Der Fakt stimmt an der dpa-Mitteilung vom 8.7.20, die Begründung geht am Thema vorbei. So wie jede derartige Information ohne den Kontext von finanziellen Prioritäten für Hochrüstung zuungunsten sozialer Aufgaben unvollständig bleibt. Was hat das mit McKinsey zu tun? Gut, daß in der Klinik wenigstens die Maskenpflicht gilt.
"Die Lausitz Klinik in Forst schließt an den Wochenenden die Geburtshilfe, weil nach Unternehmensangaben Hebammen für den Kreißsaal fehlen. Frauen ohne Beleghebamme können vorerst von Freitagabend bis Montagmorgen nicht mehr in dem Krankenhaus in Forst entbinden, sondern müssen nach Cottbus. Das teilte die Klinik mit.
«Hebammenmangel in der Lausitz macht es in Forst unmöglich, an sieben Tagen in der Woche eine geburtshilfliche Vollversorgung anzubieten», hieß es. Es gebe zwar mehr Hebammen denn je in Deutschland. Sie fehlten aber in den Krankenhäusern etwa aufgrund der großen Verantwortung und Schichtarbeit und reduzierten ihre Tätigkeit auf die Vor- und Nachsorge. Frauen, die von einer Beleghebamme betreut würden, könnten weiter am Wochenende zur Entbindung in die Lausitz Klinik Forst kommen, teilte das Krankenhaus noch mit."
Das allwissende Internet sagt: Wenn Öffis fahren, dann dauert es eine Dreiviertelstunde von Forst nach Cottbus. Mit dem Auto kann man es in 30 Minuten schaffen.
"Wirtschaftlich ausgerichteter Expansionskurs führt zu einem niedrigen Stellenwert einer sicheren Patientenversorgung"
Die Klinik auf der Robert-Koch-Straße in Forst ist Teil der Ernst von Bergmann Gruppe. Zu ihr gehört auch das Klinikum in Potsdam, das im Frühjahr 2020 in die Medien geriet, nachdem es dort einen großen "Ausbruch" mit 47 "Coronatoten" gab. Gegen drei leitende Ärzte und die damalige Geschäftsführung ermittelte die Staatsanwaltschaft. Aufschlußreich ist der Abschlußbericht einer unabhängigen Untersuchungskommission vom 21.12.20. Dort heißt es:
»3.1. Organisationale Bedingungen und Unternehmenskultur
… Im folgenden Abschnitt werden folgende Erkenntnisse detaillierter ausgeführt:
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- Der strategische, wirtschaftlich ausgerichtete Expansionskurs hat einen hohen Einfluss auf das Selbstverständnis des Klinikums und führt demgegenüber zu einem niedrigen Stellenwert sowie einer geringen Aufmerksamkeit und Investitionsbereitschaft für Fragen einer sicheren Patientenversorgung und ‑qualität (siehe Abschnitt 3.1.1).
- Die formalen Management- und Organisationsstrukturen ermöglichen die Dominanz der kaufmännischen Perspektive, fördern eine Kultur von informellen Absprachen und eine Atmosphäre, in der die eigene Meinung nur mit großer Zurückhaltung geäußert wird (siehe Abschnitt 3.1:2).
- Der Stellenwert der Fachfunktionen für die Pflege, den Arbeits- und Gesundheitsschutz, Hygiene und klinisches Risikomanagement ist gering, was zu einer schwach ausgeprägten Sicherheitskultur führt (siehe Abschnitte 3.1, 3.1.4, 3.1.5, 3.1.6).«
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Das Vorgehen in Potsdam dürfte der Regelfall sein:
»3.1.1 Effekte der strategischen Ausrichtung (wirtschaftliche Sanierung und Expansionskurs)
Während die wirtschaftliche Sanierung und der Konzernausbau in den letzten Jahren im Fokus stehen, spielen die Qualität der Patientenversorgung und die Patientensicherheit eine untergeordnete Rolle.
Im Jahre 2005 hat die Beratungsgesellschaft McKinsey & Company, Inc (McKinsey) der SVV der LHP die Ergebnisse einer Wirtschaftlichkeitsuntersuchung mit Handlungsoptionen vorgelegt. Das KEvB wird in dem Bericht als Sanierungsfall bezeichnet, der ohne Gegensteuerung im Jahre 2010 eine Deckungslücke von 34 Mio. Euro zu erwarten habe…«
Die "SVV der LHP" ist die Stadtverordnetenversammlung der Landeshauptstadt Potsdam. "KEvB" steht für das Klinikum Ernst von Bergmann gGmbH.
"Einsparungen im Personal- und Sachkostenbereich in Millionenschritten"
Wenn Unternehmensberatungen im Spiel sind, ist der Weg vorgezeichnet. Daß ihren Empfehlungen bedingungslos gefolgt wird, ist ein anderes Thema. Es mag mit erklären, daß Linke und SPD, die damals (2003) 38,4 bzw. 32,4 Prozent bei den Kommunalwahlen erreichten, auf 8,7 bzw. 19,4 Prozent 2024 absackten. Im Bericht heißt es weiter:
»Der Auftrag an die Geschäftsführung ist durch wirtschaftliche Interessen dominiert.
Im Beschluss der SVV werden konkrete Umsatzrenditen gefordert (8%). Einsparungen im Personal- und Sachkostenbereich in Millionenschritten sollen bei gleichzeitiger Leistungserweiterung erreicht werden.
Zudem fordert die Stadt Gewinnabführungen für soziale und gesundheitliche Aufgaben der Stadt. Der Gesellschafter erwartet von der Geschäftsführung, Umsätze zu generieren, Gewinne zu erzielen und
diese wenn möglich an den Gesellschafter abzuführen.
Die Geschäftsführung wird also vorrangig an der wirtschaftlichen Performance gemessen. Ein Blick auf die Unterlagen und die Auswertung der Gespräche zeigen, dass die Qualität einer sicheren
Patientenversorgung zunehmend aus dem Blick geraten ist (vgl. dazu auch 3.1.2 bis 3.1.7).«
Gerade haben die Tarifverhandlungen zwischen der Gewerkschaft verdi und der Lausitz Klinik Forst GmbH begonnen.
»Während in allen Krankenhäusern in Südbrandenburg – jeweils durch Tarifvertrag geregelt – den Beschäftigten eine steuerfreie Inflationsausgleichszahlung gezahlt wurde, hatten die Beschäftigten bei der Lausitz Klinik Forst noch keine Inflationsausgleichzahlung erhalten.«
headtopics.com (5.7.24)
(Hervorhebungen nicht in den Originalen.)
Der Begriff der Versorgung ist wie immer falsch. Niemand hat hier die Absicht, Menschen zu versorgen.
Der Patient wird als Kunde bezeichnet, da die Bezeichnung "Bittsteller" oder "Ressource" nicht so beliebt sind. Letztlich ist der Patient in diesem System ein Bittsteller, es sei denn, er verfügt über ausreichend finanzielle Mittel, um sich eine angemessene Versorgung zu kaufen. Dies wird dann euphemistisch als Eigenverantwortung bezeichnet.
Dieses System definiert jedes Lebewesen, jedes Molekül und jedes Atom, egal zu was und wem es gehört, als Ressource, die es auszubeuten gilt. Was wird wohl mit zwangsgespendetem biologischem Material, von Hirnhäuten über Netzhäute etc. geschehen? Die Frage eingeschränkter medizinischer Versorgung ist ein Mosaikstein in diesem Spiel.
Der Patient ist eine Ware!
das gabs in Konstanz auch schon.
3 Wochen auf, eine Woche zu.
EGAL