biosecurity State bezeichne. Dabei ist wichtig zu verstehen: Die Nationalstaaten sind Ausführende der Konzepte des Globalen Biosecurity-Staates, sie sind nicht selber die Akteure.«
Klassen verschwinden hinter mächtigen Stiftungen und Organisationen – Gänzlich neu?
Hier enttäuscht Soiland zunächst die Erwartung, sie werde mit einem an Klassenanalyse angelehnten Vokabular Interessen beschreiben: die der die wichtigsten Produktions- und Kommunikationsmittel Besitzenden in ihrem Gegensatz zum Rest der Gesellschaft. Und sie werde diese mit ihren jeweiligen Widersprüchen erörtern. Stattdessen scheinen die besitzenden Klassen zu verschwinden hinter mächtigen Stiftungen und Organisationen, die doch eher beauftragte Sachwalter der Interessen jeweils vorherrschender Fraktionen des Großkapitals sind. En passant werden die Nationalstaaten aus der Verantwortung genommen, die lediglich Ausführende eines ausgeheckten Konzepts seien. Mir erscheint das recht nah den rechtskonservativen Theorien des „Globalismus“, die anders als die frühere linke „globalisierungskritische“ Bewegung von Klassen nichts wissen wollen.
Das Erleben einer „gänzlich neuen“ Form des Autoritarismus mag für Menschen gelten, deren politische Tätigkeit mit Corona begann und die vielleicht von den bisherigen „autoritären Tendenzen des Neoliberalismus“ weniger berührt waren. In Hinblick etwa auf die Schikanierung und Ausgrenzung von Hartz-4-EmpfängerInnen, die planmäßige Verarmung erheblicher Bevölkerungsteile und die Zerstörung sozialer Infrastrukturen nicht nur in Ostdeutschland erscheint mir die These unzutreffend. Sollte es aber „nur“ um die politische Zurichtung gehen, die laut Soiland ja international gilt, dann wird ein Blick auf autoritäre Regime in der Türkei, Polen, Ungarn, Rußland und anderen Ländern bereits vor Corona dies ebenfalls nicht stützen.
»Das Gesellschaftsbild dieses militärischen Dispositivs besagt in etwa, dass Probleme der Gesellschaft nicht primär politischer Natur sind, sondern als eine Frage der Sicherheit aufgefasst werden müssen und ausschließlich technologischer Lösungen bedürfen. Zu den zu bewältigenden Bedrohungen gehören soziale Unruhen ebenso wie natürliche Viren oder Bioterrorismus. Es gibt in diesem System keinen Unterschied zwischen gesellschaftlichen Konflikten und Naturereignissen, da beide nach denselben Antworten verlangen.«
Ist es das, was wir in der Coronazeit erlebt haben? Waren die „Maßnahmen“, Lockdowns, Schulschließungen, „social distancing“ und vieles mehr „ausschließlich technologische Lösungen“? Waren die politischen Kontrollbemühungen nicht weit umfassender und beispielsweise auf Propaganda und Verhaltenssteuerung ausgerichtet? War dies nicht letztlich auch ökonomisch veranlaßt? Die Ergebnisse sprechen jedenfalls dafür: Die Konzentration wirtschaftlicher Macht vor allem von Pharma‑, Tech- und Internethandels-Unternehmen hat zugenommen, ihre Profite sind explodiert. Schon von Beginn an standen Überlegungen im Vordergrund, durch Lockdowns möglichst wenig die (große) Wirtschaft zu schädigen, mit dem Ergebnis, daß „unproduktive“ Kinder und alte Menschen eingesperrt wurden, während die Lohnarbeit weitestgehend beibehalten wurde. Eine technologische Lösung kann in der Fokussierung auf „Impfstoffe“ gesehen werden, ganz in der Tradition von Bill Gates, Armut und unwürdige Lebensverhältnisse derart erträglicher erscheinen zu lassen. Doch auch hier würde ich die These wagen, daß die immense ökonomische Verlockung, auf ewig mRNA-Stoffe durchzusetzen, mindestens so entscheidend war wie ideologische Konstrukte. Dafür spricht, daß „technologische Lösungen“ aus Rußland, China oder Indien aus dem Rennen geworfen wurden und selbst der anfangs benötigte Stoff von AstraZeneca mit anderen Substanzen keine Rolle mehr spielen durfte.
Aufstände wie Viren bekämpft
Noch einmal kommen Aufstände vor, die ähnlich technologisch bekämpft würden wie Viren: „All-Hazard Approach oder One Health heißt das dann in der Biosecurity-Sprache: Egal ob es sich um die Eindämmung von Viren oder Aufständen handelt, beides sind Sicherheitsrisiken, die die Gesellschaft in ihrem Zusammenhalt bedrohen“. Schimmert da eine Träumerei durch? Ich habe in der Corona-Zeit viel gelesen über Hoffnungen auf blockierende Trucker an der kanadischen Grenze, revoltierende Bauern oder den Sturm auf ein Gewerkschaftshaus in Rom. Oft wurde so die eigene Erfolgsarmut kompensiert mit Bewegungen anderswo. Unruhen, gar Aufstände, kann ich wenig erkennen. Wo es Revolten gab, wurden sie klassisch niedergeschlagen oder wie bei den Bauern eingehegt, ohne daß es dafür “technologischer Lösungen“ bedurfte. Gegenwärtige soziale und ökonomische Konflikte werden gekonnt in Migrationsdebatten oder Kriegsrhetorik kanalisiert. Darin liegt die eigentliche Stärke der ideologischen Hegemonie der Herrschenden, die auch Soiland beschreibt: Das eigene Handeln als moralisch gerechtfertigt zu verkaufen und dabei Versatzstücke linker Diskurse wie Solidarität und Menschheitsinteressen zu nutzen. Klassenwidersprüche und Machtfragen bleiben außen vor und werden vertuscht. Rechter Populismus kann dabei nur hilfreich sein. Daß auch Linke sich in herrschende Narrative haben einspannen lassen, offenbart deren intellektuelle Krise, die in Wahlergebnissen nur unzureichend gespiegelt wird.
Man darf sicher sein, daß es in den Schubladen auch Aufstandsbekämpfungspläne gibt. Ihrer bedarf es (noch) nicht. Die unteren Klassen murren zwar, aber lassen sich bereitwillig auf vermeintliche Alternativen ein, die sie in Kämpfe untereinander treiben anstatt Verantwortliche und Profiteure anzugehen.
Dabei ist die Beobachtung des Zusammenwachsens von Militär- und Gesundheitspolitik richtig und wurde von mir im Juli 2020 beschrieben (s. hier). Davon zeugen zahlreiche gemeinsame Planspiele ebenso wie die unverhohlene Implementierung des Militärs in der zivilen Gesellschaft als „Helfer bei der Pandemiebekämpfung“ (Soldaten im Tarnfleck in Kitas und Behinderteneinrichtungen, noch mehr hier); auch dieses Spiel haben Linke in Regierungen mit betrieben. Ein Fragezeichen würde ich hingegen setzen bei der Auffassung, daß „man sich im Umfeld des US-amerikanischen Militärs einig [sei], dass zukünftige Gefahren weniger von Kriegen einer der USA gegenüber feindlichen Nation ausgehen würden als vielmehr von inneren Gefahren“. Die Forcierung militärischer Konflikte in der Ukraine und im Nahen Osten sowie die Vorbereitung solcher im pazifischen Raum durch die USA und die NATO sprechen eher dafür, daß der Kapitalismus kriegstauglich sein will nach außen wie nach innen.
Kapitalismus in säkularer Stagnation?
»Es scheint nun, dass dieses Biosecurity-Dispositiv gleich auf mehreren Ebenen das zur Verfügung stellt, was der krisengeschüttelte Kapitalismus der Gegenwart braucht. Oder anders formuliert: Dieses Dispositiv gerät in eine gewisse Passförmigkeit zu den Krisenbewältigungsstrategien des Spätkapitalismus. Diese Krise hat viele Aspekte, die jedoch alle um ein Hauptproblem kreisen: Der Kapitalismus befindet sich seit geraumer Zeit in einer säkularen Stagnation, in deren Folge Gewinne in der produzierenden Industrie kaum mehr anhaltend zu erzielen sind…
So haben wir es seit den 1960er-Jahren mit einer stetigen, jeweils nur immer für kurze Zeit unterbrochenen Abnahme der Produktivitätszuwächse zu tun, und nur mit diesen Produktivitätszuwächsen können Kapitaleigner Gewinne erwirtschaften…
Der Effekt dieser Stagnation der gesellschaftlichen Gesamtproduktivität ist, dass maßgebliche Gewinne heute eigentlich nur noch im hochspekulativen Finanzsektor zu erzielen sind…«
Ich halte diese Beschreibung für ungenau. Sie trifft in Teilen auf den traditionellen westlichen Kapitalismus zu, aber schon nicht mehr auf die Entwicklungen in Asien und Afrika. Dort haben regulierte Kapitalismusmodelle mit einer eigentümlichen Mischung aus Autoritarismus, Armutsbekämpfung, immenser Bereicherung weniger und einem (nicht durchgängigen) Verzicht auf Kolonialismus und Eroberungen durchaus Entwicklungspotentiale. Weitgehend gesättigten Märkten und sinkender Kaufkraft im Westen stehen dort über durchaus widersprüchliche Infrastrukturprojekte neue Möglichkeiten der Kapitalakkumulation jenseits des Finanzsektors gegenüber.
Für befragenswert halte ich auch die These, daß wir es mit einer stetigen „Abnahme der Produktivitätszuwächse“ zu tun hätten und nur mit steigender Produktivität Gewinne erwirtschaftet werden könnten. Unterschätzt wird dabei die spätestens seit dem Wegfall einer Systemalternative zu beobachtende starke Tendenz, über Lohndrückerei und neuerdings wieder Verlängerung der (Lebens-)Arbeitszeiten die Profitraten zu erhöhen. Ein weiteres Instrument ist der Kampf gegen „Bürokratie“, womit nicht zuletzt jegliche Regulierung von Arbeits‑, Gesundheits- und Umweltschutz gemeint sind, die gewinnmindernd wirken. Die Gewinne „im hochspekulativen Finanzsektor“ täuschen darüber hinweg, daß Mehrwert letzten Endes durch die Verausgabung menschlicher Arbeitskraft und deren inadäquate Entlohnung entsteht.
Wie neu ist autoritäres Krisenmanagement?
„Diese Spekulationsblase hat den Preis von im Hintergrund stets drohenden und immer größer werdenden Finanzkrisen, zu deren Bewältigung es dann wiederum ein autoritäres Krisenmanagement braucht“. Dem würde ich zustimmen, wenn es sich dabei auch nicht um eine neue Entwicklung handelt. Die Erscheinung begleitet den Kapitalismus, seitdem er die vorherrschende Gesellschaftsform darstellt. Sie kommt zum Tragen, wenn ihm die Fähigkeiten schwinden, mit Korruption und Einbindung der unteren Klassen seine Macht aufrecht zu erhalten. Dabei sind die letzte große Finanzkrise und auch die Coronazeit Beispiele dafür, wie der Kapitalismus hervorragend beide Mechanismen beherrscht; „sozialpartnerschaftliche“ Konzepte standen dabei neben autoritären gegen Minderheiten. (In Österreich und Deutschland hat die paradoxe Opposition rechter Parteien zu diesem ihnen eigentlich nahestehenden Prinzip bei Corona ihnen nicht geschadet, auch wenn sie inzwischen zu ihrem Kerngeschäft zurückgekehrt sind.)
Das mag die Autorin nicht sehen, weshalb ihr die ideologischen Gäule durchgehen:
»Für die Bevölkerung bedeutet all dies aber primär eine Absenkung des Lebensstandards. Und hier kommt das Biosecurity-Dispositiv zum Zuge. Es verwaltet die im Zuge solcher Absenkungen zu erwartenden Aufstände. Noch wichtiger aber ist, dass es uns eine neue Lebensweise vermittelt, indem es uns – und das war das Zentrale an den Lockdowns – an eine digitale Armut gewöhnt. Damit meine ich gerade nicht, dass den Armen in der Sahelzone der Zugang zum Internet fehlt. Ich meine umgekehrt, dass die digitale Lebensweise eine eigene Form der Verarmung darstellt, die nicht als solche erscheint, weil sie gleichzeitig links-ökologische Werthaltungen bedient: digitale Spaziergänge zum Schutz der Natur, 15-Minuten-Städte zum Schutz des Klimas, Schwimmen am Bildschirm zum Schutz der Strände. Die Digitalisierung ist in erster Linie eine Form der Verarmung, wie sie im globalen Süden schon seit Jahrzehnten in Gang ist und nun auch im globalen Norden Einzug hält: Was man sich in vielen Ländern des globalen Südens sowieso noch nie leisten konnte – Reisen, Arztbesuche, Bildung, Krankengymnastik –, soll nun auch bei uns durch die Billigvariante einer App ersetzt werden.«
Ein solches Klischee linker Intellektueller über linke Intellektuelle habe ich zuletzt bei Juli Zeh in ihrem vermeintlichen Coronaroman „Über Menschen“ gelesen. Sie läßt darin ihre Protagonistin aus Kreuzberg, angewidert von Öko-Phrasen ihres Lovers, auf dem Dorf in Brandenburg erkennen, daß Nazis recht eigentlich nette Menschen sind. Dabei gefällt mir der Gedanke der digitalen Verarmung. Mit "Digitalisierung" und dem Internet ist ein Geist aus der Flasche gelassen worden, der ganz überwiegend und zwingend Unheil anrichtet. Oder im klassischen marxistischen Jargon: Hier ist eine Produktivkraft entstanden, die im Rahmen der Produktionsverhältnisse eine Fessel für die Entwicklung der Menschheit darstellt. Die Macht- und Besitzverhältnisse im Internet sind eine Grundlage für den Erhalt des Systems, ohne die es weder moderne Kriege, personalisierte Werbefeldzüge und totale Überwachung geben kann. Wo ein Umsturz der Verhältnisse nicht absehbar ist und erst recht nicht „zu erwartende Aufstände“, erscheint mir eine aktualisierte Form der Maschinenstürmerei als sinnvoll. (Vorerst drücke ich mich, wie es auch Soiland tut, um die Frage, wer es denn sein soll, der die Welt zum Besseren bewegt…)
Den wertschöpfungsschwachen Care-Sektor durch wertschöpfungsstarke, aus der industriellen Produktion stammende Produkte ersetzen
Die Autorin beläßt es bei diesem Verriß der „links-ökologischen Werthaltungen“ und wendet sich vier Punkten zu, die „das Biosecurity-Dispositiv in Bezug auf die Absenkung des Lebensstandards im globalen Norden leistet“:
»Erstens: Als Gesundheitskonzept geht es bei Biosecurity in erster Linie darum, den wertschöpfungsschwachen Care-Sektor durch wertschöpfungsstarke, aus der industriellen Produktion stammende Produkte zu ersetzen… Mit Geräten sind, wenigstens kurzfristig, noch Profite zu erwirtschaften, mit Care-Arbeit kaum.«
Wenn hier nur der marktwirtschaftliche Bereich von Care-Arbeit betrachtet wird, ist an der Beschreibung etwas dran. Allerdings unterschätzt die Aussage den Anteil der Profitgenerierung durch ausbeuterische Praktiken vor allem in der privaten Pflegeindustrie. Im öffentlichen Sektor konnten durch gewerkschaftliche Kämpfe der letzten Jahre (die die Coronakritik geflissentlich ignorierte) die finanziellen und Arbeitsbedingungen verbessert werden. Der Privatbereich erzielt seine Gewinne vornehmlich durch „irreguläre“ ausländische und prekär beschäftigte deutsche Arbeitskräfte. Ob die Mächtigen, die hinter dem Konzept von „Biosecurity“ stecken sollen, eher auf Pflegeroboter setzen oder auf ein Heer von unterbezahlten Heloten, darüber läßt sich streiten. Ich denke, sie setzen auf beides. Ebenso würde ich die Vermutung, daß Krankenhausschließungen und Bettenreduzierung (auch) in der Coronazeit dem genannten Konzept entspringen, diskutieren wollen. Karl Lauterbach jedenfalls verfolgt diese Politik seit dreißig Jahren erfolgreich.
Als zweiten Punkt führt Soiland den Versuch auf, „die sogenannten MANBRIC-Technologien als neue Leittechnologie und Gesundheit als neuen Leitsektor eines neuen Akkumulationszyklus zu etablieren“.
»MANBRIC steht dabei für medical, additive, nano‑, bio‑, robo‑, info– und cognitive technologies, also jene Technologien, die im Rahmen von Biosecurity bevorzugt zur Anwendung gelangen. Diese Technologien erlauben zwar keine dauerhafte Lösung der Produktivitätskrise, aber doch Profite in gewissen Branchen für eine gewisse Zeit.«
Neu geschaffene Produkte, die es für die Pandemievorsorge und ‑bekämpfung braucht
Der dritte Punkt sind für sie „die von dem Biosecurity-Komplex neu geschaffenen Produkte, die es für die Pandemievorsorge und ‑bekämpfung braucht“. Dabei reiche die Produktpalette
»… von Tests und Schutzmaterial bis hin zu Medikamenten, vor allem aber geht es um Impfungen. Wichtig daran ist: Dies alles ist immer vorrätig zu halten, laufend zu adaptieren und für die ganze Weltbevölkerung zu produzieren. Ein enormes Wirtschaftsankurbelungsprogramm also.«
Wieder Zustimmung, aber auch die Frage, ob das wirklich eine neue Erfindung des „Biosecurity-Komplexes“ ist. Zweifellos ist es der Pharmaindustrie gelungen, mittels der Corona-Hysterie neue, weitreichende und nachhaltige Geschäftsfelder zu erschließen. Ähnliches sehen wir aber auch in der IT-Branche, nicht nur mittels KI, auf dem Gebiet einer angeblich grünen Energiewirtschaft, der Rüstungsindustrie und den erneuten Versuchen, die Altersvorsorge gänzlich dem Markt einzuverleiben. Hier sind die Mächtigen weitaus „diverser aufgestellt“, wie heute gerne geschwurbelt wird, als die Fokussierung auf Biosecurity nahelegt. Die Dokumente des WEF zeugen von der Breite des Angriffs des international vereinten Großkapitals auf die Interessen der unteren Klassen.
Aufstände und digitale Armut
»Der wichtigste Punkt aber scheint mir, dass dieses Dispositiv eine sehr spezifische Form der Aufstandsbekämpfung durch Isolation und Manipulation der Wahrnehmung darstellt. Insbesondere geht es dabei auch um die Prävention von Aufständen: Isoliert vor dem Bildschirm und komplett verwirrt, wie wir durch die permanente Informationsflutung (die uns gleichzeitig immer unwissender macht) alle sind, ist es uns nicht mehr möglich zu formulieren, was eigentlich unsere Belange und Interessen sind. Das ist auch nicht mehr notwendig, denn eine Taskforce und ein Krisenstab haben längst die Artikulation unserer Bedürfnisse an unserer statt übernommen. Wenn es keinen Bereich des Politischen mehr gibt und Gesellschaft nur noch ein biotechnologisches Problem darstellt, dann braucht es auch keine politische Artikulation mehr.«
Zum Kokettieren mit Aufständen war oben etwas gesagt worden. Auch hier stimme ich zu, daß die Möglichkeiten zur Verblödung heutzutage umfassender sind als zu Zeiten, als diese Aufgabe vornehmlich von der Bildzeitung übernommen wurde. Nur kann ich nicht erkennen, daß dies ein Ergebnis der Bemühung ist, „Gesellschaft nur noch [als] ein biotechnologisches Problem“ darzustellen. Ich erlebe gerade eine umfassende „politische Artikulation“ auf vielen Feldern, auf denen die Herrschenden es wunderbar verstehen, einerseits Nebenkriegsschauplätze zur Ablenkung von wesentlichen Fragen aufzubauen und gleichzeitig Kriegstreiberei, Überwachung und Verarmung als alternativlos zu propagieren. Biotechnologie sehe ich dabei eher am Rand wirken.
»Autoritärer Kapitalismus mit linker Akzeptanz
Biosecurity scheint damit den Übergang von einem liberalen Modell des Kapitalismus zu einem restringierenden anzuzeigen. Wobei sich, und das ist das Neue an der heutigen Konstellation, der Autoritarismus dieser Restriktionen in der Mitte der Gesellschaft einer großen Akzeptanz sicher sein kann.
Angesichts dieses Dispositivs – und der bedingungslosen Unterstützung, die seine Ideologie von der überwältigenden Mehrheit der Linken bekommt, scheint die große Aufregung über „erschütternde“ Wahlergebnisse irgendwie den eigentlichen Punkt zu verfehlen: die Gefahr nämlich, die von diesem Konglomerat aus militärischem Denkstil, Schutzparadigma und Suspendierung des Politischen ausgeht.
Die eigentliche Gefahr scheint mir deshalb heute weniger von rechts auszugehen, als von dieser an sich schon schwer verständlichen und daher kaum greifbaren Gemengelage von linken Werthaltungen, Kapitalinteressen und supranationalen, westlich-kapitalistischen Netzwerken, die sich unter dem Dispositiv von Biosecurity zusammengefunden haben: Eine Gefahr, die sich unter dem Vorwand des „Schutzes des Lebens“ und dem Appell an die Solidarität als linkes Projekt zu tarnen vermag, obwohl es sich um den bisher in der Geschichte des Kapitalismus vermutlich umfassendsten Zugriff des Kapitals auf unser Leben handelt.«
Ich nehme für mich an Anspruch, in den letzten viereinhalb Jahren eine der wenigen linken Stimmen gewesen zu sein, die die Unterwerfung der organisierten Linken unter die Coronapolitik und ihr Einstellen von Analyse und Kritik angeprangert haben. Deshalb sollte nicht als Verteidigung des linken Versagens verstanden werden, wenn ich hier einige Fragzeichen setze.
Von welchem „liberalen Modell des Kapitalismus“, das jetzt mittels „Biosecurity“ abgelöst werde, spricht die Autorin? Unmöglich kann sie das der Hartz-4-Sanktionen, der Antiterrorgesetze, der Kriege nicht nur in Afghanistan, der Ausbeutung des globalen Südens, der erbarmungslosen Niederschlagung des griechischen Widerstands gegen deutsche und EU- Privatisierungs- und Verarmungsprogramme oder des Ausbaus Europas zur Festung meinen. Neu soll sein, daß sich der Autoritarismus „in der Mitte der Gesellschaft einer großen Akzeptanz sicher sein kann“? Wie erwähnt unterstütze ich die Kritik an der Linken, wo sie emanzipatives Denken von unten durch ihr Verhalten blockiert und autoritäre Entwicklungen mitträgt. Im heutigen Europa, in dem überwunden geglaubte autoritäre, ausgrenzende und gerade nicht kapitalismuskritische rechtsextreme Parteien, die gerne als Populisten verniedlicht werden, stark werden (und im übrigen mit wenigen Ausnahmen Militarisierung und Kriegskurs mittragen), davon zu sprechen, daß dies keine „eigentliche Gefahr“ darstellt, halte ich für atemberaubend. Damit stelle ich keineswegs in Abrede, daß es, auch mit Hilfe von „Altparteien“ und Linken gelungen ist, mit Corona und der Kriegsfrage autoritäre Lösungen salonfähig zu machen. Die Übernahme rechter Slogans und Positionen durch die regierenden Blöcke nicht nur in der Migrationsfrage zeugt davon, daß hier ideologisch wie praktisch ein Zusammenwachsen erfolgt bei der erprobten Propagierung eines Volksganzen gegen austauschbare Minderheiten.
Das Beklagen des “vermutlich umfassendsten Zugriff des Kapitals auf unser Leben“ bei Soiland wird nicht etwa zum Aufzeigen von Alternativen dazu genutzt, sondern verharrt in einer Schuldzuweisung an die Linke. Um die Eingangsfrage zu beantworten: Links ist an dieser Haltung wenig.
Denn was wäre heute links?
Ich knüpfe gerne an Formulierungen an, die Soiland zu Beginn der Corona-Zeit vertrat, als auf ihrem Blog feministischerlookdown.org zu lesen war:
»Wir sind ein feministisches, linkes und antirassistisches Kollektiv von Frauen, die in Gesundheits- und Care-Berufen arbeiten und seit Jahren in der autonomen Frauenbewegung und den Gewerkschaften aktiv sind. Als solche distanzieren wir uns von jeglichem rechten und faschistischen Gedankengut.
Wir verurteilen aber auch das stillschweigende Mittragen eines immer autoritärer werdenden Staates durch Gruppierungen, die sich als links verstehen, denn dies dient letztlich rechten Zielen. Rechts ist ein Staat dann zu nennen, wenn er sich mit autoritären und anti-demokratischen Mitteln in den Dienst des Kapitals und dessen Machtverhältnisse stellt… Das gegenwärtige Pandemieregime dient, wenn überhaupt, nur einem sehr kleinen, privilegierten Segment der Bevölkerung und führt – nicht nur weltweit gesehen – zu einer extremen Zunahme von Ungleichheit, Armut, Krankheit und Hunger.«
Oder an ihre Aussage vom März 2022 (nd-aktuell.de):
»Doch auch wenn wir eine Gefahr von rechts befürchten: Es ist absolut unverständlich, warum die Linke, die seit Anfang der Coronakrise nichts Besseres zu tun weiß als mit dem moralischen Zeigefinger auf rechts zu zeigen, sich weigert anzuerkennen, dass die Politik der weltweiten Verelendung, die die Linke mitträgt, der beste Nährboden für rechte Bewegungen ist. Rechte Ideologien greifen nämlich dort, wo Menschen in eine ökonomisch ausweglosen Situation geraten sind.«
Es ist nicht vorwerfbar, wenn Menschen dazu lernen und frühere Positionen revidieren. Für mich sind die Schritte dahin nicht erkennbar. Ich halte die alten Ausführungen immer noch für gültig. Auch deshalb, weil hier Kernelemente linker Denkweisen benannt werden: Die weltweit „extreme Zunahme von Ungleichheit, Armut, Krankheit und Hunger“ bei gleichzeitigem Anhäufen von Macht und Reichtum in „einem sehr kleinen, privilegierten Segment der Bevölkerung“. Ob dies als Klassengegensatz zu begreifen ist, ist in der Linken umstritten. Eine Positionierung auf Seiten der Verelendeten, Ausgebeuteten und Unterdrückten wird jedoch zum Grundkanon gehören. Damit einher geht die Ablehnung von Rassismus und Nationalismus. Bei manchen wird dies eine Frage ethischer Abwägungen sein, bei anderen die Erkenntnis, daß es sich um Spaltungslinien in den unteren Klassen handelt, die helfen, die Macht der oberen aufrechtzuerhalten. Letztere haben es schon immer verstanden, sich dafür rechte bis faschistische Organisationen zu halten, die bei Bedarf gegen aufmüpfige Subalterne in Stellung gebracht werden können. Nicht zuletzt für das Führen von Kriegen, deren Opfer stets unten und die Profiteure immer oben bleiben, sind Rassismus und Nationalismus unentbehrlich. Daran ändert nichts, wenn die Kriege als europäisch oder von Menschenrechten geleitet dargestellt werden. Ebenso wird das Prinzip nur scheinbar durchbrochen, wenn Rassisten und Nationalisten bestimmte Kriege, die nicht in ihrem Interesse zu liegen scheinen, ablehnen.
Links wäre eine Politik, die die Unteren ermutigt und unterstützt, sich solidarisch gegen die Oberen zu wehren. Dazu gehört die Vermittlung und Diskussion von Analysen ebenso wie die praktische Solidarität in deren Kämpfen. Das kann ermüdend und oftmals frustrierend sein, denn zunächst wollen die Menschen wenig wissen von Modellen wie Biosecurity oder Kapitalismuskritik. Sie wollen meist einfach nur mehr Lohn, bessere Arbeitsbedingungen oder nicht gentrifiziert werden. Eine Chance von Linken, wenn sie nicht besserwisserisch und belehrend daherkommen, ist es, dabei weiter und tiefer gehende Fragen anzusprechen. Dazu gehören solche, ob es der Asylbewerber in Freiberg oder die Schwäbin in Berlin ist, die für Wohnungsnot verantwortlich sind oder doch die Immobilienkonzerne und ihre politischen Handlanger. Ob „Ungeimpfte“ den desolaten Zustand des Gesundheitssystems verursachen oder eine Politik, die auf Privatisierung und Gewinnmaximierung setzt. Ob man mit einer Unternehmensleitung, die miserable Löhne zahlt, in einem Boot sitzt und über sich krank meldende KollegInnen herzieht. Der „ob“s gibt es viele.
Links hieße dabei auch, den eigenen Kopf zu gebrauchen, vermeintlich Gewisses zu überprüfen und Neues zu entwickeln. Es hieße, das oben sehr verkürzte Bild von oben und unten zu differenzieren und den jeweils aktuellen Entwicklungen anzupassen. Es hieße, Parolen von Taten zu unterscheiden. Es hieße, flexibel zu sein, ohne sein Fähnchen in schwierigen Zeiten in den Wind zu hängen. Es hieße, Erfahrungen aus früheren Kämpfen auszuwerten und für heutige zu nutzen. Alles das erfordert Denkvermögen und Analyse, Theoriebildung und produktiven Streit. Es lassen sich dabei verschiedene Rollen einnehmen, als Forscher oder Organisatorin, Rödler oder Beraterin. Wenn dies zu einer Veränderung gesellschaftlicher Verhältnisse beitragen soll, bedarf es vor allem eines Einbringens in Kämpfe und deren Anbahnung. Eine Linke, die nur theoretisch klug ist, bleibt unbedeutend, wenn sie nicht dort zu finden ist, wo Menschen Schritte unternehmen, ihre Lage zu verändern.
Ein Klügerer als ich hat vor langer Zeit gefordert, mit dem „Kampf ums Teewasser“ zu beginnen, um Voraussetzungen zu schaffen, glaubwürdig weiter gehende Gesellschaftsmodelle zu vermitteln. Solche Kämpfe gibt es gar nicht wenige und sie werden mit der sich auswachsenden Krise zunehmen. Wenn Linke sich daran beteiligen, können sie oben skizzierte Fragen thematisieren. Wenn ihnen das zu „bott“ ist und sie sich mit vermeintlich (politisch) Ungebildeten nicht abgeben wollen, dann tun das andere.
Dieser Text erhebt mitnichten den Anspruch, umfassend zu beschreiben, was heute links sein könnte. Er soll wie die Auseinandersetzung mit Soiland ein Diskussionsangebot sein.
* Vermutlich knüpft der Begriff „Dispositiv“ an Michel Foucault an. Er versteht darunter „eine Vielzahl von Vorkehrungen, die es erlauben, eine strategische Operation vor allem zum Zwecke der Ausübung von Macht durchzuführen. Dabei handelt es sich unter anderem, aber nicht ausschließlich um Motive, die sich in bestimmten Diskursen und gesellschaftlich für die Wahrheitsproduktion relevanten Institutionen manifestiere“ (de.wikipedia.org, Michel Foucault: Dispositive der Macht. Über Sexualität, Wissen und Wahrheit. Merve, Berlin 1978).
(Hervorhebungen in blau nicht im Original.)
> Klassen verschwinden hinter mächtigen Stiftungen und Organisationen (und Gesellschaften).
Genau. Und in vielen Fällen ist der Staat Gesellschafter, je größer ein Unternehmen ist, desto höher die Kapitalanteile die der Staat hält. Umgekehrt sind auch Privatunternehmer Gesellschafter in staatlichen Unternehmen (gegenseitige Beteiligung). Ziele dieser Gesellschaften sind Profite, also nicht etwa Naturschutz oder die Produktion materieller Güter welche der Befriedigung menschlicher Bedürfnisse dienen). Infolgedessen werden viele Dinge produziert die kein Mensch braucht (Impfstoffe) und mit dieser Überproduktion entwickeln sich zyklische Krisen die sich mit sinkenden Profitraten verschärfen. Um diesen Dingen entgegenzuwirken gibt es den Kapitalexport. Unternehmer gehen dahin wo die Profitraten wieder steigen.
Das ist alles nichts Neues aber es ist die Endphase in der sich der Kapitalismus befindet. Wir sehen es daran, daß auf der ganzen Welt Kriege geführt werden, Kriege die im Wesentlichen Terrorkriege sind und sich gegen diejenigen Nationen richten in deren Grenzen sich Öl, Gas, Coltan, Lithium, Eisenerz, Kohle uva. Rohstoffe sowie Bodenschätze befinden und auch fruchtbares Land.
Es zeichnet sich also ab, wohin diese Entwicklung führt: Zur Vollständigen Zerstörung des Planeten Erde. Was auch das Ende der Menschheit bedeutet.
"Man darf sicher sein, daß es in den Schubladen auch Aufstandsbekämpfungspläne gibt. Ihrer bedarf es (noch) nicht."
der "aufstand" von hong-kong wurde im zuge des ausbruchs eines neuen virus zum schweigen gebracht.
die "massen" blieben zuhause. die straße war leer. niemand wurde auf offener straße erschossen.
das virus war eine desinformationskampagne, die zu einem globalen geschäft gemacht wurde.
das virus kam zur rechten zeit, für viele akteure.
die planspiele haben sicherlich dazu beigetragen, einer regierung die möglichkeiten einer un-militärischen, psychologischen krisenbewältigung vor augen zu führen.
ich hege keine anti-chinesischen ressentiments.
trotzdem glaube ich, daß die "seuche", die bilder von auf der straße umfallenden, der aufstandsbekämpfung gedient hat.
der ursprung der "pandemie" ist nicht geklärt.
virus: woher? schon immer da? künstlich? usw.
Was haben Sie denn von einer feministischen Theoretikerin und Marxistin erwartet?
https://www.equalpedia.org/tove-soiland/
Dafür finde ich den Standpunkt fast schon gut. Natürlich mit dem Abstrich, dass keine Machteliten & Co die Entscheidungen – auch aus niederen Beweggründen – treffen, sondern ein abstraktes Prinzip wirkt. Aber ist gerade dies nicht typisch marxistisch, haben nicht Marxisten die Abfolge über Diktatur des Proletariats zum Kommunismus als naturgesetzlich betrachtet?
Haben nicht Sie, aa, sich hier inzwischen von den Prämissen der Marxisten entfernt (zurecht wenn Sie mich fragen)? Ich halte die Links/Rechts Diskussion für weitestgehend überholt. Wenn die 'Arbeiterklasse' etwas mehr vom Kuchen abkriegt, ist dann die Marschrichtung zu mehr Synthetisierung, industrielle Landwirtschaft mit Enteignung Bauern, digitaler Überwachungsstaat und Kriegswirtschaft gerechtfertigt?
Ich bin ein wenig verwirrt.
Warum die "rechtskonservativen Theorien des „Globalismus“"?
Ich halte die Kritik am Globalismus eher für eine linke Kritik an dem, was vormals mit "globaler Marktwirtschaft" umschrieben wurde. Selbsternannte "Eliten" oder "Philantropen", die sich nicht an lokale Gesetze gebunden fühlen und private Interessen mittels Geld, Gewalt und Lobbys in Ländern durchsetzen.
Eben dieses scheint mir auch der Knackpunkt zu sein, der Sie und die Autorin entzweit.
Dazu passt:
"Die UN werden Gaza nicht schützen, aber können sie einen „Pakt für die Zukunft“ verabschieden?
29. September 2024; Pepe Escobar"
https://tkp.at/2024/09/29/die-un-werden-gaza-nicht-schuetzen-aber-koennen-sie-einen-pakt-fuer-die-zukunft-verabschieden/
"Die Vereinten Nationen sind zu einer Parodie ihrer selbst geworden. Als sich die Staats- und Regierungschefs der Welt in New York versammelten, standen Gaza, der Libanon und Palästina nirgendwo auf der Tagesordnung, aber ein von den USA durchgedrückter Pakt zum Schutz der „regelbasierten Ordnung“ stand ganz oben auf der Tagesordnung."
Darin der link:
https://www.un.org/sites/un2.un.org/files/sotf-pact_for_the_future_adopted.pdf
Beachtenswert die Wortwahl.
Darin gleich zu Beginn:
"The Pact for the Future"
"2. We are at a time of profound global transformation."
oder:
"V. Transforming global governance"
"A transformation in global governance is essential to ensure that the positive progress we have seen across all three pillars of the work of the United Nations in recent decades does not unravel. We will not allow this to happen."
Von welcher globalen Regierung ist da die Rede?
Wobei noch anzumerken ist, daß die WHO, der wir ja die Leitlinien während der "Corona Pandemie" zu verdanken hatten und die, wie SIe wissen, zu großen Teilen privat finanziert wird, eigentlich eine Unterabteilung der UN ist. Da schließt sich dann der Kreis.
—
Wie kann es sein, daß beispiesweise Vorgänge in Polen so identisch klingen, wie hierzulande? Alles nur Zufall?
"Die Verfassung ist nichts mehr wert: Aleksandra Rybinska über Polen unter Donald Tusk
Tichys Einblick; vor 8 Stunden"
https://www.youtube.com/watch?v=QmnVyiiCeU0
@Benjamin:
– Sie beschreiben eigentlich gut den Unterschied zwischen Kritik an einem "Globalismus" und der an einem weltweit agierenden Kapitalismus. Rechtskonservative Kritik will, wie ich meine, wesensgemäß, nichts wissen von Klassen und einer klaren Benennung der Ursachen von Machtstrukturen. Sie setzt auf das, was Soiland richtig als Verschwörung „böser, mächtiger Männer“ darstellt. Linke Globalisierungskritik – auch den Begriff halte ich für wenig präzise – benennt die wirtschaftlich Mächtigen in ihrer internationalen Vernetzung wie in ihren nationalen Herrschaftsbereichen. Während die Rede von "Globalismus" diffus bleibt und ferne Verabredungen in den Vordergrund rückt, negiert die linke Kritik den Internationalismus des Kapitals nicht, verbindet sie aber mit einem systemischen Ansatz, der auch die Verantwortung der heimischen Kapitalgruppen betrachtet. Derart kann es gelingen, Verursacher von Krieg, Gewalt und Ausbeutung nicht nur an der Wallstreet, sondern auch in der Frankfurter City auszumachen. Der Erzählung, Bedrohung komme nur von außen und von fremden Mächten, wird so ein Verständnis davon entgegengesetzt, daß Kriegstreiber und Profiteure in Deutschland durchaus eigene imperialistische Ambitionen haben und nicht einfach nur "Vasallen" von wem auch immer sind.
- Es ist mir zu blöde, mich mit dem tkp-Unsinn auseinanderzusetzen, wonach in der UNO Gaza und Libanon nicht debattiert würden. Über den Inhalt des "Pakts für die Zukunft" erfahren wir dort gar nichts, aber daß mit Rußland, dem Iran und China "die drei wichtigsten Zivilisationsstaaten" ihm nicht zugestimmt haben. Mir scheint, daß nach dem sang- und klanglos abgeblasenen Kampf gegen die "WHO-Diktatur" nun ein neues Kampffeld gegen den "Globalismus" aufgemacht wird. Was außer einem Reflex auf zwei Reizworte gegen die offenkundig zutreffende Beobachtung (wie auch immer man sie bewertet) "We are at a time of profound global transformation" spricht, erschließt sich mir nicht.
- Was Sie als "globale Regierung" lesen, erscheint mir im Kontext des Absatzes als Absage an die Bemühungen vor allem der USA, ihr imperiales Weltbild durchzusetzen. Ob das mehr als warme Worte sind, wird sich erweisen müssen:
"Unser multilaterales System, das nach dem Zweiten Weltkrieg aufgebaut wurde, steht heute unter beispiellosem Druck. In den letzten 80 Jahren hat es bemerkenswerte Erfolge erzielt. Aber wir sind nicht selbstgefällig, was die Zukunft unserer internationalen Ordnung angeht, und wir wissen, dass sie nicht stillstehen kann. Wir werden Maßnahmen ergreifen, um den Multilateralismus zu stärken und neu zu beleben und die internationale Zusammenarbeit zu vertiefen. Wir bekräftigen unser unerschütterliches Bekenntnis zum Völkerrecht, einschließlich der Charta, um globale Herausforderungen anzugehen, von denen einige die gesamte Menschheit überfordern und bedrohen könnten. Eine Transformation der globalen Regierungsführung ist unerlässlich, um sicherzustellen, dass die positiven Fortschritte, die wir in den letzten Jahrzehnten in allen drei Säulen der Arbeit der Vereinten Nationen gesehen haben, nicht zunichte gemacht werden. Wir werden dies nicht zulassen."
- Das Gerede der Remigrationspropagandistin Rybinska konnte ich nur wenige Minuten ertragen. Wirklich lustig ist in dem Video das prominent postierte Buch von Klaus Schwab "Über die vierte industrielle Revolution".
"Sie beschreiben eigentlich gut den Unterschied zwischen Kritik an einem "Globalismus" und der an einem weltweit agierenden Kapitalismus."
Wo ist da jetzt der Unterschied? Ohne die finanziellen Mittel ist ein "Globalismus" gar icht durchführbar. Wenn Sie darauf abzielen, daß es nur eine Menschheit auf diesem Planten gibt, die als Ganzes verwaltet wird, würde ich zustimmen. Aber niemand hat diese Menschheit gefragt, ob sie das überhaupt will oder wie diese Verwaltung aufgebaut sein sollte.
"Rechtskonservative Kritik will, wie ich meine, wesensgemäß, nichts wissen von Klassen und einer klaren Benennung der Ursachen von Machtstrukturen. Sie setzt auf das, was Soiland richtig als Verschwörung „böser, mächtiger Männer“ darstellt."
Was denn nun. Werden diese Machtstrukturen und die Personen dahinter benannt, ist Ihnen das auch nicht recht. Eine Klasse der Besitzenden wird doch klar benannt. Übrigens ist Melinda kein Mann. (von oben):
"»… internationale Organisationen wie die WHO, GAVI, CEPI oder die Eco Health Allianz, Megastiftungen wie die Rockefeller Foundation oder die Bill & Melinda Gates Foundation und – oftmals dem Militär angegliederte – Forschungseinrichtungen wie das Center for Health Security der Johns-Hopkins-Universität, ein Komplex, der meist und etwas euphemistisch als Public-Private-Partnership bezeichnet wird und den ich in Anlehnung an Simon Elmer als Global Biosecurity State bezeichne."
"Linke Globalisierungskritik – auch den Begriff halte ich für wenig präzise – benennt die wirtschaftlich Mächtigen in ihrer internationalen Vernetzung wie in ihren nationalen Herrschaftsbereichen."
Wo? Wann? Siehe einen Absatz weiter oben. Welche "wirtschaftlich Mächtigen" haben Sie im Blick? Jedesmal, wenn diese benannt werden, stellen Sie sich quer, ohne jemals selbst jemanden zu benennen.
Welche Vernetzung meinen Sie? Auch hier wieder. Jedesmal, wenn Verbindungen benannt werden, Stelllen Sie diese in Frage, ohne jemals selbst welche benannt zu haben. Siehe Corodok: WHO-EU-nationale Regierungen am Beispiel "Digital Services Act" oder Krankenhausgesellschaften als Aktiengesellschaften- WHO- Spahn/Lauterbach,
"Während die Rede von "Globalismus" diffus bleibt und ferne Verabredungen in den Vordergrund rückt, negiert die linke Kritik den Internationalismus des Kapitals nicht, verbindet sie aber mit einem systemischen Ansatz, der auch die Verantwortung der heimischen Kapitalgruppen betrachtet. Derart kann es gelingen, Verursacher von Krieg, Gewalt und Ausbeutung nicht nur an der Wallstreet, sondern auch in der Frankfurter City auszumachen."
In Zeiten, wo jedes Finanzunternehmen von jedem Finanzunternehmen Aktienanteile besitzt und dadurch ein Geflecht entsteht, ist es unwahrscheinlich, daß diese dann nicht zusammen arbeiten und gemeinsamme Ziele verfolgen. Letztendlich laufen auch diese Verflechtungen auf einige wenige letzte Besitzer herraus. Das es Unstimmigkeiten zwischen den jeweiligen Besitzern geben kann ist nicht ausgeschlossen. Aber keiner würde an dem System rütteln, welches die Vorteile gewährt. Letztendlich setzen sich dann die Besitzer mit den größten Anteilen durch.
"Der Erzählung, Bedrohung komme nur von außen und von fremden Mächten, wird so ein Verständnis davon entgegengesetzt, daß Kriegstreiber und Profiteure in Deutschland durchaus eigene imperialistische Ambitionen haben und nicht einfach nur "Vasallen" von wem auch immer sind."
Ich glaube an dieser Stelle überschätzen Sie den heimischen Finanzmarkt. Nach dieser Definition ist es nicht ausgeschlossen, das jedes Land "eigene imperialistische Ambitionen" hat. Dies setzt zum einen in jedem Land Imperialisten vorraus und zum anderen wäre das ein System, daß sich selbst reguliert und durch das Gezänk untereinander auch leicht zu steuern wäre. Oder gibt es nur in Deutschland „böse, mächtige Männer“ die "imperialistische Ambitionen" verfolgen? Ganz schön rassistisch. Ist jeder finanzstarke Mensch gleichzeitig ein nationaler Imperialist in einem globalen Finanzgeflecht? Das ist widersinnig.
Es ist ein wenig amüsant, daß Sie den Nationalismus von Menschen ablehnen, aber die Einzelinteressen von "heimischen Kapitalgruppen" voraussetzen.
Ist es nicht genau andersherum?. Der kleine Mensch hat weniger Überblick über eine komplexe Welt und schafft sich ein eher überschaubares Bild der Welt, mit dem er zurecht kommt und das zum alltäglichen Leben passt. Während die Arbeit von Menschen in "Kapitalgruppen" sich täglich mit den komplexen Verflechtungen der Welt beschäftigen und sie daher auch zu scheinbar komplexeren Weltbildern neigen würden.
Das sich die UN als eine "globalen Regierungsführung" sieht, erscheint ihnen nicht seltsam? Niemand wählt dieses Parlament. Es gibt keine öffentliche Debatte über Zielsetzungen. Kein einfacher Mensch hat ein Widerspruchsrecht. Auch die UN besteht aus Menschen mit privaten Interessen. Auch eine KI wird von Menschen mit privaten Interessen vordefiniert, gebaut und gesteuert.
Wenn "Pandemie" und
"Klimakrise" (beides Verbrechen gegen die Menschlichkeit) etwas Gutes haben: Die Linksideologie wird nachhaltig im Orkus der Geschichte verschwinden.
Im Übrigen gibt es keine Klassen unter Menschen. Und nicht nur deshalb ist die Linksideologie Ausweis der geistigen Zerrüttung (und des Wahns), die für sich aggressiv anti-demokratisch die Unmündigkeit verewigen will. Alles Elend der Welt geht auf diese Ideologie zurück. Und nicht zuletzt auch deshalb wird sie verschwinden.
> Im Übrigen gibt es keine Klassen unter Menschen.
Doch doch. Genau daran definiert sich nämlich rechts und links. Und siehe da, Rechte wie Linke vertreten einunddieselbe Klasse. Im Schulterschluss mit allen anderen Parteien, AfD, BSW, CDU, SPD …
Deine Kritik teile ich, finde es aber kontraproduktiv, ihr gleich eine linke Haltung abzusprechen. Auch wenn ich durchaus die Rechte als große Gefahr sehe. Vielleicht liegt es auch daran, daß sie in der Schweiz lebt, und einen anderen Hintergrund hat, als wir hier in Deutschland.
Biosecurity wurde zu einer miltiärischen Angelegenheit. Insgesamt ist die Bio- und Gentechnologie eines der Schwerpunkte, die mit Milliarden von Steuergeldern unterstützt werden. Durch die Einbindung der NATO in die EU Strukturen findet so vieles hinter mehr oder weniger verschlossenen Türen statt.
Wurde die "Pandemie" genutzt um bspw. Dem 1 Million Genome Project beizutreten: https://www.bmbf.de/bmbf/shareddocs/kurzmeldungen/de/deutschland-tritt-genomprojekt-der-eu-bei.html
Ist es Zufall, daß gerade in Deutschland soviele Netzwerke und Institutionen inkl. einer Art Geheimdienst (Intelligence?) für Pandemietaugliche Krankheitsgeschehen, angesiedelt sind? Global Health das Thema (jedoch nicht in der öffentlichen Diskussion) sind? Stehen diese nicht tatsächlich im Dienste des Kapitals, und haben mit Internationalismus nichts am Hut.
Man höre sich die Paneldiskussion einmal an: (auch wenn es eine Qual ist)
https://www.youtube.com/watch?v=_FOhQ22j330
Global Health Talk 2023 (Part 3): TED Talk Prof. Dr Ilona Kickbusch & Panel w/German Policy Makers
Das Ausscheren des globalen Südens aber auch der USA scheint es den "Global Health Protagonisten" schwer zu machen.
Statt nur Regierungen in die "policy" einzubinden, setzt man auf die unteren Ebenen, wie Parlamentarier. Die immer wieder beschworene Bedrohung durch "neue" Erreger, Mücken, Schlangen ist ein Mittel um der Bevölkerung ihre Berechtigung zu untermauern.
Kretschmann sprach von einem "Inschtrumentenkasten" in Sachen Maßnahmen. Wie Schrauben eines Getriebes, glaubte man die Gesellschaft entsprechend einzuhegen und zu kontrollieren, um ein Krankheitsgeschehen zu beeinflussen. Sie glauben bis heute noch an die Sinnhaftigkeit. Man kann darüber streiten inwieweit die Regierenden Betrüger oder selbst Betrogene waren und sind.
Einige Staaten, wie Frankreich und Chile, waren sicherlich froh die Proteste zumindest für einige Jahre wirksam zu unterdrücken.
P.S.
https://www.globalhealthhub.de/de/
Die Registrierung is offen.
"Join us for the Global Health Hub Germany's Global Health Talk on December 5–6, 2024, in Berlin, where leading experts and high-level officials will discuss critical issues in Global Health.
We are delighted to invite you to this year’s Global Health Talk on 5 – 6 December 2024 at the Conference Center Mauerstraße 27 in Berlin.
Our annual flagship event will bring together leading Global Health experts from different stakeholder groups and high-level representatives from the German Federal Government. The event is a great opportunity for interdisciplinary and cross-sectoral exchange and to engage in lively discussions around Global Health.
5 December 2024 | 9:00 am – 8:00 pm (CET)
Official opening ceremony with Federal Minister of Health Prof. Karl Lauterbach and Dr. Ariane Hildebrandt, Director-General of the department for global health, equality of opportunity, digital technologies and food security at the Federal Ministry for Economic Cooperation and Development (BMZ)
Global Health in Conflict Settings
Climate Change and Health: Focusing on Adaptation
European Cooperation in Global Health
We will conclude the first day of the conference with an evening reception.
6 December 2024 | 9:00 am – 1:00 pm (CET)
Dialogue with the Federal Ministry of Health
Non-Communicable Diseases – The quiet crisis demanding global attention: UN High-level Meeting on the Prevention and Control of NCDs
From Reflections to Projections: Learnings from 2024 to shape Global Health in 2025
A light lunch will provide another opportunity to meet inspiring peers and new Global Health companions and to close this year’s Global Health Talk.
We look forward to your participation and valuable conversations that will shape the future of Global Health. "
Die Sprache ist Englisch. Wer es nicht spricht, ist dort wo es um "globale Gesundheit" geht fehl am Platz.
und bereits in wenigen Wochen steht wieder das World Health Summit ins Haus. Teilnahme vor Ort nur für Leute mit Geld. Zutritt hat man damit aber nicht auf das Global Health Lab in Oceania*. 349 Speaker sind angekündigt, von Siemens bis zur NGO mitsamt Kanzler Scholz, Wieler, Drosten, Lauterbach usw.
https://www.conference.worldhealthsummit.org/Program/WHS2024
Übertragen wird auch live auf youtube.
Feiner Text. Herzlichen Dank!
Hallo Artur,
danke für deine interessante Erörterung, danke auch für den Hinweis zu Tove Soiland – die ebenfalls interessant ist.
Ich habe übrigens nicht den Eindruck, daß sich Tove Soiland auf Michel Foucault bezieht, wie Du vermutest. Ein M‑Foucaultianer hätte beim Thema Biosecurity die Foucaultsche Biopolitik* nicht unerwähnt gelassen. [* vergl. 'Der Wille zum Wissen', Frankfurt a.M. 1983, S. 166–173 /"Die Fortpflanzung, die Geburten- und Sterblichkeitsrate, das Gesundheitsniveau, die Lebensdauer, die Langlebigkeit mit allen ihren Variationsbedingungen wurden zum Gegenstand eingreifender Maßnahmen und regulierender Kontrollen: Bio-Politik der Bevölkerung."] Den Begriff 'Dispositiv' hat Foucault nicht geprägt, sondern nur häufig gebraucht, und zwar in der alltagssprachlichen Bedeutung: ein Ensemble von Mitteln, die zur Verfügung stehen (also: was zur Disposition steht). Sie gebraucht auch das Wort 'Diskurs' in der uns geläufigen Bedeutung: ein Gespräch führen (eine Diskussion), nicht so, wie es Foucault versteht: als herrschende Rede – heute könnten wir sagen: als gültiges Narrativ.
Soilands Satz "Die Nationalstaaten sind Ausführende der Konzepte des globalen Biosecurity-Staates, sie sind nicht selber die Akteure" ist etwas mysteriös, denn 'Akteure' sind 'Ausführende'. Aber vielleicht meinte sie, daß die Politiker die bezahlten Vasallen im Interesse derjenigen Kapitalisten sind, die Biosecurity-Produkte vermarkten wollen.
Du unterscheidest zwischen technologischen Maßnahmen und politischen Kontrollbemühungen. Tove Soiland denkt das zusammen – und hat m.E. recht damit. Paul Schreyer hat in seinem Buch 'Chronik einer angekündigten Krise' treffend beschrieben, wie bei diversen Katastrophen-Übungen bzw. Katastrophen-Plänen die Öffentlichkeitsarbeit immer ein zentrales und wichtiges Thema war. Z.B. zum 'Event 201: Corona-Krise als Planspiel': "Die Kommunikation mit der Öffentlichkeit müsse sorgfältig geplant werden. … Die ehemalige Vizedirektorin der CIA ergänzte, man solle die öffentliche Arena mit den eigenen Argumenten 'fluten', um die Botschaft zu verstärken." etc.
Ich denke, es geht nicht darum, Aufstände niederzuschlagen, sondern grundlegend bereits die Möglichkeit eines Aufstandes zu unterbinden. Dazu dient bei uns z.B. die sogenannte Sozialpartnerschaft, die weniger den sozialen Frieden, als vielmehr die bürgerliche Herrschaft sichern soll (irgendwann wird das Wort 'Klassenkampf' nicht mehr im Duden stehen). Diesbezügliche Pläne und Prozesse in der Politik können heutzutage allgemein 'technologisch' bestimmt werden, mit verschiedenartigen 'Lösungen'. Z.B. wird Norbert Härig nicht müde, vor der Abschaffung des Bargeldes zu warnen; sollte das gelingen, wäre damit bereits der Gedanke an einen Aufstand oder gar Revolution unmöglich gemacht – mit einer simplen Kontosperrung ist die Existenz jedes Aufständischen vernichtet (das Mittel der Kontosperrung wird ja jetzt schon erfolgreich praktiziert).
Demokratie ist heute nur deshalb als bürgerliche Staatsform brauchbar, weil es möglich geworden ist: das 'Volk' von der 'Herrschaft' auszuschließen. Wie ein Sprichwort so schön sagt: "Geld regiert die Welt!", und nur Millionäre und Milliardäre haben die Telefonnummer von Kanzler Scholz, um mit ihm den Regierungskurs zu besprechen (ich denke: 1 Million ist das absolute Minimum, um an gewichtigen politischen Entscheidungsprozessen mitwirken zu dürfen). Nur so kann ich deiner Rede von 'Kapitalismus als vorherrschende Gesellschaftsform' zustimmen. (Strenggenommen ist es trotzdem falsch, denn 'Kapitalismus' ist eine 'Wirtschaftsform', keine 'Gesellschaftsform')
Ebenso wie dir gefällt mir Soilands Verknüpfung von Militär und Medizin. Man könnte es als Zeichen der Zeit ansehen, daß fast unmittelbar nach dem Marketing-Hype der Pharmaindustrie das große Geschäft der Rüstungsindustrie folgt. Die Kriegstüchtigkeit des Gesundheitswesens ist schon zu Beginn der Coronazeit dem italienischen Philosophen Giorgio Agamben aufgefallen: "Es wundert nicht, dass man in Bezug auf das Virus von einem Krieg spricht. Die Notmassnahmen zwingen uns de facto, unter Bedingungen der Ausgangssperre zu leben. Nur ist ein Krieg mit einem unsichtbaren Feind, der sich in jedem Menschen einnisten kann, der absurdeste aller Kriege."
https://www.nzz.ch/feuilleton/giorgio-agamben-ueber-das-coronavirus-wie-es-unsere-gesellschaft-veraendert-ld.1547093
Lieber Artur,
gerade eben habe ich Deinen Text entdeckt und bislang nur einmal lesen können, doch ich möchte Dir, auch wenn ich Einzelheiten Deiner Kritik an Soiland etwas anders sehe, schon jetzt ganz herzlich für die äußerst anregende Auseinandersetzung mit ihrem Text sowie die weit darüber hinaus gehenden Anregungen danken (solchen politisch leider ziemlich ungebildeten Menschen wie mir helfen beide weiter)!
@Witwesk: Danke. Nur, wenn der Eindruck entsteht, da wolle ein Überflieger ungebildeten Menschen (zu denen Du ja nachweislich nicht zählst), etwas verklickern, dann muß ich etwas falsch gemacht haben.
Olaf Arndt hat Soilands Text als 55. Nummer der "Aktion 4.0", einer sehr empfehlenswerten Reihe, gebracht.
https://olaf.bbm.de/zellhaufen
Ich hab im Kommentar auf o.a. Kritik hingewiesen. Arndts Kommentar der Kritik:
«Danke für den Hinweis. Zur Kritik an Tove: Ich habe schon lange keinen Text wie ihren mehr gelesen, der z.B. ähnlich wie das “Konspirationistische Manifest” aus einer gewissen Höhe auf die Ereignisse blickt und dadurch auch weiter nach vorn schauen kann.
Daher finde ich Aschmoneits Frage, Soiland sähe aus “wie links” … aber ob es auch links genug sei… kontraproduktiv, selbst wenn er im Detail Kritikwürdiges aufdeckt.
Ich denke, dass auch Dinge, die schon von Anderen vorher irgendwann einmal bearbeitet wurden (z.B. gab es Biopolitik ja schon im 19. Jhdt. und Analysen dazu auch schon vor hundert Jahren), ruhig in anderer Sprache, über andere Verteiler und mit eigenen Schwerpunkten öfter wiederholt werden können, denn man sieht ja an der aktuellen geistigen Lage der Nation, dass es nur wenig Denküberlebende gibt und es besser wäre, es kämen wieder ein paar mehr hinzu.»