"Wurden die virtuellen Krisenstabssitzungen nicht aufgezeichnet? Welche Software wurde für die Videokonferenzen verwendet?" Diese Fragen werden hier in einem Kommentar gestellt. Was finden wir dazu in den Protokollen?
"ToDo: Das LZ prüft Möglichkeiten (z. B. Vitero, GoToMetting)", heißt es im Protokoll vom 9.3.20. (Neben Dyskalkulie sehen wir in den Protokollen durchgängig auch Lese- und Rechtschreibschwächen*.) Eine grundsätzliche Schwäche der Anwendung wird am 11.3. benannt: "Freies Reden miteinander nicht mehr möglich, zwei Moderatoren, benötigt mehr Rededisziplin". Am 5.10. wechselte man: "Aufgrund von Problemen mit Vitero bei den letzten Krisenstabsitzungen wurde entschieden auf Webex umzusteigen".
Wer immer das entschieden hatte, fest steht: Das RKI wechselte von einem deutschen Anbieter mit Serverstandort Deutschland auf die skandalträchtige Anwendung des US-Konzerns Cisco.
Einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurde Webex, als Anfang 2024 berichtet wurde, wie "Luftwaffen-Chef Ingo Gerhartz mit drei Untergebenen über einen möglichen Einsatz deutscher "Taurus"-Marschflugkörper in der Ukraine gegen die russischen Angreifer spricht" (tagesschau.de, 5.3.24)
Eine Recherche auf zeit.de vom 5.6.24 brachte zutage, wie einfach es war, in eine Videokonferenz des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge einzutreten:
»… Die Software Webex macht es ungebetenen Gästen leicht. "Wenn Sie Ihre Teilnehmernummer nicht kennen, drücken Sie die Rautetaste", sagt eine sanfte Frauenstimme. Gesagt, getan – und schon sind wir in einem internen Meeting einer deutschen Behörde. Raute statt Passwort, wie einfach!…
Hunderttausende Meetings offen im Netz
Links zu Hunderttausenden Meetings von Behörden und Unternehmen in Deutschland, den Niederlanden, Italien, Österreich, Frankreich, Schweiz, Irland und Dänemark wurden im Zuge dieser Recherche gefunden…
Mit Webex können Video- und Telefonkonferenzen abgehalten werden, ähnlich wie mit Programmen wie Zoom oder Microsoft Teams. Der Anbieter, das US-amerikanische Unternehmen Cisco, bewirbt die Software als besonders sicher. Genutzt wird sie von Institutionen und Unternehmen weltweit…
Vermutlich waren alle Webex-Kunden von der Lücke betroffen...
So waren unter anderem Links und Zugangsdaten zu Tausenden Meetings auffindbar, darunter solche des Bundeskanzleramts, des Finanz‑, Verkehrs- und Wirtschaftsministeriums, der Landeshauptstadt München, des Bundestags und des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), das für die IT-Sicherheit des Bundes zuständig ist…
Bislang empfiehlt das BSI den Bundesbehörden die Software Webex ausdrücklich. Derzeit werde geprüft, ob es angesichts des aktuellen Vorfalls "Anlass zur Aktualisierung der vom BSI ausgesprochenen Empfehlungen" gebe…
In unseren Tests beim Bamf und der Barmer Krankenkasse wurden wir zwar schnell bemerkt, weil den Teilnehmenden die unbekannte Telefonnummer im Videomeeting auffiel. Wenn aber Robert Habeck, wie es der Name seines Termins nahelegt, im März tatsächlich über eine mit Webex aufgesetzte Telefonschalte mit Christian Lindner gesprochen hat, dann wären unerwünschte Mithörer in diesem Gespräch wohl kaum zu erkennen gewesen. Denn wenn alle Teilnehmer einer Webex-Konferenz per Telefon zugeschaltet sind, können sie nicht sehen, wer alles da ist. Wie einfach es ist, sich dann unbemerkt zuzuschalten, das zeigte unsere Recherche bei der SPD…«
Sicherheitslücken von Webex waren schon lange zuvor bekannt. Unter anderem war darüber am 18.7.17 in "Web-Conferencing-Software: Cisco stopft erneut kritische Lücke in WebEx" auf heise.de zu lesen.
Beide Anwendungen sind in der Lage, Sitzungen aufzuzeichnen. Für Webex wird man annehmen müssen, daß sie auch ohne Zustimmung der Teilnehmenden auf den US-Servern gespeichert sind.
Zwar stammen die nicht auffindbaren Protokolle (s. den letzen Beitrag) aus der Zeit vor Webex. Was die Schwärzungen ab Oktober 2020 angeht, kann es aber sinnvoll sein, mal die Hacker des russischen Geheimdienstes oder andere technisch begabte Interessierte anzusprechen.
(Hervorhebungen in blau nicht in den Originalen.)
* Update: Wie war das mit dem Glashaus und den Steinen? Zwei Rechtschreibfehler in diesem Beitrag hat allein @Michael entdeckt, danke!
Na und? Sind irgendwelche Private Großindustrielle dadurch geschädigt worden?
"Eine Recherche auf zeit.de vom 5.6.24 brachte zutage, wie einfach es war, in eine Videokonferenz des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge einzutreten:"
Ein üblicher Propagandatrick. Es geht bei Schlagzeilen dieser Art nur darum, daß die Begriffe "Migration" und "Flüchtlinge" fallen. Ob die Geschichte drumherum stimmt oder nicht ist da nebensächlich.
Eine Recherche auf zeit.de – ist ja schon ein Witz an sich 😉
"Was die Schwärzungen ab Oktober 2020 angeht, kann es aber sinnvoll sein, mal die Hacker des russichen Geheimdienstes oder andere technisch begabte Interessierte anzusprechen."
… ja – die NSA zum Beispiel. Als ich vor 20 Jahren noch eine eigene Webseite hatte, konnte ich beobachten, über welche Server meine Seite aufgerufen wurde. Mehrere Besucher haben den Server des Deutschen Bundestags benutzt. Dann wusste ich: aha! Die "Sache" ist nun auch dort angekommen! Kein Wunder, es war auch hochpolitisch. Es ging dabei im Großen und Ganzen um:
"DAS STAATLICHE LOTTERIEUNWESEN" (Dr. Michael Adams und Dr. Till Tolkemitt)
Und insbesondere (Zitat aus dem Obigen):
„Da Glücksspielveranstalter Güter verkaufen, deren wesentlichen Eigenschaften die Spieler nicht durch Beobachtung feststellen und kontrollieren können, sind die Veranstalter der Versuchung zu betrügerischen Machenschaften ausgesetzt.“
Der Versuchung des Betruges ist jeder ausgesetzt der nach Profit giert.
"Der Versuchung des Betruges ist jeder ausgesetzt der nach Profit giert."
… @Erfordia Vicia Faba, grundsätzlich ja, aber hier geht es um etwas anderes. Wie wir anlässlich der CDU-Spendenaffäre erfahren durften, verfügten die Bundes-CDU & hessische CDU Mitte 80er plötzlich über ca. 30 Mio. DM an Schwarzgeld, deren Quelle bis heute weder ermittelt noch trockengelegt wurde. Helmut Kohl war jahrelang MP von Rheinland Pfalz und 1982 (als er Kanzler wurde) bekam eben LOTTO RP den Zuschlag für die Veranstaltung des neuen LOTTO am Mittwoch und auch die Begrenzung für Lottogewinne wurde auf 3 Mio. DM erhöht. LOTTO Hessen führte schon lange die Ziehungen für LOTTO am Samstag durch. Und dann passierte sowas:
"Lotto-Chef gewann Millionen im Lotto
Der Lotto-Chef hatte den Sechser schon vor drei Jahren erzielt. Sein Gewinn soll 2,5 Millionen Mark betragen haben. Dafür hätte Meyer, ehemaliger SPD-Landtagsabgeordneter aus Schwelm, immerhin acht Jahre arbeiten müssen. Sein letztes Gehalt soll bei 300 000 Mark im Jahr gelegen haben. Rolf Meyer ist jetzt im Ruhestand.
Das von der Lottogesellschaft gewahrte Inkognito des Gewinners kam erst jetzt durch die "Indiskretion" eines Informanten ans Licht. […]
Rolf Meyer war gestern nicht zu erreichen. Er mache zur Zeit Urlaub, hieß es.
https://www.abendblatt.de/archiv/1987/article203595191/Lotto-Chef-gewann-Millionen-im-Lotto.html#
So! Dann kam Ende der 90er der Skandal raus und für die CDU war es Schluss mit der Rumreiserei in die Schweiz und zurück mit Koffern voller Bargeld. 10–15 Jahre später erneut CDU-Spendenaffäre:
"Über mindestens acht Jahre flossen rund 135.000 Euro Spenden des Geheimagenten Werner Mauss an die rheinland-pfälzische CDU. Das Geld stammt aus einer in Panama angesiedelten Briefkastenfirma und wurde über eine Eisenacher Anwaltskanzlei geschleust, die offiziell als Spender auftrat. Nach eigenen Angaben verfügt Mauss im Geldwäsche-Paradies Panama über einen millionenschweren Fonds, der von „einem Geheimbund westlicher Geheimdienste“ bestückt worden sei. Nach deutschem Recht dürfen Deutsche zwar aus ihrem Auslandsvermögen an deutsche Parteien spenden – doch nur, wenn sie dies auf direktem Wege tun, nicht über Mittelsleute wie im Fall Mauss (PartG §25 Abs. 2 Nr. 3a). Aus mehreren Überweisungsträgern ging jedoch hervor, dass die Eisenacher Kanzlei Geld aus Panama weiterleitete – die CDU hätte die Gelder deshalb nicht annehmen dürfen."
https://www.lobbycontrol.de/parteienfinanzierung/illegale-parteispenden-gefaehrliche-koalition-von-kloeckners-cdu-und-afd-60532/
Apropos "verschwundene Protokolle":
Bis zum letzten Protokoll (30.4.2021)
gab es demnach
https://kodoroc.de/2024/07/10/schwaerzungen-verschwundene-dokumente-und-raetselraten-um-christian-drosten/#comment-2746
235 "Krisenstabstreffen"
(157 bis 30.10.2020 plus 78 [ = 26 Wochen @3])
und daher erwartete Anzahl von Protokollen – von denen "nur" 3 – also 1,27% "fehlen" (plus eine unbekannte Menge nicht dokumentierter – wie die Grundlagen für die berüchtigten "Hochskalierungen").
Ergibt eine kumulierte "Verschwörungs"(!?)- und Schlamperei-"Inzidenz" von 1270 pro 100000 (Grund, das RKI zu schließen?).
Die in der Publikation des RKI genannte Zahl von 157 Krisenstabstreffen bis zum 30.10.2020 lässt sich leicht mit der bisher veröffentlichten Zahl an Ergebnisprotokollen vergleichen: ein Vergleich, der sich lohnt.
Und dann gibt es Indizien, dass seitenlange Schwärzungen gar nicht veröffentlicht worden sind: Herr Prof. Dr. Hendrik Streeck hat am 09.04.2024 bei Markus Lanz über die geschwärzten RKI-Dokumente geredet:
https://youtu.be/IXhmj6iGwWo?t=433
"Lanz: Was wurde denn da geschwärzt? Sogar ihre Heinsberg Studie. Stimmt es, dass auch die geschwärzt worden ist?
Streeck: Also das nehme ich an. Zu dem Zeitpunkt, wo Heinsberg eben akut war, dann stand nur Heinsberg und dann seitenlanger Schwärzungen dazu. Ich weiß natürlich auch nicht, was hinter den Schwärzungen steckt und das finde ich kommunikativ auch wirklich schwierig."
Leider habe ich den entsprechenden Eintrag "Heinsberg" mit den behaupteten seitenlangen Schwärzungen in den RKI-Files bisher nicht gefunden. Da Herr Streeck sich in der Sendung bei Markus Lanz aber so nervös auf dem Stuhl bewegt, als er auf diese Frage nach seiner Heinsberg-Studie antwortet, fragt man sich natürlich: was weiß Markus Lanz, was wir noch nicht wissen.
@Dr…: Neben anderen massiven Schwärzungen wurde auch die Information über Heinsberg im Protokoll vom 26.2.20 unlesbar gemacht, hier spielte die Studie von Streeck noch keine Rolle. Auch später gibt es Schwärzungen zu dem Begriff "Heinsberg". Erstmals erwähnt, aber geschwärzt, wurde die Studie im Protokoll vom 26.3.20 in TOP 5. Am 31.3.20 wird die Studie erwähnt, aber der Name Streeck geschwärzt (TOP 2). Auch am 1.3.20 gibt es diesbezüglich Schwärzungen in TOP 5. Von den seitenlangen Schwärzungen in TOP 1 am 11.4.20 ist auch die "Studie in Heinsberg" betroffen. Teil umfänglicher Schwärzungen in TOP 7 am 12.5.20 war die Frage "Warum führt das RKI nicht Studien wie die Heinsberg-Studie durch?". Hier habe ich aufgehört zu suchen.
Das Problem für Lanz, Streeck und uns alle war damals, daß man nur spekulieren konnte, was sich hinter den Schwärzungen verbarg.
Was wussten Lanz und Streeck am 09.04.2024, was wir immer noch nicht wissen?
Eine Suche des Begriffs "Heinsberg" in den geschwärzten RKI-Files (Stand 05.04.2024) ergibt 34 Treffer. Keinem dieser Treffer folgen seitenlange Schwärzungen, von denen Streeck bei Lanz redet. Die Suche nach demselben Begriff "Heinsberg" ergibt im Fall der am 30.5.2024 veröffentlichten RKI-Files insgesamt 88 Treffer. Auch hier finden sich keine seitenlangen Ausführungen über die Heinsberg-Studie, obgleich zu vermuten sein sollte, dass die Heinsberg-Studie und ihre Ergebnisse am RKI ausführlich diskutiert worden sind.
Lanz und Streeck konnten am 09.04.2024 eigentlich noch gar nicht wissen, dass von den seitenlangen Schwärzungen im Ergebnisprotokoll der Krisenstabprotokoll in TOP 1 am 11.4.2020 (Ostersamstag) auch die "Studie in Heinsberg" betroffen war, da zu diesem Zeitpunkt der Begriff "Heinsberg" selbst geschwärzt war und erst jüngst die folgenden Ausführungen in Bezug auf die Heinsberg-Studie entschwärzt wurden: "Österreich: Es gab eine Studie zur Schätzung der Periodenprävalenz. In einer Zufallsstichprobe von 1.544 Personen wurden 0,33% positiv getestet. Es gibt damit einen Untererfassungsfaktor von 3. Die Studie ist ausschließlich PCR basiert, d.h. die Untererfassung bezieht sich nur auf akute Infektionen und nicht wie bei der Studie in Heinsberg, in der auch durchgemachte Infektionen erfasst werden."
Die hier entscheidenen Fragen lauten: Wer wusste wann was? Was wussten Lanz und Streeck am 09.04.2024, was wir immer noch nicht wissen?
Hatte der Pandemieberater des damaligen Ministerpräsidenten Armin Laschet tatsächlich keinen Zugriff auf die Ergebnisprotokolle des Krisenstabes des RKI?
Wer hatte Zugriff auf diese Protokolle, die lediglich VS-NfD eingestuft waren?
Was sagt eigentlich die Geheimschutzordnung des RKI zu der Einstufung?
Gab es möglicherweise auch Protokolle, die als geheim eingestuft waren?
Antworten auf diese Fragen können nur die Originaldaten der Sitzungen liefern: die digitalen Aufzeichnungen der Videokonferenzen. An der Charité war man da in Sachen Transparenz schon im Jahr 2010 weiter:
https://youtu.be/VsP0yrXgY8U?
Auch im Fall des Herrn Prof. Dr. Streeck, der in der Sendung bei Markus Lanz so nervös auf dem Stuhl rumrutscht, als er auf die Frage zu den Schwärzungen in den RKI-Protokollen antwortet, dürfte zwischen verschiedenen Arten der Kenntnis zu unterscheiden sein. Die wichtigsten sind:
Positive Kenntnis: Hierbei handelt es sich um ein bewusstes Wissen um eine Tatsache oder Rechtsnorm. Die positive Kenntnis kann sowohl auf eigener Erfahrung oder Information als auch auf rechtlichen Hinweisen, etwa in Form von Gesetzes- oder Vertragstexten, beruhen.
Negative Kenntnis: Die negative Kenntnis liegt vor, wenn eine Person von einer bestimmten Tatsache oder Rechtsnorm keine Kenntnis hat, obwohl sie diese hätte haben müssen. Negative Kenntnis wird häufig auch als "ausräumungs- oder erschütterungsfeste Unkenntnis" bezeichnet.
Verkennung: Bei der Verkennung handelt es sich um eine fehlerhafte Interpretation oder Anwendung einer Rechtsnorm, die zu falschen Schlüssen oder Entscheidungen führt. Die Verkennung kann aufgrund von Unkenntnis, einem falschen Verständnis der Sach- oder Rechtslage oder einer fehlerhaften Herleitung erfolgen.
Bei webex gibt es immer eine Kopie. Nur haben wir blöden Europäer keinen Zugriff drauf.