Klingt links, ist es das auch? Tove Soilands „politökonomische Interpretation der Corona-Krise“

Um die­se Frage zu beant­wor­ten, bedarf es einer Verständigung über den Begriff „links“. Ein Vorschlag dazu wird wei­ter unten vorgelegt.

Die Historikerin Tove Soiland hat unter dem Titel „Weder Verschwörung noch Zufall: Was war die Corona-Krise?“ am 24.9.24 auf ber​li​ner​-zei​tung​.de den Versuch unter­nom­men, die über­wie­gend regie­rungs­from­me Linke in eine Analyse der Coronapolitik als „Aufstieg eines glo­ba­len ‚Biosecurity-Staates‘“ ein­zu­be­zie­hen. Ihr Sprachgebrauch weist sie als Kennerin lin­ker Diskurse aus (Kapitalakkumulation, ten­den­zi­el­ler Fall der Profitrate etc.).

Sie beschreibt zunächst, mit welch „aggres­si­ver Abwehr und igno­ran­tem Desinteresse“ Fragen und Kritik auch von der Linken zurück­ge­wie­sen und als „rechts“ gebrand­markt wur­den. Sie macht zwei Lager aus, von denen das eine von einer über­for­der­ten Politik aus­ge­he und das dar­aus erwach­sen­de Handeln der Regierungen als Zufall anse­he. Das ande­re gehe von einer Verschwörung „böser, mäch­ti­ger Männer“ aus. Sie hält die­se Alternative für falsch und setzt dage­gen, „dass die staat­li­chen Antworten auf das Auftreten des neu­en Corona-Virus in den Kontext eines glo­ba­len Biosecurity-Dispositivs zu stel­len sind, das mili­tä­ri­scher Natur ist“.*

»Ich wer­de argu­men­tie­ren, dass die­ses Biosecurity-Dispositiv die Tendenz hat, zur neu­en Regierungsweise west­lich-spät­ka­pi­ta­li­sti­scher Gesellschaften zu wer­den. Diese führt die auto­ri­tä­ren Tendenzen des Neoliberalismus zwar fort, bringt sie aber gleich­zei­tig unter dem Stichwort des „Schutzes des Lebens“ in eine gänz­lich neue und mit lin­ken Werthaltungen ver­ein­ba­re Form, die die­sem Autoritarismus in einem bis­her nie dage­we­se­nen Ausmaß zur Akzeptanz ver­hilft.«

Entscheidende Akteure seien

»… inter­na­tio­na­le Organisationen wie die WHO, GAVI, CEPI oder die Eco Health Allianz, Megastiftungen wie die Rockefeller Foundation oder die Bill & Melinda Gates Foundation und – oft­mals dem Militär ange­glie­der­te – Forschungseinrichtungen wie das Center for Health Security der Johns-Hopkins-Universität, ein Komplex, der meist und etwas euphe­mi­stisch als Public-Private-Partnership bezeich­net wird und den ich in Anlehnung an Simon Elmer als Global Biosecurity State bezeich­ne. Dabei ist wich­tig zu ver­ste­hen: Die Nationalstaaten sind Ausführende der Konzepte des Globalen Biosecurity-Staates, sie sind nicht sel­ber die Akteure

Klassen verschwinden hinter mächtigen Stiftungen und Organisationen – Gänzlich neu?

Hier ent­täuscht Soiland zunächst die Erwartung, sie wer­de mit einem an Klassenanalyse ange­lehn­ten Vokabular Interessen beschrei­ben: die der die wich­tig­sten Produktions- und Kommunikationsmittel Besitzenden in ihrem Gegensatz zum Rest der Gesellschaft. Und sie wer­de die­se mit ihren jewei­li­gen Widersprüchen erör­tern. Stattdessen schei­nen die besit­zen­den Klassen zu ver­schwin­den hin­ter mäch­ti­gen Stiftungen und Organisationen, die doch eher beauf­trag­te Sachwalter der Interessen jeweils vor­herr­schen­der Fraktionen des Großkapitals sind. En pas­sant wer­den die Nationalstaaten aus der Verantwortung genom­men, die ledig­lich Ausführende eines aus­ge­heck­ten Konzepts sei­en. Mir erscheint das recht nah den rechts­kon­ser­va­ti­ven Theorien des „Globalismus“, die anders als die frü­he­re lin­ke „glo­ba­li­sie­rungs­kri­ti­sche“ Bewegung von Klassen nichts wis­sen wollen.

Das Erleben einer „gänz­lich neu­en“ Form des Autoritarismus mag für Menschen gel­ten, deren poli­ti­sche Tätigkeit mit Corona begann und die viel­leicht von den bis­he­ri­gen „auto­ri­tä­ren Tendenzen des Neoliberalismus“ weni­ger berührt waren. In Hinblick etwa auf die Schikanierung und Ausgrenzung von Hartz-4-EmpfängerInnen, die plan­mä­ßi­ge Verarmung erheb­li­cher Bevölkerungsteile und die Zerstörung sozia­ler Infrastrukturen nicht nur in Ostdeutschland erscheint mir die These unzu­tref­fend. Sollte es aber „nur“ um die poli­ti­sche Zurichtung gehen, die laut Soiland ja inter­na­tio­nal gilt, dann wird ein Blick auf auto­ri­tä­re Regime in der Türkei, Polen, Ungarn, Rußland und ande­ren Ländern bereits vor Corona dies eben­falls nicht stützen.

»Das Gesellschaftsbild die­ses mili­tä­ri­schen Dispositivs besagt in etwa, dass Probleme der Gesellschaft nicht pri­mär poli­ti­scher Natur sind, son­dern als eine Frage der Sicherheit auf­ge­fasst wer­den müs­sen und aus­schließ­lich tech­no­lo­gi­scher Lösungen bedür­fen. Zu den zu bewäl­ti­gen­den Bedrohungen gehö­ren sozia­le Unruhen eben­so wie natür­li­che Viren oder Bioterrorismus. Es gibt in die­sem System kei­nen Unterschied zwi­schen gesell­schaft­li­chen Konflikten und Naturereignissen, da bei­de nach den­sel­ben Antworten ver­lan­gen

Ist es das, was wir in der Coronazeit erlebt haben? Waren die „Maßnahmen“, Lockdowns, Schulschließungen, „social distan­cing“ und vie­les mehr „aus­schließ­lich tech­no­lo­gi­sche Lösungen“? Waren die poli­ti­schen Kontrollbemühungen nicht weit umfas­sen­der und bei­spiels­wei­se auf Propaganda und Verhaltenssteuerung aus­ge­rich­tet? War dies nicht letzt­lich auch öko­no­misch ver­an­laßt? Die Ergebnisse spre­chen jeden­falls dafür: Die Konzentration wirt­schaft­li­cher Macht vor allem von Pharma‑, Tech- und Internethandels-Unternehmen hat zuge­nom­men, ihre Profite sind explo­diert. Schon von Beginn an stan­den Überlegungen im Vordergrund, durch Lockdowns mög­lichst wenig die (gro­ße) Wirtschaft zu schä­di­gen, mit dem Ergebnis, daß „unpro­duk­ti­ve“ Kinder und alte Menschen ein­ge­sperrt wur­den, wäh­rend die Lohnarbeit wei­test­ge­hend bei­be­hal­ten wur­de. Eine tech­no­lo­gi­sche Lösung kann in der Fokussierung auf „Impfstoffe“ gese­hen wer­den, ganz in der Tradition von Bill Gates, Armut und unwür­di­ge Lebensverhältnisse der­art erträg­li­cher erschei­nen zu las­sen. Doch auch hier wür­de ich die These wagen, daß die immense öko­no­mi­sche Verlockung, auf ewig mRNA-Stoffe durch­zu­set­zen, min­de­stens so ent­schei­dend war wie ideo­lo­gi­sche Konstrukte. Dafür spricht, daß „tech­no­lo­gi­sche Lösungen“ aus Rußland, China oder Indien aus dem Rennen gewor­fen wur­den und selbst der anfangs benö­tig­te Stoff von AstraZeneca mit ande­ren Substanzen kei­ne Rolle mehr spie­len durfte.

Aufstände wie Viren bekämpft

Noch ein­mal kom­men Aufstände vor, die ähn­lich tech­no­lo­gisch bekämpft wür­den wie Viren: „All-Hazard Approach oder One Health heißt das dann in der Biosecurity-Sprache: Egal ob es sich um die Eindämmung von Viren oder Aufständen han­delt, bei­des sind Sicherheitsrisiken, die die Gesellschaft in ihrem Zusammenhalt bedro­hen“. Schimmert da eine Träumerei durch? Ich habe in der Corona-Zeit viel gele­sen über Hoffnungen auf blockie­ren­de Trucker an der kana­di­schen Grenze, revol­tie­ren­de Bauern oder den Sturm auf ein Gewerkschaftshaus in Rom. Oft wur­de so die eige­ne Erfolgsarmut kom­pen­siert mit Bewegungen anders­wo. Unruhen, gar Aufstände, kann ich wenig erken­nen. Wo es Revolten gab, wur­den sie klas­sisch nie­der­ge­schla­gen oder wie bei den Bauern ein­ge­hegt, ohne daß es dafür “tech­no­lo­gi­scher Lösungen“ bedurf­te. Gegenwärtige sozia­le und öko­no­mi­sche Konflikte wer­den gekonnt in Migrationsdebatten oder Kriegsrhetorik kana­li­siert. Darin liegt die eigent­li­che Stärke der ideo­lo­gi­schen Hegemonie der Herrschenden, die auch Soiland beschreibt: Das eige­ne Handeln als mora­lisch gerecht­fer­tigt zu ver­kau­fen und dabei Versatzstücke lin­ker Diskurse wie Solidarität und Menschheitsinteressen zu nut­zen. Klassenwidersprüche und Machtfragen blei­ben außen vor und wer­den ver­tuscht. Rechter Populismus kann dabei nur hilf­reich sein. Daß auch Linke sich in herr­schen­de Narrative haben ein­span­nen las­sen, offen­bart deren intel­lek­tu­el­le Krise, die in Wahlergebnissen nur unzu­rei­chend gespie­gelt wird.

Man darf sicher sein, daß es in den Schubladen auch Aufstandsbekämpfungspläne gibt. Ihrer bedarf es (noch) nicht. Die unte­ren Klassen mur­ren zwar, aber las­sen sich bereit­wil­lig auf ver­meint­li­che Alternativen ein, die sie in Kämpfe unter­ein­an­der trei­ben anstatt Verantwortliche und Profiteure anzugehen.

Dabei ist die Beobachtung des Zusammenwachsens von Militär- und Gesundheitspolitik rich­tig und wur­de von mir im Juli 2020 beschrie­ben (s. hier). Davon zeu­gen zahl­rei­che gemein­sa­me Planspiele eben­so wie die unver­hoh­le­ne Implementierung des Militärs in der zivi­len Gesellschaft als „Helfer bei der Pandemiebekämpfung“ (Soldaten im Tarnfleck in Kitas und Behinderteneinrichtungen, noch mehr hier); auch die­ses Spiel haben Linke in Regierungen mit betrie­ben. Ein Fragezeichen wür­de ich hin­ge­gen set­zen bei der Auffassung, daß „man sich im Umfeld des US-ame­ri­ka­ni­schen Militärs einig [sei], dass zukünf­ti­ge Gefahren weni­ger von Kriegen einer der USA gegen­über feind­li­chen Nation aus­ge­hen wür­den als viel­mehr von inne­ren Gefahren“. Die Forcierung mili­tä­ri­scher Konflikte in der Ukraine und im Nahen Osten sowie die Vorbereitung sol­cher im pazi­fi­schen Raum durch die USA und die NATO spre­chen eher dafür, daß der Kapitalismus kriegs­taug­lich sein will nach außen wie nach innen.

Kapitalismus in säkularer Stagnation?

»Es scheint nun, dass die­ses Biosecurity-Dispositiv gleich auf meh­re­ren Ebenen das zur Verfügung stellt, was der kri­sen­ge­schüt­tel­te Kapitalismus der Gegenwart braucht. Oder anders for­mu­liert: Dieses Dispositiv gerät in eine gewis­se Passförmigkeit zu den Krisenbewältigungsstrategien des Spätkapitalismus. Diese Krise hat vie­le Aspekte, die jedoch alle um ein Hauptproblem krei­sen: Der Kapitalismus befin­det sich seit gerau­mer Zeit in einer säku­la­ren Stagnation, in deren Folge Gewinne in der pro­du­zie­ren­den Industrie kaum mehr anhal­tend zu erzie­len sind…

So haben wir es seit den 1960er-Jahren mit einer ste­ti­gen, jeweils nur immer für kur­ze Zeit unter­bro­che­nen Abnahme der Produktivitätszuwächse zu tun, und nur mit die­sen Produktivitätszuwächsen kön­nen Kapitaleigner Gewinne erwirt­schaf­ten

Der Effekt die­ser Stagnation der gesell­schaft­li­chen Gesamtproduktivität ist, dass maß­geb­li­che Gewinne heu­te eigent­lich nur noch im hoch­spe­ku­la­ti­ven Finanzsektor zu erzie­len sind…«

Ich hal­te die­se Beschreibung für unge­nau. Sie trifft in Teilen auf den tra­di­tio­nel­len west­li­chen Kapitalismus zu, aber schon nicht mehr auf die Entwicklungen in Asien und Afrika. Dort haben regu­lier­te Kapitalismusmodelle mit einer eigen­tüm­li­chen Mischung aus Autoritarismus, Armutsbekämpfung, immenser Bereicherung weni­ger und einem (nicht durch­gän­gi­gen) Verzicht auf Kolonialismus und Eroberungen durch­aus Entwicklungspotentiale. Weitgehend gesät­tig­ten Märkten und sin­ken­der Kaufkraft im Westen ste­hen dort über durch­aus wider­sprüch­li­che Infrastrukturprojekte neue Möglichkeiten der Kapitalakkumulation jen­seits des Finanzsektors gegenüber.

Für befra­gens­wert hal­te ich auch die These, daß wir es mit einer ste­ti­gen „Abnahme der Produktivitätszuwächse“ zu tun hät­ten und nur mit stei­gen­der Produktivität Gewinne erwirt­schaf­tet wer­den könn­ten. Unterschätzt wird dabei die spä­te­stens seit dem Wegfall einer Systemalternative zu beob­ach­ten­de star­ke Tendenz, über Lohndrückerei und neu­er­dings wie­der Verlängerung der (Lebens-)Arbeitszeiten die Profitraten zu erhö­hen. Ein wei­te­res Instrument ist der Kampf gegen „Bürokratie“, womit nicht zuletzt jeg­li­che Regulierung von Arbeits‑, Gesundheits- und Umweltschutz gemeint sind, die gewinn­min­dernd wir­ken. Die Gewinne „im hoch­spe­ku­la­ti­ven Finanzsektor“ täu­schen dar­über hin­weg, daß Mehrwert letz­ten Endes durch die Verausgabung mensch­li­cher Arbeitskraft und deren inad­äqua­te Entlohnung entsteht.

Wie neu ist autoritäres Krisenmanagement?

Diese Spekulationsblase hat den Preis von im Hintergrund stets dro­hen­den und immer grö­ßer wer­den­den Finanzkrisen, zu deren Bewältigung es dann wie­der­um ein auto­ri­tä­res Krisenmanagement braucht“. Dem wür­de ich zustim­men, wenn es sich dabei auch nicht um eine neue Entwicklung han­delt. Die Erscheinung beglei­tet den Kapitalismus, seit­dem er die vor­herr­schen­de Gesellschaftsform dar­stellt. Sie kommt zum Tragen, wenn ihm die Fähigkeiten schwin­den, mit Korruption und Einbindung der unte­ren Klassen sei­ne Macht auf­recht zu erhal­ten. Dabei sind die letz­te gro­ße Finanzkrise und auch die Coronazeit Beispiele dafür, wie der Kapitalismus her­vor­ra­gend bei­de Mechanismen beherrscht; „sozi­al­part­ner­schaft­li­che“ Konzepte stan­den dabei neben auto­ri­tä­ren gegen Minderheiten. (In Österreich und Deutschland hat die para­do­xe Opposition rech­ter Parteien zu die­sem ihnen eigent­lich nahe­ste­hen­den Prinzip bei Corona ihnen nicht gescha­det, auch wenn sie inzwi­schen zu ihrem Kerngeschäft zurück­ge­kehrt sind.)

Das mag die Autorin nicht sehen, wes­halb ihr die ideo­lo­gi­schen Gäule durchgehen:

»Für die Bevölkerung bedeu­tet all dies aber pri­mär eine Absenkung des Lebensstandards. Und hier kommt das Biosecurity-Dispositiv zum Zuge. Es ver­wal­tet die im Zuge sol­cher Absenkungen zu erwar­ten­den Aufstände. Noch wich­ti­ger aber ist, dass es uns eine neue Lebensweise ver­mit­telt, indem es uns – und das war das Zentrale an den Lockdowns – an eine digi­ta­le Armut gewöhnt. Damit mei­ne ich gera­de nicht, dass den Armen in der Sahelzone der Zugang zum Internet fehlt. Ich mei­ne umge­kehrt, dass die digi­ta­le Lebensweise eine eige­ne Form der Verarmung dar­stellt, die nicht als sol­che erscheint, weil sie gleich­zei­tig links-öko­lo­gi­sche Werthaltungen bedient: digi­ta­le Spaziergänge zum Schutz der Natur, 15-Minuten-Städte zum Schutz des Klimas, Schwimmen am Bildschirm zum Schutz der Strände. Die Digitalisierung ist in erster Linie eine Form der Verarmung, wie sie im glo­ba­len Süden schon seit Jahrzehnten in Gang ist und nun auch im glo­ba­len Norden Einzug hält: Was man sich in vie­len Ländern des glo­ba­len Südens sowie­so noch nie lei­sten konn­te – Reisen, Arztbesuche, Bildung, Krankengymnastik –, soll nun auch bei uns durch die Billigvariante einer App ersetzt wer­den.«

Ein sol­ches Klischee lin­ker Intellektueller über lin­ke Intellektuelle habe ich zuletzt bei Juli Zeh in ihrem ver­meint­li­chen Coronaroman „Über Menschen“ gele­sen. Sie läßt dar­in ihre Protagonistin aus Kreuzberg, ange­wi­dert von Öko-Phrasen ihres Lovers, auf dem Dorf in Brandenburg erken­nen, daß Nazis recht eigent­lich net­te Menschen sind. Dabei gefällt mir der Gedanke der digi­ta­len Verarmung. Mit "Digitalisierung" und dem Internet ist ein Geist aus der Flasche gelas­sen wor­den, der ganz über­wie­gend und zwin­gend Unheil anrich­tet. Oder im klas­si­schen mar­xi­sti­schen Jargon: Hier ist eine Produktivkraft ent­stan­den, die im Rahmen der Produktionsverhältnisse eine Fessel für die Entwicklung der Menschheit dar­stellt. Die Macht- und Besitzverhältnisse im Internet sind eine Grundlage für den Erhalt des Systems, ohne die es weder moder­ne Kriege, per­so­na­li­sier­te Werbefeldzüge und tota­le Überwachung geben kann. Wo ein Umsturz der Verhältnisse nicht abseh­bar ist und erst recht nicht „zu erwar­ten­de Aufstände“, erscheint mir eine aktua­li­sier­te Form der Maschinenstürmerei als sinn­voll. (Vorerst drücke ich mich, wie es auch Soiland tut, um die Frage, wer es denn sein soll, der die Welt zum Besseren bewegt…)

Den wertschöpfungsschwachen Care-Sektor durch wertschöpfungsstarke, aus der industriellen Produktion stammende Produkte ersetzen

Die Autorin beläßt es bei die­sem Verriß der „links-öko­lo­gi­schen Werthaltungen“ und wen­det sich vier Punkten zu, die „das Biosecurity-Dispositiv in Bezug auf die Absenkung des Lebensstandards im glo­ba­len Norden lei­stet“:

»Erstens: Als Gesundheitskonzept geht es bei Biosecurity in erster Linie dar­um, den wert­schöp­fungs­schwa­chen Care-Sektor durch wert­schöp­fungs­star­ke, aus der indu­stri­el­len Produktion stam­men­de Produkte zu erset­zen… Mit Geräten sind, wenig­stens kurz­fri­stig, noch Profite zu erwirt­schaf­ten, mit Care-Arbeit kaum.«

Wenn hier nur der markt­wirt­schaft­li­che Bereich von Care-Arbeit betrach­tet wird, ist an der Beschreibung etwas dran. Allerdings unter­schätzt die Aussage den Anteil der Profitgenerierung durch aus­beu­te­ri­sche Praktiken vor allem in der pri­va­ten Pflegeindustrie. Im öffent­li­chen Sektor konn­ten durch gewerk­schaft­li­che Kämpfe der letz­ten Jahre (die die Coronakritik geflis­sent­lich igno­rier­te) die finan­zi­el­len und Arbeitsbedingungen ver­bes­sert wer­den. Der Privatbereich erzielt sei­ne Gewinne vor­nehm­lich durch „irre­gu­lä­re“ aus­län­di­sche und pre­kär beschäf­tig­te deut­sche Arbeitskräfte. Ob die Mächtigen, die hin­ter dem Konzept von „Biosecurity“ stecken sol­len, eher auf Pflegeroboter set­zen oder auf ein Heer von unter­be­zahl­ten Heloten, dar­über läßt sich strei­ten. Ich den­ke, sie set­zen auf bei­des. Ebenso wür­de ich die Vermutung, daß Krankenhausschließungen und Bettenreduzierung (auch) in der Coronazeit dem genann­ten Konzept ent­sprin­gen, dis­ku­tie­ren wol­len. Karl Lauterbach jeden­falls ver­folgt die­se Politik seit drei­ßig Jahren erfolgreich.

Als zwei­ten Punkt führt Soiland den Versuch auf, „die soge­nann­ten MANBRIC-Technologien als neue Leittechnologie und Gesundheit als neu­en Leitsektor eines neu­en Akkumulationszyklus zu eta­blie­ren“.

»MANBRIC steht dabei für medi­cal, addi­ti­ve, nano‑, bio‑, robo‑, info– und cogni­ti­ve tech­no­lo­gies, also jene Technologien, die im Rahmen von Biosecurity bevor­zugt zur Anwendung gelan­gen. Diese Technologien erlau­ben zwar kei­ne dau­er­haf­te Lösung der Produktivitätskrise, aber doch Profite in gewis­sen Branchen für eine gewis­se Zeit.«

Neu geschaffene Produkte, die es für die Pandemievorsorge und ‑bekämpfung braucht

Der drit­te Punkt sind für sie „die von dem Biosecurity-Komplex neu geschaf­fe­nen Produkte, die es für die Pandemievorsorge und ‑bekämp­fung braucht“. Dabei rei­che die Produktpalette

»… von Tests und Schutzmaterial bis hin zu Medikamenten, vor allem aber geht es um Impfungen. Wichtig dar­an ist: Dies alles ist immer vor­rä­tig zu hal­ten, lau­fend zu adap­tie­ren und für die gan­ze Weltbevölkerung zu pro­du­zie­ren. Ein enor­mes Wirtschaftsankurbelungsprogramm also.«

Wieder Zustimmung, aber auch die Frage, ob das wirk­lich eine neue Erfindung des „Biosecurity-Komplexes“ ist. Zweifellos ist es der Pharmaindustrie gelun­gen, mit­tels der Corona-Hysterie neue, weit­rei­chen­de und nach­hal­ti­ge Geschäftsfelder zu erschlie­ßen. Ähnliches sehen wir aber auch in der IT-Branche, nicht nur mit­tels KI, auf dem Gebiet einer angeb­lich grü­nen Energiewirtschaft, der Rüstungsindustrie und den erneu­ten Versuchen, die Altersvorsorge gänz­lich dem Markt ein­zu­ver­lei­ben. Hier sind die Mächtigen weit­aus „diver­ser auf­ge­stellt“, wie heu­te ger­ne geschwur­belt wird, als die Fokussierung auf Biosecurity nahe­legt. Die Dokumente des WEF zeu­gen von der Breite des Angriffs des inter­na­tio­nal ver­ein­ten Großkapitals auf die Interessen der unte­ren Klassen.

Aufstände und digitale Armut

»Der wich­tig­ste Punkt aber scheint mir, dass die­ses Dispositiv eine sehr spe­zi­fi­sche Form der Aufstandsbekämpfung durch Isolation und Manipulation der Wahrnehmung dar­stellt. Insbesondere geht es dabei auch um die Prävention von Aufständen: Isoliert vor dem Bildschirm und kom­plett ver­wirrt, wie wir durch die per­ma­nen­te Informationsflutung (die uns gleich­zei­tig immer unwis­sen­der macht) alle sind, ist es uns nicht mehr mög­lich zu for­mu­lie­ren, was eigent­lich unse­re Belange und Interessen sind. Das ist auch nicht mehr not­wen­dig, denn eine Taskforce und ein Krisenstab haben längst die Artikulation unse­rer Bedürfnisse an unse­rer statt über­nom­men. Wenn es kei­nen Bereich des Politischen mehr gibt und Gesellschaft nur noch ein bio­tech­no­lo­gi­sches Problem dar­stellt, dann braucht es auch kei­ne poli­ti­sche Artikulation mehr.«

Zum Kokettieren mit Aufständen war oben etwas gesagt wor­den. Auch hier stim­me ich zu, daß die Möglichkeiten zur Verblödung heut­zu­ta­ge umfas­sen­der sind als zu Zeiten, als die­se Aufgabe vor­nehm­lich von der Bildzeitung über­nom­men wur­de. Nur kann ich nicht erken­nen, daß dies ein Ergebnis der Bemühung ist, „Gesellschaft nur noch [als] ein bio­tech­no­lo­gi­sches Problem“ dar­zu­stel­len. Ich erle­be gera­de eine umfas­sen­de „poli­ti­sche Artikulation“ auf vie­len Feldern, auf denen die Herrschenden es wun­der­bar ver­ste­hen, einer­seits Nebenkriegsschauplätze zur Ablenkung von wesent­li­chen Fragen auf­zu­bau­en und gleich­zei­tig Kriegstreiberei, Überwachung und Verarmung als alter­na­tiv­los zu pro­pa­gie­ren. Biotechnologie sehe ich dabei eher am Rand wirken.

»Autoritärer Kapitalismus mit lin­ker Akzeptanz

Biosecurity scheint damit den Übergang von einem libe­ra­len Modell des Kapitalismus zu einem restrin­gie­ren­den anzu­zei­gen. Wobei sich, und das ist das Neue an der heu­ti­gen Konstellation, der Autoritarismus die­ser Restriktionen in der Mitte der Gesellschaft einer gro­ßen Akzeptanz sicher sein kann.

Angesichts die­ses Dispositivs – und der bedin­gungs­lo­sen Unterstützung, die sei­ne Ideologie von der über­wäl­ti­gen­den Mehrheit der Linken bekommt, scheint die gro­ße Aufregung über „erschüt­tern­de“ Wahlergebnisse irgend­wie den eigent­li­chen Punkt zu ver­feh­len: die Gefahr näm­lich, die von die­sem Konglomerat aus mili­tä­ri­schem Denkstil, Schutzparadigma und Suspendierung des Politischen ausgeht.

Die eigent­li­che Gefahr scheint mir des­halb heu­te weni­ger von rechts aus­zu­ge­hen, als von die­ser an sich schon schwer ver­ständ­li­chen und daher kaum greif­ba­ren Gemengelage von lin­ken Werthaltungen, Kapitalinteressen und supra­na­tio­na­len, west­lich-kapi­ta­li­sti­schen Netzwerken, die sich unter dem Dispositiv von Biosecurity zusam­men­ge­fun­den haben: Eine Gefahr, die sich unter dem Vorwand des „Schutzes des Lebens“ und dem Appell an die Solidarität als lin­kes Projekt zu tar­nen ver­mag, obwohl es sich um den bis­her in der Geschichte des Kapitalismus ver­mut­lich umfas­send­sten Zugriff des Kapitals auf unser Leben han­delt.«

Ich neh­me für mich an Anspruch, in den letz­ten vier­ein­halb Jahren eine der weni­gen lin­ken Stimmen gewe­sen zu sein, die die Unterwerfung der orga­ni­sier­ten Linken unter die Coronapolitik und ihr Einstellen von Analyse und Kritik ange­pran­gert haben. Deshalb soll­te nicht als Verteidigung des lin­ken Versagens ver­stan­den wer­den, wenn ich hier eini­ge Fragzeichen setze.

Von wel­chem „libe­ra­len Modell des Kapitalismus“, das jetzt mit­tels „Biosecurity“ abge­löst wer­de, spricht die Autorin? Unmöglich kann sie das der Hartz-4-Sanktionen, der Antiterrorgesetze, der Kriege nicht nur in Afghanistan, der Ausbeutung des glo­ba­len Südens, der erbar­mungs­lo­sen Niederschlagung des grie­chi­schen Widerstands gegen deut­sche und EU- Privatisierungs- und Verarmungsprogramme oder des Ausbaus Europas zur Festung mei­nen. Neu soll sein, daß sich der Autoritarismus „in der Mitte der Gesellschaft einer gro­ßen Akzeptanz sicher sein kann“? Wie erwähnt unter­stüt­ze ich die Kritik an der Linken, wo sie eman­zi­pa­ti­ves Denken von unten durch ihr Verhalten blockiert und auto­ri­tä­re Entwicklungen mit­trägt. Im heu­ti­gen Europa, in dem über­wun­den geglaub­te auto­ri­tä­re, aus­gren­zen­de und gera­de nicht kapi­ta­lis­mus­kri­ti­sche rechts­extre­me Parteien, die ger­ne als Populisten ver­nied­licht wer­den, stark wer­den (und im übri­gen mit weni­gen Ausnahmen Militarisierung und Kriegskurs mit­tra­gen), davon zu spre­chen, daß dies kei­ne „eigent­li­che Gefahr“ dar­stellt, hal­te ich für atem­be­rau­bend. Damit stel­le ich kei­nes­wegs in Abrede, daß es, auch mit Hilfe von „Altparteien“ und Linken gelun­gen ist, mit Corona und der Kriegsfrage auto­ri­tä­re Lösungen salon­fä­hig zu machen. Die Übernahme rech­ter Slogans und Positionen durch die regie­ren­den Blöcke nicht nur in der Migrationsfrage zeugt davon, daß hier ideo­lo­gisch wie prak­tisch ein Zusammenwachsen erfolgt bei der erprob­ten Propagierung eines Volksganzen gegen aus­tausch­ba­re Minderheiten.

Das Beklagen des “ver­mut­lich umfas­send­sten Zugriff des Kapitals auf unser Leben“ bei Soiland wird nicht etwa zum Aufzeigen von Alternativen dazu genutzt, son­dern ver­harrt in einer Schuldzuweisung an die Linke. Um die Eingangsfrage zu beant­wor­ten: Links ist an die­ser Haltung wenig.

Denn was wäre heute links?

Ich knüp­fe ger­ne an Formulierungen an, die Soiland zu Beginn der Corona-Zeit ver­trat, als auf ihrem Blog femi​ni​sti​scher​look​down​.org zu lesen war:

»Wir sind ein femi­ni­sti­sches, lin­kes und anti­ras­si­sti­sches Kollektiv von Frauen, die in Gesundheits- und Care-Berufen arbei­ten und seit Jahren in der auto­no­men Frauenbewegung und den Gewerkschaften aktiv sind. Als sol­che distan­zie­ren wir uns von jeg­li­chem rech­ten und faschi­sti­schen Gedankengut. 

Wir ver­ur­tei­len aber auch das still­schwei­gen­de Mittragen eines immer auto­ri­tä­rer wer­den­den Staates durch Gruppierungen, die sich als links ver­ste­hen, denn dies dient letzt­lich rech­ten Zielen. Rechts ist ein Staat dann zu nen­nen, wenn er sich mit auto­ri­tä­ren und anti-demo­kra­ti­schen Mitteln in den Dienst des Kapitals und des­sen Machtverhältnisse stellt… Das gegen­wär­ti­ge Pandemieregime dient, wenn über­haupt, nur einem sehr klei­nen, pri­vi­le­gier­ten Segment der Bevölkerung und führt – nicht nur welt­weit gese­hen – zu einer extre­men Zunahme von Ungleichheit, Armut, Krankheit und Hunger.«

Oder an ihre Aussage vom März 2022 (nd​-aktu​ell​.de):

»Doch auch wenn wir eine Gefahr von rechts befürch­ten: Es ist abso­lut unver­ständ­lich, war­um die Linke, die seit Anfang der Coronakrise nichts Besseres zu tun weiß als mit dem mora­li­schen Zeigefinger auf rechts zu zei­gen, sich wei­gert anzu­er­ken­nen, dass die Politik der welt­wei­ten Verelendung, die die Linke mit­trägt, der beste Nährboden für rech­te Bewegungen ist. Rechte Ideologien grei­fen näm­lich dort, wo Menschen in eine öko­no­misch aus­weg­lo­sen Situation gera­ten sind.«

Es ist nicht vor­werf­bar, wenn Menschen dazu ler­nen und frü­he­re Positionen revi­die­ren. Für mich sind die Schritte dahin nicht erkenn­bar. Ich hal­te die alten Ausführungen immer noch für gül­tig. Auch des­halb, weil hier Kernelemente lin­ker Denkweisen benannt wer­den: Die welt­weit „extre­me Zunahme von Ungleichheit, Armut, Krankheit und Hunger“ bei gleich­zei­ti­gem Anhäufen von Macht und Reichtum in „einem sehr klei­nen, pri­vi­le­gier­ten Segment der Bevölkerung“. Ob dies als Klassengegensatz zu begrei­fen ist, ist in der Linken umstrit­ten. Eine Positionierung auf Seiten der Verelendeten, Ausgebeuteten und Unterdrückten wird jedoch zum Grundkanon gehö­ren. Damit ein­her geht die Ablehnung von Rassismus und Nationalismus. Bei man­chen wird dies eine Frage ethi­scher Abwägungen sein, bei ande­ren die Erkenntnis, daß es sich um Spaltungslinien in den unte­ren Klassen han­delt, die hel­fen, die Macht der obe­ren auf­recht­zu­er­hal­ten. Letztere haben es schon immer ver­stan­den, sich dafür rech­te bis faschi­sti­sche Organisationen zu hal­ten, die bei Bedarf gegen auf­müp­fi­ge Subalterne in Stellung gebracht wer­den kön­nen. Nicht zuletzt für das Führen von Kriegen, deren Opfer stets unten und die Profiteure immer oben blei­ben, sind Rassismus und Nationalismus unent­behr­lich. Daran ändert nichts, wenn die Kriege als euro­pä­isch oder von Menschenrechten gelei­tet dar­ge­stellt wer­den. Ebenso wird das Prinzip nur schein­bar durch­bro­chen, wenn Rassisten und Nationalisten bestimm­te Kriege, die nicht in ihrem Interesse zu lie­gen schei­nen, ablehnen.

Links wäre eine Politik, die die Unteren ermu­tigt und unter­stützt, sich soli­da­risch gegen die Oberen zu weh­ren. Dazu gehört die Vermittlung und Diskussion von Analysen eben­so wie die prak­ti­sche Solidarität in deren Kämpfen. Das kann ermü­dend und oft­mals fru­strie­rend sein, denn zunächst wol­len die Menschen wenig wis­sen von Modellen wie Biosecurity oder Kapitalismuskritik. Sie wol­len meist ein­fach nur mehr Lohn, bes­se­re Arbeitsbedingungen oder nicht gen­tri­fi­ziert wer­den. Eine Chance von Linken, wenn sie nicht bes­ser­wis­se­risch und beleh­rend daher­kom­men, ist es, dabei wei­ter und tie­fer gehen­de Fragen anzu­spre­chen. Dazu gehö­ren sol­che, ob es der Asylbewerber in Freiberg oder die Schwäbin in Berlin ist, die für Wohnungsnot ver­ant­wort­lich sind oder doch die Immobilienkonzerne und ihre poli­ti­schen Handlanger. Ob „Ungeimpfte“ den deso­la­ten Zustand des Gesundheitssystems ver­ur­sa­chen oder eine Politik, die auf Privatisierung und Gewinnmaximierung setzt. Ob man mit einer Unternehmensleitung, die mise­ra­ble Löhne zahlt, in einem Boot sitzt und über sich krank mel­den­de KollegInnen her­zieht. Der „ob“s gibt es viele.

Links hie­ße dabei auch, den eige­nen Kopf zu gebrau­chen, ver­meint­lich Gewisses zu über­prü­fen und Neues zu ent­wickeln. Es hie­ße, das oben sehr ver­kürz­te Bild von oben und unten zu dif­fe­ren­zie­ren und den jeweils aktu­el­len Entwicklungen anzu­pas­sen. Es hie­ße, Parolen von Taten zu unter­schei­den. Es hie­ße, fle­xi­bel zu sein, ohne sein Fähnchen in schwie­ri­gen Zeiten in den Wind zu hän­gen. Es hie­ße, Erfahrungen aus frü­he­ren Kämpfen aus­zu­wer­ten und für heu­ti­ge zu nut­zen. Alles das erfor­dert Denkvermögen und Analyse, Theoriebildung und pro­duk­ti­ven Streit. Es las­sen sich dabei ver­schie­de­ne Rollen ein­neh­men, als Forscher oder Organisatorin, Rödler oder Beraterin. Wenn dies zu einer Veränderung gesell­schaft­li­cher Verhältnisse bei­tra­gen soll, bedarf es vor allem eines Einbringens in Kämpfe und deren Anbahnung. Eine Linke, die nur theo­re­tisch klug ist, bleibt unbe­deu­tend, wenn sie nicht dort zu fin­den ist, wo Menschen Schritte unter­neh­men, ihre Lage zu verändern.

Ein Klügerer als ich hat vor lan­ger Zeit gefor­dert, mit dem „Kampf ums Teewasser“ zu begin­nen, um Voraussetzungen zu schaf­fen, glaub­wür­dig wei­ter gehen­de Gesellschaftsmodelle zu ver­mit­teln. Solche Kämpfe gibt es gar nicht weni­ge und sie wer­den mit der sich aus­wach­sen­den Krise zuneh­men. Wenn Linke sich dar­an betei­li­gen, kön­nen sie oben skiz­zier­te Fragen the­ma­ti­sie­ren. Wenn ihnen das zu „bott“ ist und sie sich mit ver­meint­lich (poli­tisch) Ungebildeten nicht abge­ben wol­len, dann tun das andere.

Dieser Text erhebt mit­nich­ten den Anspruch, umfas­send zu beschrei­ben, was heu­te links sein könn­te. Er soll wie die Auseinandersetzung mit Soiland ein Diskussionsangebot sein.

* Vermutlich knüpft der Begriff „Dispositiv“ an Michel Foucault an. Er ver­steht dar­un­ter „eine Vielzahl von Vorkehrungen, die es erlau­ben, eine stra­te­gi­sche Operation vor allem zum Zwecke der Ausübung von Macht durch­zu­füh­ren. Dabei han­delt es sich unter ande­rem, aber nicht aus­schließ­lich um Motive, die sich in bestimm­ten Diskursen und gesell­schaft­lich für die Wahrheitsproduktion rele­van­ten Institutionen mani­fe­stie­re“ (de​.wiki​pe​dia​.org, Michel Foucault: Dispositive der Macht. Über Sexualität, Wissen und Wahrheit. Merve, Berlin 1978).

(Hervorhebungen in blau nicht im Original.)

16 Antworten auf „Klingt links, ist es das auch? Tove Soilands „politökonomische Interpretation der Corona-Krise““

  1. > Klassen ver­schwin­den hin­ter mäch­ti­gen Stiftungen und Organisationen (und Gesellschaften).

    Genau. Und in vie­len Fällen ist der Staat Gesellschafter, je grö­ßer ein Unternehmen ist, desto höher die Kapitalanteile die der Staat hält. Umgekehrt sind auch Privatunternehmer Gesellschafter in staat­li­chen Unternehmen (gegen­sei­ti­ge Beteiligung). Ziele die­ser Gesellschaften sind Profite, also nicht etwa Naturschutz oder die Produktion mate­ri­el­ler Güter wel­che der Befriedigung mensch­li­cher Bedürfnisse die­nen). Infolgedessen wer­den vie­le Dinge pro­du­ziert die kein Mensch braucht (Impfstoffe) und mit die­ser Überproduktion ent­wickeln sich zykli­sche Krisen die sich mit sin­ken­den Profitraten ver­schär­fen. Um die­sen Dingen ent­ge­gen­zu­wir­ken gibt es den Kapitalexport. Unternehmer gehen dahin wo die Profitraten wie­der steigen.

    Das ist alles nichts Neues aber es ist die Endphase in der sich der Kapitalismus befin­det. Wir sehen es dar­an, daß auf der gan­zen Welt Kriege geführt wer­den, Kriege die im Wesentlichen Terrorkriege sind und sich gegen die­je­ni­gen Nationen rich­ten in deren Grenzen sich Öl, Gas, Coltan, Lithium, Eisenerz, Kohle uva. Rohstoffe sowie Bodenschätze befin­den und auch frucht­ba­res Land.

    Es zeich­net sich also ab, wohin die­se Entwicklung führt: Zur Vollständigen Zerstörung des Planeten Erde. Was auch das Ende der Menschheit bedeutet.

  2. "Man darf sicher sein, daß es in den Schubladen auch Aufstandsbekämpfungspläne gibt. Ihrer bedarf es (noch) nicht."

    der "auf­stand" von hong-kong wur­de im zuge des aus­bruchs eines neu­en virus zum schwei­gen gebracht.
    die "mas­sen" blie­ben zuhau­se. die stra­ße war leer. nie­mand wur­de auf offe­ner stra­ße erschossen.
    das virus war eine des­in­for­ma­ti­ons­kam­pa­gne, die zu einem glo­ba­len geschäft gemacht wurde.
    das virus kam zur rech­ten zeit, für vie­le akteure.
    die plan­spie­le haben sicher­lich dazu bei­getra­gen, einer regie­rung die mög­lich­kei­ten einer un-mili­tä­ri­schen, psy­cho­lo­gi­schen kri­sen­be­wäl­ti­gung vor augen zu führen.
    ich hege kei­ne anti-chi­ne­si­schen ressentiments.
    trotz­dem glau­be ich, daß die "seu­che", die bil­der von auf der stra­ße umfal­len­den, der auf­stands­be­kämp­fung gedient hat.
    der ursprung der "pan­de­mie" ist nicht geklärt.
    virus: woher? schon immer da? künst­lich? usw.

  3. Was haben Sie denn von einer femi­ni­sti­schen Theoretikerin und Marxistin erwartet?
    https://​www​.equal​pe​dia​.org/​t​o​v​e​-​s​o​i​l​a​nd/

    Dafür fin­de ich den Standpunkt fast schon gut. Natürlich mit dem Abstrich, dass kei­ne Machteliten & Co die Entscheidungen – auch aus nie­de­ren Beweggründen – tref­fen, son­dern ein abstrak­tes Prinzip wirkt. Aber ist gera­de dies nicht typisch mar­xi­stisch, haben nicht Marxisten die Abfolge über Diktatur des Proletariats zum Kommunismus als natur­ge­setz­lich betrachtet?

    Haben nicht Sie, aa, sich hier inzwi­schen von den Prämissen der Marxisten ent­fernt (zurecht wenn Sie mich fra­gen)? Ich hal­te die Links/​Rechts Diskussion für wei­test­ge­hend über­holt. Wenn die 'Arbeiterklasse' etwas mehr vom Kuchen abkriegt, ist dann die Marschrichtung zu mehr Synthetisierung, indu­stri­el­le Landwirtschaft mit Enteignung Bauern, digi­ta­ler Überwachungsstaat und Kriegswirtschaft gerechtfertigt?

  4. Ich bin ein wenig verwirrt.
    Warum die "rechts­kon­ser­va­ti­ven Theorien des „Globalismus“"?

    Ich hal­te die Kritik am Globalismus eher für eine lin­ke Kritik an dem, was vor­mals mit "glo­ba­ler Marktwirtschaft" umschrie­ben wur­de. Selbsternannte "Eliten" oder "Philantropen", die sich nicht an loka­le Gesetze gebun­den füh­len und pri­va­te Interessen mit­tels Geld, Gewalt und Lobbys in Ländern durchsetzen.
    Eben die­ses scheint mir auch der Knackpunkt zu sein, der Sie und die Autorin entzweit.

    Dazu passt:
    "Die UN wer­den Gaza nicht schüt­zen, aber kön­nen sie einen „Pakt für die Zukunft“ verabschieden?
    29. September 2024; Pepe Escobar"
    https://​tkp​.at/​2​0​2​4​/​0​9​/​2​9​/​d​i​e​-​u​n​-​w​e​r​d​e​n​-​g​a​z​a​-​n​i​c​h​t​-​s​c​h​u​e​t​z​e​n​-​a​b​e​r​-​k​o​e​n​n​e​n​-​s​i​e​-​e​i​n​e​n​-​p​a​k​t​-​f​u​e​r​-​d​i​e​-​z​u​k​u​n​f​t​-​v​e​r​a​b​s​c​h​i​e​d​en/

    "Die Vereinten Nationen sind zu einer Parodie ihrer selbst gewor­den. Als sich die Staats- und Regierungschefs der Welt in New York ver­sam­mel­ten, stan­den Gaza, der Libanon und Palästina nir­gend­wo auf der Tagesordnung, aber ein von den USA durch­ge­drück­ter Pakt zum Schutz der „regel­ba­sier­ten Ordnung“ stand ganz oben auf der Tagesordnung."

    Darin der link:
    https://​www​.un​.org/​s​i​t​e​s​/​u​n​2​.​u​n​.​o​r​g​/​f​i​l​e​s​/​s​o​t​f​-​p​a​c​t​_​f​o​r​_​t​h​e​_​f​u​t​u​r​e​_​a​d​o​p​t​e​d​.​pdf

    Beachtenswert die Wortwahl.

    Darin gleich zu Beginn:
    "The Pact for the Future"
    "2. We are at a time of pro­found glo­bal transformation."

    oder:
    "V. Transforming glo­bal governance"
    "A trans­for­ma­ti­on in glo­bal gover­nan­ce is essen­ti­al to ensu­re that the posi­ti­ve pro­gress we have seen across all three pil­lars of the work of the United Nations in recent deca­des does not unra­vel. We will not allow this to happen."

    Von wel­cher glo­ba­len Regierung ist da die Rede?

    Wobei noch anzu­mer­ken ist, daß die WHO, der wir ja die Leitlinien wäh­rend der "Corona Pandemie" zu ver­dan­ken hat­ten und die, wie SIe wis­sen, zu gro­ßen Teilen pri­vat finan­ziert wird, eigent­lich eine Unterabteilung der UN ist. Da schließt sich dann der Kreis.

    Wie kann es sein, daß bei­spies­wei­se Vorgänge in Polen so iden­tisch klin­gen, wie hier­zu­lan­de? Alles nur Zufall?

    "Die Verfassung ist nichts mehr wert: Aleksandra Rybinska über Polen unter Donald Tusk
    Tichys Einblick; vor 8 Stunden"
    https://​www​.you​tube​.com/​w​a​t​c​h​?​v​=​Q​m​n​V​y​i​i​C​eU0

    1. @Benjamin:
      – Sie beschrei­ben eigent­lich gut den Unterschied zwi­schen Kritik an einem "Globalismus" und der an einem welt­weit agie­ren­den Kapitalismus. Rechtskonservative Kritik will, wie ich mei­ne, wesens­ge­mäß, nichts wis­sen von Klassen und einer kla­ren Benennung der Ursachen von Machtstrukturen. Sie setzt auf das, was Soiland rich­tig als Verschwörung „böser, mäch­ti­ger Männer“ dar­stellt. Linke Globalisierungskritik – auch den Begriff hal­te ich für wenig prä­zi­se – benennt die wirt­schaft­lich Mächtigen in ihrer inter­na­tio­na­len Vernetzung wie in ihren natio­na­len Herrschaftsbereichen. Während die Rede von "Globalismus" dif­fus bleibt und fer­ne Verabredungen in den Vordergrund rückt, negiert die lin­ke Kritik den Internationalismus des Kapitals nicht, ver­bin­det sie aber mit einem syste­mi­schen Ansatz, der auch die Verantwortung der hei­mi­schen Kapitalgruppen betrach­tet. Derart kann es gelin­gen, Verursacher von Krieg, Gewalt und Ausbeutung nicht nur an der Wallstreet, son­dern auch in der Frankfurter City aus­zu­ma­chen. Der Erzählung, Bedrohung kom­me nur von außen und von frem­den Mächten, wird so ein Verständnis davon ent­ge­gen­ge­setzt, daß Kriegstreiber und Profiteure in Deutschland durch­aus eige­ne impe­ria­li­sti­sche Ambitionen haben und nicht ein­fach nur "Vasallen" von wem auch immer sind.

      - Es ist mir zu blö­de, mich mit dem tkp-Unsinn aus­ein­an­der­zu­set­zen, wonach in der UNO Gaza und Libanon nicht debat­tiert wür­den. Über den Inhalt des "Pakts für die Zukunft" erfah­ren wir dort gar nichts, aber daß mit Rußland, dem Iran und China "die drei wich­tig­sten Zivilisationsstaaten" ihm nicht zuge­stimmt haben. Mir scheint, daß nach dem sang- und klang­los abge­bla­se­nen Kampf gegen die "WHO-Diktatur" nun ein neu­es Kampffeld gegen den "Globalismus" auf­ge­macht wird. Was außer einem Reflex auf zwei Reizworte gegen die offen­kun­dig zutref­fen­de Beobachtung (wie auch immer man sie bewer­tet) "We are at a time of pro­found glo­bal trans­for­ma­ti­on" spricht, erschließt sich mir nicht. 

      - Was Sie als "glo­ba­le Regierung" lesen, erscheint mir im Kontext des Absatzes als Absage an die Bemühungen vor allem der USA, ihr impe­ria­les Weltbild durch­zu­set­zen. Ob das mehr als war­me Worte sind, wird sich erwei­sen müssen:
      "Unser mul­ti­la­te­ra­les System, das nach dem Zweiten Weltkrieg auf­ge­baut wur­de, steht heu­te unter bei­spiel­lo­sem Druck. In den letz­ten 80 Jahren hat es bemer­kens­wer­te Erfolge erzielt. Aber wir sind nicht selbst­ge­fäl­lig, was die Zukunft unse­rer inter­na­tio­na­len Ordnung angeht, und wir wis­sen, dass sie nicht still­ste­hen kann. Wir wer­den Maßnahmen ergrei­fen, um den Multilateralismus zu stär­ken und neu zu bele­ben und die inter­na­tio­na­le Zusammenarbeit zu ver­tie­fen. Wir bekräf­ti­gen unser uner­schüt­ter­li­ches Bekenntnis zum Völkerrecht, ein­schließ­lich der Charta, um glo­ba­le Herausforderungen anzu­ge­hen, von denen eini­ge die gesam­te Menschheit über­for­dern und bedro­hen könn­ten. Eine Transformation der glo­ba­len Regierungsführung ist uner­läss­lich, um sicher­zu­stel­len, dass die posi­ti­ven Fortschritte, die wir in den letz­ten Jahrzehnten in allen drei Säulen der Arbeit der Vereinten Nationen gese­hen haben, nicht zunich­te gemacht wer­den. Wir wer­den dies nicht zulassen."

      - Das Gerede der Remigrationspropagandistin Rybinska konn­te ich nur weni­ge Minuten ertra­gen. Wirklich lustig ist in dem Video das pro­mi­nent postier­te Buch von Klaus Schwab "Über die vier­te indu­stri­el­le Revolution".

      1. "Sie beschrei­ben eigent­lich gut den Unterschied zwi­schen Kritik an einem "Globalismus" und der an einem welt­weit agie­ren­den Kapitalismus."
        Wo ist da jetzt der Unterschied? Ohne die finan­zi­el­len Mittel ist ein "Globalismus" gar icht durch­führ­bar. Wenn Sie dar­auf abzie­len, daß es nur eine Menschheit auf die­sem Planten gibt, die als Ganzes ver­wal­tet wird, wür­de ich zustim­men. Aber nie­mand hat die­se Menschheit gefragt, ob sie das über­haupt will oder wie die­se Verwaltung auf­ge­baut sein sollte.

        "Rechtskonservative Kritik will, wie ich mei­ne, wesens­ge­mäß, nichts wis­sen von Klassen und einer kla­ren Benennung der Ursachen von Machtstrukturen. Sie setzt auf das, was Soiland rich­tig als Verschwörung „böser, mäch­ti­ger Männer“ darstellt."
        Was denn nun. Werden die­se Machtstrukturen und die Personen dahin­ter benannt, ist Ihnen das auch nicht recht. Eine Klasse der Besitzenden wird doch klar benannt. Übrigens ist Melinda kein Mann. (von oben):
        "»… inter­na­tio­na­le Organisationen wie die WHO, GAVI, CEPI oder die Eco Health Allianz, Megastiftungen wie die Rockefeller Foundation oder die Bill & Melinda Gates Foundation und – oft­mals dem Militär ange­glie­der­te – Forschungseinrichtungen wie das Center for Health Security der Johns-Hopkins-Universität, ein Komplex, der meist und etwas euphe­mi­stisch als Public-Private-Partnership bezeich­net wird und den ich in Anlehnung an Simon Elmer als Global Biosecurity State bezeichne."

        "Linke Globalisierungskritik – auch den Begriff hal­te ich für wenig prä­zi­se – benennt die wirt­schaft­lich Mächtigen in ihrer inter­na­tio­na­len Vernetzung wie in ihren natio­na­len Herrschaftsbereichen."
        Wo? Wann? Siehe einen Absatz wei­ter oben. Welche "wirt­schaft­lich Mächtigen" haben Sie im Blick? Jedesmal, wenn die­se benannt wer­den, stel­len Sie sich quer, ohne jemals selbst jeman­den zu benennen.
        Welche Vernetzung mei­nen Sie? Auch hier wie­der. Jedesmal, wenn Verbindungen benannt wer­den, Stelllen Sie die­se in Frage, ohne jemals selbst wel­che benannt zu haben. Siehe Corodok: WHO-EU-natio­na­le Regierungen am Beispiel "Digital Services Act" oder Krankenhausgesellschaften als Aktiengesellschaften- WHO- Spahn/​Lauterbach,

        "Während die Rede von "Globalismus" dif­fus bleibt und fer­ne Verabredungen in den Vordergrund rückt, negiert die lin­ke Kritik den Internationalismus des Kapitals nicht, ver­bin­det sie aber mit einem syste­mi­schen Ansatz, der auch die Verantwortung der hei­mi­schen Kapitalgruppen betrach­tet. Derart kann es gelin­gen, Verursacher von Krieg, Gewalt und Ausbeutung nicht nur an der Wallstreet, son­dern auch in der Frankfurter City auszumachen."
        In Zeiten, wo jedes Finanzunternehmen von jedem Finanzunternehmen Aktienanteile besitzt und dadurch ein Geflecht ent­steht, ist es unwahr­schein­lich, daß die­se dann nicht zusam­men arbei­ten und gemein­sam­me Ziele ver­fol­gen. Letztendlich lau­fen auch die­se Verflechtungen auf eini­ge weni­ge letz­te Besitzer herraus. Das es Unstimmigkeiten zwi­schen den jewei­li­gen Besitzern geben kann ist nicht aus­ge­schlos­sen. Aber kei­ner wür­de an dem System rüt­teln, wel­ches die Vorteile gewährt. Letztendlich set­zen sich dann die Besitzer mit den größ­ten Anteilen durch.

        "Der Erzählung, Bedrohung kom­me nur von außen und von frem­den Mächten, wird so ein Verständnis davon ent­ge­gen­ge­setzt, daß Kriegstreiber und Profiteure in Deutschland durch­aus eige­ne impe­ria­li­sti­sche Ambitionen haben und nicht ein­fach nur "Vasallen" von wem auch immer sind."
        Ich glau­be an die­ser Stelle über­schät­zen Sie den hei­mi­schen Finanzmarkt. Nach die­ser Definition ist es nicht aus­ge­schlos­sen, das jedes Land "eige­ne impe­ria­li­sti­sche Ambitionen" hat. Dies setzt zum einen in jedem Land Imperialisten vorraus und zum ande­ren wäre das ein System, daß sich selbst regu­liert und durch das Gezänk unter­ein­an­der auch leicht zu steu­ern wäre. Oder gibt es nur in Deutschland „böse, mäch­ti­ge Männer“ die "impe­ria­li­sti­sche Ambitionen" ver­fol­gen? Ganz schön ras­si­stisch. Ist jeder finanz­star­ke Mensch gleich­zei­tig ein natio­na­ler Imperialist in einem glo­ba­len Finanzgeflecht? Das ist widersinnig.

        Es ist ein wenig amü­sant, daß Sie den Nationalismus von Menschen ableh­nen, aber die Einzelinteressen von "hei­mi­schen Kapitalgruppen" voraussetzen.
        Ist es nicht genau anders­her­um?. Der klei­ne Mensch hat weni­ger Überblick über eine kom­ple­xe Welt und schafft sich ein eher über­schau­ba­res Bild der Welt, mit dem er zurecht kommt und das zum all­täg­li­chen Leben passt. Während die Arbeit von Menschen in "Kapitalgruppen" sich täg­lich mit den kom­ple­xen Verflechtungen der Welt beschäf­ti­gen und sie daher auch zu schein­bar kom­ple­xe­ren Weltbildern nei­gen würden.

        Das sich die UN als eine "glo­ba­len Regierungsführung" sieht, erscheint ihnen nicht selt­sam? Niemand wählt die­ses Parlament. Es gibt kei­ne öffent­li­che Debatte über Zielsetzungen. Kein ein­fa­cher Mensch hat ein Widerspruchsrecht. Auch die UN besteht aus Menschen mit pri­va­ten Interessen. Auch eine KI wird von Menschen mit pri­va­ten Interessen vor­de­fi­niert, gebaut und gesteuert.

  5. Wenn "Pandemie" und
    "Klimakrise" (bei­des Verbrechen gegen die Menschlichkeit) etwas Gutes haben: Die Linksideologie wird nach­hal­tig im Orkus der Geschichte verschwinden.

    Im Übrigen gibt es kei­ne Klassen unter Menschen. Und nicht nur des­halb ist die Linksideologie Ausweis der gei­sti­gen Zerrüttung (und des Wahns), die für sich aggres­siv anti-demo­kra­tisch die Unmündigkeit ver­ewi­gen will. Alles Elend der Welt geht auf die­se Ideologie zurück. Und nicht zuletzt auch des­halb wird sie verschwinden.

  6. > Im Übrigen gibt es kei­ne Klassen unter Menschen.

    Doch doch. Genau dar­an defi­niert sich näm­lich rechts und links. Und sie­he da, Rechte wie Linke ver­tre­ten ein­und­die­sel­be Klasse. Im Schulterschluss mit allen ande­ren Parteien, AfD, BSW, CDU, SPD …

  7. Deine Kritik tei­le ich, fin­de es aber kon­tra­pro­duk­tiv, ihr gleich eine lin­ke Haltung abzu­spre­chen. Auch wenn ich durch­aus die Rechte als gro­ße Gefahr sehe. Vielleicht liegt es auch dar­an, daß sie in der Schweiz lebt, und einen ande­ren Hintergrund hat, als wir hier in Deutschland.
    Biosecurity wur­de zu einer mil­ti­är­i­schen Angelegenheit. Insgesamt ist die Bio- und Gentechnologie eines der Schwerpunkte, die mit Milliarden von Steuergeldern unter­stützt wer­den. Durch die Einbindung der NATO in die EU Strukturen fin­det so vie­les hin­ter mehr oder weni­ger ver­schlos­se­nen Türen statt.
    Wurde die "Pandemie" genutzt um bspw. Dem 1 Million Genome Project bei­zu­tre­ten: https://​www​.bmbf​.de/​b​m​b​f​/​s​h​a​r​e​d​d​o​c​s​/​k​u​r​z​m​e​l​d​u​n​g​e​n​/​d​e​/​d​e​u​t​s​c​h​l​a​n​d​-​t​r​i​t​t​-​g​e​n​o​m​p​r​o​j​e​k​t​-​d​e​r​-​e​u​-​b​e​i​.​h​tml

    Ist es Zufall, daß gera­de in Deutschland sovie­le Netzwerke und Institutionen inkl. einer Art Geheimdienst (Intelligence?) für Pandemietaugliche Krankheitsgeschehen, ange­sie­delt sind? Global Health das Thema (jedoch nicht in der öffent­li­chen Diskussion) sind? Stehen die­se nicht tat­säch­lich im Dienste des Kapitals, und haben mit Internationalismus nichts am Hut. 

    Man höre sich die Paneldiskussion ein­mal an: (auch wenn es eine Qual ist)
    https://​www​.you​tube​.com/​w​a​t​c​h​?​v​=​_​F​O​h​Q​2​2​j​330
    Global Health Talk 2023 (Part 3): TED Talk Prof. Dr Ilona Kickbusch & Panel w/​German Policy Makers
    Das Ausscheren des glo­ba­len Südens aber auch der USA scheint es den "Global Health Protagonisten" schwer zu machen.
    Statt nur Regierungen in die "poli­cy" ein­zu­bin­den, setzt man auf die unte­ren Ebenen, wie Parlamentarier. Die immer wie­der beschwo­re­ne Bedrohung durch "neue" Erreger, Mücken, Schlangen ist ein Mittel um der Bevölkerung ihre Berechtigung zu untermauern. 

    Kretschmann sprach von einem "Inschtrumentenkasten" in Sachen Maßnahmen. Wie Schrauben eines Getriebes, glaub­te man die Gesellschaft ent­spre­chend ein­zu­he­gen und zu kon­trol­lie­ren, um ein Krankheitsgeschehen zu beein­flus­sen. Sie glau­ben bis heu­te noch an die Sinnhaftigkeit. Man kann dar­über strei­ten inwie­weit die Regierenden Betrüger oder selbst Betrogene waren und sind.

    Einige Staaten, wie Frankreich und Chile, waren sicher­lich froh die Proteste zumin­dest für eini­ge Jahre wirk­sam zu unterdrücken.

  8. P.S.
    https://​www​.glo​bal​he​al​th​hub​.de/​de/
    Die Registrierung is offen. 

    "Join us for the Global Health Hub Germany's Global Health Talk on December 5–6, 2024, in Berlin, whe­re lea­ding experts and high-level offi­ci­als will dis­cuss cri­ti­cal issues in Global Health.

    We are deligh­ted to invi­te you to this year’s Global Health Talk on 5 – 6 December 2024 at the Conference Center Mauerstraße 27 in Berlin.

    Our annu­al flag­ship event will bring tog­e­ther lea­ding Global Health experts from dif­fe­rent stake­hol­der groups and high-level repre­sen­ta­ti­ves from the German Federal Government. The event is a gre­at oppor­tu­ni­ty for inter­di­sci­pli­na­ry and cross-sec­to­ral exch­an­ge and to enga­ge in lively dis­cus­sions around Global Health.

    5 December 2024 | 9:00 am – 8:00 pm (CET) 

    Official ope­ning cerem­o­ny with Federal Minister of Health Prof. Karl Lauterbach and Dr. Ariane Hildebrandt, Director-General of the depart­ment for glo­bal health, equa­li­ty of oppor­tu­ni­ty, digi­tal tech­no­lo­gies and food secu­ri­ty at the Federal Ministry for Economic Cooperation and Development (BMZ)
    Global Health in Conflict Settings 
    Climate Change and Health: Focusing on Adaptation 
    European Cooperation in Global Health 

    We will con­clude the first day of the con­fe­rence with an evening reception. 

    6 December 2024 | 9:00 am – 1:00 pm (CET)

    Dialogue with the Federal Ministry of Health
    Non-Communicable Diseases – The quiet cri­sis deman­ding glo­bal atten­ti­on: UN High-level Meeting on the Prevention and Control of NCDs
    From Reflections to Projections: Learnings from 2024 to shape Global Health in 2025

    A light lunch will pro­vi­de ano­ther oppor­tu­ni­ty to meet inspi­ring peers and new Global Health com­pa­n­ions and to clo­se this year’s Global Health Talk. 

    We look for­ward to your par­ti­ci­pa­ti­on and valuable con­ver­sa­ti­ons that will shape the future of Global Health. "

    Die Sprache ist Englisch. Wer es nicht spricht, ist dort wo es um "glo­ba­le Gesundheit" geht fehl am Platz.

    1. und bereits in weni­gen Wochen steht wie­der das World Health Summit ins Haus. Teilnahme vor Ort nur für Leute mit Geld. Zutritt hat man damit aber nicht auf das Global Health Lab in Oceania*. 349 Speaker sind ange­kün­digt, von Siemens bis zur NGO mit­samt Kanzler Scholz, Wieler, Drosten, Lauterbach usw.
      https://​www​.con​fe​rence​.world​health​sum​mit​.org/​P​r​o​g​r​a​m​/​W​H​S​2​024
      Übertragen wird auch live auf youtube.

  9. Hallo Artur,
    dan­ke für dei­ne inter­es­san­te Erörterung, dan­ke auch für den Hinweis zu Tove Soiland – die eben­falls inter­es­sant ist.

    Ich habe übri­gens nicht den Eindruck, daß sich Tove Soiland auf Michel Foucault bezieht, wie Du ver­mu­test. Ein M‑Foucaultianer hät­te beim Thema Biosecurity die Foucaultsche Biopolitik* nicht uner­wähnt gelas­sen. [* vergl. 'Der Wille zum Wissen', Frankfurt a.M. 1983, S. 166–173 /​"Die Fortpflanzung, die Geburten- und Sterblichkeitsrate, das Gesundheitsniveau, die Lebensdauer, die Langlebigkeit mit allen ihren Variationsbedingungen wur­den zum Gegenstand ein­grei­fen­der Maßnahmen und regu­lie­ren­der Kontrollen: Bio-Politik der Bevölkerung."] Den Begriff 'Dispositiv' hat Foucault nicht geprägt, son­dern nur häu­fig gebraucht, und zwar in der all­tags­sprach­li­chen Bedeutung: ein Ensemble von Mitteln, die zur Verfügung ste­hen (also: was zur Disposition steht). Sie gebraucht auch das Wort 'Diskurs' in der uns geläu­fi­gen Bedeutung: ein Gespräch füh­ren (eine Diskussion), nicht so, wie es Foucault ver­steht: als herr­schen­de Rede – heu­te könn­ten wir sagen: als gül­ti­ges Narrativ.

    Soilands Satz "Die Nationalstaaten sind Ausführende der Konzepte des glo­ba­len Biosecurity-Staates, sie sind nicht sel­ber die Akteure" ist etwas myste­ri­ös, denn 'Akteure' sind 'Ausführende'. Aber viel­leicht mein­te sie, daß die Politiker die bezahl­ten Vasallen im Interesse der­je­ni­gen Kapitalisten sind, die Biosecurity-Produkte ver­mark­ten wollen.

    Du unter­schei­dest zwi­schen tech­no­lo­gi­schen Maßnahmen und poli­ti­schen Kontrollbemühungen. Tove Soiland denkt das zusam­men – und hat m.E. recht damit. Paul Schreyer hat in sei­nem Buch 'Chronik einer ange­kün­dig­ten Krise' tref­fend beschrie­ben, wie bei diver­sen Katastrophen-Übungen bzw. Katastrophen-Plänen die Öffentlichkeitsarbeit immer ein zen­tra­les und wich­ti­ges Thema war. Z.B. zum 'Event 201: Corona-Krise als Planspiel': "Die Kommunikation mit der Öffentlichkeit müs­se sorg­fäl­tig geplant wer­den. … Die ehe­ma­li­ge Vizedirektorin der CIA ergänz­te, man sol­le die öffent­li­che Arena mit den eige­nen Argumenten 'flu­ten', um die Botschaft zu ver­stär­ken." etc.

    Ich den­ke, es geht nicht dar­um, Aufstände nie­der­zu­schla­gen, son­dern grund­le­gend bereits die Möglichkeit eines Aufstandes zu unter­bin­den. Dazu dient bei uns z.B. die soge­nann­te Sozialpartnerschaft, die weni­ger den sozia­len Frieden, als viel­mehr die bür­ger­li­che Herrschaft sichern soll (irgend­wann wird das Wort 'Klassenkampf' nicht mehr im Duden ste­hen). Diesbezügliche Pläne und Prozesse in der Politik kön­nen heut­zu­ta­ge all­ge­mein 'tech­no­lo­gisch' bestimmt wer­den, mit ver­schie­den­ar­ti­gen 'Lösungen'. Z.B. wird Norbert Härig nicht müde, vor der Abschaffung des Bargeldes zu war­nen; soll­te das gelin­gen, wäre damit bereits der Gedanke an einen Aufstand oder gar Revolution unmög­lich gemacht – mit einer simp­len Kontosperrung ist die Existenz jedes Aufständischen ver­nich­tet (das Mittel der Kontosperrung wird ja jetzt schon erfolg­reich praktiziert).

    Demokratie ist heu­te nur des­halb als bür­ger­li­che Staatsform brauch­bar, weil es mög­lich gewor­den ist: das 'Volk' von der 'Herrschaft' aus­zu­schlie­ßen. Wie ein Sprichwort so schön sagt: "Geld regiert die Welt!", und nur Millionäre und Milliardäre haben die Telefonnummer von Kanzler Scholz, um mit ihm den Regierungskurs zu bespre­chen (ich den­ke: 1 Million ist das abso­lu­te Minimum, um an gewich­ti­gen poli­ti­schen Entscheidungsprozessen mit­wir­ken zu dür­fen). Nur so kann ich dei­ner Rede von 'Kapitalismus als vor­herr­schen­de Gesellschaftsform' zustim­men. (Strenggenommen ist es trotz­dem falsch, denn 'Kapitalismus' ist eine 'Wirtschaftsform', kei­ne 'Gesellschaftsform')

    Ebenso wie dir gefällt mir Soilands Verknüpfung von Militär und Medizin. Man könn­te es als Zeichen der Zeit anse­hen, daß fast unmit­tel­bar nach dem Marketing-Hype der Pharmaindustrie das gro­ße Geschäft der Rüstungsindustrie folgt. Die Kriegstüchtigkeit des Gesundheitswesens ist schon zu Beginn der Coronazeit dem ita­lie­ni­schen Philosophen Giorgio Agamben auf­ge­fal­len: "Es wun­dert nicht, dass man in Bezug auf das Virus von einem Krieg spricht. Die Notmassnahmen zwin­gen uns de fac­to, unter Bedingungen der Ausgangssperre zu leben. Nur ist ein Krieg mit einem unsicht­ba­ren Feind, der sich in jedem Menschen ein­ni­sten kann, der absur­de­ste aller Kriege."
    https://​www​.nzz​.ch/​f​e​u​i​l​l​e​t​o​n​/​g​i​o​r​g​i​o​-​a​g​a​m​b​e​n​-​u​e​b​e​r​-​d​a​s​-​c​o​r​o​n​a​v​i​r​u​s​-​w​i​e​-​e​s​-​u​n​s​e​r​e​-​g​e​s​e​l​l​s​c​h​a​f​t​-​v​e​r​a​e​n​d​e​r​t​-​l​d​.​1​5​4​7​093

  10. Lieber Artur,
    gera­de eben habe ich Deinen Text ent­deckt und bis­lang nur ein­mal lesen kön­nen, doch ich möch­te Dir, auch wenn ich Einzelheiten Deiner Kritik an Soiland etwas anders sehe, schon jetzt ganz herz­lich für die äußerst anre­gen­de Auseinandersetzung mit ihrem Text sowie die weit dar­über hin­aus gehen­den Anregungen dan­ken (sol­chen poli­tisch lei­der ziem­lich unge­bil­de­ten Menschen wie mir hel­fen bei­de weiter)!

    1. @Witwesk: Danke. Nur, wenn der Eindruck ent­steht, da wol­le ein Überflieger unge­bil­de­ten Menschen (zu denen Du ja nach­weis­lich nicht zählst), etwas ver­klickern, dann muß ich etwas falsch gemacht haben.

  11. Olaf Arndt hat Soilands Text als 55. Nummer der "Aktion 4.0", einer sehr emp­feh­lens­wer­ten Reihe, gebracht.
    https://​olaf​.bbm​.de/​z​e​l​l​h​a​u​fen

    Ich hab im Kommentar auf o.a. Kritik hin­ge­wie­sen. Arndts Kommentar der Kritik:

    «Danke für den Hinweis. Zur Kritik an Tove: Ich habe schon lan­ge kei­nen Text wie ihren mehr gele­sen, der z.B. ähn­lich wie das “Konspirationistische Manifest” aus einer gewis­sen Höhe auf die Ereignisse blickt und dadurch auch wei­ter nach vorn schau­en kann.
    Daher fin­de ich Aschmoneits Frage, Soiland sähe aus “wie links” … aber ob es auch links genug sei… kon­tra­pro­duk­tiv, selbst wenn er im Detail Kritikwürdiges aufdeckt.

    Ich den­ke, dass auch Dinge, die schon von Anderen vor­her irgend­wann ein­mal bear­bei­tet wur­den (z.B. gab es Biopolitik ja schon im 19. Jhdt. und Analysen dazu auch schon vor hun­dert Jahren), ruhig in ande­rer Sprache, über ande­re Verteiler und mit eige­nen Schwerpunkten öfter wie­der­holt wer­den kön­nen, denn man sieht ja an der aktu­el­len gei­sti­gen Lage der Nation, dass es nur wenig Denküberlebende gibt und es bes­ser wäre, es kämen wie­der ein paar mehr hinzu.»

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