Weihnachten ist gelaufen mit seinen gefährlichen Besuchen und Reisen. Am 4.1.21 wirkt der Krisenstab ratlos. Bei der "Inzidenz" scheint ihm "insgesamt keine reelle Einschätzung des Rückgangs möglich", "auffällig ist Brandenburg mit einem kleinen Anstieg an Sylvester". Insgesamt weiß man: "Die geringeren Fallzahlen sind nicht auf den Meldeverzug zurückzuführen". "Mehrere 100.000 Deutsche sind in den Feiertagen gereist". Wenigstens diesen Erfolg kann man berichten: "Impfmonitoring (neu): 238.809 geimpfte Personen".
So wirr wie der Inhalt sind die Schwärzungen. Dieser TOP 6 sollte geheim bleiben:

Das Dokument gibt es hier. Gelbe Hervorhebungen stammen von mir. Hier geht es nur um die bislang geschwärzten und gerade freigegebenen Stellen der Protokolle des Krisenstabs. Die Auswertungen der "1. Staffel" gibt es nachzulesen über die Kategorie _Zu den RKI-Papers (Krisenstab-Protokolle) _.
Überhaupt scheint es dem Krisenstab die Sprache verschlagen zu haben, zu vier weiteren TOPs gibt es nichts zu besprechen. In TOP 10 "Labordiagnostik" langweilt man sich mit der "neuen Variante", der man anders als "in vielen europäischen Ländern" nicht auf die Spur kommt, und mit einer "Probe aus Dänemark (Nerz Variante)", "die nun angezüchtet wird".
"ARE deutlich unter den Vorjahren und sinkend"
Zuverlässig wie immer wird in TOP 13 "Surveillance" berichtet: "ARE deutlich unter den Vorjahren und sinkend". Entschwärzt bei dem folgenden Hypnoseversuch wurde der Name "Wieler":

Die Sitzung dürfte recht kurz und frustrierend gewesen sein.
Das meist gebrauchte Wort zur Lage "National" am 6.1.21* ist "Rückgang", selbst auf den Intensivstationen. "4‑Tage‑R=0,61; 7‑Tage‑R=0,83:R‑Wert deutlich unter 1". Die Zahl der Tests ist "deutlich niedriger", zur Erzielung von "Fällen" bleiben Pflegeheime im Fokus. "Am häufigsten werden >=80 Jährige getestet". "In Arztpraxen ist der Positivenanteil stark angestiegen auf >20% der Testungen, dies deutet auf starke Selektion hin".
"Funktionäre der kassenärztlichen Vereinigung scheinen die Krise nicht ernst genug zu nehmen"
Manchmal kommt es vor, daß Wahn auf Realität stößt, wie hier fast frei lesbar über Antigentests, immer noch in TOP 1:

Was die "Syndromische Surveillance" angeht, wird die Lage immer entspannter. Was natürlich an den "Maßnahmen" liegt. "Gibt es Studien dazu? Welche Maßnahme wirkt wie? Je mehr Evidenz für die Maske gefunden werden kann, desto besser." Die Suche sollte bekanntlich erfolglos bleiben.
Ein Grund für die hohe Zahl Versterbender auf Intensivstationen wird mit dieser Fehleinschätzung beschrieben: "Ca. 70% benötigen Beatmung, invasiv oder nicht invasiv".
Es "muss nochmal überlegt werden, ob noch eine Aussage für alle Geimpften gemacht werden kann"
In TOP 7 "Dokumente" geht es um Quarantäne und "Einbau des Status der Geimpften im Kontaktpersonenmanagement". Erkennbar ist die Belastbarkeit der Datengrundlage für die Empfehlungen des RKI:

"Kulturell anders gelebter Krankenbesuch"
Aus nachvollziehbaren Gründen war der TOP 10 "Klinisches Management/Entlassungsmanagement" vollständig geschwärzt:

Die folgende gute Idee in TOP 11 "Maßnahmen zum Infektionsschutz" war frei lesbar, entfaltete aber keine Wirkung:

Weil nicht sein kann, was nicht sein darf, heißt es weiter:

Neue Falldefinition schafft Willkür
Eine essentielle Veränderung der Coronapolitik wird in TOP 12 "Surveillance" angesprochen. Rot gerahmt ist der entschwärzte Text:

Teile des Krisenstabs hatten sich zuweilen dagegen gesträubt, daß Antigentests zur Bestimmung von "Fällen" herangezogen werden. Die EU-Kommission bzw. ihre Behörde ECDC hatte dies vor einiger Zeit allerdings festgelegt. Seit dem 29.5.20 galt diese Definition:

Am 23.12.20 war die Falldefintion so geändert worden:

Das spezifische klinische Bild einer Lungenentzündung wurde ersatzlos gestrichen, für ein unspezifisches Bild reichte nun ein Geruchs- oder Geschmacksverlust. Schon immer waren Todesfälle bedingungslos mit erfaßt.
Hinzugekommen als ausreichender labordiagnostischer Nachweis ist der "Antigennachweis (einschließlich Schnelltest)". Doch damit nicht genug. Die Beliebigkeit wurde auf die Spitze getrieben mit dieser Anordnung:

Der Punkt A war bezeichnenderweise schon bisher entfallen. Der Punkt B enthält eine Verschärfung. Zuvor war unter einer epidemiologischen Bestätigung zu verstehen: "(Auftreten von zwei oder mehr Lungenentzündungen (Pneumonien) in einer medizinischen Einrichtung, einem Pflege- oder Altenheim)". War schon dies fragwürdig, so war es bislang an das Vorliegen eines spezifischen klinischen Bildes gebunden, also einer Lungenentzündung. Jetzt reicht dafür ein Geruchs- oder Geschmacksverlust. Mehr noch: "Die epidemiologische Bestätigung ist erfüllt, wenn Kontakt zu einem bestätigten Fall bestanden hat, aber auch bei einer Zugehörigkeit zu einem Ausbruchsgeschehen." Schon damit war dem Mißbrauch Tür und Tor geöffnet.
Für Punkt C reicht neben dem Geruchs- oder Geschmacksverlust ein Schnelltest, um einen zu meldenden "Fall" zu generieren.
Punkt D umfaßt ein nicht weiter ausgeführtes klinisches Bild, "das die Kriterien für COVID-19 nicht erfüllt". Damit waren via Schnelltest "asymptomatische Infektionen" etabliert.
Punkt E ermöglicht sogar, ohne jegliche weitere Angaben zum klinischen Bild einen Fall zu erzeugen.
Über die eingangs genannte Frage aus dem BMG war man im RKI zu Recht irritiert. Wußte man dort nichts vom Einknicken des Krisenstabs? Deshalb steht im Protokoll: "ToDo: Sprechzettel für Hr. Wieler: Wo liegt welches Problem?"
Noch am 23.11.20 hatte der Krisenstab gewußt: "Alle positiven Antigenteste zu zählen würde zu einer Übererfassung führen… Bei asymptomatischen Fällen müsste der Test durch einen positiven PCR-Test bestätigt werden."
(Hervorhebungen in blau nicht in den Originalen.)
* Das Springen zwischen den Jahren schädigt meine Konzentration. Hier stand falsch der 8.1.21.
Hm.
@aa: Du spekulierst(?), dass
"Die Sitzung recht kurz und frustrierend gewesen sein [dürfte]"(???).
Nach der protokolliertenBehauptung, dass der "Lockdown Wirkung gezeigt [hat]" kann ich mir RKIntern nur ein virtuelles Abklatschen vorstellen.
Das entlarvende:
"Je mehr Evidenz für die Maske gefunden werden kann, desto besser."
kommentierst du;
"Die Suche sollte bekanntlich erfolglos bleiben".
Nö.
Aus rechtgläubiger Sicht wurde nämlich (auftragsgemäß oder freiwillig) sogar jede Menge "gefunden" (auch wenn man über die Art der "Evidenz" streiten kann – allerdings nicht mit Rechtgläubigen).
Mit aufgeklärter (oder heidnischer) Lesart wäre anzumerken, dass dies ebenfalls nicht zutrifft, da beim entscheidenden Wort ein "npflicht" fehlt und der Satz ohnehin impliziert, dass es den PropagandistInnen lediglich darum ging, ihrer für die Aufrechterhaltung des Ausnahmezustands äußerst wichtigen "Maßnahme" nachträglich jene Evidenz (abseits psychologischer Manipulation) zu verschaffen, die bereits vor deren Verhängung hätte gegeben sein müssen.
Die kassenärztliche Vereinigung vertritt private Interessen.