Eigentlich ist bei der Lage in D am 25.1.21 alles wie immer. "7‑Tage-Inzidenz-Gesamtdeutschland mit 111/100.000 deutlich niedriger als Ende Dezember… Hinweis zur Erfassung der 217 Verstorbenen: Angegeben werden diejenigen, von denen das RKI in den letzten 24h Kenntnis erhalten hat, das Sterbedatum kann schon weiter zurückliegen". Man erinnert sich an die vor zehn Tagen, damals noch als Warnung ausgesprochene Feststellung: "Nachträgliche Eingabe von Fällen bietet eine Möglichkeit die 7‑Tage-Inzidenz zu manipulieren" (s. hier) und meint (entschwärzt) in TOP 1:
Das Dokument gibt es hier. Gelbe Hervorhebungen stammen von mir. Hier geht es nur um die bislang geschwärzten und gerade freigegebenen Stellen der Protokolle des Krisenstabs. Die Auswertungen der "1. Staffel" gibt es nachzulesen über die Kategorie _Zu den RKI-Papers (Krisenstab-Protokolle) _.
Man erkennt Risiken und Chancen, hier frei lesbar:
"Auch die Grenze von 50/100.000 wurde nicht auf Basis von RKI Daten bzw. durch das RKI gewählt"
Das wiederum war geschwärzt:
Noch gibt es auch ungläubiges Staunen (ungeschwärzt):
Beschlossen wird dennoch der "Wechsel zur korrigierten Darstellung" in drei Tagen.
Panikmache nach "Ausbruch mit B.1.1.7 im Vivantes Humboldt-Klinikum"
Vollständig geschwärzt war der Punkt in TOP 1, bei dem es um einen "Ausbruch mit B.1.1.7 im Vivantes Humboldt-Klinikum, Berlin (HUK)" ging. Das RKI weiß offensichtlich kaum mehr als die Berliner Medien:
"Das Linelist-Werkzeug bietet den nach dem Infektionsschutzgesetz zuständigen Behörden Hilfestellungen für die epidemiologische Untersuchung von Krankheitsausbrüchen" (akademie-oeffentliches-gesundheitswesen.github.io).
Zu diesem Zeitpunkt war die später wegen zahlloser Skandale geschaßte Berliner Gesundheitssenatorin Kalayci (s. hier) noch im Amt und durfte ungestraft völligen Unsinn verbreiten. Sie konnte am 26.1.21 zwar nichts über die Zahl der Mutanten-Fälle berichten, aber von "minütlich steigenden Infektionszahlen im Klinikum" schwadronieren. Und davon, daß die Mutante um "35 Prozent infektiöser" sei. In der Presse wurde dagegen von ca. 25 betroffenen Klinikbeschäftigten und PatientInnen gesprochen (s. hier). Das RKI hingegen wußte, daß es an diesem 25.1. noch keine einzige Sequenzierung gab. Auch am 27.1.21 konnte das RKI nicht viel mehr vermelden als: "Englische Variante steht in Zusammenhang mit einem Geschehen in einer Siedlung in Reinickendorf, führt vermutlich auf Ereignis an Weihnachten zurück, hoffen auf Kontakt zum Ausland zu stoßen". Am 29.1.21 sprach es von 30 "Fällen", bei 5 davon konnte "B.1.1.7 (UK)- Variante" nachgewiesen werden.
Am 23.1. war das komplette Krankenhaus mit mehreren Tausend PatientInnen unter Quarantäne gestellt worden. Was unter "Pendelquarantäne" zu verstehen ist, kann einem Artikel vom 24.1.21 auf tagesspiegel.de entnommen werden:
»Das Klinikpersonal wurde unter sogenannte Pendel-Quarantäne gestellt, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dürfen nur zwischen Arbeit und Wohnung pendeln und müssen sich ansonsten an Quarantäne-Regeln halten. Nach Tagesspiegel-Informationen dürfen sie dabei nicht Busse und Bahnen benutzen, die genaue Regelung ist aber noch in der Klärung. Im Gespräch sind demnach auch Shuttle-Fahrten für die Beschäftigten. "Leasingkräfte kommen bis auf Weiteres nicht mehr zum Einsatz", teilte der Vivantes-Konzern am Samstagabend mit.«
Sicherheitshalber heißt es weiter:
»Zusätzlich problematisch könnte B117 sein, wenn sich bestätigt, dass die Variante auch zu einer erhöhten Sterblichkeit führt. Dazu gibt es zwar noch nicht genügend Daten, aber doch schon deutliche Hinweise. Als plausibel gilt diese Möglichkeit auch.«
Zum Glück "scheinen gegen B117 die derzeit verfügbaren Impfstoffe aber genau so effektiv zu sein".
Nirgends finden sich belastbare Meldungen über Erkrankungen aufgrund dieser Mutantenfunde, sieht man ab von der sehr vagen Information "Nach Reinfektion sehr rasch verstorbener Patient" (entschwärzt in TOP 7) oder der vom 3.2.21 in TOP 1: "16 PatientInnen wurden positiv getestet, 6 sind verstorben, 2 in kritischem Zustand auf ICU". Daß sich die Todesfälle auf die "Altersgruppe > 75 Jahre" beziehen, erfahren wir neben allerlei Spekulationen am 5.2.21. Nirgends wird die Frage nach "an oder mit" gestellt. Schon am 29.1.21 war erwähnenswert: "Schwägerin einer Pflegerin ist als Reinigungsfrau im Altenheim tätig und hat symptomatisch gearbeitet".
Wenig später konnte wenigstens berichtet werden: Schnelltest-Wahn in Berliner Kliniken gestoppt.
Berlin war übrigens kein Einzelfall. Auch das Klinikum Bayreuth schickte 3.000 Menschen in Quarantäne; "Elf Personen mit gefährlicherer Briten-Variante infiziert" (s. hier). Interessantes darüber, was der WDR wußte, gibt es in Faktencheck: Coronavirus wird durch Mutation nicht gefährlicher.
"Zahlreiche Aktionen geplant, die genützt werden können, um Informationen zu kommunizieren."
In TOP 5 "Kommunikation" düfen wir nun entschwärzt aus der BZgA etwas über Optionen einer Präferierung im Rahmen einer Priorisierung erfahren:
Wie nennt das der Volksmund? Irgendetwas mit "gequirlt"?
Gibt es eine "Ministeräußerung" oder nicht? Kann die "Fachebene des BMG" helfen? Welches "Wording" soll genutzt werden? Manchmal kann einem der Krisenstab auch leidtun. Ebenfalls in TOP 5 finden wir zu "Presse" (Entschwärztes rot gerahmt):
"Kontainment gewinnt an Bedeutung, da Impfwirkung bei bras. Variante ungeklärt" [sic]
Es ist keineswegs so, daß sich Dummfug nur in vormals geschwärzten Passagen verbirgt. Das war in TOP 7 "Strategie Fragen" über "Entlasskriterien aus der Isolation" frei lesbar:
"Es soll bei Kontaktpersonen von KP I nicht von „Kontaktpersonen 2. Grades“ gesprochen werden, um eine Verwechslung mit KP II zu vermeiden!"
Auch das war im gleichen TOP frei lesbar:
"Frage einer Riegelungsimpfung stellt sich bei derzeitigem Impfstoffmangel nicht"
Da sich mir die Frage bis heute nicht stellte, mußte ich nachschlagen. "Eine Riegelungsimpfung ist eine Impfung, die bei Ausbruch einer Infektionskrankheit zur Unterbrechung einer großflächigen Erregerzirkulation durchgeführt wird" (flexikon.doccheck.com). Auch ohne gestellte Frage lesen wir aber im Entschwärzten (rot gerahmt) im gleichen TOP, daß eine "Abriegelung von Einrichten" schon sinnvoll sein kann:
Zur Frage "Wie soll bei Genesenen vorgegangen werden (im Kontext mit Geimpften)" in TOP 8 "Dokumente" heißt es: "Vorschlag 2, Quarantäne auch für Genesene, wird angenommen, mit dem Hinweis auf die Zirkulation neuer Varianten (auch die Brasilien-Variante soll erwähnt werden)".
Der TOP 12 "Maßnahmen zum Infektionsschutz" mit weiter bestehenden Schwärzungen könnte für die aktuellen "Maskenherstellerprozesse" von Bedeutung sein:
BAuA: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin
"Dr. Fauci says it's 'common sense' to wear two masks instead of one"
Auf diesen 25.1.21 datiert dieses Video von "CNBC Television" (youtube.com), in dem Anthony Fauci das Tragen zweier Masken empfahl:
(Hervorhebungen in blau nicht in den Originalen.)